Josten hat geschrieben:Hallo!
Ihr letzter Absatz klingt sehr versöhnlich, nachdem Sie zuvor Einstein zu widerlegen und den Urknall zu rechtfertigen suchten.
Einstein zu widerlegen lag mir völlig fern. Letzlich bilden die ART-Gleichungen und die Beobachtungen dazu sogar das Fundament des Urknallmodells. Denn wenn sich heute alle Galaxiehnhaufen voneinander entfernen , dann müssen sie früher enger zusammen gewesen sein. In der ART kann man das dann immer weitertreiben bis man bei t=0 singulär wird, was heisst, dass hier die klassichee raumzeitstruktur der ART an ihre Modellgrenzen stösst und die ART keine adäquate Beschreibung der Natur ist. Früher wurde sicherlich dieser Zeitpunkt mit dem Urknall definiert, wohlwissend, dass man in diesem Begriff ne Menge Unwissenheit reinsteckt.
Fakt ist, dass das Universum dynamisch ist und sich in einer Ausdehnungsphase befindet, dass es früher heisser , dichter, der Skalenparameter kleiner war und auch die Entropie nedriger. Fakt ist, dass es auf großen skalen homogen und isotrop ist. Diese Informationen hat man aus Beobachtungen!
wodurch und in welcher Form dieser heute beobachtbare Prozess seinen Anfang nahm kann man sicherlich heute noch nicht sagen, es gibt bereits verschiedene modelle wie oben erwähnt, vielleicht wird man das auch nie mit sicherheit feststellen können unabhängig davon gibt man gibt dem ding einfach einen namen. und der der sich eingeprägt hat bei den menschen war nunmal Urknall, auch wenn da eventuell gar nix "geknallt" hat. es ist nur ein name, der für einen Prozess steht, mit dem die Ausdehnung unseress Universums begonnen hat. Es begann sicherlich nicht mit einem mathematischen Punkt, dass ist ein Artefakt der ART, die dort ihre Gültigkeit verliert. Sicherlich war auch die Dichte nicht unendlich, und womöglich gab es ein Vorläuferuniversum. Aber darum geht es nicht. man setzt dann t=0 einfach den zeitpunkt der maximalen dichte, wie dicht das auch immer gewesen sein mag, gleich und bezeichnet das als urknall in dem sinne, dass ab dann die dichte abnahm.
Wir wissen nur dass sowas stattgefunden hat, aber nicht was es verursacht hat. wissen sie aus welchen roggen-körnern die wann auf irgendeinem feld gewachsen sind ihr roggen-brot besteht, dass sie essen und dessen energie und entropie für sich verwenden. Sicher nicht, aber ein roggen-Brot ist es dennoch, egal aus welchen Körnern welchen Feldes. mit dem urknall ist es nicht anders.
Josten hat geschrieben:
Zur Rettung der Urknallidee von Lemaitre werden ständig neue Ideen wie Dunkles Etwas, Biggs oder Branen geboren, aber dieser Spuk wird nach meiner Überzeugung früher oder später ein Ende haben. Das lehrt uns die Geschichte.
Dunkle Materie, Dunkle Energie, Higgsteilchen und Branen haben zunächst mal nicht unmittelbar was dem Urknall an sich zu tun.
Das Higgsteilchen wird fürs Std--Modell gebraucht, mit dem kein Physiker so richtig glücklich ist. Dummerweise scheint man das nun auch noch mit guter wahrscheinlichkeit gefunden zu haben. Nebenbei hat das Higgsfeld nun noch ein falsches Vakuum, das einen urknallprozess in gang gestetzt haben könnte, es muss es aber nicht gewesen seit, kann sein dass es 0 damit zu hat.
Dunkle Materie hat mit dem Urknall erstmal auch nichts zu tun. Man weiss zunächst aus der Analyse der sichtbaren baryonischen Materie, dass die nicht ausreicht, um das rotationsverhalten von galaxien zu erklären. das war der ursprung. Nun gibt es 2 Möglichkeiten, entweder das Gravitationgesetz stimmt nicht ganz und man muss korrekturen einführen. entsprechende modelle gibt es. oder aber die fehlenden gravitationsquellen, also schwere masse, definiert man halt als dunkle materie, das sagt nix über deren natur aus, nur dass sie gravitativ wirkt. auch hier gibt es dann wieder verschiedenen modelle, die deren ursprung aufzeigen. das reicht von neuen hypotetischen supersymmetrischen teilchen bis hin wieder zu materieansammlungen in einer anderen brane, deren gravitationstöpfe wir spüren, aber nicht deren teilchen messen können. Unabhängig was genau dunkle materie nun sein soll, wissen wir aus dem dynamischen verhalten grossräuiger materieansammlungen, dass es nicht sichtbare gravitationsquellen geben muss (oder aber korrekturterme zum gravitationsgesetz). Dunkle Materie ist hier die einfachere Variante zur erklärung der Messungen, aber auch hier gibt es widersprüche. aber auch wenn sich dunkle materie in nichts auflöst, ändern das nichts daran, dass das universum früher heisser und dichter war.
Dunkle Energie wurde sich ebenfalls nicht einfach so ausgedacht. das dunkle energie modell deckt am besten die beobachtung der seit etwa 7 milliarden jahren sich beschleunigen expansion ab. es gibt aber auch hier alternative modelle, wie dass wir zufällig gerade im zentrum eines voids sind. möglich wärs, aber das bedeutet, dass wir in einer bevorzugten stelle wiedermal sitzen, womit sich physiker eben aufgrund der von dir oben erwähnten geschichte nicht wohlfühlen. das dunkle energie modell ist da schlichtweg wahrscheinlicher und setzt uns gerade nicht in eine besondere position und deckt die daten zudem sehr gut ab. aber auch hier gilt: ohne dunkle energie bliebe das universum ebenfalls dynamisch und die expansion wäre immer da (nur eben nicht beschleunigt), ergo muss es auch da früher heisser dichter gewesen sein, bis man dann wieder einen zeitpunkt als urknall definiert.
Branen sind ein theoretisches Konstrukt im Rahmen der M-theorie, einer weiterentwicklung der superstringtheorie bis jetzt bar jeder empirischer verifizierung. Nichtsdestoweniger kann man im Rahmen der M-theorey Brane-wechselwirkung finden, die eben den Prozess der expansion des Universums in gang setzten. Das bedeutet nicht dass es so gewesen sein muss. das sagt niemand.
Das urknallmodell wird von den neuen erkenntnissen nicht gerettet, es erweitert es vielmehr und macht die struktur unseres universums heute sogar verständlicher.
Kann es sich dennoch als falsch herausstellen ? ja das kann es, aber sicherlich nicht durch dm, de, higgs und konsorteten. Ein alternatives Modell, dass beobachtete materieverteilung, hintergrundstrahlung und galaxienflucht NICHT durch eine expansion des universums (und damit zwangsläufig ein früheres enger und dichter bis zu einem zeitpunkt maximaler dichte und hoher Temperatur, den man als urknall definierern kann, oder irgendeinen anderen entscheidenden prozess, wie inflation) gleichermassen gut oder einfacher erklärt gibt es derzeit nicht.
sind wir mit der urknalltheorie zufrieden ? mitnichten. wir haben noch keine empirisch verifizierbare/falsifizierbare quantengravitation, keine einheitliche feldtheorie, auf die vieles hindeutes, noch keine entsprechenden gravitationswellen detektoren, mit denen wir "hinter" die hintergrundstrahlung vor der rekombination blicken können. also können wir über die natur des urknalls nicht wirklich was aussagen.
mal ganz davon abgeshen, dass das all auch beim urknall bereits unendlich groß gewesen sein kann (denn Skalenparameter->0 heisst nicht notwendigerweise die unendlichkeit aufzugeben, das wird damit also nicht zwingend l gelöst). zudem ist das urknallmodel kein philosophisches oder psychologisches sondern ein naturwissenschaftliches. was menschen dort hineinphilosophieren oder deren psyche bedeutet ist dem modell schnurz egal.