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paradoxes Paradoxon

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paradoxes Paradoxon

Beitrag von Fuzzlix » 19. Dez 2014, 10:03

Wir kennen das sogenannte Zwillings-Paradoxon.
Ein Zwilling besteigt eine schnelle Rakete, fliegt mit (annähernd Lichtgeschwindigkeit von uns weg, kehrt irgendwann wieder um um wieder mit (annähernd Lichtgeschwindigkeit zu uns zurückzukehren.
Nun lese ich in den meisten Beschreibungen dieses Vorganges, dass der gereiste Zwilling nun jünger ist als der auf der Erde gebliebene Zwilling.

Betrachten wir nun den gleichen Vorgang aus der Perspektive des reisenden Zwillings: Die Erde fliegt mit (annähernd) Lichtgeschwindigkeit von dem Reisenden weg und kehrt mit (annähernd) Lichtgeschwindigkeit zu ihm zurück. Folgerung: Der auf der Erde wartende Zwilling müsste nun jünger sein als der in der Rakete, oder?

- nachdenkend -
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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von Skeltek » 19. Dez 2014, 11:24

Zunächstmal vergeht für beide ihre eigene Zeit gleich schnell.
Nehmen wir einmal an, die beiden befinden sich nach einer gewissen Flugzeit(sagen wir mal grob 20 Jahre) ein Lichtjahr voneinander entfernt.
Der Zwilling, der nun auf eine relativistische Geschwindigkeit beschleunigt, um auf den anderen zuzufliegen, erfährt eine Längenkontraktion der zwischen den beiden liegenden Strecke. Im Prinzip kann er den anderen innerhalb von 1 Sekunde Eigenzeit erreichen.
Der unbeschleunigte Zwilling sieht den anderen aber trotzdem über 1 Jahr lang die 1 Lichtjahr lange Strecke auf sich zufliegen.
Also ist für den unbeschleunigten Zwilling ein ganzes Jahr extra vergangen, während der Zwilling der seine Relativgeschwindigkeit ändert die die Strecke und Zeit die er benötigt verkürzt sieht.

Wodurch das Paradoxon bewirkt wird ist nicht die Geschwindigkeit mit der gereist wird, sondern der Wechsel des Bezugssystems, der Raumzeitstrecken verkürzt bzw verlängert.

Man darf die vereinfachten Anschauungen nicht mit der Realität verwechseln. Es ist möglich jede beliebige Strecke im Universum in einer beliebig kleinen Zeit zu überbrücken. Nur aus Sicht der zurückbleibenden unbewegten Beobachter gibt es eine Maximalgeschwindigkeit von c.
Die uUrsache dieser ganzen Mechanik hängt mit Interferrenz von Frequenzen zusammen, aber das würde hier zu weit führen.
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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von Fuzzlix » 19. Dez 2014, 12:46

Yukterez hat geschrieben:Falsch. Der ruhend gebliebene Zwilling bleibt in seinem Inertialsystem, während der reisende Zwilling dieses zuerst verlässt und dann wieder dahin zurückkehrt. Der Ruhende hat auf dem Minkowskidiagramm eine durchgehende Linie, während der Bewegte eine Kurve oder eine geknickte Bahn beschreibt. Würde anstatt dass der eine Zwilling umkehrt der andere ihn einholen wäre es genau umgekehrt.
Ja sagst Du damit nicht das gleiche wie ich nur in anderen Worten? Jeder der Beiden Zwillinge sieht den Anderen von sich weg und wieder zurück bewegen. Jeder der beiden befindet sich in seinem eigenen Inertialsystem und trifft seine Aussagen basierend auf seinem eigenem inertialsystem. Somit sollte jeder der beiden über den anderen die gleichen Aussagen machen können. oder?

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 19. Dez 2014, 12:50

Ich hab' das hier mal allgemein erklärt: http://www.physikerboard.de/topic,37752 ... doxon.html
Gruß
Tom

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von Fuzzlix » 19. Dez 2014, 13:45

tomS hat geschrieben:Ich hab' das hier mal allgemein erklärt: http://www.physikerboard.de/topic,37752 ... doxon.html
Danke Tom, den Link hattest du gerade kürzlich gepostet. Bei der Mathematik wie Du sie verwendest muss ich mich ausklinken. Das werde ich auch in meinen restlichen Lebensjahren nicht mehr schaffen :) Diese ganze Beschreibung ist ja auch nicht falsch in sich. Ich sage ja nur sie bezieht sich ausschliesslich auf das Inertialsystem des Erden-Zwillings. Soweit ist ja alles ok.

Abstrahieren wir das Beispiel einfach und lassen wir alles unnötige weg: Erde, Mond, Planeten, Sonnensystem, Galaxien, einfach alles andere. Reduzieren wir das zu beschreibende System einfach auf 2 Objekte unbestimmter Natur, die sich voneinander entfernen und sich wieder annähern. Nun sollte jedes der beiden Objekte behaupten können, das andere Objekt müsste weniger gealtert sein als es selbst. Und das kann nicht stimmen.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von breaker » 19. Dez 2014, 13:46

In diesem Zusammenhang plagt mich schon seit einer Weile eine andere Frage:
Wie ist das mit dem Zwillingsparadoxon wenn ich allgemeinere Topologien zulasse? Wenn z.B. das Universum ein flacher Torus wäre, dann könnte ein Zwillng ständig mit konstanter Geschwindigkeit in die selbe Richtung fliegen und trotzdem den anderen irgendwann wieder treffen.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von FKM » 21. Dez 2014, 21:08

Fuzzlix hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Ich hab' das hier mal allgemein erklärt: http://www.physikerboard.de/topic,37752 ... doxon.html
Danke Tom, den Link hattest du gerade kürzlich gepostet. Bei der Mathematik wie Du sie verwendest muss ich mich ausklinken. Das werde ich auch in meinen restlichen Lebensjahren nicht mehr schaffen :) Diese ganze Beschreibung ist ja auch nicht falsch in sich. Ich sage ja nur sie bezieht sich ausschliesslich auf das Inertialsystem des Erden-Zwillings. Soweit ist ja alles ok.

Abstrahieren wir das Beispiel einfach und lassen wir alles unnötige weg: Erde, Mond, Planeten, Sonnensystem, Galaxien, einfach alles andere. Reduzieren wir das zu beschreibende System einfach auf 2 Objekte unbestimmter Natur, die sich voneinander entfernen und sich wieder annähern. Nun sollte jedes der beiden Objekte behaupten können, das andere Objekt müsste weniger gealtert sein als es selbst. Und das kann nicht stimmen.

Fuzzlix.
Wenn sich zwei Objekte entfernen und dann wieder annähern, dann muss das einen Grund haben: entweder hat eines (oder beide) die Richtung durch einen Beschleunigungsvorgang geändert, oder beide Objekte ziehen sich gravitativ an (ist dann ein Fall für die ART), oder sie befinden sich in einem Anti-de-Sitter Universum. Im Rahmen der Speziellen Relativitätstheorie muss mindestens ein Objekt mindestens einmal das Bezugssystem gewechselt haben. Das Zwillingsparadoxon wird sehr ausführlich und ohne Hilfe höherer Mathematik im Buch "Kleines 1x1 der Relativitätstheorie" erklärt.

Beispiel: Reise eines Zwillings B von der Erde zum 9 Lichtjahre entfernten Sirius und zurück mit jeweils konstanten 0,8 c. Zwilling A bleibt auf der Erde zurück. Kehrwert des Gamma-Faktors = 0,6. Aus Sicht von A (also im Ruhesystem von Erde/Sirius) dauert der Hin- und der Rückflug je 9Lj/0.8c = 11,25 Jahre, zusammen 22,5 Jahre. Aus Sicht von B[down]hin[/down] dauert eine Reise 9Lj*0.6/0.8c = 6,75 Jahre, zusammen also 13,5 Jahre und kommt damit 9 Jahre weniger gealtert zurück. Im Bezugssystem von B[down]hin[/down] könnte man auch sagen, A fliegt auf der Erde mit 0.8c davon, auf dem Rückflug würde dann B mit doppelter, relativistischer Geschwindigkeit zurück zu A fliegen, also mit 2*0.8/( 1+2*0.8 ) c ~ 0.975c.

Entscheidend ist der Wechsel des Intertialsystems beim Start zum Rückflug, was man im Minkowski-Diagramm am Knick einer Weltlinie erkennt. Diesen Knick würde man in jedem Bezugssystem, also von A, B[down]hin[/down] und B[down]her[/down] sehen. Ein beschleunigter Flug ist dann eine infinitesimale Folge von Wechseln des Inertialsystems, daher das Integral in Toms Formel.

Interessant ist ein Uhrenvergleich in dem Beispiel: A sendet z.B. an B jede Sekunde ein Funksignal und umgekehrt.
In Eigenzeit reist B in 6,75 Jahren zum Sirius; bei Ankunft am Sirius sind auf der Erde 11,25 Jahre vergangen und das Signal war (aus A-Sicht) 9 Jahre unterwegs, ist dann also 2,25 Jahre alt. D.h. aber, dass B alle Signale von A in 3-facher Zeitlupe sieht. (A sieht erst nach 20,25 Jahren die Ankunft von B am Sirius).
Zweite Herleitung (aus dem Buch): Jede Blinkperiode von je 1 Sekunde wird (aus Sicht von B[down]hin[/down]) um den Gamma-Faktor 1.667 verlängert. Zusätzlich entfernen sich A und B[down]hin [/down] um 0.8c * 1.667s = 1.333 Lichtsekunden, ergibt in Summe eine Blinkperiode von 3 Sekunden für B[down]hin[/down]
Auf dem Rückweg nähert sich B zu A mit jeder Blinkperiode um 1.333 Lichtsekunden, die Signale treffen also alle 1,667s - 1.333s = 0.333 s ein, also im 3-fachen Zeitraffer ein.

Am anschaulichsten sieht man die Zusammenhänge in einem Minkoswki-Diagramm, das ich vielleicht mal nachreiche.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 21. Dez 2014, 22:26

Fuzzlix hat geschrieben:... diese ganze Beschreibung ist ja auch nicht falsch in sich. Ich sage ja nur sie bezieht sich ausschliesslich auf das Inertialsystem des Erden-Zwillings. Soweit ist ja alles ok.
Nein, nicht OK. Meine Argumentation verwendet zunächst überhaupt kein Bezugssystem, nur eine Weltlinie in der 4-dim. RZ und deren Länge = Eigenzeit. Und auch später muss sich keineswegs ein Zwilling in einem Inertialsystem befinden. Beide müssen sich zweimal treffen (Start, Ziel) und anschließend vergleichen sie die Länge der zurückgelegten Weltlinien (in 4 Dim.).
Fuzzlix hat geschrieben:Abstrahieren wir das Beispiel einfach und lassen wir alles unnötige weg: Erde, Mond, Planeten, Sonnensystem, Galaxien, einfach alles andere. Reduzieren wir das zu beschreibende System einfach auf 2 Objekte unbestimmter Natur, die sich voneinander entfernen und sich wieder annähern.
Genau.
Fuzzlix hat geschrieben:Nun sollte jedes der beiden Objekte behaupten können, das andere Objekt müsste weniger gealtert sein als es selbst. Und das kann nicht stimmen.
Warum sollten die Objekte das behaupten können? Jedes Objekt kann nur genau eine Messung durchführen, nämlich die Länge seiner Weltlinie = seine Eigenzeit. Über das jeweils andere Objekt kann nichts ausgesagt werden.

Dass daraus ein Paradoxon folgen soll, war eine didaktisch blödsinnige Idee (von wem eigentlich?)

Überleg' dir mal ein Analogon in 3 Dim. Eine Reiseroute durch Deutschland, von München nach Hamburg. Einer Nürnberg - Würzburg - Kassel - ... Der andere fährt von Nürnberg nach Berlin, dann nach Hamburg. Beide Zwillinge messen nun nicht die Eigenzeit sondern die Streckenlänge. Die eine Route ist länger, die andere kürzer. Wenn beide die Routen im Atlas vergleichen, wird es keine Verwirrung über die Streckenlänge geben.

Nichts anderes ist die Eigenzeit, ein Maß für die Länge der Weltlinie durch die Raumzeit.
Gruß
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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 21. Dez 2014, 22:35

breaker hat geschrieben:In diesem Zusammenhang plagt mich schon seit einer Weile eine andere Frage:
Wie ist das mit dem Zwillingsparadoxon wenn ich allgemeinere Topologien zulasse? Wenn z.B. das Universum ein flacher Torus wäre, dann könnte ein Zwilling ständig mit konstanter Geschwindigkeit in die selbe Richtung fliegen und trotzdem den anderen irgendwann wieder treffen.
Das kann man im Rahmen der ART auch in nicht-flachen Raumzeiten ausrechnen. Wiederum gibt es zwei Weltlinien mit zwei Längen, die man vergleichen kann.

In einem flachen Torus-Universum kann man sich natürlich folgendes überlegen: man führt ein Inertialsystem ein, in dem der eine Zwilling ruht. Für ihn vergehe die Zeit T. Der andere Zwilling bewegt sich nun mit konstanter Geschwindigkeit v geradeaus und trifft nach einmaliger Umrundung des Universums wieder am Ausgangspunkt ein (wenn für den ruhenden Zwilling die Zeit T vergangen ist). Wenn das Universum den Umfang L hat, dann bewegt er sich mit einer Geschwindigkeit v = L/T (jeweils aus Sicht des ruhenden Zwillings). Und mittels T und v kann man T' ganz normal berechnen. Das Ergebnis entspricht übrigens exakt dem Fall eines kreisförmigen Fluges mit konstantem Geschwindigkeitsbetrag v entlang eines Kreises mit Umfang L in einem gewöhnlichen Universum.
Gruß
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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von breaker » 21. Dez 2014, 22:47

Das ist ziemlich cool, danke!

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 21. Dez 2014, 23:02

breaker hat geschrieben:Das ist ziemlich cool, danke!
Ok, gerne. Ich finde das jetzt nicht erstaunlicher als das "normale Paradoxon".
Gruß
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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von breaker » 21. Dez 2014, 23:49

Ja, die Erklärung mit der Länge der Weltlinien funktoniert tatsächlich in allen Fällen.
Mein Beispiel finde ich relativ interessant, weil es z.B. zeigt, dass die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, dass der eine Beobachter beschleunigt wird und der andere nicht. Und es ist auch nicht so, dass der eine Beobachter plötzlich sein Inertialsystem wechselt.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 22. Dez 2014, 07:02

breaker hat geschrieben:Ja, die Erklärung mit der Länge der Weltlinien funktoniert tatsächlich in allen Fällen.
Genau
breaker hat geschrieben:Mein Beispiel finde ich relativ interessant, weil es z.B. zeigt, dass die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, dass der eine Beobachter beschleunigt wird und der andere nicht. Und es ist auch nicht so, dass der eine Beobachter plötzlich sein Inertialsystem wechselt.
Auch wieder richtig.

Dieses Märchen mit der Beschleunigung und dem Bezugssystemwechsel hält sich hartnäckig. Wenn dann beide Beobachter das tun, weiß man wieder nicht weiter. Die Erklärung mittels der Länge der Weltlinien funktioniert immer, auch wenn beide Beobachter keine inertialen Beobachter sind, und auch in der ART.
Gruß
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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von FKM » 22. Dez 2014, 21:53

tomS hat geschrieben:Dieses Märchen mit der Beschleunigung und dem Bezugssystemwechsel hält sich hartnäckig. Wenn dann beide Beobachter das tun, weiß man wieder nicht weiter.
Wenn beide Beobachter das tun, dann kann man doch einen dritten einführen, der sein Intertialsystem nicht wechselt (und praktischerweise so gewählt wird, dass Start und Ende der Wege der ersten beiden Beobachter am selben Ort liegen)?

Bücher wie "Kleines 1x1 der Relativitätstheorie" werden für interessierte Laien (und Schüler) geschrieben, um ein Verständnis der SRT zu vermitteln, das sich weder mit rein Erzählerischen begnügt (wie "Eine kurze Geschichte der Zeit") noch ein Mathematikstudium (z.B. das von Fließbach) voraussetzen. Aber als Leser muss ich mich darauf verlassen können, dass das keine "Märchen"-Bücher sind.
tomS hat geschrieben:Die Erklärung mittels der Länge der Weltlinien funktioniert immer, auch wenn beide Beobachter keine inertialen Beobachter sind, und auch in der ART.
Dass man im allgemeinen Fall Längenintegrale berechnen muss, ist schon für mich einsichtig, aber ich gehöre zu den interessierten Laien, die in Mathematik nicht fit genug sind, um die Formeln verstehen zu können.

Weltlinien im Rahmen der SRT kann ich mir in 2-dimensionalen Minkoswki-Diagrammen veranschaulichen, aber dazu benötige ich ein Koordinatensystem (y = ct Zeit, x = Weg), das ein Inertialsystem sein muss. Deswegen verstehe ich nicht, wie man "koordinatenfrei" (also ohne Bezugssystem?) die Eigenzeit einer Weltlinie definieren und berechnen kann (Punkt 2 der Zusammenfassung aus der FAQ-Zeitdilation).

Abgesehen davon halte ich den Hinweis auf die Länge einer Weltlinie für eine Tautologie, denn das ist ja definitionsgemäß die Eigenzeit. Um die Länge einer Weltlinie zu bestimmen, die aus "geraden" Teilstücken zusammengesetzt ist (z.B. das Beispiel mit Hin- und Rückflug in konstanter Geschwindigkeit), würde ich für jedes Teilstück eine Lorentz-Tranformation bzgl. des gewählten Inertialsystems (bildlich im Minkoski-Diagramm oder rechnerisch) durchführen und das Ergebnis aufsummieren. Aber das ist ja der "märchenhafte" Wechsel des Bezugssystems.

;?

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 22. Dez 2014, 22:23

FKM hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Dieses Märchen mit der Beschleunigung und dem Bezugssystemwechsel hält sich hartnäckig. Wenn dann beide Beobachter das tun, weiß man wieder nicht weiter.
Wenn beide Beobachter das tun, dann kann man doch einen dritten einführen, der sein Intertialsystem nicht wechselt (und praktischerweise so gewählt wird, dass Start und Ende der Wege der ersten beiden Beobachter am selben Ort liegen)?
Ja, das kann man tun, aber es ist weder notwendig noch didaktisch sinnvoll. Wenn zwei Reisende von München nach Hamburg fahren, und die zurückgelegten Strecken vergleichen, dann ist dazu kein dritter Reisender nötig.
FKM hat geschrieben:Bücher wie "Kleines 1x1 der Relativitätstheorie" werden für interessierte Laien (und Schüler) geschrieben, um ein Verständnis der SRT zu vermitteln, das sich weder mit rein Erzählerischen begnügt (wie "Eine kurze Geschichte der Zeit") noch ein Mathematikstudium (z.B. das von Fließbach) voraussetzen. Aber als Leser muss ich mich darauf verlassen können, dass das keine "Märchen"-Bücher sind.
Der Leser sollte sich in der Tat darauf verlassen können, aber tatsächlich werden oft irreführende Argumentationen verwendet. Schade, ist aber so (und ein Mathematikstudium benötigt man keineswegs, um eine vernünftige Argumentation zu verstehen).
FKM hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Die Erklärung mittels der Länge der Weltlinien funktioniert immer, auch wenn beide Beobachter keine inertialen Beobachter sind, und auch in der ART.
Dass man im allgemeinen Fall Längenintegrale berechnen muss, ist schon für mich einsichtig, aber ich gehöre zu den interessierten Laien, die in Mathematik nicht fit genug sind, um die Formeln verstehen zu können.
Dann muss man die Formeln erklären. Man sollte die Dinge so einfach erklären wie möglich - aber nicht einfacher.
FKM hat geschrieben:Weltlinien im Rahmen der SRT kann ich mir in 2-dimensionalen Minkoswki-Diagrammen veranschaulichen, aber dazu benötige ich ein Koordinatensystem (y = ct Zeit, x = Weg), das ein Inertialsystem sein muss. Deswegen verstehe ich nicht, wie man "koordinatenfrei" (also ohne Bezugssystem?) die Eigenzeit einer Weltlinie definieren und berechnen kann (Punkt 2 der Zusammenfassung aus der FAQ-Zeitdilation).
Nochmal: wenn zwei Autos von München nach Hamburg fahren, dann können die Fahrer abschließend die zurückgelegte Strecke auf den Kilometerzähler ablesen und vergleichen; dazu ist kein Koordinatensystem notwendig! Wenn man die Fahrtrouten "von außen" betrachten und berechnen will, dann verwendet man praktischerweise eine Straßenkarte und ein Kartenrädchen. Aber die unterschiedlichen Wegstrecken existieren auch ohne die Existenz einer Karte und eines Kartenrädchens.

(zuerst haben die Siedler Nordamerika erkundet und durchquert, erst danach wurden die Karten gezeichnet; ihre Reiserouten hatten aber schon vorher definierte Längen)

Der didaktische Grundfehler besteht darin, das manchmal sinnvolle Hilfsmittel der Karte als oberstes Prinzip einzuführen, obwohl die Reiseroute und ihre tatsächliche Länge sicher nicht von der Existenz der Karte abhängt. Die beiden Autos plus Fahre sind ausreichend, um die Routen und ihre Längen zurückzulegen, zu definieren und zu messen.
FKM hat geschrieben:Abgesehen davon halte ich den Hinweis auf die Länge einer Weltlinie für eine Tautologie, denn das ist ja definitionsgemäß die Eigenzeit. Um die Länge einer Weltlinie zu bestimmen, die aus "geraden" Teilstücken zusammengesetzt ist (z.B. das Beispiel mit Hin- und Rückflug in konstanter Geschwindigkeit), würde ich für jedes Teilstück eine Lorentz-Tranformation bzgl. des gewählten Inertialsystems (bildlich im Minkoski-Diagramm oder rechnerisch) durchführen und das Ergebnis aufsummieren.
Die Tatsache, dass das eine Tautologie ist, ist eine nicht-triviale Erkenntnis.

Natürlich kannst du das mittels LT berechnen, wenn du möchtest, aber niemand zwingt dich dazu. In der Berechnung, wie ich sie im Physikboard vorgeführt habe, verwende ich an keiner Stelle die LT. Eine LT beschreibt definitionsgemäß die Umrechnung zwischen Inertialsystemen. Ich setze aber für keinen der beiden Reisenden voraus, dass er sich jemals in einem Inertialsystem befindet, also kommt auch keine LT zur Anwendung.

Darüberhinaus funktioniert die Definition der Eigenzeit als Länge der Weltlinie auch in der ART, und in der ART kannst und darfst du i.A. gar keine (globale) LT anwenden, da diese einfach keine Symmetrie der RZ darstellt. Die Betrachtungsweise mittels LT ist der Spezialfall eines Spezialfalls, und die Quelle mannigfaltiger Missverständlichkeiten.
Gruß
Tom

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von FKM » 22. Dez 2014, 22:37

breaker hat geschrieben:Ja, die Erklärung mit der Länge der Weltlinien funktoniert tatsächlich in allen Fällen.
Mein Beispiel finde ich relativ interessant, weil es z.B. zeigt, dass die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, dass der eine Beobachter beschleunigt wird und der andere nicht. Und es ist auch nicht so, dass der eine Beobachter plötzlich sein Inertialsystem wechselt.
Gelten in dem Torus-Universum mit flacher Raumzeit eigentlich noch die beiden (mir bekannten und hoffentlich richtig wieder gegebenen) Postulate der SRT?
  • Prinzip der Relativität - alle Intertialsystem sind äquivalent
  • Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
Beispiel: Umfang L des Torus-Universums = 10Lj, Zwilling A ruht, Zwilling B reist konstant mit 0,8c
Aus Sicht von A benötigt B 12,5 Jahre für eine Umrundung.
Bei einum umgekehrten Gammafaktor von 0.6 altert B dabei um 12.5 * 0.6 = 7.5 Jahre.
Bei einem Wiedertreffen ist A also 5 Jahre älter als B.

Aus Sicht von B ist L lorentz-kontrahiert 10*0.6 = 6Lj weit.
Aus Sicht von B benötigt A 7.5 Jahre für eine Umrundung.
Bei einum umgekehrten Gammafaktor von 0.6 altert A dabei um 7.5 * 0.6 = 4.5 Jahre.
Bei einem Wiedertreffen ist A also 3 Jahre jünger als B.

Wer hat recht und warum? Oder gilt eines der Postulate der SRT nicht mehr?
Oder sind Lorentz-Transformationen und Kontraktionen überhaupt ein Märchen?

P.S.: dies habe ich vor Kenntnis von TomS letztem Beitrag geschrieben - ich lasse es trotzdem so stehen..

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 23. Dez 2014, 01:20

FKM hat geschrieben:Gelten in dem Torus-Universum mit flacher Raumzeit eigentlich noch die beiden (mir bekannten und hoffentlich richtig wieder gegebenen) Postulate der SRT?
  • Prinzip der Relativität - alle Intertialsystem sind äquivalent
  • Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
Mit dem Torus-Universum haben wir echt ein Fass aufgemacht. Ich hab' mal einige Veröffentlichungen und Diskussionen überflogen und sehe, dass es da tatsächlich abweichende Meinungen gibt. Ich hab' aber noch keine vollständig überzeugende Darstellung gefunden.

Zunächst mal kann man behaupten, dass tatsächlich ein ausgezeichnetes Inertialsystem existiert, also ein System absoluter Ruhe, da in allen anderen Inertialsystemen ein Zwilling den Zylinder schraubenförmig umkreist, seine Weltlinie also eine nicht-verschwindende Windungszahl aufweist. Das ist ein rein topologisches, kein geometrisches Argument.

Die Frage ist, ob er dies feststellen kann, oder ob er die Symmetrie doch wiederherstellen kann, indem er behauptet, dies gälte auch aus Sicht aller anderen Inertialsysteme bzgl. seines eigenen Bezugssystems. Die Situation ist verwickelt, da die Generatoren der Lorentztransformation auf dem Torus geeignet deformiert werden müssen.

Eine alternative Sichtweise ist die bzgl. der Linien der Gleichzeitigkeit. Zunächst mal kann man behaupten, dass wiederum ein ausgezeichnetes Inertialsystem existiert, in dem Linien der Gleichzeitigkeit Kreise sind, während in allen anderen Inertialsystemen diese Linien wiederum offenen Schrauben um den Zylinder entsprechen. D.h. dass die Synchronisation von Uhren offensichtlich ebenfalls abhängig von der Topologie der Weltlinien ist.

Eine dritte, m.E. physikalisch sinnvolle Sichtweise besagt, dass ein Beobachter seine Bewegung eindeutig feststellen kann, indem er Lichtsignale in entgegengesetzte Richtung aussendet; nur wenn er sich in absoluter Ruhe befindet, werden ihn beide Lichtsignale gleichzeitig erreichen, andernfalls wird er sich einem entgegenbewegen und dies wird ihn nach einer (nicht ganz vollständigen) Umrundung früher erreichen als das andere. Daraus folgt nun zwar ein ausgezeichnetes Bezugssystem, jedoch noch nicht zwingend eine Asymmetrie in der Zeitdilatation.

OK, insgs. können wir feststellen, dass das
FKM hat geschrieben:
  • Prinzip der Relativität - alle Intertialsystem sind äquivalent
lokal weiterhin gültig bleibt, jedoch durch die nicht-triviale Geometrie global gebrochen wird.
Gruß
Tom

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von tomS » 23. Dez 2014, 07:08

D.h.
tomS hat geschrieben:In einem flachen Torus-Universum kann man sich natürlich folgendes überlegen: man führt ein Inertialsystem ein, in dem der eine Zwilling ruht. Für ihn vergehe die Zeit T. Der andere Zwilling bewegt sich nun mit konstanter Geschwindigkeit v geradeaus und trifft nach einmaliger Umrundung des Universums wieder am Ausgangspunkt ein (wenn für den ruhenden Zwilling die Zeit T vergangen ist). Wenn das Universum den Umfang L hat, dann bewegt er sich mit einer Geschwindigkeit v = L/T (jeweils aus Sicht des ruhenden Zwillings). Und mittels T und v kann man T' ganz normal berechnen.
ist korrekt; siehe auch http://arxiv.org/pdf/gr-qc/0101014v1.pdf Gl. (1.7), (1.9) und (1.14)
Gruß
Tom

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von breaker » 23. Dez 2014, 11:05

Sorry, ich habs noch nicht verstanden. Warum können in dieser Situation nicht beide behaupten, sie würden ruhen?

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von seeker » 23. Dez 2014, 11:08

Ich glaube beim Universum als Späre haben wir ein ganz ähnliches Problem wie beim Torus - oder?
(...und vermutlich überhaupt bei allen räumlich geschlossenen Universen.)
tomS hat geschrieben:OK, insgs. können wir feststellen, dass das
FKM hat geschrieben:Prinzip der Relativität - alle Intertialsystem sind äquivalent
lokal weiterhin gültig bleibt, jedoch durch die nicht-triviale Geometrie global gebrochen wird.
... worin ich einen Widerspruch sehe.

Gedankenexperiment:

In einem ansonsten leeren, torusförmigen Universum bewegen sich zwei Beobachter gleichförmig und relativ zueinander.
Irgendwann treffen sie sich, befinden sich also irgendwann an denselben Raumzeit-Koordinaten.
An diesem Punkt machen sie einen Uhrenabgleich, stellen diese auf Null.
Sie entfernen sich wieder voneinander, ohne dass einer von beiden jemals beschleunigt.
Wegen der räumlichen Geschlossenheit ihres Universums treffen sie sich viel später noch einmal.
Frage: Zeigen ihre Uhren in dem Moment dieselbe verstrichene Zeit an oder nicht?

Ich glaube dass ihre Uhren in dem Fall dieselbe Zeit (Eigenzeit) anzeigen müssen, es sei denn wir führen hier doch einen absoluten Raum als Bezugssystem ein, was eben der Aufgabe des Prinzips der Relativität gleichkäme*.
Ich glaube auch, dass unsere beiden Beobachter wenn sie sich voneinander entfernen oder annähern, nicht einmal feststellen können in welchem Winkel sie das tun, ob also zur Geschwindigkeitskomponente auf direkter Sichtlinie noch eine weitere Geschwindigkeitskomponente im 90°-Winkel dazukommt.

Ich glaube also, dass in diesem Szenario auch die Geschichte mit den Weltlinien nicht mehr funktioniert.
Die richtige Schussfolgerung daraus scheint mir im Moment die zu sein, dass wir im Rahmen der derzeitigen Theorie keine Aussagen über den globalen Fall machen können.
tomS hat geschrieben:Eine dritte, m.E. physikalisch sinnvolle Sichtweise besagt, dass ein Beobachter seine Bewegung eindeutig feststellen kann, indem er Lichtsignale in entgegengesetzte Richtung aussendet; nur wenn er sich in absoluter Ruhe befindet, werden ihn beide Lichtsignale gleichzeitig erreichen, andernfalls wird er sich einem entgegenbewegen und dies wird ihn nach einer (nicht ganz vollständigen) Umrundung früher erreichen als das andere. Daraus folgt nun zwar ein ausgezeichnetes Bezugssystem, jedoch noch nicht zwingend eine Asymmetrie in der Zeitdilatation.
Ist das so? Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, wenn unser Beobachter hier Lichtpulse in zwei um 180° verschiedene Richtungen im 1s-Takt aussendet, dass er dann (irgendwann später) auch Licht aus beiden Richtungen im 1s-Takt empfängt (wobei es auch egal sein sollte in welche Richtung er seine Pulse ausschickt, wenn er niemals beschleunigt und sich in einem ansonsten leeren Universum befindet: Woher soll er wissen, in welche Richtung er sich bewegt?). Alles andere widerspräche m.E. der Relativität.
(Die Lichtpulse in "Fahrtrichtung" werden beim Entfernen vom Beobachter in gleicher Weise gestaucht, wie sie hinterher gedehnt werden, wenn sie ihn "von hinten" wieder einholen -> symmetrische Situation, hebt sich auf.)

*Spekulation: Vielleicht könnte man doch ein physikalisch relevantes bevorzugtes Bezugssystem einführen: Dasjenige, das sich relativ zu allen Massen im Universum bzw. zur CMB minimal relativ-bewegt? Diese Option könnte sogar empirisch untersucht werden: Misst ein Beobachter, der sich z.B. mit 0,9c von der Erde entfernt und einen Teilchenbeschleuniger mitführt dieselben verlängerten Zerfallszeiten wie ein zweiter Beobachter mit einem zweiten identischen Teilchenbeschleuniger auf der Erde?

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von positronium » 23. Dez 2014, 11:33

seeker hat geschrieben:Frage: Zeigen ihre Uhren in dem Moment dieselbe verstrichene Zeit an oder nicht?

Ich glaube dass ihre Uhren in dem Fall dieselbe Zeit (Eigenzeit) anzeigen müssen, ...
Wenn diese sich mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen, würde ich ja sagen.
seeker hat geschrieben:Ich glaube auch, dass unsere beiden Beobachter wenn sie sich voneinander entfernen oder annähern, nicht einmal feststellen können in welchem Winkel sie das tun, ob also zur Geschwindigkeitskomponente auf direkter Sichtlinie noch eine weitere Geschwindigkeitskomponente im 90°-Winkel dazukommt.
Das verstehe ich nicht. Infinitesimal sollte das möglich sein.
seeker hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Eine dritte, m.E. physikalisch sinnvolle Sichtweise besagt, dass ein Beobachter seine Bewegung eindeutig feststellen kann, indem er Lichtsignale in entgegengesetzte Richtung aussendet; ...
Ist das so? Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, wenn unser Beobachter hier Lichtpulse in zwei um 180° verschiedene Richtungen im 1s-Takt aussendet, dass er dann (irgendwann später) auch Licht aus beiden Richtungen im 1s-Takt empfängt ...
Dabei kommt es nicht auf den zeitlichen Abstand an. Besser wäre es zu schreiben, dass jeder Lichtpuls eine eindeutige Signatur trägt, dann kommt 543894-Puls-nach-vorne später von hinten an als 543894-Puls-nach-hinten vorne.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von seeker » 23. Dez 2014, 12:04

Ich glaube auch, dass unsere beiden Beobachter wenn sie sich voneinander entfernen oder annähern, nicht einmal feststellen können in welchem Winkel sie das tun, ob also zur Geschwindigkeitskomponente auf direkter Sichtlinie noch eine weitere Geschwindigkeitskomponente im 90°-Winkel dazukommt.
positronium hat geschrieben:Das verstehe ich nicht. Infinitesimal sollte das möglich sein.
Wenn wir zwei punktförmige Beobachter in einem ansonsten leeren Universum haben, dann müssten sie dazu ein bevorzugtes KS wählen.
Das soll ja aber gerade nicht erlaubt sein. Unbeschleunigte, gleichförmige Bewegung soll von Ruhe ununterscheidbar sein.

positronium hat geschrieben:Dabei kommt es nicht auf den zeitlichen Abstand an. Besser wäre es zu schreiben, dass jeder Lichtpuls eine eindeutige Signatur trägt, dann kommt 543894-Puls-nach-vorne später von hinten an als 543894-Puls-nach-hinten vorne.
Ich bin mir auch in dem Fall noch nicht sicher, ob das tatsächlich so ist. Es widerspräche dem o.g. Prinzip: Unbeschleunigte, gleichförmige Bewegung soll von Ruhe ununterscheidbar sein. Wenn der Beobachter ruht, kommen beide Lichsignale zum selben Zeitpunkt seiner Eigenzeit wieder bei ihm an. Wenn er nicht ruht, müsstest du angeben relativ wozu er nicht ruhen soll. Bedenke auch, dass sich beide Lichtsignale mit genau c von ihm entfernen und sich auch mit genau c wieder an ihn annähern.
Seine Relativgeschwindigkeit relativ zu c ist immer genau Null.

Das Relativprinzip ist die Grundlage der RT. Sie steht somit über/vor allen Rechnungen. D.h.: Das Relativprinzip kann mit keiner Rechnung widerlegt werden, die darauf erst aufbaut. Wenn irgendeine Rechnung ergäbe, dass das Relativprinzip nicht gültig wäre, dann würde das gesamte Theoriegebäude widersprüchlich werden und müsste verbessert/erneuert werden.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von positronium » 23. Dez 2014, 12:26

seeker hat geschrieben:
Ich glaube auch, dass unsere beiden Beobachter wenn sie sich voneinander entfernen oder annähern, nicht einmal feststellen können in welchem Winkel sie das tun, ob also zur Geschwindigkeitskomponente auf direkter Sichtlinie noch eine weitere Geschwindigkeitskomponente im 90°-Winkel dazukommt.
positronium hat geschrieben:Das verstehe ich nicht. Infinitesimal sollte das möglich sein.
Wenn wir zwei punktförmige Beobachter in einem ansonsten leeren Universum haben, dann müssten sie dazu ein bevorzugtes KS wählen.
Das soll ja aber gerade nicht erlaubt sein. Unbeschleunigte, gleichförmige Bewegung soll von Ruhe ununterscheidbar sein.
Ein Gedankenexperiment mit einem (sonst) leeren Universum halte ich immer für problematisch bzw. zumindest in diesem Fall für sinnlos. Wo sollte eine Geschwindigkeit bzw. Beschleunigung senkrecht zur Verbindungslinie der beiden Teilchen herkommen... In einem solchen Universum kann es keine Winkel geben. Erst wenn Teilchen durch irgend etwas Geschwindigkeit aufgenommen haben, ist die Betrachtung sinnvoll, weil das in einer Richtung erfolgte. So existiert also für jedes Teilchen eine Bewegungsrichtung.
Ich denke, dass es nur für einen selbst ununterscheidbar ist, ob man sich bewegt. Real, auch rechnerisch, dürfte das aber anders sein.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von breaker » 23. Dez 2014, 12:29

seeker hat geschrieben:Es widerspräche dem o.g. Prinzip: Unbeschleunigte, gleichförmige Bewegung soll von Ruhe ununterscheidbar sein. Wenn der Beobachter ruht, kommen beide Lichsignale zum selben Zeitpunkt seiner Eigenzeit wieder bei ihm an.
Naja, lokal kann das immernoch gelten. Das scheint für mich kein großes Problem zu sein.

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Re: paradoxes Paradoxon

Beitrag von seeker » 23. Dez 2014, 13:33

breaker hat geschrieben:Naja, lokal kann das immernoch gelten. Das scheint für mich kein großes Problem zu sein.
Da bin ich unsicher.
Es ist doch so: Du schickst zwei Lichtsignale in 180° verschiedenen Richtungen aus. Entweder kommen diese Lichtsignale gleichzeitig wieder bei dir in der jeweils anderen Richtung an oder sie tun es nicht.
Das ist aus meiner Sicht ein lokales Problem, das im Prinzip auch messbar wäre.
Beim Torus könnte ich mir allerdings gewisse Asymmetrien vorstellen. Aber wir können ja auch die Sphäre betrachten. Wie ist es da?

Deshalb habe ich geschrieben:
seeker hat geschrieben:Die richtige Schussfolgerung daraus scheint mir im Moment die zu sein, dass wir im Rahmen der derzeitigen Theorie keine Aussagen über den globalen Fall machen können.
@positronium:
Ich denke schon, dass man diese Vereinfachnung machen darf. Was spricht dagegen?
Ich glaube nicht, dass man danach fragen muss, wo der Beobachter seine Geschwindigkeit her hat. Das sollte egal sein.
(Er kann wegen dem Relativprinzip ja auch einfach definieren, dass er eine Geschwindigkeit habe.)
Mal sehen, was die anderen sagen...

Grüße
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