tomS hat geschrieben: ↑7. Jan 2019, 14:56
Insgs. sind wir uns dann ziemlich einig, denke ich.
Ja. Irgendwie werden wir doch fast immer einig.
tomS hat geschrieben: ↑7. Jan 2019, 14:56
Ja, Augen offen halten.
Nur wäre es schön, wenn du konkreter sagen könntest, nach was
Leider muss ich hier zugeben, dass ich mich noch zu wenig auskenne, um hier wirklich so konkret werden zu können wie ich gerne würde.
Was mich im Moment besonders bei all dem interessiert, ist folgende Frage: Wie verhält es sich mit Strukturbeziehungen? Wie sind sie einzuordnen?
Was ich meine, ein einfaches Beispiel (vielleicht nicht das beste, aber eines, das mir ad hoc einfällt):
Nehmen wir ein Boot aus Eisen.
Das Boot besteht aus Atomen, die haben bestimmte Eigenschaften, insofern ergibt sich sicher auch ein Teil der Eigenschaften des Gesamtsystems "Boot" daraus.
Nun ist aber ein Haufen Eisenfeilspäne etwas anderes als ein Boot. Es fehlt also etwas, nämlich die Art und Weise, wie die Eisenatome zusammengefügt sind, eben die Strukturbeziehungen. Daraus erst ergeben sich bestimmte Eigenschaften, z.B. die Eigenschaft des Bootes auf dem Wasser zu schwimmen, während ein Klotz aus Eisen einfach untergehen würde. Solche Eigenschaften haben nicht einmal direkt etwas mit den Eisenatomen zu tun, denn ich könnte sie auch austauschen und das Boot z.B. aus Aluminium oder Holz bauen, es würde immer noch schwimmen und eben ein Boot sein.
Wir haben also zweierlei Elemente vorliegen, aus denen das Boot besteht:
1. Substanz
2. Strukturbeziehungen
Und wie ich es auch durchdenke, ich kann nicht anders, als zu dem Schluss zu kommen, dass beides völlig real ist und dass keines von beiden irgendwo realer als das andere ist oder dass eines davon irgendwie mit Sicherheit primär wäre, das andere nur sekundär, obwohl ich 2. nicht als 'materiell' bezeichnen würde.
Und mir kommt sogar die Frage in den Sinn, ob 1. in Wirklichkeit vielleicht am Ende sogar auch nur aus 2. besteht, sodass es in dem Sinne vielleicht gar keine echte Substanz gibt? Ob das so ist kann ich nicht sagen, es ist nur ein Gedanke, wahrscheinlich, weil ich den Wunsch nach Vereinheitlichung und Verallgemeinerung habe. Und auch deshalb, weil, wenn ich mir die Materie anschaue, dann ist da wie es scheint auch nirgendwo etwa Festes, Substanzielles, da scheint auch immer nur Struktur und Beziehung zu sein: Wie tief man auch schaut, man findet immer nur noch weitere Struktur, nichts anderes.
Mein Punkt über den ich nachdenke ist:
Strukturbeziehungen scheinen im Grunde völlig von von der Kategorie "klein-groß" entkoppelt zu sein, sie können prinzipiell auf jeder Skala auftreten und ich glaube als identifizierbare Entitäten emergieren sie
immer, weil sie auch an die Anzahl der prinzipiell möglichen Zustände und damit indirekt meist auch an die Anzahl der zugegenen Teile gebunden sind: Je mehr, desto schärfer können sie werden - wenn gleichzeitig die Ordnung zunimmt (hier wird dann auch der Begriff 'Entropie' wichtig). Sie scheinen zwar immer auf irgendeinem Substrat zu 'leben', aber dieses scheint noch nicht einmal zwingend ein materielles Substrat sein zu müssen, jedenfalls nicht direkt: Ich kann auf einem Computer einen anderen Computer simulieren und auf dieser simulierten Maschine dann ein Programm laufen lassen. Woraus besteht dann dieses Programm? Aus reiner Struktur, es ist sinnlos zu sagen, es sei aus Materie.
Und dennoch kann es kausal wirken, es kann z.B. auf einem materiellen Monitor ein Bild erscheinen lassen.
Ich weiß, aus materieller Sichtweise gibt es das alles nicht, dort gibt es nur die Atome des realen Computers, die sich physikalischen Gesetzen gehorchend so und so verhalten und erst dadurch entsteht irgendein Eindruck "das Programm tut irgendetwas".
Aber ganz so ist es nicht, diese Sichtweise übersieht etwas, denn die Naturgesetze reichen dafür nicht aus, sie bilden nur den Rahmen, erst dadurch, wie dieser Rahmen konkret ausgeschöpft wurde, also welche Struktur mit welchen Beziehungen dort zugegen ist, tut sich das, was sich tut.
Auch die Gegenwart eines Substrates reicht nicht aus, wenn dieses Substrat Atome sind und man glaubt, dass die Atome durch ihre isolierten Eigenschaften schon vollständig beschrieben und festgelegt seien. Das sind sie nicht, denn wenn man das glaubt, vernachlässigt man etwas, das für das einzelne Atom zwar vernachlässigbar ist, aber nicht für größere Systeme: Die Beziehungen zwischen den Atomen und ihre Einbettung in eine Umwelt und einen Kontext. Hier gibt es auch im gesamten Universum keine zwei Teilchen die identisch zueinander wären, schon deshalb nicht, weil die beiden sich nicht an denselben Raumzeitkoordinaten befinden können und daher verschiedene Umgebungen haben.
Und das, was sich da im Gesamtsystem tut, kann auch kausal auf sein Substrat hinunterwirken, nicht nur weil da ein materielles Substrat ist, sondern auch weil bestimmte Strukturbeziehungen existieren. Insofern also Abwärtverursachung... und die interessiert mich brennend, ob da etwas dran ist, denn falls ja, würde das ein ganz neues Weltbild ergeben: Kausal wirksam sind Agenten, Agent kann vieles sein, auch die Materie ist ein Agent, aber auch ein Attraktor in einem chaotischen System oder der Geist im Gehirn.
Das Ganze hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem Körper-Geist-Problem. Festhalten kann man zumindest, dass hier mehr als nur eine interessante Perspektive möglich ist.
Und wenn es um die Frage der Beschreibung oder Erklärung eines Systems geht, bleibt mir festzuhalten:
Manchmal gelingt die Erklärung vorwiegend von unten nach oben leichter, manchmal aber auch umgekehrt.
Und die Frage nach der Beschreibung bzw. Erklärbarkeit ist eh von der Frage nach dem Sein mindestes einigermaßen entkoppelt.
Ich denke, man darf sich auch nicht zu sehr von den Erfolgen irgendeiner Methode blenden lassen oder davon, dass sie einfacher zu bewerkstelligen ist, ontologisch beweist das gar nichts.
Ich komme an dem Punkt daher irgendwo nicht zu einer Entscheidung, was denn nun der Fall ist.