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Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Wissenschaftsgeschichte, Wissenschaftstheorie bzw. -philosophie, Technik

Kann man jemals ein menschliches Gehirn im PC ersetzen?

Niemals
11
38%
in 10 Jahren
3
10%
in 11 bis 99 Jahren
5
17%
in 100 bis 1000 Jahren
7
24%
später...
3
10%
 
Abstimmungen insgesamt: 29

Dares
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Dares » 8. Nov 2017, 08:26

Wenn ich das alles so lese, dann beinhaltet das Thema doch mehr als man denkt zumal auch deshalb weil man ein Bewusstsein
nicht mal in eine Formel verpacken kann.
Also nochmal zum Anfang und zurück: Ich denke über mich nach und erkenne dass ich ein Bewusstsein habe, ganz egal wie sich
Dieses nun äussert. Das Bewusstsein ist doch eine Folge der Reize aus meiner Umgebung welche meinem Gehirn durch
bioelektrische Signale zugeführt werden welches dann ein komplexes Bild oder eine Wahrnehmung für mich zur Verfügung stellt
welches durch Erinnerungsmuster im Gehirn visualisiert oder auch anders schmecken und fühlen zusammengesetzt wird
damit es enen Gesamteindruck hinterlässt. Die Frage dabei ist, was bin denn ich und bin ich übertragbar?

Mein ich wird doch offensichtlich von woanders gesteuert un Motoriken wie riechen schmecken undn fühlen dienen nur dem
obersten Ziel damit das Unterbewusstsein erhalten bleibt. Das artwt in rfeiner Phylosophie aus und erkennen werden wir es nicht.

Wennv wir schon beim Thema sind, möchte ich fragen wie sich eine KI sich selber vorstellt? Kann eine KI in den Himmel
nach den Sternen schauen? Ist eine KI nur aufgrund einer Progammierung überhaupt dazu in der Lage und warum
können wir es??

Grüsse

Dares

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 8. Nov 2017, 09:50

Frank hat geschrieben:
7. Nov 2017, 10:06
Du argumentierst mit der Ethik des 21. Jahrhunderts, nicht mal mit der Ethik der ganzen Welt, sondern nur der westlich geprägten Industriewelt, aber auch noch nicht mal ganz mit der, sondern sogar eine etwas deutsche Sicht. Was heute als Standard in ethischen Fragen gilt, war noch vor wenigen Jahrzehnten eine ganz andere.
Das ist wohl wahr. Es ist mir halt auch am nächsten und daher relevantesten.
Ethik soll m.M.n. jedenfalls nicht willkürlich sein, sie soll auf möglichst wenigen Grundprinzipien aufbauen und möglichst ohne Widersprüche und Ausnahmen auskommen.
So soll sie z.B. möglichst allgemeingültig sein: Was für mich richtig ist, soll prinzipiell auch für alle richtig sein.
Ein gutes Grundprinzip lautet in der saloppen Form: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu!"
Ich kann andern aber nur das zufügen, was sie auch erleben können, wenn etwas z.B. keinen Schmerz erleben kann, kann ich ihm auch keinen zufügen.
Frank hat geschrieben:
7. Nov 2017, 10:06
Eine KI, die den Verlust einer ihrer Gliedmassen "bedauert", weil sie sich damit nicht mehr bewegen kann, kann man wohl als leiden ansehen. Reinschauen, ob sie wirklich so empfindet , kannst du nämlich auch hier nicht. Darum wurde auch sehr lange auf Tiere eingedroschen und sie wurden misshandelt, weil die Menschen ihnen nicht das gleiche Empfinden zukommen liessen, wie der eigenen Art.
Erst als man gelernt hat, wie wenig wir uns von Säugetieren unterscheiden, setzte ein Umdenken ein.
Jo. Bei Lebewesen mit genügend Nervensystem, klar. Bei KIs, für die eine Gleidmaße nicht mehr ist als für mich ein Schraubenzieher wird sich das Bedauern allerdings sehr in Grenzen halten, falls es überhaupt vorhanden ist. Wenn das so ist, reichen viel geringere Gründe aus ihr das wegzunehmen zu dürfen.
Das muss bei KIs nicht so sein. Prinzipiell ist auch anderes vorstellbar, aber allein "eine leistungsfähige, isolierte KI sein" reicht dafür nicht aus.
Frank hat geschrieben:
7. Nov 2017, 10:06
Auch eine Eidechse ist sich "bewusst´", wenn sich ihre Lebensumstände verschlechtern, dass sie in eine andere Gegend umsiedeln muss.
Ich glaube wie gesagt, dass zumindest alle Wirbeltiere ein gewisses Maß an Bewusstsein haben. Da bei biologischen Systemen Leid eine solche Grunderfahrung darstellt, glaube ich auch, dass zumindest alle Wirbeltiere auch ein gewisses Maß an Bewusstsein von Leid haben.
Allgemeiner geht es darum, ob ein Lebewesen positive und negative Erfahrungen machen kann oder nicht, ob es also ein Bewusstsein von Positivem und Negativem haben kann oder nicht.
Man kann sich aber auch Bewusstsein von irgendetwas vorstellen, ohne dass das positiv oder negativ erfahren wird.
Gerade bei Einheiten, die nicht mit einem Körper verwachsen sind, gerade bei KIs ist das vorstellbar. Es ist sogar vorstellbar, dass solche KI-EInheiten heute schon existieren.
Skeltek hat geschrieben:
7. Nov 2017, 17:46
So ist es ja auch ein Unterschied, ob man einer Ameise ein Bein ausreißt oder einem Hund.
Das ist ja mal etwas zu subjektiv oder? Du lässt dich von deinem völlig evolutionär entwickelten ignoranten :evil: :wink: Instinkt bzw. Vorstellung leiten, dass die Ameise weniger Leidensfähigkeit oder Bewusstsein als ein Hund hat, nur weil sie dir weniger 'von dir als Leidens-induzierte Verhaltensreaktion' beurteiltes Feedback gibt.
Dann bist du der Meinung, dass beide Handlungen gleich falsch sind und dass beide Handlungen vom Staat mit demselben Strafmaß zu belegen sind? :devil:
Skeltek hat geschrieben:
7. Nov 2017, 17:46
Es ist völlig unsinnig, die vom Menschen wahrgenommene Reaktion eines Individuums als Indikator dazu zu verwenden um zu ermitteln, ob und wie stark jemand gerade Schmerzen hat. Das trifft für motorisch nicht mehr artikulierfähige Lebewesen nicht zu.
Klar sollte man zumindest irgendwas als Indikator verwenden zum Messen 'wie schlimm es ist', allerdings ist das eigentlich völlig subjektiv. Wahrnehmung ist subjektiv, und Schmerz ist erst recht subjektiv.
"Subjektiv" heißt nicht, dass etwas nicht definitiv ist, dass etwas also "so und nicht anders" ist.
Die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns erlaubt uns auch viel tiefere, komplexere und vielfältigere Bewusstseinsinhalte als das bei Lebewesen mit geringerer Gehirn-Leistungsfähigkeit gegeben sein kann. Davon bin ich überzeugt.
Man kann sowohl das äußere Verhalten einer Einheit als auch ihr Nervensystem untersuchen und objektiv bewerten.
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 00:14
Ich habe nicht behauptet, dass sie das nicht sein kann. Ich habe lediglich behauptet, dass es für uns logisch unmöglich ist, zu wissen, ob sie das oder ob sie das nicht ist.

Das ist übrigens kein Problem der KI alleine, das betrifft bereits Qualia = subjektive Erlebnisgehalte eines mentalen Zustandes eines Menschen.
Und das betrifft noch allgemeiner all unser Wissen: Genaugenommen gibt es überhaupt kein sicheres objektives Wissen, nicht in der Physik und auch sonst nirgends - außer vielleicht das objektive Wissen um die eigene subjektive Existenz des eigenen Bewusstseins.
Ich denke langsam darüber nach, ob hier nicht ein sehr theoretisches Problem etwas aufgeblasen wird.
Es ist sehr wichtig dieses Problem erst einmal zu verstehen, aber irgendwann muss entschieden werden, was zu entscheiden ist und muss getan werden, was getan werden muss
Wir sollten, nein wir müssen die Dinge ab einem bestimmten Punkt pragmatischer angehen.
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 00:14
Du behauptest, dass du "Röte" siehst. Ich behaupte dagegen, ich nehme "Süße" wahr. Kannst du beweisen oder widerlegen, dass ich lüge?
Warum muss ich das? Reicht es nicht aus, wenn ich mich überzeugen lasse oder auch nicht, wenn ich dir glaube oder auch nicht?
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 00:14
Ist dieses Problem bzw. der Inhalt meiner Wahrnehmung aus deiner Sicht objektiv überprüfbar? Ich denke nein, der Inhalt meiner Wahrnehmung ist rein subjektiv. Weder kannst du den Inhalt meiner subjektiven Wahrnehmung objektiv erfassen oder überprüfen, noch kannst du überprüfen, ob ich überhaupt eine subjektiven Wahrnehmung von "Röte" habe.
Evtl. ist das schon objektiv prüfbar, mit ausreichender Sicherheit. Wenn ich deine Verhaltensreaktionen kenne und auch in dich reinschauen kann, welche Neuronen in deinem Gehirn gerade in welchen Mustern feuern und zudem auch noch den Kontext kenne, also weiß, dass du dich auf der Erde befindest, in unserer Gesellschaft aufgewachsen bist, usw., dann kann ich mit ausreichend hoher Sicherheit objektiv wissen, ob du wirklich "Süße" wahrnimmst oder doch nur "Bläue", so wie ich.
Diese Sicherheit muss ausreichen, absolute Sicherheit gibt es wie gesagt eh nirgends.

Festzuhalten ist hier noch, dass es sich bei dem Qualiaproblem um ein Problem um die Bewusstseinsinhalte dreht, nicht um das noch tieferliegende Problem der schieren Existenz des Bewusstseins selbst. Man sollte beides streng voneinander trennen.
Ich weiß, dass du das weißt, möchte das aber dennoch noch einmal gesagt haben.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Skeltek » 8. Nov 2017, 10:18

seeker hat geschrieben:
8. Nov 2017, 09:50
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 00:14
Ist dieses Problem bzw. der Inhalt meiner Wahrnehmung aus deiner Sicht objektiv überprüfbar? Ich denke nein, der Inhalt meiner Wahrnehmung ist rein subjektiv. Weder kannst du den Inhalt meiner subjektiven Wahrnehmung objektiv erfassen oder überprüfen, noch kannst du überprüfen, ob ich überhaupt eine subjektiven Wahrnehmung von "Röte" habe.
Evtl. ist das schon objektiv prüfbar, mit ausreichender Sicherheit. Wenn ich deine Verhaltensreaktionen kenne und auch in dich reinschauen kann, welche Neuronen in deinem Gehirn gerade in welchen Mustern feuern und zudem auch noch den Kontext kenne, also weiß, dass du dich auf der Erde befindest, in unserer Gesellschaft aufgewachsen bist, usw., dann kann ich mit ausreichend hoher Sicherheit objektiv wissen, ob du wirklich "Süße" wahrnimmst oder doch nur "Bläue", so wie ich.
Diese Sicherheit muss ausreichen, absolute Sicherheit gibt es wie gesagt eh nirgends.

Festzuhalten ist hier noch, dass es sich bei dem Qualiaproblem um ein Problem um die Bewusstseinsinhalte dreht, nicht um das noch tieferliegende Problem der schieren Existenz des Bewusstseins selbst. Man sollte beides streng voneinander trennen.
Ich weiß, dass du das weißt, möchte das aber dennoch noch einmal gesagt haben.
Das ist doch eigentlich völlig irrelevant, wie er es wahrnimmt, beide Wahrnehmungen entsprechen nicht der Realität sondern haben nur Korelationen mit ihr. Keiner von uns nimmt die Realität wirklich wahr, sondern nur, was unsere Organe daraus auswerten; Beurteilung packe ich da mal mit rein.
Man kann sich das ähnlich eines Isomorphismus vorstellen zwischen der Realität und mehreren Hypothesenmaschinen.
Solange unsere Weltanschauungen nicht auffallend widersprüchlich zur Realität sind, kann man einfach davon ausgehen, dass man aus demselben Realitätsreiz etwas analoges macht, was einfach nur denselben Kontext hat.
Was man wirklich in etwas sieht, spielt keine Rolle, ob man jetzt binär, dezimal oder septimal denkt/fühlt... solange man dieselbe Arithmetik betreibt, wird man dieselbe Antwort widergeben.
tomS hat gelernt, dass sein Konstrukt 36 (7er-System) von anderen 'Siebenundzwanzig" genannt wird und sagt das dann als Lösung. Ich habe gelernt, dass mein Rechnungsergebnis 21 (13-er System) von anderen 'Siebenundzwanzig' genannt wird und nenne es dann auch so. Andere haben 27 (Dezimalsystem) im Kopf und nennen es entsprechend.
Leider kann keiner nicth einmal selbst sagen oder beurteilen, welche Arithmetik nun tatsächlich in seinem Kopf präsent ist (Man kann ja auch im PC binär das Dezimalsystem darstellen, ähnlic ist das im Kopf. Nun stehen '7er-System' und '13-er System' lediglich stellvertretend für andere Verdrahtungen der Neuronen...
Es spielt ja so gesehen dann überhaupt keine Rolle, was man nun tatsächlich 'empfindet'oder denkt, solange die Konstrukte dieselben Relationen nachbilden wie die Realität.
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 8. Nov 2017, 10:45

Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 08:26
Ich denke über mich nach und erkenne dass ich ein Bewusstsein habe, ganz egal wie sich Dieses nun äussert.
Warum?
Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 08:26
Das Bewusstsein ist doch eine Folge der Reize aus meiner Umgebung welche meinem Gehirn durch bioelektrische Signale zugeführt werden welches dann ein komplexes Bild oder eine Wahrnehmung für mich zur Verfügung stellt welches durch Erinnerungsmuster im Gehirn visualisiert oder auch anders schmecken und fühlen zusammengesetzt wird damit es einen Gesamteindruck hinterlässt.
Ist das jetzt eine Aussage über das Bewusstsein selbst, oder lediglich über die Rahmenbedingunegn für Bewusstsein?
Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 08:26
Mein ich wird doch offensichtlich von woanders gesteuert und Motoriken wie riechen schmecken und fühlen dienen nur dem obersten Ziel damit das Unterbewusstsein erhalten bleibt.
Das ist eine Hypothese.

Meine Einschätzung ist weiterhin, dass jeder für sich selbst subjektiv weiß, was "Ich", "Bewusstsein" etc. bedeutet und dass er/sie Bewusstseinsinhalte / Qualia wie Schmerz, Freude, usw. kennt, dass für all dies jedoch keine präzisen, wissenschaftlichen Definition vorliegt und dass keine wissenschaftlichen Hypothesen über das subjektive Bewusstsein formuliert werden können, die objektiv überprüfbar sind.

Beispiel für eine wissenschaftlich vernünftige und objektiv überprüfbare (falsifizierbare) Aussage: "Wenn dieser Asteroid heute an dieser Position mit dieser Geschwindigkeit beobachtet wird, dann wird er in einem halben Jahr die Erde treffen und einen Einschlagkrater mit einem Durchmesser von 10 km verursachen".

Beispiel für eine nicht-wissenschaftliche und nicht-objektiv überprüfbare (und damit falsifizierbare) Aussage: "Wenn ich dies lese, dann habe ich Angst".
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Dares » 8. Nov 2017, 13:45

tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 10:45
Dares hat geschrieben: ↑
8. Nov 2017, 08:26
Ich denke über mich nach und erkenne dass ich ein Bewusstsein habe, ganz egal wie sich Dieses nun äussert.

Warum?
Gute Frage, im Allgemeinen wird es wie der Neurowissenschafler Antonio Damasio definiert als Geisteszustand in welchem man
die Kenntnis von der eigenen Existenz und der Existenz einer Umgebung hat. Für mich selber wäre das dann objektiv, während
ein Aussenstehender nur als subjektiv betrachten kann.
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 10:45
Dares hat geschrieben: ↑
8. Nov 2017, 08:26
Das Bewusstsein ist doch eine Folge der Reize aus meiner Umgebung welche meinem Gehirn durch bioelektrische Signale zugeführt werden welches dann ein komplexes Bild oder eine Wahrnehmung für mich zur Verfügung stellt welches durch Erinnerungsmuster im Gehirn visualisiert oder auch anders schmecken und fühlen zusammengesetzt wird damit es einen Gesamteindruck hinterlässt.

Ist das jetzt eine Aussage über das Bewusstsein selbst, oder lediglich über die Rahmenbedingunegn für Bewusstsein?
Sowohl als auch.
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 10:45
Meine Einschätzung ist weiterhin, dass jeder für sich selbst subjektiv weiß, was "Ich", "Bewusstsein" etc. bedeutet und dass er/sie Bewusstseinsinhalte / Qualia wie Schmerz, Freude, usw. kennt, dass für all dies jedoch keine präzisen, wissenschaftlichen Definition vorliegt und dass keine wissenschaftlichen Hypothesen über das subjektive Bewusstsein formuliert werden können, die objektiv überprüfbar sind.
Richtig, ich denke auch, dass wir viel zu wenig Wissen über das was wir als Bewusstsein bezeichnen. Immerhin gelingt es uns aber dadurch uns
von anderen Spezies abzuheben oder zu unterscheiden. Leben ist eben Leben ganz egal ob sich dieses Leben in einem Spiegel
selbst erkennen kann oder nicht. Ggf. könnte man auch sagen dass mein Bewusstsein mir sagt dass mein z.B. Herzschlag durch mein
Unterbewusstsein gesteuert wird auf welchen ich keinen Einfluss habe ausser ich wäre ein indischer Yogi oder so.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 8. Nov 2017, 22:17

tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 10:45
Meine Einschätzung ist weiterhin, dass jeder für sich selbst subjektiv weiß, was "Ich", "Bewusstsein" etc. bedeutet und dass er/sie Bewusstseinsinhalte / Qualia wie Schmerz, Freude, usw. kennt, dass für all dies jedoch keine präzisen, wissenschaftlichen Definition vorliegt und dass keine wissenschaftlichen Hypothesen über das subjektive Bewusstsein formuliert werden können, die objektiv überprüfbar sind.
Fangen wir doch einmal hiermit an:

Axioms: essential properties of experience

The axioms are intended to capture the essential aspects of every conscious experience. Every axiom should apply to every possible experience.

The wording of the axioms has changed slightly as the theory has developed, and the most recent and complete statement of the axioms is as follows:

Intrinsic existence: Consciousness exists: each experience is actual—indeed, that my experience here and now exists (it is real) is the only fact I can be sure of immediately and absolutely. Moreover, my experience exists from its own intrinsic perspective, independent of external observers (it is intrinsically real or actual).

Composition: Consciousness is structured: each experience is composed of multiple phenomenological distinctions, elementary or higher-order. For example, within one experience I may distinguish a book, a blue color, a blue book, the left side, a blue book on the left, and so on.

Information: Consciousness is specific: each experience is the particular way it is—being composed of a specific set of specific phenomenal distinctions—thereby differing from other possible experiences (differentiation). For example, an experience may include phenomenal distinctions specifying a large number of spatial locations, several positive concepts, such as a bedroom (as opposed to no bedroom), a bed (as opposed to no bed), a book (as opposed to no book), a blue color (as opposed to no blue), higher-order "bindings" of first-order distinctions, such as a blue book (as opposed to no blue book), as well as many negative concepts, such as no bird (as opposed to a bird), no bicycle (as opposed to a bicycle), no bush (as opposed to a bush), and so on. Similarly, an experience of pure darkness and silence is the particular way it is—it has the specific quality it has (no bedroom, no bed, no book, no blue, nor any other object, color, sound, thought, and so on). And being that way, it necessarily differs from a large number of alternative experiences I could have had but I am not actually having.

Integration: Consciousness is unified: each experience is irreducible to non-interdependent, disjoint subsets of phenomenal distinctions. Thus, I experience a whole visual scene, not the left side of the visual field independent of the right side (and vice versa). For example, the experience of seeing the word "BECAUSE" written in the middle of a blank page is irreducible to an experience of seeing "BE" on the left plus an experience of seeing "CAUSE" on the right. Similarly, seeing a blue book is irreducible to seeing a book without the color blue, plus the color blue without the book.

Exclusion: Consciousness is definite, in content and spatio-temporal grain: each experience has the set of phenomenal distinctions it has, neither less (a subset) nor more (a superset), and it flows at the speed it flows, neither faster nor slower. For example, the experience I am having is of seeing a body on a bed in a bedroom, a bookcase with books, one of which is a blue book, but I am not having an experience with less content—say, one lacking the phenomenal distinction blue/not blue, or colored/not colored; or with more content—say, one endowed with the additional phenomenal distinction high/low blood pressure. Moreover, my experience flows at a particular speed—each experience encompassing say a hundred milliseconds or so—but I am not having an experience that encompasses just a few milliseconds or instead minutes or hours.
https://en.wikipedia.org/wiki/Integrate ... experience
tomS hat geschrieben:
8. Nov 2017, 10:45
Beispiel für eine nicht-wissenschaftliche und nicht-objektiv überprüfbare (und damit falsifizierbare) Aussage: "Wenn ich dies lese, dann habe ich Angst".
Wenn man bereit ist gewisse vernünftige Prämissen zu akzeptieren, dann ist das evtl. doch wissenschaftlich-objektiv fassbar.
Das ist noch nachzuweisen - aber ich bin z.B. davon überzeugt, dass der Bewusstseinsinhalt "Angst" zumindest bei den Menschen in unserer Kultur IMMER mit einem ganz bestimmten neuronalen Muster einhergeht. Es mag ganz verschieden neuronale Muster geben, die mit einer Quale Angst einhergehen - die möglicherweise richtige Schlussfolgerung daraus ist aber nicht, dass es deshalb keinen eindeutigen Bezug zwischen innerem Erleben und materiellem Substrat gäbe, sondern dass es eben auch ganz verschiedene Qualia von "Angst" gibt und nicht nur eine, jede Angst fühlt sich etwas anders an. Aber auch dort wird es etwas Gemeinsames geben, ein gemeinsames Grundmuster von "Angst" - genauso wie sonst auch, wenn wir Begriffe bilden. Bei einem Begriff "Auto" stellt man auch fest, dass sie alle verschieden sind, dennoch haben sie ein Gemeinsames, so etwas ist also Standard.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Skeltek » 8. Nov 2017, 23:29

Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 13:45
Gute Frage, im Allgemeinen wird es wie der Neurowissenschafler Antonio Damasio definiert als Geisteszustand in welchem man
die Kenntnis von der eigenen Existenz und der Existenz einer Umgebung hat.
Oh, das ist hart. Dieses 'Kennen' ist für mich jedoch etwas arg weit her geholt. Selbst Ameisen wissen, dass sie gerade da sind. Oder soll es von der Fähigkeit sein, obige Feststellung ausformulieren oder sich selbst klar zu machen?
Erkennen, dass man ein Individuum von vielen ist und sich als eine Teil etwas größerem erkennen? Selbst Menschen haben Schwierigkeiten diese ganzen Sachverhalte auszuformulieren oder geistig genau zu fassen, manche haben sogar überhaupt gar keine ahnung davon.
Selbstbewusstsein ist wieder etwas anderes als Bewusstsein. Bewusstsein kann auch fließende Abstufungen haben... inwieweit erkennt man die Bedeutung und das Wesen einer Sache vollständig umfassend? Von Menschen kann ich das oft nicht behaupten und auch bei mir kommen ständig neue oder andere Erkentnisse hinzu, derer ich mir auch nicht permanent aller gleichzeit bewusst bin.
Solange man nicht wirklich weiß, 'was man selbst ist', kann man auch nie wirklich sagen, dass man ein vollständiges Selbstbewusstsein hat. Ich persönlich mache mir gelegentlich keinen Unterschied zwischen mir und anderen, schließlich ist das Bewusstsein nur physikalisch und örtlich voneinander getrennt und die Teile können lediglich keine Informationen untereinander austauschen - ähnlich wie wenn man die Hirnhälften trennt und die jeweils ihr eigenes Ding machen... man kriegt beides mit, ist aber unfähig Dinge zu bennennen welche man sieht oder semantische Zusammenhänge mit der Realität in Verbindung zu bringen... beides ist da, aber man ist unfähig das zu kombinieren.

Denke der Unterschied zur Ameise ist, wie umfassend man den Kontext erkennt, in welchem man selbst als Systemteil steht.

Seekers geschriebener Ansatz hat aber auch etwas Gutes.
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  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 9. Nov 2017, 21:56

Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 13:45
Gute Frage, im Allgemeinen wird es wie der Neurowissenschafler Antonio Damasio definiert als Geisteszustand in welchem man
die Kenntnis von der eigenen Existenz und der Existenz einer Umgebung hat. Für mich selber wäre das dann objektiv, während
ein Aussenstehender nur als subjektiv betrachten kann.
Diese Definition ist sicher nicht unvernünftig, liefert jedoch keine wissenschaftliche und objektiv überprüfbaren Hypothesen.

["objektiv" ist eine Beurteilung dann, wenn sie unabhängig ist vom Betrachter ist, also von dir. Demnach kann die o.g. Definition gerade für dich als Betrachter per definitionem nie objektiv sein]
Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 13:45
... ich denke auch, dass wir viel zu wenig Wissen über das was wir als Bewusstsein bezeichnen
Ich denke, das hat wenig mit der Quantität des Wissens zu tun.
Dares hat geschrieben:
8. Nov 2017, 13:45
Immerhin gelingt es uns aber dadurch uns von anderen Spezies abzuheben oder zu unterscheiden.
Daraus lassen sich wieder keine objektiv überprüfbaren Hypothesen über das Bewusstsein selbst ableiten, lediglich über Verhaltensweisen.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 9. Nov 2017, 22:20

Die "integrated information theory" ist sicher ein spannender Ansatz, geht aber am Kern meiner Fragestellung vorbei. Da Bewusstsein immer nur subjektiv erfahrbar ist (siehe auch das Axiom zur "intrinsic existence") gelingt keine objektivierbare Erfahrung von Bewusstsein.
seeker hat geschrieben:
8. Nov 2017, 22:17
Wenn man bereit ist gewisse vernünftige Prämissen zu akzeptieren, dann ist das evtl. doch wissenschaftlich-objektiv fassbar.
Das ist noch nachzuweisen ...
Da bin ich gespannt.
seeker hat geschrieben:
8. Nov 2017, 22:17
... aber ich bin z.B. davon überzeugt, dass der Bewusstseinsinhalt "Angst" zumindest bei den Menschen in unserer Kultur IMMER mit einem ganz bestimmten neuronalen Muster einhergeht.
Selbst wenn dieses Muster identifizierbar wäre folgt daraus nicht die Aussage

"Wenn dieses Muster vorliegt, dann hat die Person Angst" sondern lediglich "wenn dieses Muster vorliegt, dann hat behauptet die Person, sie habe Angst". Letzteres ist objektiv überprüfbar, jedoch nicht der Kern der Frage.
seeker hat geschrieben:
8. Nov 2017, 22:17
die richtige Schlussfolgerung daraus ist aber nicht, dass es deshalb keinen eindeutigen Bezug zwischen innerem Erleben und materiellem Substrat gäbe, sondern dass es eben auch ganz verschiedene Qualia von "Angst" gibt und nicht nur eine, jede Angst fühlt sich etwas anders an.
s.o. - streng wissenschaftlich folgt daraus nichts dergleichen.
Wikipedia hat geschrieben: Unter „Qualia“ wird der subjektive Erlebnisgehalt mentaler Zustände verstanden. Doch gerade ein solches subjektives Element scheint sich jeder intersubjektiven Begriffsbestimmung zu widersetzen. Der Philosoph Thomas Nagel hat zur Bestimmung der Qualia die Redeweise geprägt, dass es sich „auf eine bestimmte Weise anfühlt“, in einem mentalen Zustand zu sein (what is it like). Wenn eine Person etwa friert, so hat dies in der Regel verschiedene Konsequenzen. In der Person laufen etwa verschiedene neuronale Prozesse ab und die Person wird ein bestimmtes Verhalten zeigen. Doch das ist nicht alles: „Es fühlt sich für die Person auch auf eine bestimmte Weise an“, zu frieren. Allerdings kann Nagels Bestimmungsversuch nicht als allgemeine Definition gelten. Eine Bestimmung von Qualia durch die Phrase „sich auf bestimmte Weise anfühlen“ setzt voraus, dass diese Phrase schon verstanden ist. Wem jedoch die Rede von subjektiven Erlebnisgehalten nicht einleuchtet, der wird die Phrase auch nicht verstehen. Ned Block hat das Problem der Begriffsbestimmung daher wie folgt kommentiert:

Sie fragen: Was ist das, was Philosophen ‚qualitative Zustände‘ genannt haben? Und ich antworte, nur halb im Scherz: Wie Louis Armstrong schon sagte, als man ihn fragte, was Jazz sei: Wenn du erst fragen musst, wirst du es nie verstehen.“

– Ned Block: Troubles with Functionalism
Die Probleme, die bei der Bestimmung von Qualia auftreten, haben einige Philosophen wie Daniel Dennett, Patricia und Paul Churchland dazu veranlasst, Qualia als gänzlich unbrauchbare Begriffe abzulehnen und stattdessen einen Qualiaeliminativismus zu vertreten. Ansgar Beckermann kommentiert hingegen:

„Und wenn jemand sagt, er wisse trotzdem nicht, worin der qualitative Charakter etwa eines Geschmacksurteils bestehe, können wir diesem Unverständnis so begegnen: Wir geben ihm einen Schluck Wein zu trinken, lassen ihn danach ein Pfefferminzbonbon lutschen und geben ihm dann noch einen Schluck desselben Weins mit der Bemerkung: Das, was sich jetzt geändert hat, das ist der qualitative Charakter deines Geschmacksurteils.“
Hervorhebung in kursiv von mir; das trifft im Wesentlichen meine Position. Diese weicht jedoch in wichtigen Punkten von den weiteren Positionen ab.

Ich vertrete ein naturwissenschaftliches und insbs. physikalisches Weltbild. Ich denke nicht "dualistisch". Ich befürworte daher tatsächlich eine eher eliminativ-materialistische Sichtweise. D.h. der Begriff der Qualia ist - im o.g. Sinne - tatsächlich unwissenschaftlich. Er ist jedoch nicht - wie nach Dennet - eine "leere Begriffshülse, die verlustlos abgeschafft werden könne". Das ist m.E. völlig falsch! Qualia sind genau die subjektiv offensichtlich vorhandenen, erlebbaren mentalen Zustände, die sich einer objektiven Überprüfung per definitionem und damit rein logisch trivialerweise entziehen. Da sie sich der wissenschaftlichen Methode entziehen bzw. für diese nicht zugänglich sind, kann und darf ich auch nicht angeblich (!) wissenschaftlich folgern, dass ich sie abschaffen könne. Ich kann rein wissenschaftlich gar nichts folgern. Ich sehe auch keine diesbzgl. wissenschaftlich überprüfbaren Hypothesen.

Nochmal: ich halte - als Physiker - eine eliminativ-materialistische Sichtweise für "plausibel" bzw. "naheliegend"; ich halte diese Sichtweise und diese Aussage zugleich jedoch im strengen Sinne für absolut unwissenschaftlich sondern für rein philosophisch.

Ich kritisiere Neurobiologen oder Philosophen wie Dennett nicht für ihre philosophische Position, sondern für die Tatsache, dass sie oft nicht den Unterschied zwischen einer philosophischen Position und einer wissenschaftlichen Hypothese herausarbeiten. Die Konsequenz aus all diesen Überlegungen ist nicht, dass wir wissen, was das Bewusstsein ist (oder was es nicht ist), sondern dass wir prinzipiell nicht wissen können, was es ist (oder nicht ist).
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 9. Nov 2017, 23:05

Worum geht es eigentlich, bei "objektiv" und "subjektiv"?
Wenn wir sagen etwas sei objektiv, dann meinen wir damit normalerweise "so wie es wirklich ist", während wir bei subjektiv meinen "so wie es scheint".
Demzufolge wird das Objektive als das Höherwertige angesehen, auch weil dieses eindeutig bestimmt ist, während das Subjektive mal so mal anders scheinen kann.

Bei Bewusstseinsinhalten haben wir jedoch einen Sonderfall, weil dort "so wie es scheint" exakt dasselbe ist wie "so wie es wirklich ist".
Es ist sogar mit sehr viel höherer Sicherheit exakt so wie es scheint als bei allen objektiv-wissenschaflichen Erkenntnissen.
Und das Subjektive ist im Bewusstsein ebenso eindeutig bestimmt, weil das was erscheint, die Erfahrung selbst exakt so erscheint wie sie erscheint, nie anders und auch nie mehr oder weniger ist, als das was sie ist. Somit gibt es dort keine Höherwertigkeit des Objektiven im Sinne des "so wie es auch ohne Beobachter wirklich ist", auch weil es dort ohne Beobachter nicht ist.

Um das richtig zu verstehen:
Ich habe es hier nicht davon, ob das was im Bewusstsein erscheint die Welt 'richtig' oder 'falsch' abbildet, vielleicht nur Illusion ist. Ich habe es davon, dass das was erscheint völlig unbesehen der Außenwelt erst einmal exakt so ist wie es ist: eine Wahrnehmung ist mit sich selbst identisch - und zwar exakt und eindeutig und unabhängig von externen Beobachtern. D.h. eine Wahrnehmung ist als Wahrgenommenes niemals eine Illusion: sie existiert exakt so wie sie existiert.

Bei den Naturwissenschaften brauchen wir außerdem auch Axiome, die wir einfach annehmen müssen ohne sie beweisen zu können, um überhaupt Wissenschaft betreiben zu können. Wir müssen z.B. die Existenz einer von uns unabhängigen Außenwelt annehmen, wir müssen das Induktionsproblem tolerieren, wir müssen annehmen, dass durch unsere Methoden übehaupt Erkenntnisse über diese Welt gewonnen werden können, usw.

Und das Bewusstsein ist erforschbar, nämlich durch Introspektion.
Was dort gefunden werden kann, ist vielleicht nicht alles mitteilbar, in Worten oder Formeln fassbar, aber einiges schon. Und das was gefunden werden kann ist extremst sicher genau so wie es gefunden wird, eine einmalige Beobachtung eines einzigen Beobachters reicht dafür aus. Es ist dort in vielen Fällen daher gar nicht nötig das Gefundene mit anderen Beobachtungen anderer Beobachter zu vergleichen, um die Erkenntnis in ihrer Richtigkeit abzusichern bzw. zu prüfen, so wie man es gewöhnlich in den Naturwissenschaften macht. In dem Sinne sind daher einige Erkenntnisse, die ich durch methodische und systematische Eigenbeobachtung über mein eigenes Bewusstsein herausfinden kann in einem Maße abgesichert, von der jede objektive Naturwissenschaft nur träumen kann.
Nur wenn man allgemeinere Fragen stellt, die über das eigene Bewusstsein hinausgehen und nach gemeinsamen allgemeinen Eigenschaften vieler Bewusstseine fragt ist Absicherung durch vergleichende Prüfung nötig.
Aber genau das ist ja auch möglich, man kann ja miteinander kommunizieren.

Insofern sehe ich nach solchen Überlegungen keinen Grund mehr, warum eine Wissenschaft über das Bewusstsein unmöglich sein sollte.
Die letzten Geheimnisse wird man auch dort nicht erkunden können, aber darum geht es nicht, es geht darum ob man gar nichts erreichen kann oder eben doch.

Es kommt nur darauf an, wie man "Wissenschaft" definiert. Nur wenn man an althergebrachten Definitionen klammert, die das Subjektive zwanghaft außen vor lassen, nur dann ist eine Wissenschaft des Bewusstseins in dem Sinne prinzipiell nicht möglich.
Grüße
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Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 9. Nov 2017, 23:32

tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
Selbst wenn dieses Muster identifizierbar wäre folgt daraus nicht die Aussage

"Wenn dieses Muster vorliegt, dann hat die Person Angst" sondern lediglich "wenn dieses Muster vorliegt, dann hat behauptet die Person, sie habe Angst". Letzteres ist objektiv überprüfbar, jedoch nicht der Kern der Frage.
Warum reicht das nicht? Verlangst du an der Stelle nicht absolute Sicherheit? Gibt es die in den objektiven Wissenschaften? Weißt du mit absoluter Sicherheit ob nicht alle deine Messgeräte und deine Kollegen ob ihrer Erkenntnisse lügen? Misst du da nicht mit zweierlei Maß?
tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
„Sie fragen: Was ist das, was Philosophen ‚qualitative Zustände‘ genannt haben? Und ich antworte, nur halb im Scherz: Wie Louis Armstrong schon sagte, als man ihn fragte, was Jazz sei: Wenn du erst fragen musst, wirst du es nie verstehen.“
Ich stimme dem Argument zu. Qualia sind nicht beliebig exakt mittelbar, es gibt einen Teil, der nicht in Sprache zu fassen scheint.
Das heißt aber nicht, dass gar nichts vermittelbar wäre.

Und wie ist es bei den Naturwissenschaften? Ist die Natur exakt und vollständig so, wie es deine Formeln aus deiner vorläufigen(!) Theorie vorhersagen?
Ist der Glaube dass es dann so sein würde, wenn die endgültige Theorie gefunden wäre vielleicht nicht nur ein frommer Glaube, der mit nichts zu beweisen ist?
Ist es stattdessen - wenn man ehrlich ist- nicht auch in der Physik so, dass die Natur nicht vollständig und in allen Details erfassbar, mittelbar ist?
tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
Ich vertrete ein naturwissenschaftliches und insbs. physikalisches Weltbild. Ich denke nicht "dualistisch". Ich befürworte daher tatsächlich eine eher eliminativ-materialistische Sichtweise. D.h. der Begriff der Qualia ist - im o.g. Sinne - tatsächlich unwissenschaftlich. Er ist jedoch nicht - wie nach Dennet - eine "leere Begriffshülse, die verlustlos abgeschafft werden könne". Das ist m.E. völlig falsch! Qualia sind genau die subjektiv offensichtlich vorhandenen, erlebbaren mentalen Zustände, die sich einer objektiven Überprüfung per definitionem und damit rein logisch trivialerweise entziehen. Da sie sich der wissenschaftlichen Methode entziehen bzw. für diese nicht zugänglich sind, kann und darf ich auch nicht angeblich (!) wissenschaftlich folgern, dass ich sie abschaffen könne. Ich kann rein wissenschaftlich gar nichts folgern. Ich sehe auch keine diesbzgl. wissenschaftlich überprüfbaren Hypothesen.
Existieren Qualia, existiert dein Bewusstsein? Ist es wirklich?
Was folgt aus der Antwort?

Ich liebäugle mit einem Eigenschaftdualismus. Und ich bin gerade von der Idee fasziniert, dass Bewusstsein fundamental ist.
Das erscheint mir im Moment geradezu als zwangsläufige Schlussfolgerung, an der man nicht sinnvoll vorbeikommt.
tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
Nochmal: ich halte - als Physiker - eine eliminativ-materialistische Sichtweise für "plausibel" bzw. "naheliegend"
Vielleicht glaubst du auch 'vernünftigerweise' dazu verpflichet zu sein, man ist auch den gewohnten Denkschemata verhangen, aber ist man tatsächlich verpflichtet?
Eine Wissenschaft des Bewusstseins aus eigenschaftsdualistischer Sicht würde an der Physik nicht ein Jota ändern, es würde nur besagen, dass es tatsächlich etwas gibt, das von der Physik nicht objektiv fassbar ist und dennoch eindeutig und existent ist: Innenseiten. Aber dass das Subjektive nicht objektiv fassbar ist, ist ja eh nichts Neues, man spricht nur nicht darüber, man klammert es seit langer Zeit lieber einfach aus den Naturwissenschaften aus.
tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
Die Konsequenz aus all diesen Überlegungen ist nicht, dass wir wissen, was das Bewusstsein ist (oder was es nicht ist), sondern dass wir prinzipiell nicht wissen können, was es ist (oder nicht ist).
Existiert es oder nicht?
Ist es eindeutig oder nicht?
Ist es strukturiert oder nicht?
Ist es stets eine Einheit oder nicht?
usw.

Und kannst du all das wissen oder nicht?

Es geht bei Wissenschaft nicht darum was etwas ist, sondern wie es ist und das dann zu beschreiben und zu ordnen.
Was 'Energie' ist, wissen wir beispielsweise aus ebensolchen prinzipiellen Gründen auch nicht.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 10. Nov 2017, 00:02

seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Worum geht es eigentlich, bei "objektiv" und "subjektiv"?
Wenn wir sagen etwas sei objektiv, dann meinen wir damit normalerweise "so wie es wirklich ist", während wir bei subjektiv meinen "so wie es scheint".
Demzufolge wird das Objektive als das Höherwertige angesehen, auch weil dieses eindeutig bestimmt ist, während das Subjektive mal so mal anders scheinen kann.
Das meine ich nicht; ich hatte das oben dargestellt.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Bei Bewusstseinsinhalten haben wir jedoch einen Sonderfall, weil dort "so wie es scheint" exakt dasselbe ist wie "so wie es wirklich ist".
Das sehe ich anders. Was Bewusstsein "wirklich ist" weißt du auch nicht; du weißt lediglich mit Sicherheit, wie es dir (subjektiv) erscheint. Ob das Erscheinen mit dem Sein identisch ist, ist auch für dich (zumindest für mich) unbeobachtbar; es handelt sich dabei um eine philosophische Sichtweise.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Bei den Naturwissenschaften brauchen wir außerdem auch Axiome, die wir einfach annehmen müssen ohne sie beweisen zu können, um überhaupt Wissenschaft betreiben zu können. Wir müssen z.B. die Existenz einer von uns unabhängigen Außenwelt annehmen, wir müssen das Induktionsproblem tolerieren, wir müssen annehmen, dass durch unsere Methoden übehaupt Erkenntnisse über diese Welt gewonnen werden können, usw.
Im engeren Sinne benötigen wir eine Hypothese und deren Falsizierbarkeit. Solange das nicht gegeben ist scheitert die wissenschaftliche Methode an recht elementaren, praktischen Problemen.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Und das Bewusstsein ist erforschbar, nämlich durch Introspektion.
Das ist aber keine wissenschaftliche Methode.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Es ist dort in vielen Fällen daher gar nicht nötig das Gefundene mit anderen Beobachtungen anderer Beobachter zu vergleichen, um die Erkenntnis in ihrer Richtigkeit abzusichern bzw. zu prüfen, so wie man es gewöhnlich in den Naturwissenschaften macht.
Wenn du das nicht tust, bleibst du einer rein subjektiven, nicht objektivierbaren und nicht falsifizierbaren sowie einer rein phänomenologischen Sichtweise verhaftet.

Bereits einfache Fragestellungen sind unbeantwortbar. Die Hypothese "Bewusstsein benötigt eine neuronale Basis" ist nicht überprüfbar und nicht beantwortbar.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
In dem Sinne sind daher einige Erkenntnisse, die ich durch methodische und systematische Eigenbeobachtung über mein eigenes Bewusstsein herausfinden kann in einem Maße abgesichert, von der jede objektive Naturwissenschaft nur träumen kann.
Ja, einige Erkenntnisse schon. Du triffst jedoch eine sehr restriktive Auswahl, welche Fragen du überhaupt zulässt.

Bereits die Frage im Titel des Threads entzieht sich deiner Betrachtung.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Insofern sehe ich nach solchen Überlegungen keinen Grund mehr, warum eine Wissenschaft über das Bewusstsein unmöglich sein sollte.
Weil du konsequent vermeidest, zur wissenschaftlichen Methode Stellung zu beziehen:

https://www.spektrum.de/astrowissen/wissen.html

Theorie? Experiment? Hypothese? Falsifizierbarkeit? Objektivierbarkeit?
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Die letzten Geheimnisse wird man auch dort nicht erkunden können, aber darum geht es nicht, es geht darum ob man gar nichts erreichen kann oder eben doch.
Wenn sich Wissenschaftler mit einem Thema befassen, geht es zumindest darum, ob sie ihren eigenen Qualitätsansprüchen genügen. Das tun sie aber im Falle der Neurowissenschaften teilweise nicht!

Damit ist keineswegs gesagt, dass das Thema per se uninteressant ist - ist es keineswegs - jedoch ist es nach den Kriterien der Wissenschaft eben unwissenschaftlich. Und die gewonnenen Erkenntnisse sind eben oft nicht objektivierbar.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Es kommt nur darauf an, wie man "Wissenschaft" definiert. Nur wenn man an althergebrachten Definitionen klammert, die das Subjektive zwanghaft außen vor lassen, nur dann ist eine Wissenschaft des Bewusstseins in dem Sinne prinzipiell nicht möglich.
Das Problem ist eher die mangelnde praktische Methode.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"

Beitrag von tomS » 10. Nov 2017, 00:37

seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Warum reicht das nicht? Verlangst du an der Stelle nicht absolute Sicherheit? Gibt es die in den objektiven Wissenschaften? Weißt du mit absoluter Sicherheit ob nicht alle deine Messgeräte und deine Kollegen ob ihrer Erkenntnisse lügen? Misst du da nicht mit zweierlei Maß?
Nein, tue ich nicht.

Dass z.B. die Natur "rational" use und nicht "lügt", und daher rational erfasst werden kann, ist eine zusätzliche Hypothese. Wenn sie nicht zutrifft, dann scheitert dein Ansatz bzgl. der Qualia sowie natürlich die Physik. Wenn sie jedoch zutrifft, dann scheitert die Physik nicht (zumindest nicht deswegen), deine Methode bleibt jedoch nach wie vor unwissenschaftlich.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Das heißt aber nicht, dass gar nichts vermittelbar wäre.
Das behaupte ich doch gar nicht.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Und wie ist es bei den Naturwissenschaften? Ist die Natur exakt und vollständig so, wie es deine Formeln aus deiner vorläufigen(!) Theorie vorhersagen?
Nein, das denke ich nicht, und das behauptet die Physik auch nicht.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Ist es - wenn man ehrlich ist - nicht auch in der Physik so, dass die Natur nicht vollständig und in allen Details erfassbar, mittelbar ist?
Kein Physiker behauptet etwas anderes.

Aber die Physik ist offensichtlich in der Lage, sukzessive mittels Versuch und Irrtum, Theorien sowie daraus abgeleiteten Hypothesen und deren Widerlegung, verbesserten Modellen usw. zu besseren = präziseren, allgemeineren und breiter anwendbaren Theorien zu gelangen.

Wenn der Physiker von einer "Theorie" spricht, dann ist damit letztlich ein mathematisches Modell gemeint, das - in gewissen Grenzen - korrekte und quantitative Vorhersagen liefert.

Insofern ist die Neurowissenschaft - solange sie sich auf neuronale Prozesse und beobachtbare Phänomene bezieht - sicher eine Wissenschaft. Aussagen über die "Natur des Bewusstseins", der Elimination von Qualia usw. sind in diesem Sinne sicher keine wissenschaftlichen Aussagen.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Existieren Qualia, existiert dein Bewusstsein? Ist es wirklich?
Ja, ich denke schon :-)
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Was folgt aus der Antwort?
Für dich letztlich nichts -:)
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
Ich liebäugle mit einem Eigenschaftdualismus. Und ich bin gerade von der Idee fasziniert, dass Bewusstsein fundamental ist.
Das erscheint mir im Moment geradezu als zwangsläufige Schlussfolgerung, an der man nicht sinnvoll vorbeikommt.
Kannst du mir ein Experiment nennen, mittels dessen deine sowie meine Sichtweise überprüfbar werden?
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
Nochmal: ich halte - als Physiker - eine eliminativ-materialistische Sichtweise für "plausibel" bzw. "naheliegend"
Vielleicht glaubst du auch 'vernünftigerweise' dazu verpflichet zu sein, man ist auch den gewohnten Denkschemata verhangen, aber ist man tatsächlich verpflichtet?
Ich denke, es ist klar, dass - obwohl ich diese Sichtweise vertrete - ich kein wissenschaftliches Argument anführen kann, das sie begründet. Mein einziger wirklich wesentlicher Punkt ist, dass ich mir dieser Tatsache bewusst bin.
seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:32
tomS hat geschrieben:
9. Nov 2017, 22:20
Die Konsequenz aus all diesen Überlegungen ist nicht, dass wir wissen, was das Bewusstsein ist (oder was es nicht ist), sondern dass wir prinzipiell nicht wissen können, was es ist (oder nicht ist).
Existiert es oder nicht?
Ist es eindeutig oder nicht?
Ist es strukturiert oder nicht?
Ist es stets eine Einheit oder nicht?
usw.

Und kannst du all das wissen oder nicht?
Was bedeutet "wissen"?

Ich für mich kann das "wissen". Wir beide miteinander können das nicht objektiv wissen. Interessanterweise bezeichnen die Physiker ihr Fach als eine Naturwissenschaft, sind sich jedoch der Grenze ihrer Methode und ihres Wissens sehr wohl bewusst.
Gruß
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 10. Nov 2017, 00:40

Das hier ist m.E. ein vernünftiger Ansatz:

https://de.wikipedia.org/wiki/Erklärungslücke
Wikipedia hat geschrieben: Erklärungslücke ist ein in der Philosophie des Geistes verwendeter Begriff, mit dem auf die Probleme einer reduktiven Erklärung des Bewusstseins Bezug genommen wird. Der Begriff wurde 1983 von dem US-amerikanischen Philosophen Joseph Levine in dem Aufsatz Materialism and Qualia: The Explanatory Gap in die Bewusstseinsdebatte eingeführt.

Levine geht davon aus, dass der Physikalismus wahr ist, was impliziert, dass mentale Zustände physische Zustände sind. Dies bedeutet nach Levine, dass sich die Existenz von mentalen Zuständen durch eine physikalische – bzw. eine neurowissenschaftliche oder kognitionswissenschaftliche – Theorie verständlich machen lassen sollte. Nun haben einige mentale Zustände jedoch die Eigenschaft auf bestimmte Weise erlebt zu werden. Auch diese subjektiven Erlebnisgehalte (Qualia) müssten durch eine vollständige naturwissenschaftliche Theorie erklärt werden.

Nach Levine ist jedoch genau dies nicht der Fall. Kein physisches – oder neuronales – Ereignis könne verständlich machen, warum etwas erlebt werde. Genau deshalb bleibe bei jedem Identifikationsversuch von physischen und mentalen Ereignissen eine Erklärungslücke bestehen.

Der Begriff der Erklärungslücke beschreibt das Bewusstseinsproblem in einem erkenntnistheoretischen und keinem ontologischen Rahmen: Levine will nicht zeigen, dass es sich bei mentalen Zuständen um nichtphysische Entitäten handelt. Vielmehr ist schon im Begriff der Erklärungslücke enthalten, dass es sich um ein nichtontologisches Problem der Erklärungsleistungen handelt. Genau dies unterscheidet Levines Analyse von eigenschaftsdualistischen Theorien wie der von David Chalmers, der in der Erklärungslücke das Scheitern des Materialismus sieht.
Gruß
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Skeltek » 10. Nov 2017, 03:56

seeker hat geschrieben:
9. Nov 2017, 23:05
Und das Bewusstsein ist erforschbar, nämlich durch Introspektion.
Was dort gefunden werden kann, ist vielleicht nicht alles mitteilbar, in Worten oder Formeln fassbar, aber einiges schon. Und das was gefunden werden kann ist extremst sicher genau so wie es gefunden wird, eine einmalige Beobachtung eines einzigen Beobachters reicht dafür aus. Es ist dort in vielen Fällen daher gar nicht nötig das Gefundene mit anderen Beobachtungen anderer Beobachter zu vergleichen, um die Erkenntnis in ihrer Richtigkeit abzusichern bzw. zu prüfen, so wie man es gewöhnlich in den Naturwissenschaften macht.
...
Insofern sehe ich nach solchen Überlegungen keinen Grund mehr, warum eine Wissenschaft über das Bewusstsein unmöglich sein sollte.
Hab mich seit meiner Kindheit damit beschäftigt, wie mein Gehirn Infos abspeichert und was eigentlich genau passiert und wieso ich gerade xy als nächstes denke, wenn ich vorher AB und ef gedachte und erfahren habe.
"Was und wieso geht mir 'als Nächstes' durch den Kopf?" Klar kann man da durch völlig wissenschaftlich korrektes Vorgehen Erkentnisse gewinnen; allerdings habe ich sehr früh bereits aufgehört irgendeinen Sinn darin zu sehen, diese Erkentnisse mit anderen teilen zu müssen. Wozu auch? Effektiv habe ich dadurch einzigartige Überzeugungen gewonnen und sozusagen meine eigene 'Religion' oder 'Weltanschauung' entwickelt jenseits jeder Norm.
Immerhin ist was mich treibt die Neugier und Wissensdurst, wie die Welt wirklich funktioniert und was es mit allem auf sich hat. Eines Tages werde ich sterben und mein Wissen mitnehmen, das hat was für sich :-D
Letzten Endes muss ohnehin jeder für sich seine 'Wahrheit' finden.
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  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 10. Nov 2017, 11:38

tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Das sehe ich anders. Was Bewusstsein "wirklich ist" weißt du auch nicht; du weißt lediglich mit Sicherheit, wie es dir (subjektiv) erscheint. Ob das Erscheinen mit dem Sein identisch ist, ist auch für dich (zumindest für mich) unbeobachtbar; es handelt sich dabei um eine philosophische Sichtweise.
Das ist doch aber evident. Alle Dinge sind mit sich selbst identisch. Natürlich steckt da in gewisser Weise auch eine philosophische Sichtweise mit drin, aber eine vernünftige.
Welche andere vernünftige Sichtweise existiert denn noch als die, dass das was mir erscheint wirklich genau so erscheint, wie es erscheint?
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Bei den Naturwissenschaften brauchen wir außerdem auch Axiome, die wir einfach annehmen müssen ohne sie beweisen zu können, um überhaupt Wissenschaft betreiben zu können. Wir müssen z.B. die Existenz einer von uns unabhängigen Außenwelt annehmen, wir müssen das Induktionsproblem tolerieren, wir müssen annehmen, dass durch unsere Methoden übehaupt Erkenntnisse über diese Welt gewonnen werden können, usw.
Im engeren Sinne benötigen wir eine Hypothese und deren Falsizierbarkeit. Solange das nicht gegeben ist scheitert die wissenschaftliche Methode an recht elementaren, praktischen Problemen.
In den meisten Fällen scheitert das nicht. Ich kann z.B. die Hypothese aufstellen, dass mein Bewusstsein immer strukturiert ist und kann es dann oftmals beobachten, um zu prüfen, ob das stimmt. Finde ich nur ein einziges Mal einen Nicht-strukturierten Bewusstseinsinhalt, dann ist die These falsifiziert.
Und das ist ein sehr einfaches Beispiel, es geht auch viel komlizierter und tiefer.
Und wenn sich die These bei mir bewährt hat, kann ich als nächstes die These aufstellen, dass das bei allen Menschen so ist. Auch das lässt sich falsifizieren: Ich vereinbare mit den anderen eine Methodik, wie das zu beobachten ist und frage dann hinterher die anderen, wie es bei denen ist.
Und das Problem "Lügen" kann man auch handhaben, es lässt sich nämlich von außen recht sicher messen, ob jemand lügt oder nicht und es lässt sich auch statistisch handhaben, weil es vernünftig ist anzunehmen, dass nicht alle Menschen immer lügen. Diese Annahme ist sogar notwendig um allgemein Wissenschaft betreiben zu können.
Und bei gewöhnlichen Messungen habe ich ja dasselbe Problem, weil es Fehlmessungen gibt.
Allgemein kann ich die Korrelationen zwischen den Erscheinungen im Bewusstsein und klassisch physikalisch messbaren Erscheinungen bestimmen und so weitere Erkenntnisse gewinnen.
Ich kann dabei mein eigenes Bewusstsein als Messgerät verstehen - das ist der Kniff!
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Und das Bewusstsein ist erforschbar, nämlich durch Introspektion.
Das ist aber keine wissenschaftliche Methode.
Wer bestimmt, was eine wissenschaftliche Methode ist und was nicht?
Ich sehe das Problem nicht, festzulegen, dass auch das eine wiss. Methode sei, wenn ich eine exakte Methodik angeben kann, wie vorzugehen ist und wenn die Informationen daraus sicher sind. (s.o., es spricht m.E. nichts dagegen)
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Damit ist keineswegs gesagt, dass das Thema per se uninteressant ist - ist es keineswegs - jedoch ist es nach den Kriterien der Wissenschaft eben unwissenschaftlich. Und die gewonnenen Erkenntnisse sind eben oft nicht objektivierbar.
Das Objektive ist ja kein Selbstzweck! Es ist nur ein Mittel um Erkenntnisse gewinnen zu können, die sicher und bestimmt/definiert sind.
Wenn ich dieses Ziel in einem Bereich auch ohne Objektivierung erreichen kann, dann kann ich darauf dort verzichten, ohne etwas zu verlieren.
Wie gesagt kann ich meine eigene Wahrnehmung als 'objektiv' (im Sinne von sicher, bestimmt) messendes Messgerät verstehen.
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:37
Dass z.B. die Natur "rational" use und nicht "lügt", und daher rational erfasst werden kann, ist eine zusätzliche Hypothese. Wenn sie nicht zutrifft, dann scheitert dein Ansatz bzgl. der Qualia sowie natürlich die Physik. Wenn sie jedoch zutrifft, dann scheitert die Physik nicht (zumindest nicht deswegen), deine Methode bleibt jedoch nach wie vor unwissenschaftlich.
Das bestreite ich.
Wir haben die wichtigste Grundvoraussetzung um Physik betreiben zu können noch nicht genannt, die auch gerne übersehen wird:

Um Physik betreiben zu können, muss es notwendig einen Wissenschaftler, ein Subjekt, ein bewusstes Wesen geben, das Wissenschft betreibt!
D.h. das Bewusstsein ist der Ausgangspunkt auch aller Physik und nicht etwa ihr Endpunkt, eine Grenze der Physik.
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:40
Nach Levine ist jedoch genau dies nicht der Fall. Kein physisches – oder neuronales – Ereignis könne verständlich machen, warum etwas erlebt werde. Genau deshalb bleibe bei jedem Identifikationsversuch von physischen und mentalen Ereignissen eine Erklärungslücke bestehen.

Der Begriff der Erklärungslücke beschreibt das Bewusstseinsproblem in einem erkenntnistheoretischen und keinem ontologischen Rahmen: Levine will nicht zeigen, dass es sich bei mentalen Zuständen um nichtphysische Entitäten handelt. Vielmehr ist schon im Begriff der Erklärungslücke enthalten, dass es sich um ein nichtontologisches Problem der Erklärungsleistungen handelt. Genau dies unterscheidet Levines Analyse von eigenschaftsdualistischen Theorien wie der von David Chalmers, der in der Erklärungslücke das Scheitern des Materialismus sieht.
Es ist richtig, es gibt eine Erklärungslücke, das ist die harte Nuss des Bewusstseinsproblems.
Man darf nur nicht gleich zu viel fordern, zuerst sollen die "einfachen" Probleme des Bewusstseins erforscht und gelöst werden, der harten Nuss kann man sich damit schrittweise annähern, auch wenn sie vielleicht nie ganz gelöst werden kann. Das ist aber in Ordnung und normal, Wissenschaft endet nie und eine Frage wie: "Warum ist überhaupt eine Welt und nicht Nichts?" ist vom gleichen Schlag - und die hindert uns auch nicht Physik zu betreiben.

Was ganz wichtig ist:
Die Erklärungslücke ist ein zweiseitiges Problem, man kann sie auf zweierlei Weise angehen:

1. Man kann die materielle Welt voraussetzen und dann fragen, wie es sein kann, dass in dieser Welt auch etwas Geistiges existiert und wie das zusammenhängt.
2. Man kann aber auch die geistige Welt voraussetzen und dann fragen, wie es sein kann, dass neben dieser Welt auch eine materielle Außenwelt existiert und wie das zusammenhängt.

Der Unterschied liegt hier allein darin, was man als Ausgangspunkt nimmt.
Welcher Ausgangspunkt ist der vernünftigere?
Natürlich ist es 2.!

Das ist deshalb so, weil die Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist. Von der materiellen Außenwelt wissen wir ausschließlich deshalb und nur insofern weil/wenn sie in der geistigen Welt abgebildet wird. Ob 1. existiert wissen wir nicht mit absoluter Sicherheit, wir wissen aber mit absoluter Sicherheit, dass 2. existiert.
Wenn ich Erkenntnisse gewinnen will, dann gehe ich doch sonst auch immer von dem aus, was ich sicher weiß und versuche von diesem Ausgangspunkt aus dann das noch weniger Sichere zu erforschen.
Der Grund, warum man meistens - und daran sind wir deshalb auch gewöhnt, und das ist das Problem - gleich von 1. ausgehen liegt darin, dass das meistens uninteressant ist, ob nun zuerst 1. oder 2.: Wenn ich z.B. die Eigenschaften der Andromedagalaxie erforschen will, muss ich mich um das Bewusstseinsproblem nicht kümmern, es ist dort nicht interessant.
Wenn ich aber das Bewusstsein selbst erforschen will, dann ist es interessant und dann muss ich auch berücksichtigen, dass 2. primär ist.

Und ja, mag sein, dass "schon im Begriff der Erklärungslücke enthalten, dass es sich um ein nichtontologisches Problem der Erklärungsleistungen handelt", nur ist das Problem logisch gesehen in Richtung 2.->1. anzugehen und nicht umgekehrt.
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Bereits einfache Fragestellungen sind unbeantwortbar. Die Hypothese "Bewusstsein benötigt eine neuronale Basis" ist nicht überprüfbar und nicht beantwortbar.
Du darfst nicht zu Anfang zu hohe Forderungen stellen, gerade diese Frage ist überhaupt keine einfache Frage. So weit sind wir noch nicht.
Andere Fragen sind aber wiss. prüfbar, wie z.B. die Hypothese: "Bestimmte Bewusstseinsinhalte beim Menschen gehen immer mit einem bestimmten neuronalen Zustand einher."
Genauer scheint es so zu sein: Die Welt bildet den Kontext zum Menschen, der Mensch mit seinem Gehirn bildet den Kontext zu neuronalen Aktivitätsmustern im Gehirn.
Das Verhältnis dieser Muster zu den Kontexten bestimmt das, was im Bewusstsein erscheint in eindeutiger Weise.
Diese enorme Kontextabhängigkeit macht die Erforschung so schwierig, weil sie nicht rein reduktiv durchgeführt werden kann, aber nicht unmöglich.

tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:37
Existieren Qualia, existiert dein Bewusstsein? Ist es wirklich?
Ja, ich denke schon :-)
Aha!
Woher weißt du das? Brauchst du irgendeine Physik, um das zu wissen?
Und weißt du das sicherer oder weniger sicher als alles, was du über Physik weißt?
Das was du sicherer weißt, musst du als Ausgangspunkt nehmen, wenn du logisch-vernünftig vorgehen willst, da bleibt keine Wahl.
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:37
Was bedeutet "wissen"?
Wissen ist exakt das, was im Bewusstsein erscheint. Es existiert kein Wissen und keine Wissenschaft außerhalb des Bewusstseins.
Gemeinsames Wissen ist das, was in mehreren Bewusstseinen gemeinsam erscheint.
Ohne Bewusstsein ist auch Physik unmöglich.
Deshalb dürfen wir nicht weiter ausblenden, dass das Bewusstsein der Ausgangspunkt aller Wissenschaft ist.

Der Materialismus ist auch nicht gescheitert, es ist nur notwendig ihn zu erweitern.
Dazu ist ein gedanklicher Sprung notwendig, es tut weh diesen zu tun, aber er ist notwendig.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 10. Nov 2017, 17:20

ATGC hat geschrieben:
10. Nov 2017, 13:18
Hallo seeker,
Das ist deshalb so, weil die Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist.
Ich habe mich bislang aus dieser Diskussion weitgehend herausgehalten, weil sie eben doch sehr philosophisch geraten ist. Aber das Diktum, dass die Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist, reizt mich nun doch zu einem Einstieg. Dazu stelle ich zunächst die simpel erscheinende Frage, woran man feststellen kann, dass die Existenz des einen sicherer ist als die Existenz von etwas anderem - hier also die geistige Welt vs. die materielle Welt. Zudem müsste zunächst geklärt werden, was man unter "Existenz" versteht sowie was unter "geistig" bzw. "Geist" sowie "materiell" und "Welt".

Ich ziehe für mich den Begriff "Wirklichkeit" vor, weil er darauf verweist, dass da etwas wirkt. Und "wirken" ist prozessual konnotiert, verweist also auf ein Geschehen, auf Veränderung und nicht auf ein statisches "Sein". Das Bewusstsein wäre somit etwas Wirkliches, weil Wirkendes und daher etwas, was einen Prozess darstellt, der sich ereignet, der man "sein" kann und kein "Ding", das man haben kann. "Existieren" trifft es also genauer als "Existenz". Diese Art des Existierens des Bewusstseins bettet sich ein in die Art des Existierens der Kontexte, über die sich Bewusstsein als solches konstituiert. Und diese Kontexte bilden ihrerseits einen umfassenderen Prozess, der sich in verschiedene Metakontexte einbettet, welche als Ganze dann die Wirklichkeit als solche darstellen, die ihrerseits als Prozess begriffen werden muss und nicht als statisches "Ding", das in irgendeiner metaphysischen Seinswolke festgenagelt ist.

Meine Frage ist also, ob man das eine (geistige Welt) gegen das andere (materielle Welt) ausspielen kann, um einem von beidem das Primat zuzuweisen, weil es vermeintlich in seiner Existenz sicherer sei.
Guter Beitrag!

Ich denke, dass das Problem bereits darin liegt, dass die Begriffsdefinitionen "geistige Welt" und "materielle Welt" unklar und vorurteilsbehaftet sind.

Wenn ich der Identitätstheorie oder dem eliminativen Materialismus folge, dann ist es ja nicht so, dass keine geistige Welt existieren würde, sondern dass sie lediglich mit der materiellen Welt identisch ist. Der eliminative Materialismus geht auf der rein sprachlichen Ebene oft weiter und stellt die Verwendung derartiger Begriffe in Frage. Das kann man machen, ist aber eine Scheindiskussion und keinesfalls irgendwie wissenschaftlich relevant. Bsp.: die Atomphysik erklärt "Wasser" als H20-Molekül, sie erklärt Oberflächen und Oberflächenspannung, sie erklärt makroskopische und hydrodynamische Eigenschaften von Flüssigkeiten. Dennoch ist es teilweise schlichtweg praktisch, den Begriff "Wasserwelle" zu verwenden.

Ich denke auch nicht, dass man sich der Existenz der geistigen Welt sicherer ist als der Existenz der materiellen Welt. Bsp.: der Surfer ist sich der Existenz der Wasserwelle auch nicht sicherer als der Physiker der Existenz von H20-Molekülen im Massenspektrograph. Da wird einfach der selbe Begriff "sicher" für zwei völlig unterschiedliche "Dinge" verwendet; das hilft aber in der Sache nicht weiter.

Es gibt m.E. zwei Diskussionsstränge: einerseits den naturwissenschaftlichen, der sich mit präzisen und experimentell überprüfbaren Hypothesen sowie den zugehörigen objektiv messbaren Phänomenen befasst, andererseits den philosophischen, der zunächst a la Descartes aus der Innenperspektive die Existenz einer "geistigen Welt" sicherstellt. Dazwischen klafft eine Lücke, die man verkleinern, jedoch nicht eliminieren kann. Die naturwissenschaftliche Methode ist agnostisch bzgl. des essentiellen Wesens der Qualia, und die philosophische ist agnostisch bzgl. der physikalischen Natur der Qualia.

Deswegen kann ich seekers Aussage "dass man sich der Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist" nicht gelten lassen, weil sie implizit eine Position vertritt (die idealistische) und diese mit einer Aussage der anderen Position (der materialistischen) über eine andere (*) der Existenzweise der anderen (*) Welt überfrachtet. Dabei liegt die Annahme zugrunde, man könne überhaupt über die andere (*) Welt reden; (*) wir wissen noch nicht mal, ob es überhaupt eine andere Welt ist, oder nicht vielmehr exakt die selbe.

Ich fordere hier nicht ein, dass eine der beiden Methoden mehr Fragen beantwortet, ich fordere zunächst mal ein, dass sich jede Methode ihrer eigenen Beschränkungen bewusst wird. Daraus leitet sich unmittelbar ab, dass sie sich bzgl. der Aussagen über die jeweils andere Domäne enthält. Dann hat man eine gemeinsame Basis für weitere Diskussionen, weil man sprachliche Begriffsverwirrungen, vorurteilsbehaftete Positionen usw. eliminiert. Solange man das ignoriert und aus der Perspektive der Physik über das Mentale quatscht, macht man sich selbst lächerlich. Das selbe gilt auch für den Philosophen, der z.B. eine dualistische Sicht des Leib-Seele-Problems vertritt, ohne die eine Hälfte (den Leib, also die Materie) physikalisch zu verstehen.

Alles andere steht in meiner Signatur.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 10. Nov 2017, 17:23

seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Das ist doch aber evident ...
Dass ich zuerst ATGCs und nicht deinen Beitrag beantwortet habe liegt lediglich daran, dass ich nicht die Zeit hatte, mich damit zu befassen; es gibt dazu sehr viel zu sagen und zu kritisieren, aber ich möchte dir dennoch gerecht werden; das erforder mehr Ruhe und Zeit.
Gruß
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 10. Nov 2017, 17:51

tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 17:23
Dass ich zuerst ATGCs und nicht deinen Beitrag beantwortet habe liegt lediglich daran, dass ich nicht die Zeit hatte, mich damit zu befassen; es gibt dazu sehr viel zu sagen und zu kritisieren, aber ich möchte dir dennoch gerecht werden; das erforder mehr Ruhe und Zeit.
Danke für die Info, passt schon. Ich muss auch immer erst Zeit finden.
ATGC hat geschrieben:
10. Nov 2017, 13:18
Aber das Diktum, dass die Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist, reizt mich nun doch zu einem Einstieg. Dazu stelle ich zunächst die simpel erscheinende Frage, woran man feststellen kann, dass die Existenz des einen sicherer ist als die Existenz von etwas anderem - hier also die geistige Welt vs. die materielle Welt. Zudem müsste zunächst geklärt werden, was man unter "Existenz" versteht sowie was unter "geistig" bzw. "Geist" sowie "materiell" und "Welt".
Richtig, aber das muss man erst, wenn man darüber reden will, kommuniziert.
Das Problem ist hier auch nicht vorwiegend ein ontologisches Problem, sondern ein erkenntnistheoretisches und sprachliches Problem.

Fakt ist, dass ich nur das wissen kann, was mir erscheint.

Fakt ist auch, dass dieses Erscheinen unmittelbar ist:
Es geht hier weniger um Begriffe... das Erscheinen der Erscheinungen ist vor-begrifflich, schon vor aller Begrifflichkeit da.
Es ist einfach evident, wie jeder bei sich selbst feststellen kann, da hilft kein wegdiskutieren.

Der Inhalt der Erscheinungen, der strukturiert ist, deutet immer auf etwas hin, das kann die Innenwelt selbst sein und das kann auch die Außenwelt sein oder sonst etwas.
Das, worauf die Erscheinungen hindeuten, ist immer mittelbar, durch Analyse und Schlussfolgerung schlussfolgere ich z.B. auf eine Außenwelt und auf eine Innenwelt oder auf ganz anderes, das ist nicht der Punkt.
Die Erscheinungen selbst und damit auch, dass sie erscheinen, sind aber unmittelbar.

D.h. das akzeptieren, dass Erscheinungen da sind, ist das Allererste.
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 17:20
Ich denke auch nicht, dass man sich der Existenz der geistigen Welt sicherer ist als der Existenz der materiellen Welt. Bsp.: der Surfer ist sich der Existenz der Wasserwelle auch nicht sicherer als der Physiker der Existenz von H20-Molekülen im Massenspektrograph. Da wird einfach der selbe Begriff "sicher" für zwei völlig unterschiedliche "Dinge" verwendet; das hilft aber in der Sache nicht weiter.
Der Surfer ist sich absolut sicher, dass die Erscheinung von etwas existiert, das er als Wasserwelle deutet, wobei ihm auch diese Deutung erscheint, aber er ist nicht absolut sicher, ob darüber hinaus noch eine Ding "Wasserwelle" existiert.
Der Physiker ist sich absolut sicher, dass die Erscheinung einer Messkurve aus einem Massenspektrometer existiert, die er als Beweis wertet, dass etwas existiert, das er "H2O" nennt. Auch sein Werten erscheint ihm als Erscheinung, nur deshalb weiß er von seinen eigenen Schlussfolgerungen. Aber er ist sich auch nicht absolut sicher, ob darüber hinaus auch noch ein Ding "H2O" existiert.

Darum geht es mir.

Ich muss dann auch weg... :)

Wir sollten nach einer Minimalinterpretation suchen und diese formulieren, ich denke das würde am meisten weiterhelfen.
Grüße
seeker


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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von Skeltek » 10. Nov 2017, 18:23

Dachte es sei umgekehrt, sicher ist, dass etwas ist auch wenn zwar nicht wie es ist. Eher die geistige Welt ist unsicher.
Man kann sich nicht einmal sicher sein, ob die beiden sich wirklich unterscheiden - zumindest die Relationen sind nicht wirklich unterscheidbar für den Beobachter.
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 11. Nov 2017, 09:22

ATGC hat geschrieben:
11. Nov 2017, 08:49
Das läuft dann auf einen provisorischen pragmatischen Substanzen-Dualismus hinaus, der im Laufe der weiteren Diskussion dann doch dahingehend überwunden werden sollte, dass man einen Begriff für eine Kategorie findet, die diesen Dualismus in dialektischem Sinne aufhebt.
Klingt vernünftig.

Ich würde es jedoch bevorzugen, wenn man keinen Begriff dafür einführen würde. Es gibt Fälle, in denen das schadet, weil sie ein Eigenleben entwickeln.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 11. Nov 2017, 10:00

ATGC hat geschrieben:
11. Nov 2017, 09:34
Daher mein Vorschlag, zunächst das Wahrnehmen als unhintergehbaren Fakt als Ausgangspunkt nehmen, um darauf aufbauend zu einer Annäherung der beiden "Substanzen" zu gelangen.
Kann man natürlich versuchen.

Ich selbst bezweifle, dass die Annäherung vollständig gelingen kann. Wahrnehmung (Beobachtung, Phänomene, ...) sind ja gegeben. Materie, insbs. das Gehirn ist ebenfalls gegeben. Interessanterweise gelingt es uns nicht, Wahrnehmung und Bewusstsein vollständig auf die Materie des Gehirns und neuronale Prozesse zurückzuführen. Ja, letzteres ist offensichtlich eine Art Bedingung für ersteres, aber es ist eben nicht zwingend logisch, dass z.B. eine echte Identität besteht. Auch andere Meinungen dazu sind nicht streng logisch begründbar.

Der für mich entscheidende Punkt ist, dass wenn man den von dir eingeführten provisorischen und pragmatischen Substanzen-Dualismus überwinden möchte, man eine der Sichtweisen erweitern oder eine übergeordnete Sichtweise einführen müsste. Dies scheint mir nicht möglich zu sein, da die Reflexion über das eigene Selbst wohl keine übergeordnete Sichtweise mehr zulässt, andererseits aber die Physik des Gehirns nicht Gegenstand dieser Sichtweise ist. Die physikalische Sichtweise wiederum baut auf objektivierbare, experimentell überprüfbare Theorien auf. Damit kann sie aber prinzipiell keine Aussagen bzgl. der Identität oder dem Verhältnis zweier Substanzen machen, weil diese Aussagen nunmal keine physikalischen Aussagen im Sinne von "objektivierbar und experimentell überprüfbar" sind.
Gruß
Tom

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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 11. Nov 2017, 11:33

seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Das sehe ich anders. Was Bewusstsein "wirklich ist" weißt du auch nicht; du weißt lediglich mit Sicherheit, wie es dir (subjektiv) erscheint. Ob das Erscheinen mit dem Sein identisch ist, ist auch für dich (zumindest für mich) unbeobachtbar; es handelt sich dabei um eine philosophische Sichtweise.
Das ist doch aber evident. Alle Dinge sind mit sich selbst identisch.
Das ist zu kurz gesprungen. Es geht um die Frage, ob das Erscheinen einer Sache als die Summe aller Phänomene mit der Sache selbst identisch ist. Dies ist in der Philosophie seit Jahrtausenden ein Thema und sicher nicht evident.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Natürlich steckt da in gewisser Weise auch eine philosophische Sichtweise mit drin, aber eine vernünftige.
Welche andere vernünftige Sichtweise existiert denn noch als die, dass das was mir erscheint wirklich genau so erscheint, wie es erscheint?
Zunächst ist das sicherlich vernünftig. Aber es ist eben nicht vollständig zu Ende gedacht, denn dass die Summe aller Erscheinungen einer Sache mit der Sache selbst identisch, ist aus vielerlei Gründen fraglich. Die Erscheinungen sind immer auch durch das Beobachten selbst limitiert, aber warum sollte das die Sache selbst irgendwie tangieren?

Ein Proton ist sicher mehr als die Summe aller Detektorsignale am CERN. Und auch mein Bewusstsein (oder Geist) ist wohl mehr als das, was ich durch Introspektion gerade wahrnehme. Insbs. ist mein Bewusstseinsinhalt ein anderer, abhängig davon ob ich gerade meine Aufmerksamkeit auf ihn richte oder nicht. "Trauer" ist etwas anderes als "meine eigene Wahrnehmung meiner Trauer".
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Im engeren Sinne benötigen wir eine Hypothese und deren Falsizierbarkeit. Solange das nicht gegeben ist scheitert die wissenschaftliche Methode an recht elementaren, praktischen Problemen.
In den meisten Fällen scheitert das nicht. Ich kann z.B. die Hypothese aufstellen, dass mein Bewusstsein immer strukturiert ist und kann es dann oftmals beobachten, um zu prüfen, ob das stimmt. Finde ich nur ein einziges Mal einen Nicht-strukturierten Bewusstseinsinhalt, dann ist die These falsifiziert.
Das scheitert bereits daran, dass "nicht-strukturierter Bewusstseinsinhalt" kein physikalisch sinnvoll definierter Begriff ist und dass ich kein Experiment erkennen kann, das mir irgendetwas dazu mitteilt.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Und wenn sich die These bei mir bewährt hat, kann ich als nächstes die These aufstellen, dass das bei allen Menschen so ist. Auch das lässt sich falsifizieren: Ich vereinbare mit den anderen eine Methodik, wie das zu beobachten ist und frage dann hinterher die anderen, wie es bei denen ist.
Ich befürchte, du begibst dich damit in eine Sackgasse, und zwar in eine sehr sehr lange. Du konstruierst Begrifflichkeiten sowie darauf bezogenen Hypothesen, die du dann untersuchst. Unabhängig davon, ob das möglich ist, bezweifle ich, dass dies zu Resultaten führt, die außerhalb deiner Begrifflichkeiten relevant sind.

Was trägt dies zur Fragestellung bei, ob ein Computer, der ein menschliches Gehirn dahingehend nachbildet, dass beide identisch mit ihrer Umwelt interagieren, auch Bewusstsein hat? Bestenfalls stellst du fest, dass dir Computer mitteilt, er wäre auch in gewisser Weise "strukturiert". Ist er darauf stolz?
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Ich kann dabei mein eigenes Bewusstsein als Messgerät verstehen - das ist der Kniff!
Aber immer nur bzgl. dessen, was dein Messgerät in den Blick nimmt. Das Problem jeglicher Messung besteht jedoch darin, dass sie auf der phänomenologischen Ebene bleibt und nicht "zum Wesen selbst" vordringt. Darum geht es jedoch bei der Frage der Qualia.

Ich habe den Eindruck, du steckst ein bisschen in einer Idealismus-Falle.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Wer bestimmt, was eine wissenschaftliche Methode ist und was nicht?
Ich sehe das Problem nicht, festzulegen, dass auch das eine wiss. Methode sei, wenn ich eine exakte Methodik angeben kann, wie vorzugehen ist und wenn die Informationen daraus sicher sind. (s.o., es spricht m.E. nichts dagegen)
Was eine wissenschaftliche Methode ist wird durch den Diskurs der Wissenschaftler, der Wissenschaftstheoretiker sowie maßgeblich durch die Praxis "bestimmt". Popper ist sicher kein schlechter Ratgeber.

Sowohl die Methoden als auch die hier diskutieren Fragen sprengen aber diesen Rahmen. Die Frage, ob ein Computer, der mit seiner Umgebung identisch zu einer menschlichen Person interagiert bzgl. seiner Qualia mit einer menschlichen Person identisch ist, ist keine wissenschaftlich überprüfbar Fragestellung.

Zum ersten fehlt eine präzise Defintion von Qualia. Zum zweiten sind Qualia letztlich das, was unabhängig von der Interaktion oder Phänomenen den Bewusstseinsinhalt ausmacht (das ist keine präzise Definition, da insbs. zirkulär, jedoch für das folgende ausreichend): damit sind sie jedoch der wissenschaftlichen Methode per Definitionem nicht zugänglich, da sich diese immer auf Beobachtung stützt.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Damit ist keineswegs gesagt, dass das Thema per se uninteressant ist - ist es keineswegs - jedoch ist es nach den Kriterien der Wissenschaft eben unwissenschaftlich. Und die gewonnenen Erkenntnisse sind eben oft nicht objektivierbar.
Das Objektive ist ja kein Selbstzweck! Es ist nur ein Mittel um Erkenntnisse gewinnen zu können, die sicher und bestimmt/definiert sind.
Wenn ich dieses Ziel in einem Bereich auch ohne Objektivierung erreichen kann, dann kann ich darauf dort verzichten, ohne etwas zu verlieren.
Wie gesagt kann ich meine eigene Wahrnehmung als 'objektiv' (im Sinne von sicher, bestimmt) messendes Messgerät verstehen.
Objektivität ist ein Qualitätsstandard. Wissenschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie objektive Erkenntnisse gewinnt (Popper). Was nicht objektiv ist, ist demzufolge keine gute Wissenschaft.

Deine eigene Wahrnehmung ist für dich 'sicher', aber da es eben um deine und nur deine eigene Wahrnehmung (Selbstwahrnehmung) geht, ist sie gerade nicht objektiv, sondern subjektiv. Das ist keine Wertung, nur eine Klarstellung der Begriffe. Das entwertet deine Wahrnehmung nicht und macht sie für dich auch nicht unsicher. Sie ist aber eben nicht objektiv.

Deine Methode ist demnach subjektiv für dich eine 'gute' und 'sichere' Methode, jedoch eben keine im Sinne der Wissenschaft objektive und zulässige Methode.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Nach Levine ist jedoch genau dies nicht der Fall. Kein physisches – oder neuronales – Ereignis könne verständlich machen, warum etwas erlebt werde. Genau deshalb bleibe bei jedem Identifikationsversuch von physischen und mentalen Ereignissen eine Erklärungslücke bestehen.

Der Begriff der Erklärungslücke beschreibt das Bewusstseinsproblem in einem erkenntnistheoretischen und keinem ontologischen Rahmen: Levine will nicht zeigen, dass es sich bei mentalen Zuständen um nichtphysische Entitäten handelt. Vielmehr ist schon im Begriff der Erklärungslücke enthalten, dass es sich um ein nichtontologisches Problem der Erklärungsleistungen handelt.
Die ontologische Fragestellung ist doch noch viel schwieriger als die epistemische - und zwar unabhängig vom hier vorliegenden Problem.

Und:
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Kein physisches – oder neuronales – Ereignis könne verständlich machen, warum etwas erlebt werde.
Richtig!

Aber es könnte dennoch zutreffend sein, dass ein neuronales Muster mit einem Bewusstseinsinhalt ontologisch identisch ist, ohne dass wir es erklären können.

Die Erklärungslücke sagt dazu rein gar nichts, sie konstatiert lediglich, dass wir dazu prinzipiell nichts wissen können.

Da ich - im Gegensatz zu dir - der Introspektion und der geistigen Welt weit weniger Gewicht beimesse, komme ich zu der - für mich als Physiker vernünftigen - Ansicht, dass es sich bei Bewusstsein um rein physikalische Prozesse handelt, dass also geistige und materielle Welt identisch sind, und dass letztere im Sinne eines Reduktionismus primär ist. Die geistige Welt ist emergent und damit sekundär. Der Prozess dieser Emergenz und die Gesamtheit der damit verbunden Phänomene im Bezug auf meine Introspektion entzieht sich dabei gerade der Methode der Physik und der Introspektion, im Wesentlichen aufgrund der Selbstbezüglichkeit letzterer.

Das Wesen des Bewusstseins ist letztlich sein eigener blinder Fleck.

seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Es ist richtig, es gibt eine Erklärungslücke, das ist die harte Nuss des Bewusstseinsproblems.
Man darf nur nicht gleich zu viel fordern, zuerst sollen die "einfachen" Probleme des Bewusstseins erforscht und gelöst werden, der harten Nuss kann man sich damit schrittweise annähern, auch wenn sie vielleicht nie ganz gelöst werden kann. Das ist aber in Ordnung und normal, Wissenschaft endet nie und eine Frage wie: "Warum ist überhaupt eine Welt und nicht Nichts?" ist vom gleichen Schlag - und die hindert uns auch nicht Physik zu betreiben.
Manchmal kann man sich die Fragen aussuchen, machnmal nicht.

Die Physiker suchen sich die Fragen aus, die der physikalischen Methode zugänglich sind. Die hier diskutierten Fragen sind dieser Methode weitgehend unzuggänglich.

(Die Herausforderung, eine Maschine zu konstruieren, die den Turing-Test besteht, ist eine enorme Herausforderung, im Vergleich zu den hier diskutierten Fragestellungen jedoch eher trivial)
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Die Erklärungslücke ist ein zweiseitiges Problem, man kann sie auf zweierlei Weise angehen:

1. Man kann die materielle Welt voraussetzen und dann fragen, wie es sein kann, dass in dieser Welt auch etwas Geistiges existiert und wie das zusammenhängt.
2. Man kann aber auch die geistige Welt voraussetzen und dann fragen, wie es sein kann, dass neben dieser Welt auch eine materielle Außenwelt existiert und wie das zusammenhängt.
Ja.

Wichtig ist nur - und ich werde nicht müde, das zu betonen - dass man nicht über die geistige Welt philosophiert und dabei Begriffe der Naturwissenschaften missbraucht und umgekehrt. Das ist leider eine Unsitte auf beiden Seiten.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Der Unterschied liegt hier allein darin, was man als Ausgangspunkt nimmt.
Welcher Ausgangspunkt ist der vernünftigere?
Natürlich ist es 2.!

Das ist deshalb so, weil die Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist.
Siehe den obigen Beitrag. Das ist eine unzulässigen Vermengung von Begriffen, ich würde sagen, ein Kategorienfehler.

Ob die Existenzweise meines Geistes und die Existenzweise dieses iPads irgendetwas miteinander zu tun haben, ist im weitesten Sinne Gegenstand dieser Diskussion und darf nicht heimlich in die Diskussion hineingeschmuggelt werden. Wenn sie nicht identisch sind, kann man keine vergleichenden Aussagen ableiten. Wenn sie identisch sind, ist deine Aussage falsch.

Generell vertrittst du hier eine philosophische Richtung, die im weitesten Sinne auf Descartes aufbaut und versucht, von da aus Sicherheit zu gewinnen. Das ist natürlich kein schlechter Startpunkt :-) Letztlich können dann gegen deine Position alle Argumente angeführt werden, die seit Descartes bis hin zu den Idealisten gegen dieselben konstruiert wurden.

Mein Hauptargument ist, dass es im weitesten Sinne auf einen Dualismus hinausläuft. Wenn das so ist, dann folgt daraus, dass Qualia nicht-materialistisch aufzufassen sind.

Ist das im weitesten Sinne deine Position?
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Von der materiellen Außenwelt wissen wir ausschließlich deshalb und nur insofern weil/wenn sie in der geistigen Welt abgebildet wird.
Nehmen wir als einfachsten Gegenbeispiel eine materialistische Postion mit einem Schuss Emergenz für die geistige Welt. "Geist" ist dann letztlich bzgl. der Neuronen das, was eine Wasserwelle bzgl. der Atomphysik ist.

Das, was du als Sicherstellen der Existenz der Außenwelt mittels der geistigen Welt bezeichnen würdest ist letztlich nur eine von dir geschaffene, künstliche, dualistische Stukturierung einer monistischen Welt, so wie du die Welt da draußen in "Meer" und "Luft" einteilst.

Deine Anstrengungen, die Existenz der materiellen Außenwelt zu begründen, befassen sich dann mit einem Scheinproblem. Für den Physiker ist die Trennung in "Meer" und "Luft" eine Trivialität, für jemanden der mittels der fünf Elemente argumentiert letztlich ein nicht weiter hinterfragbares Axiom in der letztlich ein unlösbares Rätsel.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
tomS hat geschrieben:
10. Nov 2017, 00:02
Bereits einfache Fragestellungen sind unbeantwortbar. Die Hypothese "Bewusstsein benötigt eine neuronale Basis" ist nicht überprüfbar und nicht beantwortbar.
Du darfst nicht zu Anfang zu hohe Forderungen stellen, gerade diese Frage ist überhaupt keine einfache Frage. So weit sind wir noch nicht.
Doch, das ist eine einfache Frage. Nur die Antwort ist schwierig

:mrgreen:
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Andere Fragen sind aber wiss. prüfbar, wie z.B. die Hypothese: "Bestimmte Bewusstseinsinhalte beim Menschen gehen immer mit einem bestimmten neuronalen Zustand einher."
Genauer scheint es so zu sein: Die Welt bildet den Kontext zum Menschen, der Mensch mit seinem Gehirn bildet den Kontext zu neuronalen Aktivitätsmustern im Gehirn.
Das Verhältnis dieser Muster zu den Kontexten bestimmt das, was im Bewusstsein erscheint in eindeutiger Weise.
Diese enorme Kontextabhängigkeit macht die Erforschung so schwierig, weil sie nicht rein reduktiv durchgeführt werden kann, aber nicht unmöglich.
Richtig.

Aber es bleibt die prinzipiell unbeantwortbar Frage nach der Identität oder nicht-Identität beider Welten.

Die Hypothese "geistige und materielle Welt sind identisch" ist durch keine Sammlung an Fakten und Beobachtungen belegbar oder widerlegbar. Für die Negation der Hypothese gilt das selbe.

D.h. dass uns auch die enormen Fortschritte der Neurobiologie (und ggf. der Psychologie ?) hier nicht weiterbringen.
seeker hat geschrieben:
10. Nov 2017, 11:38
Der Materialismus ist auch nicht gescheitert, es ist nur notwendig ihn zu erweitern.
Dazu ist ein gedanklicher Sprung notwendig, es tut weh diesen zu tun, aber er ist notwendig.
Wenn du die geistige Welt als primär ansiehst, wie verträgt sich das mit dem Ansatz der Erweitung des Materialismus? Wäre das ein Substanz-Dualismus?
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von tomS » 11. Nov 2017, 12:08

Siehe meine Antwort an seeker: das Problem bei der Frage nach dem Bewusstsein ist die Selbstbezüglichkeit; das Problem haben wir bei Genotyp und Phänotyp nicht.

Ich habe oben ja meine Hypothese formuliert, und ich denke, sie passt in gewisser Weise zu deiner. Ich halte meine Hypothese für "vernünftig", allerdings eben nicht für objektiv überprüfbar, also nicht wissenschaftlich sondern letztlich philosophisch. Meine Hypothese schließt auch eine Begründung ein, warum sie sich der Überprüfung entzieht. Diese ist letztlich selbst-immunisierend und damit erst recht nicht wissenschaftlich, aber m.E. dennoch "vernünftig".

Die Qualia sind damit tatsächlich nicht objektivierbar.

Es ist ein bisschen so wie bei Gödel, man kann zumindest nachweisen, dass eine prinzipielle Grenze der Erkenntnis oder Logik existiert, ohne diese Grenze exakt benennen zu können. Als Wissenschaftler gebe ich mich lieber damit zufrieden, als mit einem Missbrauch wissenschaftlicher Methoden und Termini, wie man sie in Teilen bei Neurobiologen erkennen kann.

Die wesentliche Erkenntnis für mich ist, dass eine prinzipielle Grenze der Erkenntnis des "Ichs" existiert, dass diese eng mit der Selbstbezüglichkeit zusammenhängt, und dass dies mit einer rein materialistischen Ansicht verträglich ist, ohne dadurch begründbar sein zu müssen.

Wenn deine Sichtweise sozusagen in diesen Rahmen passt, dann sind wir uns wohl einig.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

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seeker
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Re: Kann ein Computer ein menschliches Gehirn "duplizieren"?

Beitrag von seeker » 11. Nov 2017, 13:08

Ich habe im Moment nur wenig Zeit, daher muss ich mich halbwegs kurz fassen, weiteres dann später:

Tom, du stellst eine andere Frage als ich.

Ich frage hier nicht, was IST, ich frage: Was können wir wissen? bzw. Was wissen wir - und was können wir wie sicher wissen?
Das ist ein ganz anderer Zugang. Und ausgehend von dieser Frage kann Wissenschaft betrieben werden.
Die Ontologie kann man zunächst noch offen lassen, sie ist nicht der Ausgangspunkt.

Bei dem was wir wissen stelle ich folgendes fest, die Sicherheit dieser Aussagen ist in dieser Reihenfolge geordnet:

1. Es tut sich etwas!
2. Das, was sich tut, ist Erscheinung!

(Dieser Bereich ist der unmittelbare, das unmittelbare Wissen, alles was danach kommt ist indirekt, mittelbar, Schlussfolgerung. Wissen gibt es ausschließlich hier. Was nicht erscheint, kann nicht gewusst werden.)

3. Die Erscheinungen haben Inhalte und Struktur und deuten auf etwas hin, das sie selber nicht sind
4. Offenbar gibt es daher auch Existenz jenseits der Erscheinungen
5. Es drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass es so etwas wie eine Innenwelt gibt und so etwas wie eine Außenwelt
6. Durch Beobachtung kann geschlussfolgert werden, dass die Außenwelt Eigenschaften hat, die wir "materiell" nennen und die durch Physik erfassbar sind und systematisch geordnet werden können, die Innenwelt hat dabei anscheinend andere Eigenschaften, die auf diesem Weg nicht direkt zugänglich sind.
usw.
tomS hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:33
Aber immer nur bzgl. dessen, was dein Messgerät in den Blick nimmt. Das Problem jeglicher Messung besteht jedoch darin, dass sie auf der phänomenologischen Ebene bleibt und nicht "zum Wesen selbst" vordringt. Darum geht es jedoch bei der Frage der Qualia.
Das muss ich hier nicht beantworten. In der Physik habe ich dasselbe Problem, auch sie dringt nicht "zum Wesen selbst" vor, das ist nicht ihr Gegenstand, das ist Gegenstand der Philosophie.
Es geht nicht darum, was Qualia sind, sondern wie sie sind, was wir darüber wissen können, wie sie sind und was wir darüber sagen können und wie wir das ordnen können und welche Zusammenhäng zum materiellen Substrat gefunden werden können.
tomS hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:33
Sowohl die Methoden als auch die hier diskutieren Fragen sprengen aber diesen Rahmen. Die Frage, ob ein Computer, der mit seiner Umgebung identisch zu einer menschlichen Person interagiert bzgl. seiner Qualia mit einer menschlichen Person identisch ist, ist keine wissenschaftlich überprüfbar Fragestellung.
Das ist richtig, nicht ohne dass man zusätzliche Postulate einführt, also eine philosophische Position einnimmt.
Aber wie gesagt ist das nicht der Beginn einer Wissenschaft vom Bewusstsein, sondern ihr Ziel, sich dem möglichst anzunähern.
Und das ist in der Physik genauso, das ist Standard.

Die Grundidee ist ja, das Bewusstsein als Ausgangspunkt des Wissens ernst zu nehmen.
tomS hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:33
Deine Methode ist demnach subjektiv für dich eine 'gute' und 'sichere' Methode, jedoch eben keine im Sinne der Wissenschaft objektive und zulässige Methode.
Wie gesagt sehe ich in dem Fall nicht, warum man auch hier absolut auf das Objektive bestehen muss. Ja, man muss hier "Wissenschaft" umdefinieren, aber man verliert dabei nichts, es geht in der Wissenschaft im Kern nicht um Objektivität, sondern um Absicherung von Wissen, das generierte Wissen soll möglichst sicher, möglichst bewährt und belastbar sein.
tomS hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:33
Da ich - im Gegensatz zu dir - der Introspektion und der geistigen Welt weit weniger Gewicht beimesse, komme ich zu der - für mich als Physiker vernünftigen - Ansicht, dass es sich bei Bewusstsein um rein physikalische Prozesse handelt, dass also geistige und materielle Welt identisch sind, und dass letztere im Sinne eines Reduktionismus primär ist.
Es geht mir als Ausgangspunkt nicht darum was IST, sondern was wir wissen können, wo der Ausgangspunkt unseres Wissens ist.
Erst dann kommt alles Weitere, wobei ich da natürlich auch meine Vostellungen habe. :)
Die Versuche das Bewusstsein auf physikalische Prozesse zu reduzieren ist offensichtlich gescheitert und offensichtlich prinzipiell nicht möglich, schon weil der Physik dafür die Begrifflichkeiten fehlen. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass wir zusätzliche Begriffe, Axiome benötigen, wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen an der Front weiterzukommen, d.h. wir müssen unser Weltbild erweitern.
Gleichzeitig müssen wir vom Bewusstsein als Ausgangspunkt all unseres Wissens und als einziger Ort wo Wissen überhaupt existiert ausgehen. An dem Punkt haben wir keine Wahl.
ATGC hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:38
Wichtig ist nur - und ich werde nicht müde, das zu betonen - dass man nicht über die geistige Welt philosophiert und dabei Begriffe der Naturwissenschaften missbraucht unendlich umgekehrt. Das ist leider eine Unsitte auf beiden Seiten.
Da hast du Recht, ich habe mich auch schon über Aussagen von Neurologen geärgert, weil sie Wissenschaft und philosophische Grundhaltung oftmals vermischen, nicht sauber trennen.
Auch deshalb ist es wichtig eine Minimalinterpretation zu finden, die zumindest die plausibel haltbaren Position in sich vereint.
ATGC hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:38
Der Unterschied liegt hier allein darin, was man als Ausgangspunkt nimmt.
Welcher Ausgangspunkt ist der vernünftigere?
Natürlich ist es 2.!
Das ist deshalb so, weil die Existenz der geistigen Welt viel sicherer ist.

Siehe den obigen Beitrag. Das ist eine unzulässigen Vermengung von Begriffen, ich würde sagen, ein Kategorienfehler.
Das sehe ich nicht.
tomS hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:33
Mein Hauptargument ist, dass es im weitesten Sinne auf einen Dualismus hinausläuft. Wenn das so ist, dann folgt daraus, dass Qualia nicht-materialistisch aufzufassen sind.

Ist das im weitesten Sinne deine Position?
Es läuft auf einen Eigenschaftsdualismus hinaus. D.h., es gibt nur eine "Substanz", die jedoch zwei Seiten bei den Eigenschaften hat, eine Außenseite und eine Innenseite.
Wobei beide Seiten in gewisser Weise identisch sind, es ist ja dasselbe Ding, das sich nur unterschiedlich zeigt. Das ist auch naheliegend: Wie sich etwas zeigt ist von der Perspektive abhängig. Außenseite und Innenseite korrelieren sozusagen miteinander. Dieses sehe ich als fundamental an.
Die Außenseite ist dabei das, was physikalisch erfasst werden kann. Die Innenseite hat keine kausale Wirkkraft auf die Außenseite, sie IST die Außenseite aus anderer Perspektive - und umgekehrt. Die Innenseite hat daher in gewisser Weise durchaus kausale Wirkkraft, nämlich auf die Innenseite, ebenso wie die Außenseite kausal auf die Außenseite wirkt, es ist dasselbe Ding. Es handelt sich hier also in Wahrheit um einen Monoismus.

D.h.: Wenn man die Außenseite genügend gut untersucht hat und die Korrelationen zwischen Außenseite und Innenseite genügend gut erforscht hat und kennt, dann ist es prinzipiell möglich durch Kenntnis des Zustands der Innenseite korrekt auf den Zustand der physikalischen Außenseite zu schließen und umgekehrt durch Kenntnis des Zustands der Außenseite korrekt auf den Zustand der Innenseite zu schließen.
Absolut sicher ist dies natürlich nicht wissbar, aber darum geht es in der Wissenschaft nie, es reicht wenn etwas glaubhaft, widerspruchsfrei, belastbar, nützlich, usw. ist.
tomS hat geschrieben:
11. Nov 2017, 11:33
Nehmen wir als einfachsten Gegenbeispiel eine materialistische Postion mit einem Schuss Emergenz für die geistige Welt. "Geist" ist dann letztlich bzgl. der Neuronen das, was eine Wasserwelle bzgl. der Atomphysik ist.
Das scheitert deshalb, weil so eine Position Wahrnehmung, das Erscheinen, das Bewusstsein, das sie erklären will ja schon stillschweigend vorrausetzt: Um eine Position einnehmen zu können, muss zuerst jemand da sein, der sie einnimmt. Um von der Position wissen zu können, muss sie im Bewusstsein erscheinen.
D.h.: Diese Position ignoriert den Ausgangspunkt, den Ort unseres Wissens, sie ignoriert was wir wie sicher wissen können, deshalb scheitert sie bzw. verstrickt sich in Widersprüche.

So weit, ohne das Geschriebene noch einmal zu perfektionieren, ATGC ich lese deine Beiträgge mit Interesse, später... ich muss Schluss machen, bis demnächst. :beer:
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

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