Hinweis auf die DSGVO: Auf unserer Seite werden keine Dritt-Anbieter-Cookies verwendet und nur Daten erfasst, welche für das Minimum an Board-Funktionalität notwendig sind.
Bevor Sie sich registrieren oder das Board verwenden, lesen Sie bitte zusätzlich die DSGVO-Erklärung, welche in der Navigationsleiste verlinkt ist.

Kurzfassung der unserer Meinung nach wichtigsten DSGVO-Punkte:
Es kann vorkommen, dass Benutzer eigenverantwortlich Videos oder sonstige Medien in ihren Beiträgen verlinken, welche beim Aufruf der Forenseite als Teil der Seite samt zugehörigem Material mitgeladen werden. Sollten Sie dies nicht wünschen, verwenden Sie beim Benutzen des Forums einen Blocker wie z.B. uMatrix, welcher das Laden von Inhaltsblöcken von Fremd-URLs effektiv unterbinden kann.
Wir blenden keine Werbung ein und schränken die Inhalte in keinster Weise bei Benutzung von Addblockern ein. Dadurch ist die Grundfunktionalität des Forums auch bei vollständigem Blockieren von Drittanbieter-Inhalten stets gegeben.

Cookies werden unsererseits nur verwendet um das Einloggen des Benutzers für die Dauer der Forenbenutzung zu speichern. Es steht dem Benutzer frei die Option 'Angemeldet bleiben' zu verwenden, damit der Cookie dauerhaft gespeichert bleibt und beim nächsten Besuch kein erneutes Einloggen mehr notwendig ist.
EMail-Adressen werden für Kontakt bei wichtigen Mitteilungen und zur Widerherstellung des Passwortes verwendet. Die verwendeten IPs können von uns ohne externe Hilfsmittel mit keiner realen Person in Verbindung gebracht werden und werden nach spätestens 7 Tagen gelöscht. Diese IPs werden höchstens verwendet um Neuanmeldungen unerwünschter oder gesperrter Nutzer zu identfizieren und zu unterbinden. Wir behalten uns daher vor bei Verdacht, die Frist für die IP-Löschung auf maximal 14 Tage zu verlängern.
Unsere Webseite läuft auf einem virtuellen Linux-Server, welcher von einem externen Anbieter gehostet wird. Etwaige Verstöße der DSGVO-Auflagen seitens dieses deutschen Hosters können wir nicht feststellen und somit auch nicht verfolgen.
Wir halten Backups unserer Datenbanken, welche in regelmäßigen Abständen als Schutz vor Katastrophen, Hackerangriffen und sonstigen Ausfällen erstellt werden. Sollte ein Nutzer die Löschung seiner Daten wünschen, betrachten wir es als Unzumutbar die Backups auch von den Daten zu befreien, da es sich hierbei um eine mehrtägiges Unterfangen handelt - dies ist für eine Einzelperson beim Betrieb eines privaten Forums nicht zumutbar möglich ohne das Backup komplett zu löschen.
Sollten Sie etwas gegen die dauerhafte anonyme Speicherung ihrer EMail-Adresse, ihres Pseudonyms und ihrer Beiträge in einem Backup haben, sehen Sie von der Registrierung in diesem Forum ab. Für Mitglieder, welche vor dem 25.05.2018 registriert waren steht jedoch das Recht im Raum, eine Löschung der Datenbank-Backups zu beantragen.



Wenn dies Ihr erster Besuch hier ist, lesen Sie bitte zunächst die FAQs sowie die wesentlichen Regeln zur Benutzung des Forums.
Um an den Diskussionen teilnehmen zu können, müssen Sie sich zunächst registrieren.

Das mathematische Universum

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
Benutzeravatar
wilfried
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2071
Registriert: 20. Aug 2006, 10:18
Wohnort: Mitten druff auf d'r Alb
Kontaktdaten:

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 27. Jan 2011, 10:50

Ich glaube nicht, dass wir uns im Kreis drehen.

Du schreibst ja selber als Konsequenz des zitierten Arikels:
Tegmark folgert, dass jede konsistente mathematische Struktur einfach eine Realität IST ...
Ich wollte das ja nur mittragen, nur ein wenig anders begründen.

Nun, ob Tegamark mit seinem Artikel der Paralleluniversen richtig liegt oder nicht, ist hier nicht zu diskutieren, ich meine es ist auch für die Fragestellung "Mathematisches Universum" nicht wesentlich.

Wesentlich ist, ob das Universum -die Natur- mathematisch modellierbar sein kann. Dieser Schwerpunkt war mein Tenor in der Beantwortung. Ich habe aber den Eindruck, dass Du die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Ansichten darüber hast, wie ich.

Gruß

Wilfried
Die Symmetrie ist der entscheidende Ansatz Dinge zu verstehen:
-rot E - dB / (c dt) = (4 pi k ) / c
rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 27. Jan 2011, 11:27

Wilfried, ich will (zunächst) gar nicht darüber diskutieren, ob und wo wir uns einig sind (wir sind uns sicher an vielen Stellen einig), ich möchte (zunächst) auch gar nicht die Richtigkeit von Tegmarks Hypothese diskutieren, sondern als aller Erstes ein Grundverständnis für die zentralen Fragestellungen herstellen. Ich fasse das mal zusammen:

Frage: Warum ist die physikalische Realität überhaupt mathematisch modellierbar?
Idee: die bisherige Hypothese der physikalischen Existenz und deren nachgelagerten mathematischen Beschreibung wird durch die Hypothese der ausschließlich mathematischen Existenz ersetzt, d.h. dass es keine physikalische Realitäten gibt, die über die mathematische Strukturen hinausgehen
Neue Frage: Wie kann eine mathematische Struktur physikalisch existieren?

Ich sage gar nicht, dass dieses Herumdrehen richtig ist, aber es ist ein interessanter Gedanke, der die ursprüngliche Frage automtisch löst: Die Natur ist deswegen mathematisch beschreibbar, weil sie reine Mathematik IST
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
wilfried
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2071
Registriert: 20. Aug 2006, 10:18
Wohnort: Mitten druff auf d'r Alb
Kontaktdaten:

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 27. Jan 2011, 11:41

Tag Tom
Neue Frage: Wie kann eine mathematische Struktur physikalisch existieren?

Ich sage gar nicht, dass dieses Herumdrehen richtig ist, aber es ist ein interessanter Gedanke, der die ursprüngliche Frage automtisch löst: Die Natur ist deswegen mathematisch beschreibbar, weil sie reine Mathematik IST
hmm, das sehe ich nicht! Die Natur kann keine Mathematik sein.

Mathematik ist eine geistige Formulierung von Lebewesen zum Zwecke der Darstellung naturgebundenen Geschehens

Die Natur kennt keine Naturwissenschaft, kennt keine Hilfmittel.

Was wir allerdings vermuten ist, dass es eine sehr gute Näherung mathematisch formulierter Modelle an die Natur gibt und die Natur mit Hilfe dieser modllhaften Formulierungen hinreichend genau wiedergegeben wird.

Solche Formulierung wäre m.E. in Ordnung und auch sinnvoll.

Damit verbunden ist dann der Fragenkomplex:

Wie weit kann eine solche mathematische Nachbildung gehen, welchen Grad der Exaktheit lässt sich erreichen?

Gruß

Wilfried
Die Symmetrie ist der entscheidende Ansatz Dinge zu verstehen:
-rot E - dB / (c dt) = (4 pi k ) / c
rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 27. Jan 2011, 12:35

Du musst da einen Paradigmenwechsel vornehmen.

Stichwort Platon's Ideenwelt: Es gibt "den idealen Kreis" als Idee, dem alle realen Kreise ähneln, ihm aber nicht entsprechen. Die Frage ist nun, warum erkennen wir einen realen Kreis als Kreis (obwohl er kein idealer Kreis ist); was haben alle diese realen Kreise gemeinsam? Nun, sie haben offensichtlich teil an dem idealen Kreis, sie sind ein (nicht perfektes) Abbild.

Dieser Gedanke, die Welt der Ideen als real existierend und insbs. auch höherwertig als die realen Objekte anzusehen war prägend für Platon sowie große Teile der griechischen und römischen Philosophie. Aristoteles sowie insbs. die katholischen Theologen im Hochmittelalter haben diese Gedankengebäude eher abgelehnt. Endgültig zusammengebrochen ist es mit der Aufklärung, philosophischen Richtungen wie Pragmatismus, Empirismus, Phänomenologie und Existenzialismus. Aber in der Mathematik ist der Platonismus aus guten Gründen weiterhin verbreitet, ich komme später nochmal darauf zurück.

Was Platon nicht konnte war, die Art der Teilhabe, der Beziehung zwischen idealem und realem Kreis hinreichend zu erklären. Daran scheitert er letztlich. Man kann nun zwei gegensätzluche Denkbewegungen durchführen: man kann die Welt der Ideen vollständig ablehnen und sich rein auf die Sachen konzentrieren (z.B. Materialismus), oder man kann in der Mathematik den Bezug zur Realität leugnen; die Mathematiker können z.B. mit Platon auch dann Mathematik betreiben, wenn diese KEINEN Bezug zur Realität hat.

Tegmark führt nun eine dritte Denkbewegung ein. Anstatt die Welt der Ideen abzulehnen und sich nur auf die Sachen zu konzentrieren, lehnt er die Sachen als eigenständige Entität ab und erklärt die (mathematische, platonische) Idee als das Ein und Alles. Es gibt keine darüberhinausweisende reale Existenz. Insofern ist unser UNiversum eine in sich geschlossene (und konsistente) mathematische Struktur - und nicht mehr! Die Struktur ist ALLES, was es gibt.

Jetzt sag nicht, dass das nicht geht! Wehre dich nicht dagegen. Versuche erst mal, die revolutionäre Idee zu verstehen (noch ohne sie zu akzeptieren). Sie ist nämlich noch revolutionärer, als es zunächst den Anschein haben mag!
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
wilfried
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2071
Registriert: 20. Aug 2006, 10:18
Wohnort: Mitten druff auf d'r Alb
Kontaktdaten:

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 27. Jan 2011, 12:46

Tag Tom
Jetzt sag nicht, dass das nicht geht! Wehre dich nicht dagegen. Versuche erst mal, die revolutionäre Idee zu verstehen (noch ohne sie zu akzeptieren). Sie ist nämlich noch revolutionärer, als es zunächst den Anschein haben mag!
mache ich nicht! Natürlich muss man neuartige Ansätze erst einmal lernen zu verstehen und sich dort hineinversetzen.

Diese hier aufgeführte Stellung der Mathematik ist für mich provokant.

Jetzt bitte ich Dich aber um Verständnis, denn ich muss los (Forschung ruft) und bin dann erst mal wieder für eine ganze Weile nicht mehr im Forum. Wir halten diese Diskussion aber offen, wird aber ein wenig dauern, bis ich sie mit Dir fortsetzen kann.

Auf alle Fälle ist das ein sehr interessantes und aufregendes Thema um die philosohpische Seite der Mathematik. Macht echt Spass. Also denne, bis später wieder.

Gruß

Wilfried
Die Symmetrie ist der entscheidende Ansatz Dinge zu verstehen:
-rot E - dB / (c dt) = (4 pi k ) / c
rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 27. Jan 2011, 21:27

Ich möchte noch eine Behauptung aufstellen:

Auf so eine Idee kann nur ein Mensch kommen, der sich sehr viel mit Mathematik beschäftigt.

Worauf will ich hinaus?
Es ist eine bestimmte Perspektive die Welt zu sehen - und sicherlich nicht die einzig konsistent mögliche.
Wenn aber mehrere konsistente Sichtweisen existieren, dann kann keine davon vollständig sein, es sei denn alle sind letztendlich identisch.

Worin der Wert dieser Ansicht liegt ist uns wohl inzwischen klar: Er kann zwanglos erklären, dass sich die Welt mathematisch beschreiben lässt, weil sie Mathematik IST.
Es dürfte auch Einigkeit darüber herrschen, dass sich diese These nicht beweisen lässt, höchstens widerlegen.

Deshalb möchte ich auch in eine weitere Richtung fragen: Gibt es außer dieser Befriedigung noch weitere Folgerungen (für uns)? Welchen Wert hätte diese Sichtweise für uns? Diese Fragen erscheinen mir einer weiteren Erörterung wert.

Ansonsten sehe ich das Problem mit dem Zufall immer noch nicht befriedigend geklärt.
Denn: Wenn man ein einzelnes Zufallsereignis hat, dann kann man keine sinnvolle Stochastik betreiben - oder?
Echter Zufall bedeutet Wirkung ohne Ursache. Wie soll so etwas in das, was wir heute "Mathematik" nennen, hineinpassen?
Wie passt das Strukturlose in ein mathematisches Multiversum aller möglichen Strukturen?

Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 27. Jan 2011, 23:11

Letztlich ist es ein Weiterdenken des anthropischen Prinzips. Nehmen wir an, die Stringtheorie hätte eine einheitliche mathematische Grundlage, aber eben unzählige Lösungen von denen eine unserem Universum entspricht. Dann können wir fragen, warum wir gerade in diesem speziellen Universum (also in dieser Lösung) leben, alle anderen wären doch auch möglich. OK, bis hierher alles bekannt.

Man kann nun aber auch fragen, warum gerade in dieser Theorie? Gibt es nicht auch andere mögliche und konsistente Theorien? Natürlich, z.B. gibt es mehrere nachweislich konsistente und lösbare Theorien der Quantengravitation, allerdings in drei Dimensionen. Genauso wie wir eben zufällig in einer von vielen Lösungen einer speziellen Theorie leben, leben wir auch zufällig in einer von vielen möglichen Theorien ...
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 28. Jan 2011, 01:32

Ja, das anthropische Prinzip... Das ist wirklich eine sehr spannende Sache!

Du darfst die Frage sogar noch spezieller stellen: Warum lebst DU gerade in diesem speziellen Universum?
Das aber nur am Rande...

Der Hintergrund, den ich sehe, ist der:

Je mehr wir über unser Universum erfahren, desto mehr verdichtet sich die Erkenntnis, dass wir wirklich in einem extrem speziellen Universum leben.
Ein Universum, welches sich nur in extremen Winzigkeiten von unserem Universum unterscheiden würde, würde mit Sicherheit kein intelligentes Leben hervorbringen - zumindest kein Leben, so wie wir es verstehen.

Für die Lösung dieses Problems sehe ich nur die folgenden Antworten:

1. Es gibt (oder gab) eine Unzahl von Universen, in der alle Möglichkeiten durchgespielt werden, sodass auch unsere dabei ist.
2. Es gibt weit mehr Möglichkeiten für die Entstehung von intelligentem Leben als wir uns erträumen können.
3. Das Universum ist absichtlich so gemacht, dass es intelligentes Leben hervorbringen muss.
4. Das Universum entwickelt sich (incl. Naturgesetze u. Konstanten) notwendig so, dass es intelligentes Leben hervorbringen muss.


Weitere Möglichkeiten sehe ich nicht!
Der Zufall kann als Erklärung definitiv ausgeschlossen werden, falls es nur unser eines Universum gibt (und gab), da die Wahrscheinlichkeit dafür gegen Null geht.
Selbst wenn unser Universum unendlich wäre, so würde das dennoch nicht seine einzigartige und dennoch einmalige mathematische Struktur erklären.

Da ich an Möglichkeit Nr. 2 nicht glaube (ich kann dafür keine Hinweise erkennen), bedeutet das:

Wenn wir keinen wie auch immer gearteten Schöpfergott (oder ein verborgenes Prinzip, das notwendigerweise zu intelligentem Leben führt) postulieren wollen, so sind wir gezwungen an ein wie auch immer geartetes Multiversum zu glauben!
Eine recht beunruhigende Variante der Möglichkeit "Schöpfergott" wäre dabei noch die, dass wir in einer Simulation leben, die von einer Superzivilisation geschaffen wurde und die ein komplettes Universum simuliert.

An genau diesem Punkt hört vermutlich Wissenschaft und auch Philosophie auf und fängt Glaube an. (Auch der Glaube an den Zufall ist letztendlich auch "nur" ein Glaube.)
Das bedeutet: Falls wir keine weiteren Fakten herbeischaffen können, müssen wir als wissenschaftlich orientierte Menschen ab hier schweigen.


Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 28. Jan 2011, 08:06

Bemerkung am Rande: ich glaube schon an Gott, aber sicher nicht an den Schöpfergott aus der Bibel.

Ich denke, dass die Menschheit seit Jahrhunderten lernt, dass sämtliche anthropozentrischen Systeme sich letztlich als falsch herausstellen:
Mensch als Krone der Schöpfung => Darwin & Evolution
Erde im Mittelpunkt des Universums => Sonne ... => Milchstraße ... => Galaxien => unendliches Universum, ewige Inflation, Multiversum, ...
Stringtheorie / Landscape
Mathematisches Universum
...

Letztlich wurde die Suche nach Einheitlichkeit, besonderer Auszeichnung eines Ortes, von Eigenschaften etc. immer wieder widerlegt.

Zur Landscape in der Stringtheorie: man muss nicht an die Stringtheorie glauben, um an eine Landscape glauben zu können. Es gibt unendlich viele (konsistente) und ganz normale Eichtheorien mit und ohne SUSY, die realisiert sein könnten - aber hier bei uns nicht realisiert sind. Die Frage, warum wir gerade unser Standardmodell sehen, ist letztlich nicht beantwortbar. Die Stringtheorie stellt hier zumindest einen einheitlichen Rahmen dar, aus dem sich diese verschiedenne Strukturern ergeben und sie legt zumindest einige Kriterien fest, welche Theorien sich nicht ergeben können (es ist nicht ALLES möglich). Das ist ein großes Verdienst der Theorie, auch wenn sie noch andere Defizite aufweist.

Und nun erscheint es logisch, zu fragen, warum gerade die Stringtheorie. Es scheint so zu sein, dass sie ein Framework darstellt, eine Metatheorie, innerhalb derer Eichtheorien und Gravitation harmonisiert werden. Aber in einer Welt z.B. ohne Gravitation bräuchte man die Stringtheorie nicht, es gäbe viele andere Alternativen, die mathematisch ebenfalls konsistent wären. Anstatt nun diese Theorien auszuschließen (ohne zu wissen warum), lässt die Hypothese des mathematsichen Universums diese explizit zu, und weist uns lediglich einen besonderen Platz in einer besonderen Theorie zu, ohne gerade diese Theorie dadurch auszuzeichnen. Das ist letztlich so wie die Frage, warum ich in Nürnberg lebe; für mich ist das etwas spezielles, aber dadurch ist die Möglichkeit meiner Existenz in anderen Städten ja nicht ausgeschlossen, ich könnte auch woanders leben; für Nürnberg als Stadt ist das also nichts spezielles. Wir verwechseln hier die Bezugsebenen. Ein anderes Beispiel wäre der Mensch als Krone der Schöpfung: aus unserer subjektiven Sicht ist es natürlich etwas besonderes, dass wir Menschen und keine Fadenwürmer sind, aber aus Sicht der Evolutiosnbiologie ist der Mensch eben nicht ausgezeichnet, sondern nur eine Möglichkeit unter vielen. Diesen Perspektivwechsel müssen wir evtl. auch bzgl. der Frage nach der einheitlichen und eindeutigen (oder eben nicht-eindeutigen) "Theorie von Allem" akzeptieren.

Fazit: Wenn wir also akzeptieren, dass es auch anders sein könnte, weil wir kein Selektionsprinzip kennen, wodurch begründet wird, dass es genauso sein muss, wie es ist, dann ist es immer natürlicher, an die Gesamtheit aller Möglichkeiten zu glauben (sowie an eine Zufall, dass gerade eine bestimmte realisiert ist), als an eine Einschränkung dieser Möglichkeiten zu glauben, wobei diese Einschränkung nicht rational sondern nur religiös, mythisch oder sonstwie künstlich erscheinen würde. Die Konsequenz ist, dass wir entweder ein Selektionsprinzip finden, das nun aber eben nicht nur innerhalb einer mathematisch formulierten Theorie eine bestimmte (unsere) Lösung dieser Theorie selektiert, sondern das sogar diese Theorie aus der Gesamtheit aller möglichen Theorien selektiert, oder dass wir in Ermangelung eines derartigen Prinzips an die Geamtheit der mathematischen Theorien als möglicher Theorien für mögliche Universen glauben und keine Möglichkeit künstlich bevorzugen.

Damit löst die Hypothese des mathematischen Universums evtl. sogar zwei Probleme, nämlich a) die Frage, warum unser Universum mathematisch beschreibbar ist, weil es pure Mathematik IST, sowie b) die Frage, warum wir gerade diese Theorie wahrnehmen, weil es eben zufällig so passiert ist.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 28. Jan 2011, 10:22

Ich stimme größtenteils zu. (Wobei ich aber der Meinung bin, dass die Existenz von irgendeinem intelligenten Leben ein Universum eben doch auszeichnet.)

Was ich noch besser herausstellen will:

Wenn wir den Zufall als Urgrund retten wollen, dann können wir nicht nur so vorgehen (wie du zuletzt sagst), sondern wir müssen!

Das wäre meine obige Möglichkeit Nr.1.

Was mir dabei aber wichtig ist:

Wenn wir so vorgehen, dann werden da auf einen Schlag unzählige Universen postuliert. Wenn man dies tut, dann macht man einen Sprung, der um nichts besser ist, als zu sagen, dass das Universum notwendig oder absichtlich da wäre.
Wir dürfen also nicht glauben, dass das Festhalten am Zufall an diesem Punkt irgendwie "wissenschaftlicher" wäre als die anderen Möglichkeiten.

Noch weiter gefragt:
Warum sollen eigentlich nur die konsistenten mathematischen Strukturen real existieren, warum nicht auch gleich noch die nicht-konsistenten?
Müssen wir da nicht auch eine Art Logos annehmen, welches hinter all dem schwebt und genau dies verhindert?


Grüße
seeker
Zuletzt geändert von seeker am 28. Jan 2011, 11:58, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 28. Jan 2011, 11:05

seeker hat geschrieben:Noch weiter gefragt:
Warum sollen eigentlich nur die konsistenten mathematischen Strukturen real existieren, warum nicht auch gleich noch die nicht-konsistenten?
Müssen wir da nicht auch eine Art Logos annehmen, welches hinter all dem schwebt und genau dies verhindert?
War mir klar, dass du das fragen würdest ;-)

Keine Ahnung. Wenn wir ehrlch sind, können wir physikalisch noch einigermaßen veranshcaulichen, wie ein Multiversum denn aussehen könnte - immer unter der Annahme, dass es in den anderen Universen zumindest nich soetwas wie Raum und Zeit gibt; wenn das nicht mhr zutrifft, dann wird's schon schwierig.

Wir haben jedoch keine Ahnung davon, was es beudeutet, dass Existenz rein mathematisch ist, weil wir aus unserer Froschperspektive die Mathematik als Beschreibung der Wirklichkeit sehen, und nicht umgekehrt die Wirklichkeit als (unperfektes) Abbild einer mathematischen Struktur. Umsoweniger können wir uns die Existenz einer inkonsistenten mathematischen Struktur vorstellen (wie soll ich mir ein Universum vorstellen, in dem ich, wenn ich zwei Äpfel kaufe, nicht genausoviele Äpfel habe, wie wenn ich zweimal einen Apfel kaufe?).
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 28. Jan 2011, 12:13

Da hast du recht.
Und deshalb ist das Konzept eines mathematischen Universums letztendlich genauso eine Sackgasse, wie all die anderen Denkrichtungen.
Am Ende kommen wir immer an eine Grenze, die sich nicht überschreiten lässt und wo wir bekennen müssen:

Ich weiß, dass ich nichts weiß! Nicht einmal das weiß ich!

Es gibt letztendlich kein Wissen. Alles was es gibt, ist letztendlich nur Vertrauen und begründbare Vermutung.

Davon ausgehend stellt sich irgendwann nicht mehr die Frage der Wahrheit, sondern die der Nützlichkeit einer These.

Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 28. Jan 2011, 12:24

Nicht ganz so nihilistisch.

Ich denke, wir müssen auf größeren Zeitskalen denken. Von der Newtonschen Physik zu Einstein hat es einige hundert Jahre gedauert. Was wir jetzt diskutieren, ist vielleicht der Ansatz dessen, was in 1000 Jahren spruchreif wird. Natürlich magst du recht haben und es kann sein, dass wir an eine prinzipielle Grenze der Erkenntnis stoßen werden - nur, da es sich um eine prinzipielle Grenze handelt, können wir sie eigentlich gar nicht erkennen (so wie ein blinder Fleck). Wenn wir also glauben, sie erkannt zu haben, wissen wir damit gleichzeitig, dass wir sie eben doch nocht nicht erreicht haben ...

Also nicht verzagen
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
wilfried
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2071
Registriert: 20. Aug 2006, 10:18
Wohnort: Mitten druff auf d'r Alb
Kontaktdaten:

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 29. Jan 2011, 09:42

Tag zusammen

Tom sagt:
Die Konsequenz ist, dass wir entweder ein Selektionsprinzip finden, .... die Geamtheit der mathematischen Theorien als möglicher Theorien für mögliche Universen glauben und keine Möglichkeit künstlich bevorzugen.

Damit löst die Hypothese des mathematischen Universums evtl. sogar zwei Probleme, nämlich a) die Frage, warum unser Universum mathematisch beschreibbar ist, weil es pure Mathematik IST, sowie b) die Frage, warum wir gerade diese Theorie wahrnehmen, weil es eben zufällig so passiert ist.
seeker sagt:
Und deshalb ist das Konzept eines mathematischen Universums letztendlich genauso eine Sackgasse, wie all die anderen Denkrichtungen.
Am Ende kommen wir immer an eine Grenze, die sich nicht überschreiten lässt und wo wir bekennen müssen:

Ich weiß, dass ich nichts weiß! Nicht einmal das weiß ich!

Es gibt letztendlich kein Wissen. Alles was es gibt, ist letztendlich nur Vertrauen und begründbare Vermutung.
In der gesamten Diskussion kommt doch klar zum Ausdruck (jedenfalls für mich):

Wir trennen Mathematik von Mathematischem Universum und beschäftigen uns mit letzterem. Und hier stört mich dieses Wörtchen real:
wieso eine mathematische Struktur physikalisch real existiert.
Die Mathematik ist der Breschreibung eines Universum dienlich. Sie sagt, was mathematisch lösbar ist, also sein darf und lässt damit viele Dinge zu, die eventuel physikalisch wenig glaubhaft (ich sage extra nicht: sinnvoll!) sind.

Die Mathematik sagt aber keinesfalls, was existentiell , oder anders gesagt: durch die Natur manifestiert ist.

Insofern ist das mathematische Bild eines Universums ein philosophisches Gebäude, welches nach ihren-eben aus dieser mathematk genutzten Freiheiten- Gesetzen und Freiheitsgraden heraus mathematisch existent ist.

Wenn wir uns auf mathematisch real oder mathematisch existent einigen können, dann bin ich bei Euch und akzeptiere die Beiträge.

Ansonsten kann ich das nicht, auch wenn dies nun ein wenig bocksteifig klingt.

Netten gruß

Wilfried
Die Symmetrie ist der entscheidende Ansatz Dinge zu verstehen:
-rot E - dB / (c dt) = (4 pi k ) / c
rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 30. Jan 2011, 12:10

@Tom: Ja. Aber keine Sorge, so nihilistisch bin ich ja gar nicht eingestellt...
Ich würde eher sagen: Ich pflege einen ausgeprägten Skeptizismus (ich finde damit fährt man am besten) mit deutlichen Sympathien für einen Idealismus und auch Sympathien für fernöstliches Gedankengut (wie z.B. Buddhismus).

@Wilfried:
Ich kann deine Bedenken verstehen.
Tegmark schlägt wirklich allen Ernstes vor, dass die einzig wirkliche Realität eine mathematische wäre, dass es also NUR Mathematik gibt. Unsere sichtbare Welt wäre demnach nur ein Schatten davon - wobei eine solche "Mathematik" m. E. nicht mehr unsere Mathematik sein kann und deshalb mit dem Namen "Mathematik" vielleicht irreführend bezeichnet ist.

Ich glaube auch, dass wir uns nach diesem Höhenflug an die äußersten Grenzen wieder in Sphären begeben wollen, wo man überhaupt noch weitere Aussagen machen kann.
Zu den Grenzen scheint mir das Wichtigste inzwischen auch gesagt zu sein.

Mathematik sagt uns also "was sein darf"! Ja, das gefällt mir, das trifft es hervorragend!

Zum Wörtchen "real":
Ja, es wurden schon Bücher gefüllt, nur um herauszufinden, was dieses Wörtchen denn bedeuten soll, besonders, was "real an sich" oder "existent an sich" denn ist.
Ergebnis: Wir wissen es nicht genau! Es kommt darauf an...
Wenn du sagst, wir sollten uns besser auf darauf konzentrieren, was "mathematisch existent" ist, dann kann ich das auch verstehen, wobei auch diese Frage bei genauerer Betrachtung höchst philosophisch ist und m. E. dann doch wieder in den Thread "Was ist Mathematik" gehört.



Ich finde, wir sollten uns hier darauf konzentrieren, was dieser Gedanke eines "mathematischen Universums" denn implizit enthält. Was muss denn gegeben sein, damit wir diese Idee nicht sofort verwerfen müssen?

Es muss doch so sein, dass unser Universum dann prinzipiell VOLLSTÄNDIG mathematisch beschreibbar sein MUSS - denn was Tegmark sagt, bedeutet, dass die physikalische Welt ein TEIL einer größeren mathematischen Welt IST.

Wenn man jedoch sagt, dass die Mathematik vollständig deterministisch ist, dann muss das dann logischerweise auch für unser Universum gelten.

Und genau da bin ich an den schon erwähnten Punkten "echter Zufall" und "Emergenz".
Bevor man mir nicht erklären kann, wie diese beiden in einer Mathematik vollständig integriert sein können, brauchen wir m. E. gar nicht mehr über weitere Dinge nachdenken.

Die 1. Frage lautet also für mich: Ist das Universum vollständig deterministisch?

Und da möchte ich mein Argument noch an einem Beispiel verdeutlichen:

Nehmen wir ein einzelnes Uranatom, das wir beobachten.

Frage: Wann wird es zerfallen? Was kann mir die Physik (mithilfe der Mathematik) dazu sagen?

Antwort (Ich behaupte): GAR NICHTS!

Es ist nämlich so, dass man bei einem einzelnen Atom keine Halbwertszeit angeben kann, es HAT KEINE Halbwertszeit. Die Stochastik kann für solche Einzelereignisse auch keine sinnvollen Aussagen treffen, sie findest erst dann Struktur, wenn viele Ereignisse vorliegen (- so meine Behauptungen).


Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Benutzeravatar
wilfried
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2071
Registriert: 20. Aug 2006, 10:18
Wohnort: Mitten druff auf d'r Alb
Kontaktdaten:

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 30. Jan 2011, 14:34

Guten Tag seeker

hmmm...das was Du über die Halbwertszeit sagst ist zwar sachlich richtig, aber wenn wir uns mit dem mathematischen Universum beschäftigen wollen, dann ist diese Antwort ein wenig unbefriedigend.

Denn:

Die HWZ ergibt sich aus der Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Teilchen und aus der Unzugänglichkeit einem Teilchen einen Ort zuordnen zu können, ebenso einem Teilchen einen Impuls zuordnen zu können.

Damit müsste, würden wir eine strenge mathematische Beschreibung des Universums fordern, weg vom Heisenberg Prinzip der Unschärfe. Wir müssen eine völlig neue Teilchenmechanik schreiben, die gesamte Quantenmechanik wird davon betroffen sein.

Damit besteht dann die Aussage:

unter den bestehenden und auch anerkannten Rahmenbedingungen der QM und ihrer erweiterten Derivate (relativistisch, QCD usw) müssen wir offensichtlich diese ureigenste Strenge der Mathematik verlassen und die Stochastik erlauben.

Damit haben wir das Dilemma, was Du ja ansprichst. Wir stehen vor einer Tür, die wir öffnen wollen, die sich aber einerseits sperrt, um dann doch nicht da zu sein und wenn wir sie suchen finden wir sie ganz woanders.

Wie je wollen wir das beschreiben können?? Das ist der Grund, weswegen ich den ersten Satz so schrieb.

Der Ansatz eines rein mathematischen Universums unter der Forderung der strengen Gesetzmäßigkeiten einer deterministischen Mathematik ist unmöglich zu erreichen. Ich erinnere an meinen ersten Beitrag in dieser Serie mit meinem Beispiel der Gigantenmatrix.

Könnten wir diese erstellen, wären wir Natur ...

ODER:

die Gigantenmatrix ist die Natur

Aber wir können uns nicht anmassen eine solche Gigantenmatrix je aufstellen, geschweige denn je lösen zu können. Das lässt auch sehr sehr sehr sicher eine Allerhöchsttechnologie voln höchsttechnologischen und allerbestens ausgerüsteten und hyperintelligenten Ausserirdischen nicht zu.

Wenn man denn so mag stelle ich hier die Frage:

Manifestiert sich vieleicht in einer solchen Gigantenmatrix eine denkbare Vorstellung Gottes?

Bitte, ich will hier keine Diskussion über Gott anfangen, aber gestattet mir trotzdem diese Frage.

Netten Gruß

Wilfried
Die Symmetrie ist der entscheidende Ansatz Dinge zu verstehen:
-rot E - dB / (c dt) = (4 pi k ) / c
rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 30. Jan 2011, 18:18

Hallo Wilfried,

jetzt kommen wir zusammen.
Um das böse G-Wort zu vermeiden, können wir auch genauso nach einem "Absoluten" fragen. Absolut im Sinne von endgültig, hinter allem stehend und im Sinne von unveränderlich und nicht-relativ.

Deinem Gedanken mit der Gigantenmatrix kann ich folgen und ich würde ohne Änderungen antworten: Ja!
Man kann die Wissenschaft auch so sehen, dass sie auch versucht mehr darüber herauszufinden, was denn dieses Absolute ist bzw. welche Eigenschaften es hat oder zeigt.
Wir kommen nämlich m. E. nicht umhin irgendein Absolutum anzunehmen - und sei es der Zufall.
Betrachtet man die Sache so, so verschwindet aus meiner Sicht im Prinzip jeglicher Widerstreit mit religiösen Vorstellungen - es geht dann "nur" noch ums "Detail" (die Eigenschaften), nicht mehr um ob oder ob nicht.

Vielleicht hat Tegmark die Hoffnung über diese Matrix, über dieses Absolute mithilfe der Mathematik ein klein wenig mehr aussagen zu können, als es bisher möglich war - dem könnte ich noch zustimmen.
Falls er aber glaubt, dass dieses Absolute mithilfe dessen, was WIR "Mathematik" nennen, prinzipiell jemals vollständig erfasst werden könne, dann muss ich klar widersprechen.
Wie gesagt: Das, was da eigentlich gemeint ist, darf m. E. nicht mehr mit der menschlichen Vorstellung von "Mathematik" verwechselt werden.

Beste Grüße
seeker
Zuletzt geändert von seeker am 31. Jan 2011, 07:43, insgesamt 3-mal geändert.
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 31. Jan 2011, 07:06

Ich kann mir vorstellen, dass das mathematische Universum das Problem des Determinismus zusammen mit der Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik löst. Wenn in unserem Universum eine von zwei Möglichkeiten realisiert wird, dann wird einem einem spontan entstehenden zweiten Zweig des Universums die jeweils andere Möglichkeit realisiert. Damit ist es tatsächlich zufällig, in welchem Zweig wir uns befinden, von einer höheren Warte aus ist aber nicht ungewöhnliches passiert, das Universum hat sich einfach geteilt und im jeweils anderen Zweig befinden sich (fast) identische Kopien von uns, für die eben gerade die andere Alternative realisiert ist.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Benutzeravatar
seeker
Ehrenadmin
Ehrenadmin
Beiträge: 8131
Registriert: 26. Dez 2009, 10:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 31. Jan 2011, 07:39

OK, das kann ich so akzeptieren.
Wir sehen aber: Wir können schon in eine gewisse "Wenn-Dann"-Kette herausarbeiten.

Wobei mir persönlich die Viele-Welten-Interpretation der QM aus verschiedenen Gründen nicht zusagt.
Da gefällt mir sogar das Konzept von Amit Goswami mit seinem bewussten Universum besser, welches auch sehr radikal ist.
Das mag aber anderen Leuten anders gehen...

Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

Skeltek
Site Admin
Site Admin
Beiträge: 5085
Registriert: 25. Mär 2008, 23:51
Wohnort: Stuttgart, Germany
Kontaktdaten:

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von Skeltek » 31. Jan 2011, 16:22

Ich lese auf der Arbeit fast alles mit und es haben sich tausend Dinge angesammelt, die ich gerne sagen oder berichtigen würde.

Zum letzten hier nur kurz:
Wenn man sich sagt: Wieso lebe ich gerade in gerade diesem von allem möglichen Universen, die sich entwickeln können, dann nimmt man an, daß man gleichzeitig in allen möglichen Universen lebt, und jede "Instanz" von sich sich dieselbe Frage stellt.
Dann wäre es auch ähnlich mit der Frage, wieso bin ich Skeltek und nicht tomS...

Abgesehen davon, daß es ("echten Zufall" angenommen) zu jeder Gegenwart viele mögliche Entwicklungen der Zukunft gibt, so gibt es sicherlich auch zu jeder gemessenen Gegenwart auch viele Vergangenheiten. Die Frage ist nun, ob es zu jeder Gegenwart mehr Vergangenheiten als Zukunften gibt oder umgekehrt.
Wegen der Meßunschärfe gilt folgendes: Umso kürzer man das Zeitintervall wählt in dem man eine zeitliche Aufnahme(wie ein Videoclip) des jetzigen Universums macht, umso mehr mögliche Vergangenheitszustände und Zukunften gibt es, die sich diese Gegenwart teilen.

Meiner Meinung nach sind nur deshalb viele Zukunften zur Gegenwart möglich, weil die Meßunschärfe bei einem kürzeren Zeitintervall immer größer wird.

Hypothese: Die Gegenwart, die von den meisten möglichen Vergangenheiten und Zukunften geteilt wird, ist diejenige, die dann auch wirklich eintrifft. Dies ist dann auch zufällig diejenige, die am logischsten auf ihren Vorgängern aufbaut. (dieser Sachverhalt/Gebilde im Kopf war für mich eigentlich zu schwer in voller Länge zu formulieren)


Aber eigentlich halte ich die Multiversentheorie für Mist...
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 31. Jan 2011, 16:32

Gemäß den MWI verzweigt sich das Universum "real" nur in die Zukunft; es gibt jedoch auch eine Zusammenführung, z.B. in einem Doppelspaltexperiment, wo ein Elektron durch zwei Spalte geht, das Universum sich entsprechend in zwei fast identische Kopien aufspaltet, die jedoch wieder zusammengeführt werden, wenn KEINE Messung durchgeführt wird, um den Ort des Elektrons, also den Spalt, zu identifizieren (würde man den Spalt tatsächlich identifizieren, wäre die Aufspaltung real und nicht wieder rückgängig zumachen).

Der Zweig der QM, der sich mit diesem Themen beschäftigt, heißt "many-worlds interpretation" und "consistent histories"
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

positronium
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2832
Registriert: 2. Feb 2011, 20:13

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von positronium » 3. Feb 2011, 17:14

tomS hat geschrieben:Tegmark folgert, dass jede konsistente mathematische Struktur einfach eine Realität IST ...
Das erscheint mir zu theoretisch. Einmal abgesehen davon, dass das ohnehin nur eine philosophische Überlegung ist, weil solche mathematischen Strukturen keinen Einfluss aufeinander hätten, und deshalb für uns irrelevant wären, denke ich, dass eine ToE auf kleinster Ebene auf so wenige und einfache Regeln begrenzt sein muss, dass kaum Raum für weitere konsistente Theorien bleiben würde.

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 3. Feb 2011, 20:05

Hallo, herzlich willkommen erst mal!
positronium hat geschrieben:
tomS hat geschrieben:Tegmark folgert, dass jede konsistente mathematische Struktur einfach eine Realität IST ...
Das erscheint mir zu theoretisch. Einmal abgesehen davon, dass das ohnehin nur eine philosophische Überlegung ist, ...
Ja, es ist eine philosophische Überlegung!
positronium hat geschrieben:... weil solche mathematischen Strukturen keinen Einfluss aufeinander hätten, und deshalb für uns irrelevant wären,
Ja, im direkten Sinne schon, aber das ist (leider ?) in der theoretichen Physik heute so; wie sieht es innerhalb des Ereignishorizontes eines schwarzen Lochs aus? Das ist für uns ebenfalls irrelevant und grundsätzlich nicht experimentell prüfbar, wird aber dennoch diskutiert. Wo ziehst du die Grenze?
positronium hat geschrieben:... denke ich, dass eine ToE auf kleinster Ebene auf so wenige und einfache Regeln begrenzt sein muss, dass kaum Raum für weitere konsistente Theorien bleiben würde.
Wie kommst du darauf? Es gibt konsistente Theorien, die nicht mit der Realität übereinstimmen, die scheiden aus. Aber warum sollte es nicht zwei konsistente Theorien geben, die nur in unbeoachtbaren Bereichen voneinander abweichen? Welche Selektionsprinzipien siehst du, die den Rahmen für Theorien vorgeben? (ich denke / hoffe auch, dass es so ist, aber ich sehe leider diese Selektionsprinzipien nicht)
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

positronium
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 2832
Registriert: 2. Feb 2011, 20:13

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von positronium » 3. Feb 2011, 21:59

tomS hat geschrieben:Hallo, herzlich willkommen erst mal!
Vielen Dank!
tomS hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:... weil solche mathematischen Strukturen keinen Einfluss aufeinander hätten, und deshalb für uns irrelevant wären,
Ja, im direkten Sinne schon, aber das ist (leider ?) in der theoretichen Physik heute so; wie sieht es innerhalb des Ereignishorizontes eines schwarzen Lochs aus? Das ist für uns ebenfalls irrelevant und grundsätzlich nicht experimentell prüfbar, wird aber dennoch diskutiert. Wo ziehst du die Grenze?
Der Bereich innerhalb eines schwarzen Loches ist nur theoretisch und nicht experimentell erreichbar, das stimmt natürlich, aber er ist, wie ich glaube, für uns nicht in jeder Hinsicht irrelevant. Ich stelle mir das so vor, dass wir nur von einem Teil der dortigen mathematischen Struktur abgeschnitten sind. Nach dem Gedanken von Tegmark bestünde zwischen diesen Universen keine Verbindungen - soz. nur verschieden geformte Tortenstücke, die voneinander getrennt sind, aber existieren, um eine ganze Torte zu ergeben.
Natürlich könnte man den Gedanken jetzt auf die zeitliche Komponente weiter spinnen und sagen: Jetzt im Moment hat die mathematische Struktur auf dem Mars nichts mit der auf der Erde zu tun und sind nur über die Vergangenheit miteinander verknüpft, aber man braucht ja nur zu warten und das Jetzt von hier und dort trifft sich einmal.
Die Grenze ziehe ich also dort, wo eine Verbindung grundsäztlich unmöglich ist.
tomS hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:... denke ich, dass eine ToE auf kleinster Ebene auf so wenige und einfache Regeln begrenzt sein muss, dass kaum Raum für weitere konsistente Theorien bleiben würde.
Wie kommst du darauf? Es gibt konsistente Theorien, die nicht mit der Realität übereinstimmen, die scheiden aus. Aber warum sollte es nicht zwei konsistente Theorien geben, die nur in unbeoachtbaren Bereichen voneinander abweichen?
Ich denke schon, dass es solche Theorien geben kann, aber zumindest eine davon muss zwangsläufig falsch sein, obwohl ich noch weiter gehen möchte: Ich glaube, dass in solchen Theorien quantitative Methoden Anwendung finden, also das tatsächliche Wesen der Dinge nicht beschrieben wird, sondern nur Beobachtungen mathematisch angenähert sind.
tomS hat geschrieben:Welche Selektionsprinzipien siehst du, die den Rahmen für Theorien vorgeben? (ich denke / hoffe auch, dass es so ist, aber ich sehe leider diese Selektionsprinzipien nicht)
Schwierig, schwierig. :)
Ich würde jetzt nur 'mal drei Punkte nennen: Alle Teilchen müssen auf ein Ur-Etwas zurückzuführen, alle Kräfte auf eine Eigenschaft dieses Ur-Etwas und es dürfen ausser mathematischen Konstanten keine weiteren vorkommen.

Benutzeravatar
tomS
Ehrenmitglied
Ehrenmitglied
Beiträge: 10670
Registriert: 19. Nov 2007, 20:29

Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 3. Feb 2011, 23:00

Ich wollte nur sagen, dass die Grenzziehung schwierig ist. Mir persönlich ist die Idee Tegmarks auch zu weit gefasst; es ist aber konsequent, anzunehmen, man solle statt einer beliebigen eben gar keine Grenze ziehen. Ich stimme dem nicht zu, halte es aber für sehr interessant.

Bzgl. Selektionsprinzipien meine ich keine physikalischen (Experiment) sondern mathematische (welche ToE-Kandidaten sind zulässig? und wenn mehrere, warum gerade die?) Was ich mir vorstellen könnte wäre ein evolutionärer Ansatz im Raum aller Theorien (keine Ahnung, wie das funktionieren soll)
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

Antworten