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Gravitation und Renormierung

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von tomS » 24. Mär 2010, 08:51

Ich versuche mal, eine physikalische Interpretation des Formalismus zu geben und wieder mehr Leute mit an Bord zu holen

Messungen von Wechselwirkungen finden bei einer bestimmten Energie statt, die z.B. durch die Schwerpunkstenergie in einem Beschleuniger definiert ist. Die Renormierungsgruppengleichung besagt nun, dass eine Größe wie eine Masse oder Kopplungskonstante immer auf eine bestimmte Energieskala zu beziehen ist, d.h. dass sich die WW-Stärke ändern kann, wenn man zu einer anderen Energie übergeht. Das selbe gilt auch für die Masse: diese enthält wie (Wilfried hat dies aufgegriffen) eine Selbstenergie, das heißt eine WW eines Teilchens mit anderen Felder, die zu dynamischen Korrekturen der Masse führt.

Zu letzterem ein einfaches physikalisches Beispiel: Eine Kugel der "nackten" Masse m[down]0[/down] bewege sich durch eine viskose Flüssigkeit. Letztere wird teilweise an der Kugel kleben bleiben bzw. von dieser mitgeführt. Man kann diese Effekte durch eine mikrophysikalische Theorie berechnen. Man kann aber auch der Kugel einfach eine größere, effektive Masse m[down]eff[/down] zuordnen und die mikrophysikalischen Effekte vernachlässigen. Die Energieskala wird dabei durch die kinetische Energie der Kugel festgelegt. Man erwartet, dass die effektive Masse für hohe Energien gegen die nackte Masse geht, da hier die Mitführungseffekte gering sind, während für niedrige Energien die effektive Masse deutlich höher liegen sollte.

Nun ist aber die Festlegung der Energieskala sowie die Bestimmung der Masse ein Problem, denn man erwaret ja vereinfacht ausgedrückt eine Formel



Nur, welche Masse soll man da einsetzen? Es muss sicherlich die effektive Masse sein, also



Nur, wie wir gesehen haben, ist die effektive Masse energiueabhängig, also



also letztlich



Damit haben wir aber ein Problem, denn nun hängt die kinetische Energie über die effektive Masse von sich selbst ab!!!

Die Renormierungsgruppengleichung kann uns aber eine Aussage liefern, wie sich die effektive Masse ändert, wenn man die Energieskala ändert. Es wird also nicht der physikalische Wert der Mase definiert, sondern nur die Änderung der Masse. Die Festlegung der Masse erfolgt einmalig in einem Experiment bei einer bestimmten Energie. Wir müssen also eine Energieskala festlegen, fürdie wir die Masse einmalig fixieren.

Im Falle der Quantenfeldtheorie kommen nun zwei Spezialitäten hinzu:

1) In unserem obigen Beispiel ist das alles recht künstlich, denn wir können die Kugel ja aus der Flüssigkeit herausnehmen, die nackte Masse bestimmen, die mikrophysikalische Theorie lösen und somit die effektive Masse berechnen. In der Quantenfeldtheorie können wir aber nicht die WW einfach abschalten, d.h. die nackte Masse (und auch die nackte Kopplungskonstante) ist prinzipiell unbeobachtbar. Aber genau diese Größen gehen in die ursprüngliche Formulierung der Theorie ein, d.h. diese enthält Größen, die grundsätzlich unbeobachtbar sind. Wir sind also zwingend auf die Festlegung der Energieskala und damit eines Fixpunktes für die Masse angewiesen; diese Festlegung erfolgt im Experiment. Nun kann jeder Physiker die Skala beliebig wählen, wobei uns die Renormierungsgruppengleichung sagt, wie wir unsere Parameter ändern müssen, wenn wir eine andere Energieskala (d.h. eine andere Schwerpunkstenergie in einem anderen Beschleuniger) festgelegt haben. Ich hoffe, damit gezeigt zu haben, dass die Renormierung tatsächlich eine physikalisch zwingend notwendige Methode darstellt.

2) die zweite Spezialität ist schließlich, dass man im Zuge der Berechnungen feststellt, dass die als Parameter in die Berechnungen eingehende nackte Masse Unendlich gesetzt werden muss, um andere unendliche terme zu kompensieren. Dies ist natürlich unschön und hinterlässt einen Schmiutzfleck auf der ansonsten weißen Weste der Renormierung. Man kann dies einfach dadurch verargumentieren, dass die nackte Masse grundsätzlich unbeobachtbar und damit unphysikalisch ist und sie daher jeden beliebigen Wert haben könnte; die Renormierung führt letztlich dazu, dass nur noch physikalisch beobachtbare Massen und Kopplungskonstanten auftreten, die auch endliche Werte haben.

Physikalische Konsequenzen der Renormierung

Im Rahmen der Renormierung wird also eine Massens- (oder Längen-) skala eingeführt, bei dir die physikalischen Parameter der Theorie festgelegt werden. Dies ist keineswegs ein künstlicher Vorgang, sondern hat physikalisch sinnvolle Konsequenzen. Wir betrachten die QCD: die Theorie hat zunächst überhaupt keine Parameter, die eine Masse- oder Längenskala festlegen, d.h. alle Parameter sind dimensionslos. Man nennt eine derartige Theorie skaleninvariant (man kann sie beliebig reskalieren) Trotzdem haben die Protonen, Neutronen etc. eine bestimmte Größe; sie sind eben so groß wie sie sind und nciht doppelt oder halb so groß (oder doppelt oder halb so schwer). D.h. dass sie Skaleninvarianz der Theorie gebrochen ist! Diese Brechung ist nun genau auf die zusätzlich einzuführende Energieskala im Zuge der Renormierung zurückzuführen. D.h. aber auch, dass diese Energieskala ein physikalischer Parameter ist, der durch Quantisierungs- und Renormierungseffekte zwingend in die Theorie Einzug hält. Ohne diese Effekte (d.h. in der QCD als rein klassischer Feldtheorie) kann man weder Masse noch Größe der Nukleonen bestimmen!
Gruß
Tom

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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von wilfried » 24. Mär 2010, 10:35

Tag Patrick
Nirgendwo musste ich mich fragen "darf ich das von der Mathematik her?". Daher beantworte ich deine Fragen mit "nein".
Na siehst Du, so ist das mit nahezu allen Eichungen. Die Eichtheorie -Tom hat es ja ausgeführt- nutzt mathematische Tricks, die a) beweisbar richtig und b) physikalisch sinnvoll sind.

Nur ganz wenige Formulierungen sind in Frage zu stellen, sind so enorm kritisch. In der Renormierungstheorie kommen diese aber vor.

Du brauchst Dir aber deswegen keine Sorgen zu machen, dass Du von meinen Kolleginnen und Kollegen falsche Dinge in der Vorlesung hörst. Du kannst sicher sein, das Dir alles korrekt beigebracht wird.

Diese -Originalton Tom:- Kuriositäten sind kleine Kabinettsstückchen, die eben Lücken aufzeigen, die man zunächst mit gewissen durchaus sinnvollen Annhamen füllt. Das ist ein durchaus probates Vorgehen, denn auch hier macht im Rahmen des dann natürlich anzugebenden Definitionsbereichs nichts falsch.

Nur man kann diesen Def.bereich nicht verlassen, tät man das: FEHLER!! Aber eben, das weiss und akzeptiert der Mensch und wartet hoffend auf einen besser wissenden Menschen, der Lückken zu schliessen vermag ... :well:

Netten Gruß

Wilfried
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von wilfried » 24. Mär 2010, 10:45

Tag zusammen

auch ein Beitrag zur Renomierung:

Die Anwendung der Renormierung in einer Kneipe

Ein Gast bestellt sich ein Bier. :beer:

Er freut sich und tut einen großen Schluck. Das Glas ist halbleer getrunken.

Interessanterweise ist dieser Gast so ein Mensch wie unser Tom, der spitzfindige Tricks kennt. Er ruft den Wirt und fragt:

Muss ich für ein leeres Glas zahlen?

Der Wirt wundert sich zwar über dessen Fragen, kratzt sich am Hinterkopf und nach einer Weile sagt er leicht verunsichert:

Natürlich nicht.

Der Gast grinst, trinkt sein Bier aus, steht auf und will gehen. Der Wirt, verduzt fragt ihn, ob er denn nicht zahlen will. Der Gast:

Nein, denn für ein leeres Glas muss ich doch nicht zahlen. Aber ich bin nett und beweise Ihnen, dass ich nicht zahlen muss.

Beweisführung des Gastes:

Richtig? ich habe ein volles Glas Bier erhalten. Ich habe das Glas halb leer getrunken. So darf ich doch gewiss sagen:

Ein halb leeres Glas Bier ist gleich einem halb vollen Glas Bier; oder?

Der Wirt:

Na klar, das ist richtig!

Der Gast lacht und sagt:

na prima! Wir multiplizieren beide Seite mit 2, das ist mathematisch völlig korrekt, denn eine beidseitige Multiplikation einer Gleichung ändert an ihrem Ergebnis nichts. Macht das dann so:

1/2 voll = 1/ 2 leer |*2 ergibt: Voll = leer

Was zu beweisen war...


Netten Gruß aus der Renormierungskneipe

Wilfried
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von tomS » 24. Mär 2010, 11:22

kann es sein, dass du mich ärgern willst?
Gruß
Tom

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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von wilfried » 24. Mär 2010, 13:31

Tja, lieber Tom,


mag sein, mag sein .... :twisted: :twisted: :beer:

Gruß

Wilfried
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von tomS » 24. Mär 2010, 13:35

sag doch mal was zu meinem letzten, sehr physikalisch orientierten Beitrag
Gruß
Tom

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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von wilfried » 24. Mär 2010, 15:51

Tag Tom


was soll ich da groß zu sagen. Wir beide versuchen unsere Forenmitglieder zu animieren auch solche etwas komplizierteren Sachverhalte näher zu bringen.

Mehr als unser Versuch dies einigermaßen einfach und auch verständlich herüberzubringen können wir ncht leisten.

Versuchen wir ed och einmal auf diese Weise:

Liebe Freunde hier im Forum

wir würden uns sehr freuen, wenn unsre angebotenen Theman von Eurerer Seite aus mitkommentiert werden. Dass Tom und ich hier miteinander reden ist zwar toll, aber wir beide sind in der Materie doch ganz gut zu Hause.

Wir versuchen immer wieder auch schwerer Themen hier aufzutun. Themen, die eventuell in ihrer wissenschaftlichen Tiefe ein enormes Wissen verlangen. Ich habe das anfangs bei diesem Beitrag angemerkt.

Und Tom hat darauf reagiert und auf seine Art die sehr komplizierte Thema wunderbar neu forumliert und wenn ich das so sagen darf:

volkstümlich dargestellt.

Es ist an Euch das von uns dargebotene anzunehmen, Eure Fragen an uns zu stellen, Eure eigenen Kenntnisse vorzutragen. Wir täten uns ungeherulich freuen, Euch vermehrt anzusprechen.

Wir bitten auch darum offen zu sagen, wenn wir mal wieder abheben -das möge man uns auch verzeihen, denn in unserem Strum und Drang vergessen auch wir beide manchmal, dass e ja noch weitere Forenteilnehmer gibt. Dann müsst ihr uns halt wieder runterholen.

Und glaubt uns: das vertragen wir!

Also los, Mut und nehmt unsere Angebote an.

Netten Gruß

Wilfried
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von gradient » 24. Mär 2010, 18:11

Hallo,

mir hat Toms anschaulicher Beitrag (Kugel in viskoser Flüssigkeit) sehr gut gefallen. :well: Bei Lesen habe ich auch an den Higgs-Mechanismus denken müssen.

MfG
Patrick

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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von wilfried » 24. Mär 2010, 23:23

Tag zusammen

was tensor sagt:
Für den mehr Außenstehenden können die Schlussfolgerungen jedoch interessant sein.
ist ein Aspekt, über den ich gar nicht nachdachte. Tut mir leid!

Aber er ist ein durchaus wichtiger.

Trotzdem wäe es für uns eine wichtige Rückmledung, wenn bei solchen Beiträgen eine Info von den Forenmitgliedern käme, dass diese Diskussion interessant ist und weitergeführt werden soll, auch wenn keine anderen Beiträge darauf erfolgen.

Denn: sonst wissen wir ja gar nicht, ob wir am Interesse vorbei diskutieren oder nicht. Wissenschaftlicher Disput kann auch für andere ganz schön ätzend sein...

Danke für diese Rückmeldung, tensor!

Netten Gruß

Wilfried
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von tomS » 24. Mär 2010, 23:37

Ich wollte eigentlch n ur zwei Dinge erreichen:
- dass ich von ein paar Leuten Feedback kriege, ob sie überhaupt noch dabei sind; sind sie - freut mich!
- dass Wilfried nicht länger mit faulen Tricks in der Kneipe die Zeche prellen muss :-)

Meine Zielsetzung ist immer noch, in dem Kontext mehr zur Gravitation zu schreiben. Ich denke, dafür ist der Boden nun bereitet (es geht nicht darum, jeden hier zu einem kleinen Physiker zu machen, sondern die wesentliche Ideen und die Knackpunkte rüberzubringen; ich schreibe ja nicht viel anderes als das, was man auch in einigen populärwissenschaftlichen Büchern finden kann - nur kann sich dort niemand beschweren ...)
Gruß
Tom

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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von wilfried » 25. Mär 2010, 09:00

Guten Tag

@Tom: Danke für Deine Sorgen. Aber: In england, in Bath haben wir vor einigen Jahren im Huntsman, das ist unsere Stammkneipe vom Institut Uni Bath (dort habe ich studiert) einen Erfolg gefeiert. Beim Wirt, ein äußerst netter Mensch habe ich diesen Scherz gebracht und mit ihm eben um dieses Glas Bier gewettet. Klar, ich habe gewonnen. Und selbiger Wirt hat dann an der Theke auf die Tafel geschrieben:

Beware all Professors from electrical engineerig of our university: they are total crazy

Tja, so kommt man zu Ruf und Ehren ... oder?

Aber nun zum Thema:

Ich möchte auf Patrick eingehen: Higgs Mechanismus.

Details dazu siehe unsere Diskussion. Darin haben wir eine ganze Menge über Higgs Mechanismus dargestellt.

Der Zusammenhang zur Renormierung findet sich dabei an folgender Stelle:

Die Vereinigung der EM und der schwachen WW hin zur elektroschwachen Theorie spielt dabei die entscheidende Rolle. Dieser Mechanismus wurde erst dadurch ermöglicht, dass ein konsitente Ansatz im Rahmen einer renormierbaren Yang-Mills Theorie mit der Symmetriegruppe ermöglicht wurde. Auch die Darstellung der starken WW erfolgt in diesem Rahmen (Yang-Mills). Sie besitzt die Symmetriegruppe und nennt sich Quantenchromodynamik (QCD). Die QCD beschreibt die Verbindung zwischen Quarks und Gluonen.
Die Verknüpfung dieser beiden Eichtheorien bildet das Standardmodell mit der Eichgruppe


Da diese Eichtheorien recht erfolgversprechend sind (waren), leiteten diese die Entwicklung der Grand Unified Theories GUT ein. Eines der Highlights darin: Vorhersage des Zerfalls eines Protons.

Probleme darin:

1. Theorie noch nicht konsistent
2. Einbeziehung der Gravitation äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich

Gund für Punkt 2.: Es liegt ja noch einmal eine konsitente Quantentheorie vor!

Die Heavy Quark Effektive Theory HQET


Worum geht es dabei?

Es geht dabei um die Zeitkomponente des axialen Stroms zwischen einem schweren und einem leichten Quark. Ich will diese gesamte Theorie jetzt nicht in all den tiefen vorstellen, auch das geht wieder viel zu tief, es sei denn spezifisches Interesse wird bekundet, dann mache ich das.

Ich möchte einen Teil daraus hervorgreifen: das Schrödunger Funktional.

Dieses Schrödunger Funktional ist ein Renormierungsschema in einem endlichen Volumen. Mittels dieses Schemas wird erreicht, dass sich die QCD hinsichtlich Simulierbarkeit -darunter wird numerische Formulierung (Interationstechniken) mit einem digitlaen Rechner zum Zwecke der Beobachtung von (meist) zeitlichen Abläufen verstanden- äusserst elegant darstellen läßt. Es wird soetwas wie eine finite Elemente Methode erreicht., heißt nach der Formulierung der Gleichungungen auf einem Gitternetz - hier sind die Konten Teillösungen, die Kanten die dahin führenden Berechnungsäste- wird eine nicht störungsabhängige Bestimmung skalarer Größen möglich. Eingetragen werden diese Ergebnisse ins das Schödinger Funktional Schema (SF).
ErläuterungAnmerkung: Es gilt an dieser Stelle anzumerken, dass es noch ein anderes Schema hier gibt: Das Momentum Substraction Scheme -MOM Schema genannt.
Beide Schemen sind masselos. Das hat zur Folge, dass ihre Renormierungskonstanten bei Quarkmassen = 0 berechnet werden. Damit in Konsequenz folgend: Dies ist stellt eine weitere Vereinfachung der Renormierungsgruppengleichungen (RGE) dar.
Dazu komme ich später noch.

Aber einens nach dem anderen:

Das Schrödinger Funktional

DIE Quantenfeldtheorie -in Betracht ziehe ich hier alle- fußt auf unendlich ausgedehnten vierdimensionalen Mannigfaltigkeiten. Wollen wir diese mit Hilfe eiens digitlaen Rechners -salopp Computer genannt- simulieren, erfordert dies eine diskrete Darstellung der beteiligten Gleichungssysteme.
ErläuterungAnmerkung: Solchees Vorgehen ist hinreichend bekannt bei Simulatoren für elektronische, mechanische, etc Vorgänge und wird angewandt in Werkzeugen der SPICE Serie, sowie auf bei mathematischen Werkzeugen wie MATLAB, SciLAB.
Ziel unseres Vorhabens:

QFT Formulierung in diskreter Form in einem endlichen Volumen

Dieses endliche Volumen wurde bereits vor einigen Jahren eingeführt:

Lüscher, M. and Narayanan, R. and Weisz, P. and Wolff, Ulli.
The Schrödinger Functional: A Renormalizable Probe for Non-Abelian Gauge Theories.
Nucl. Phys., B384:168–228, 1992.
(hep-lat/9207009).

Zuerst müssen wir uns klar werden, was dieses SF ist:

Formale Definition

Abgewandt wird die Yang-Mills Theorie (rein nicht-abelsch) über einer kontinuierlichen Raumzeit. Kann man prinzipiell quasi als f(t) verstehen.
ErläuterungAnmerkung: Auch eine strikte Darstellung der sogenannten Gitter regularisierten Theorie wäre hier anwendbar
Die Raumzeit in Zylinderkoords ist für ein festes Verhältnis vorgegeben. Darin ist T die Höhe des Zylinders, beschreibt die Ausdehnung im Raum, T gibt die zeitliche Richtung (Höhe des Zylinders) vor.

Wir vereinfachen bereits hier:

T = L

An den Zylinderrandflächen können die Diriclet Randbedingungen der Vektorpotenziale mit ihren Eichpotentialen angeschrieben. Die Raumindizierung ist 1, 2, 3, k, worin k die Richtung des Einheitsvektors bestimmt. Es werden an die Zeitkomponenten des Eichfelds keine Randbedingungen gestellt.

Nun wird kräftig gerechnet, worauf ich im Interesse der Leser verzichte :lol: .

Was erfahren wir als erstes?

Wir erfahren, dass das Schrödinger Funktional ein eichinvariantes Funktional der Rnadfelder ist.

Ach, ich schreib das SF der reinen Eichtheorie doch einmal hin:



Dann mit der Euklid Eichwirkung:




ErläuterungAnmerkung: ist das Haar Mass der Eichgruppe SU(N).
Ich gehe jetzt nicht weiter auf Gleichungssysteme ein, sondern versuche eine verbal Beschreibung des Schrödinger Funktionals.

Dieses SF ermöglicht die Schrödinger Darstellung als quantenmechanische Interpretation. Ich kann es auch so sagen: Das SF ist die quantenmechanische Übergangsamplitude von einem Zustand zu einem nächsten Zustand und noch präziser, wenn ich diesesn Satz vollende mit: innerhalb der Euklid'schen Zeit T.
ErläuterungErläuterung: Dieses hat durchaus eine Ähnlichkeit zum Übergang der Laplace Darstellung zur Darstellung mit der zugehörigen z-Transformierten.
Die erwähnten Zustände sind hier quantentheoretische Zustände einer Quanten Feld Theorie (QFT), welche das Wellenfunktional beschreiben. Man kann auch nach Eichung das Vektorpotential für deren (Zustände) der Raumkomponenten heranziehen.

Zusammenhang zur Quantenchromodynamik:

In der QCD entspricht dem farbelektrischen Feld in der Analogie zur Able U(1) Eichung die zeitkomponente des Feldstärketensors. Die erwähnten Zustände einer QFT sind alle eichinvariant.

Die renormierte oder auch laufende Kopplung

Memo: wir folgen nachwievor dem Weg der Diskretisierung zum Behufe eine Simulationsmöglichkeit mit einem Digitalrechner zu schaffen.

Die Definition einer laufenden bzw. renormierten Kopplung erfordert eine Göße, welche nur noch von der Skala abhängt. So ist die mengetische Feldstärke B skaliert mit 1/L. Damit können wir LB als schreiben, als einen dimensionslosen Zusammenhang.

Jetzt wird es wieder sehr kompliziert und zum Teil auch etwas undurchsichtig:
Es werden berechnet:
- Effektive Wirkung nicht störbedingt
- Kleine Kopplungen, dabei wird festgestellt, dass sich diese gegen die nackte Kopplung grenzwertmäßig nähern.
- Das Able Hintergrundfeld wird als besondere Wahl der SU(3) Gruppe herangezogen

und dann erhält man schliesslich einfache Gleichungen a) für das Hintergrundfeld und b) einen Feldstärketensor mit folgenden ungleich 0 Komponenten:




Ich denke mal, an dieser Stelle breche ich ab. Das ganze Verfahren wird jetzt sehr sehr umfangreich. Die QCD muss nun auf ein Gitter -finite Elemente- angepasst werden. Die starke WW muss eben im Rahmen des hier betrachteten SF durch neu einzufügende Quarks bzw. fermisonische Freiheitsgrade erweitert werden. S. Sint hat das als erster getan.
Sint, S.
On the Schr¨odinger Functional in QCD
Nucl. Phys., B421:135–158, 1994
(hep-lat/9312079)

Sint, S.
One Loop Renormalization of the QCD Schr¨odinger Functional
Nucl. Phys., B451:416–444, 1995
(hep-lat/9504005)

Dann muss man sehr vorsichtig sein mit der Formulierung der Dirichlet bedingungen für die Quarkfelder.

Grund dieser Problematik:
- Dirac Operator ist von erster Ordnung
- Das bedeutet, dass nur die Hälfte der Komponenten fermionischer Felder auf dem Rand (Dirichlet Bedingung!) festlegfähig.

Sind diese bedingungen nicht erreichbar, gibt es keine stabilen Lösungen der Dirac Gleichung!

Zur Beruhigung der Nerven: Man schafft es, aber es ist wiederum eine Frage der richtigen Eichbedingungen.

Denn: Im Gegensatz zu den periodischen Randbedingungen an die zugehörigen Eichfelder gilt für die fermionischen Felder:
Es werden periodische Randbedingungen (bis auf eine konstante Phase) benötigt.

Diese konstante Phase kann ungleich 0 angenommen werden und erweist sich so vorteilhaft für die Monte Carlo Simulationen.

Grund: Die Eigenwerte der Fermionenmatrix sind empfindlich auf den Phasenwinkel. Ferner hängt deren Invertierung vom Verhältnis des höchsten zum niedrigsten Eigenwert ab.
ErläuterungAnmerkung: Auch lässt sich das erreichen, wenn diese Phase in den Ableitungsoperatoren auftreten.
Ist man soweit gekommen, dann kann die bereits erwähnte Formulierung der QCD auf dem Rechengitter angepackt werden.

Beschrieben in:

Wilson, K.G.
Confinement of Quarks
Phys. Rev., D10:2445–2459, 1974

- Definition der Gitterpunkte auf x (Quarkfelder und )
Diese besitzen Dirac- Farb- und Flavour- Indizes

- Eichfeld Darstellung mittels Feld von SU(3) Matrizen: U(x, )
- Berücksichtigung der Raumzeitrichtung zwischen den Gitterpunkten (wird auch in der Literatur link genannt). Der link stellt die Verknüpfung nächster Nachbarpunkte dar sowie die Paralleltransporter des Gitters.

- Formulierung der Linkvariables
ErläuterungAnmerkung: Der zu einem beliebigen Weg auf dem Gitter gehörende Paralleltransporter wird mit linkvariablen beschrieben. Die Menge aller zugehörigen linkvariablen bildet das Gittereichfeld
- Die Eichwirkung muss untersucht (Eichinvarianz muss erreicht werden) und formuliert werden.
ErläuterungAnmerkung: Eichinvariante Größen stellen sich hier dar als Spur eiens Produktes von links entlang einer geschlossenen Kurve auf dem Gitter.
Die kleinst mögliche geschlossene und orientierte Kurve heißt in der Fachwelt Plakette
Wilson konnte so für die reine Gitter Eichtheorie eine Gitter Eichwirkung darstellen. Und diese wird dann auf der oben etwas ausführlicher beschreibene SF angewandt.

Und wer hat's gemacht?

nein, nicht die Schweizer!! Wilson hat's gemacht! (Literatur oben genannt).

Erfolg: Er erhält Eichfelder im Schrödinger Funktional.

Warum? Die Randbedingungen für die erwähnten Gitter Eichfelder werden aus den Kiontinuumswerten durch Bildung zugehöriger Paralleltransporter erhalten. Diese Randbedingungen führen wie im Kontinuum -bis auf eine Eichtrafo- eindeutige wirkungs minimierte Konfiguration (Hintergrundfeld) .

So, aber jetzt endgültig. Diese ganze Prozedur tät jeden Rahmen eines Forums bei weitem sprengen.

Ich wollte ja auch nur einmal an diesem Beispiel zeigen, wie sich die Renormierung darstellt und auch, wie unendlich schwer diese handzuhaben ist.

Das Thema von Tom ist das wohl schwerste -für mich zumindest-, was hier im Forum diskutiert wurde.

Netten gruß

Wilfried


Netten Gruß

Wilfried
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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von tomS » 30. Mär 2010, 22:45

Ich versuche, das Thema wieder anschaulich fortzuführen ...

...leider geht es nicht ganz ohne Formeln

Wir hatten zuletzt einige physikalische Konsequenzen der Renormierung besprochen: So wird z.B. eine Massens- (oder Längen-) skala eingeführt. Auch in Theorien wie der QCD, die klassisch betrachtet überhaupt keine Längenskala haben (!), tritt in der quantisierten und renormierten Version eine (neue) typische Längenskala auf, die man z.B, bei der typischen Größe der stark wechselwirkenden Hadronen (Proton, Neutron, ...) wiederfindet. D.h. dass sie Skaleninvarianz der Theorie gebrochen ist! Diese Effekte sind z.B. sehr gut untersucht für die tiefinelastische Elektron-Proton-Streuung, bei der die QCD Korrekturen praktisch alle aus Renormierungsgruppengleichungen folgen.

Ein Aspekt, den ich mit der effektiven Masse bereits angedeutet habe ist, dass sowohl Massen als auch Kopplungskonstanten der Theorie skalenabhängig werden. In der QCD findet man z.B. die sogenannte running coupling constant; dahinter verbirgt sich die Aussage, dass die Kopplungskonstante der starken Wechselwirkung energieabhängig wird, d.h.



wobei für das Quadrat einer Energie (bzw. eines Viererimpulses) steht, bei der ein Prozess stattfindet, z.B. also die Schwerpunktsenergie einer Teilchenkollision.

Man kann diese Energieabhängigkeit störungstheoretisch berechnen und findet



Graphisch sieht dies wie folgt aus:
alpha.JPG
Was bedeutet dies nun?

Betrachten wir zunächst den Bereich für große Q². Hier ist die Kopplungskonstante offensichtlich viel kleiner als 1. Eine Entwicklung physikalischen Größen in eine Reihe der Form



ist hier sinnvoll, die Terme werden schnell sehr klein, d.h. die ersten wenigen Terme liefern bereits sehr gute Ergebnisse; die Störungsrechnung ist hier in guter Näherung gültig. Für wird das klassische Ergebnis sogar exakt, denn es gilt . In diesem Grenzübergang verschwindet die Kopplungskonstante, die Theorie ist asymptotisch frei. Für sehr große Energien kann die QCD somit als eine Theorie wechselwirkungsfreier Quarks angenähert werden. Dies ist auch der Grund, warum das naive Quark-Modell ohne Quantenkorrekturen überhaupt so gut funktionieren konnte.

Für kleinere Q² wird . Man erwartet hier, dass die Störungsrechnung nicht mehr gültig ist, da die o.g. Reihenentwicklung schlecht konvergiert und man sehr hohe Terme berechnen müsste (oder die Reihe sogar divergiert). Für noch kleinere Q², bei ca. 217 MeV divergiert selbst. Diese Berechnung ist nur noch qualitativ zu betrachten, denn diese Divergenz wird mit mathematischen Methoden untersucht, die in diesem Bereich eben wegen der Divergenz eigentlich nicht mehr gültig sind. Man erhält jedoch eine gute Abschätzung für die typische Skala . Damit ist interessanterweise ein neuer, dimensionsbehafteter Parameter in der Theorie aufgetreten. Dieser Parameter ist tatsächlich der einzige freie (experimentell zu bestimmende) Parameter der Theorie, denn er bestimmt die Wechselwirkungsstärke abhängig von der betrachten Energieskala.

Betrachten wir nochmals die erste Gleichung für die Kopplungskonstante und dabei insbs den Term . Dies bedeutet, dass die asymptotische Freiheit der Quantenchromodynamik nur gilt, wenn die Theorie höchstens 16 Quarks-Flavours enthält (ggw. geht man sechs aus: up, down, strange, charm, bottom, top - in der Reihenfolge ihrer Entdeckung).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass mittels Renormierungsgruppengleichungen und Störunsgtheorie in bestimmten Energiebereichen sehr gute = experimentell gut bestätigte Ergebnisse erzielt werden können. Voraussetzung ist, dass die effektive Kopplungskonstante klein ist, d.h. dass die Störungstheorie, mittels derer man diese Ergebnisse berechnet, auch tatsächlich anwendbar ist. Die Anwendbarkeit bzw. Konsistenz der Störungstheorie setzt zudem voraus, dass die Kopplungskonstante klein bleibt, auch wenn man Quantenkorrekturen miteinbezieht. Höhere Terme in der Störungsreihe führen ja zu weiteren Korrekturen in der Energieabhängigkeit der Kopplungskonstanten. Man hat es also mit der Selbstkonsistenz des gewählten Verfahrens zu tun.

In der nächsten Zeit werden ich diese Selbstkonsistenz nochmals betrachten und dabei auf die Anwendbarkeit (oder das Scheitern) im Rahmen der Quantengravitation eingehen ...
Gruß
Tom

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Re: Renormierung und Gravitation

Beitrag von tomS » 13. Apr 2010, 10:21

Hallo zusammen,

kurze Nachfrage: der Titel dieses Threads heißt ja Renormierung und Gravitation; euch ist schon aufgefallen, dass wir sehr viel über Renormierung und nur sehr wenig über Gravitation diskutiert haben? Die Aussage zu Beginn war ja, dass sich diese Methoden nicht auf die Gravitation anwenden lassen, da diese (störungstheoretisch) nicht-renormierbar ist. Was nun, wenn es da doch einen Ausweg gäbe?

Weinberg (und Kollegen) verfolgt seit einigen Jahren einen Weg der sogenannten Asymptotic Safety. Dabei verfolgt er im wesentlichen das Ziel, zu zeigen, dass ein gewisser verallgemeinerter Renormierungsbegriff im Falle der Gravitation doch anwendbar ist. Der Begriff leitet sich von Asymptotic Freedom der QCD ab; zur Erinnerung: dabei handelt es sich um das Phänomen, dass hochenergetische Quarks näherunsgweise als freie Teilchen betrachtet werden dürfen. Die Theorie hat einen sogenannten trivialen UV-Fixpunkt, d.h. die Kopplunsgkonstante der QCD verschwindet für unendliche Energie, d.h. die Wechselwirkung zwischne Quarks un Gluonen verschwindet. Weinberg vermutet nun, dass im Falle der Gravitation ein nicht-trivialer UV-Fixpunkt vorliegt. Dabei sollten zumindest nur endlich viele der unendlich vielen möglichen Kopplungskonstanten der Gravitation übrigbleiben - und diese sollten alle einen endlichen Wert annehmen.

Wenn Weinberg recht hätte, dann wäre die Gravitation in diesem Sinne quantisierbar, und zwar ohne Umwege über LQG, CDT, Strings usw. ... Interessiert?
Gruß
Tom

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