Ja, gute Frage...
Also in dem von dir verlinkten Text steht folgendes:
Ein Formelwerk gilt als natürlich, wenn Naturgesetze auf einer Größenordnung nicht die Regeln auf einer ganz anderen beeinflussen. »Man muss nicht wissen, wie Quarks in Atomkernen zusammenspielen, wenn man die Bahn des Mondes beschreiben will«, sagt der Aachener Physiker Michael Krämer. »Dieser Gedanke zieht sich durch die gesamte bekannte Physik.«
https://www.spektrum.de/news/am-ende-de ... it/1556794
Aber ganz trifft das m.E. nicht die Sache, um die es im Text geht.
Konkreter geht es in dem Text um etwas, das auch hier angesprochen wird:
Das Problem mit der Feinjustierung
https://www.weltderphysik.de/gebiet/tei ... ustierung/
Besonders die dortige Grafik "Nackte Masse und Strahlungsmasse" ist aufschlussreich:
Dort sieht man zwei 32-stellige Zahlen, die erst einmal nichts miteinander zu tun haben und die sich aber erst ab der 30sten Stelle unterscheiden.
Das läuft darauf hinaus, dass es wie ein extrem großer Zufall ausschaut, wenn sich diese beiden mit einer solchen Exaktheit gerade so ähneln und dann gerade so ausgleichen, dass diese vergleichsweise extrem kleine Masse des Higgsbosons herauskommt. Und das empfindet man als unnatürlich, also vermutet man zunächst, dass da mehr dahinterstecken müsste und sucht seit einiger Zeit danach. Nur wirklich gefunden hat man leider noch nix.
Also gibt es erste Stimmen, die fragen, ob das wirklich unnatürlich ist und wo denn genau die Grenze sei, ab der es natürlich wäre und man sich nicht mehr wundern müsste, wie groß darf eine 'natürliche' Übereinstimmung in Form einer Koinzidenz (
https://de.wikipedia.org/wiki/Koinzidenz) also genau sein, ohne dass man gleich ein Naturgesetz dahinter vermuten muss?
Und diese Stimmen werden in letzter Zeit lauter, davon handelt der Bericht.
Andere wiederum versuchen das Problem zu lössen, indem sie postulieren, dass die Natur eben alle möglichen Kombinationen auch tatsächlich in einem ebenso postulierten Multiversum durchspielt, womit es dann eben auch Universen geben muss, wo diese beiden Zahlen sehr nahe beieinander liegen, in einem davon leben wir. Das ist aber auch irgendwie nicht ganz befreidigend.
Und dann gibt es eben Leute, die ein dahinterliegendes Naturgesetz suchen, das solche Übereinstimmungen erklären soll. Der Gedanke dabei ist: Wenn die Übereinstimmung naturgesetzlich herleitbar ist, dann ist es kein 'unnatürlich großer' Zufall mehr, also Problem gelöst.
M. E. vergessen diese Leute aber eines: Im Grunde wird das Problem damit nur verschoben, sozusagen 'von der Zahl zum Naturgesetz', denn bei dem dann formulierten Naturgesetz könnte ich es ja auch wieder als extrem unwahrscheinlich bzw. unnatürlich empfinden, dass das Naturgesetz zufällig gerade so ist und nicht anders. Ich könnte das sogar als noch unwahrscheinlicher empfinden als vorher bei den zwei nackten Zahlen.