Skeltek hat geschrieben: ↑4. Aug 2017, 19:44
Eine Solche Optimierung bei allen Menschen könnte schnell dazu führen, dass irgendwann alle mit demselben 'optimalen' Erbgut herumlaufen.
Wie in diesem einen Uralt-Film, in dem die Aliens alle gleich aussehen, weil sie alle das exakt gleiche 'optimal ermittelte' Erbgut haben.
Sowas erhöht natürlich auch den massiven Druck auf die anderen Individuen, da will ja keiner mehr davon abweichen - weil jede Abweichung zu einem offensichtlichen Nachteil führt.
Das Fortpflanzen kannman sich ja dann auch gleich sparen - klonen ist dann ehh viel sinnvoller in einer Massenfertigung, da ja ehh für alle dasselbe Erbgut benutzt wird.
Blöd ist nur, dass eine Spezies mit zu kleinem Genpool/zu kleiner genetischer Variabilität zum Aussterben verurteilt ist.
Kennst du das Problem mit den Bananen?
Ich stimme dir zu, dass sich zunächst kleine genetische Verschlechterungen einige Generationen später plötzlich als Vorteil erweisen können, sei es, weil sich die Umweltbedingungen verändert haben, sei es, weil eine weitere Genveränderung/Mutation hinzukommt, die den Nachteil der ersten in Kombination zu einem Vorteil wandelt. Manchmal ist ein Gendefekt auch gerade kein Nachteil; so war es bei unseren Säugetier-Vorfahren, als sie zwei ihrer vier Farbrezeptoren im Auge verloren hatten (die Vögel haben heut noch vier). Das machte nichts, weil die kleinen rattenähnlichen Nager eh nachtaktiv waren, wo man eh nur s/w sieht, tagsüber wären sie von den Sauriern gefressen worden. Als die weg waren, wars dann plötzlich blöd, als sie sich wieder ans Tageslicht trauen konnten, da waren dann aber schon viele Millionen Jahre rum und noch Millionen Jahre später mutierte einer unserer Farbrezeptoren und nun haben wir drei (rot, grün, blau) statt zwei, allerdings sind die nicht wie bei den Vögeln gleichmäßig über das sichtbare Wellenlängespektrum verteilt, bei uns sind zwei Farben näher beieinander (rot und grün), die Dritte ist etwas entfernter, aber besser als nichts, was in der Evolution verloren wurde, aus dem Genpool verschwunden ist, ist nunmal verloren.
ATGC hat geschrieben: ↑4. Aug 2017, 18:40
Dass das Zustandekommen von bestimmten Begabungen, Intelligenz usw. auf solchen funktionalen Überlappungen beruht, ist richtig, aber wenn man an den richtigen Stellen manipuliert, ergeben sich neue Überlappungsmuster, die sich u.a. auch als gesteigerte Intelligenz phänotypisch zeigen können - eine entsprechende Förderung natürlich inbegriffen, um das Potenzial zur Entfaltung zu bringen.
So einfach ist das nicht. Wie stark denn? Und wie findet man die richtigen Stellen und gibt es nur einen Satz an richtigen Stellen oder Millionen davon?
Ich erinnere mich noch, dass das nach heutiger Meinung das für die Intelligenz wichtigste Gen gerade mal unter 1% der Gesamt-Intelligenz ausmacht. Alle bisher gefundenen Gene zusammen etwa 5%.
" Dass sich irgendwann die Intelligenz eines Menschen an seinen Genen ablesen lässt, glaubt sie nicht: "Das sehe ich nicht kommen, auch wenn man irgendwann mehr als derzeit 4,8 Prozent der Intelligenzunterschiede auf konkrete Gene zurückführen kann. Intelligenzunterschiede werden zwar durch genetische Unterschiede gesteuert, aber Intelligenz ist ein Merkmal mir sehr hoher Variabilität. Die Gene können ihre Wirkung nur unter anregenden Umweltbedingungen auf die Hirnentwicklung und damit auf die Intelligenz entfalten. Wenn genetisch identische Samenkörner an guten oder schlechten Standorten gepflanzt werden, zeigen sich ja auch Unterschiede", so die Forscherin.
http://www.wissenschaft.de/leben-umwelt ... 4/17833564
Variabilität...
Und wegen der Beteiligung von sehr vielen Genen, die nur in bestimmten Kombination richtig gut wirken sind übrigens auch die Kinder von superintelligenten Eltern fast immer dümmer als diese (zwar auch meist intelligent aber eben weniger), die Kinder von sehr dummen Eltern fast immer intelligenter als diese.
(Deshalb wird das Idiocracy-Szenario so auch nicht eintreten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Idiocracy)
Den Menschen (in relevantem Ausmaß) gentechnisch auf Intelligenz hin otimieren zu wollen ist aussichtslos... Wenn man weit über 100 Gene dahingehend manipulieren wollte, wie viele "Nebenwirkungen" hätte das, wer könnte das vorhersehen? Wie viele Verrückte und geistig Behinderte würde das geben, wie viele mit allen möglichen anderen Leiden?
Deshalb:
ATGC hat geschrieben: ↑4. Aug 2017, 18:40
Zum Testen der erfolgreich verlaufenen Manipulation müsste man jedoch den Embryo austragen und entsprechend fördern.
Jein, tatsächlich müsste man mindestens 1 Million Embryos austragen, aufziehen und schauen was herauskommt und funktioniert, weil man es nicht wirklich voraussehen kann... und 999.999 aussortieren und hätte dann auch nur vielleicht eine Kombination, die vielleicht 10% höhere Intelligenz verspricht, gefunden - unter Millionen anderen, die auch funktioniert hätten, vielleicht besser. An dem Punkt wäre es dann wirklich jenseits jeglicher Ethik und Moral, ja.
Der Punkt ist doch, dass sehr intelligente Menschen, gleich intelligente Menschen eben im Wesentlichen nicht dieselben Gene tragen, sondern ganz verschiedene, aber gleich gut funktionierende Genkombinationen: Es gibt im Wesentlichen keine Intelligenzgene für hohe Intelligenz, sondern Intelligenzgenkombinationen für hohe Intelligenz.
Und mein Punkt ist immer noch, dass diese Geschichte auf sehr viele Eigenschaften des Menschen zutrifft.
Und über Epigenetik müsste man auch noch sprechen.
Hinzu kommt: Was ist Intelligenz eigentlich? Die Fähigkeit in Intelligenztests viele Punkte zu holen?
Das Problem ist hier: Die Gesellschaft würde den Menschen auf aktuelle Definitionen/Begrifflichkeiten hin optimieren, die aktueller gesellschaftlicher Konsens sind (incl. aktuell definierter Messmethoden). Solche Definitionen sind aber wandelbar, was Einzelpersonen unter Intelligenz verstehen kann zudem stark davon abweichen. Und 100 Jahre später sieht man alles ganz anders und hat die Leute in die falsche Richtung optimiert? Bei so Eigenschaften wie "Schönheit" wäre es dasselbe.
Nö, dann lässt man doch lieber die Finger von sowas - oder?
Konklusion:
Deiner Argumentation zu dem theoretischen gesellschaflichen Auswirkungen (Spaltung in "Elitemenschen" und "Untermenschen") stimme ich zwar zu, realistisch betrachtet sind die gentechnischen Optimierungsmöglichkeiten aber eh so eingeschränkt, dass solche Szenarien auch dann nicht wirklich eintreten könnten, wenn man sich über die Ethik hinwegsetzen würde.
Was man mit Gentechnik erreichen kann ist:
Erbkrankheiten zurückdrängen und die Menschen gesünder und länger leben lassen; dort wo es klare, einfache Zusammenhänge zwischen Einzel-Genen und Eigenschaften des betreffenden Lebewesens gibt, kann man etwas tun, dort wo die Zusammenhänge sehr komplex sind, kann man nicht viel machen.