Fraktaler Quantenkosmos

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 30. Jan 2009, 21:43

Hallo Tensor,

danke für die prägnante, exzellente Zusammenfassung. Ich habe den Artikel (sowie einige Orginalarbeiten) ebenfalls gelesen und bin ebenso angetan wie du!

Mich beeindrucken im wesentlichen die selben Erkenntnisse:
Die Theorie bringt keinen Ballast mit; wesentlichster Input ist die kausale Struktur der Raumzeit; ohne diese Struktur funktioniert das ganze nicht.
Die Ergebnisse sind im Gegensatz dazu beeindruckend reichhaltig: skalenabhängige Dimensionalität, Reproduktion der vier Raumzeit-Dimensionen auf makroskopischen Skalen, realistische Kosmologie (deSitter).
(Die Dimensionalität wird über die genauen Eigenschaften einer Art Diffusionsprozess bestimmt.)

Was könnten offene Punkte sein:
- Kopplung weiterer Felder und Formulierung von Quantenfeldtheorien.
- Beschreibung schwarzer Löcher (oder was davon übrig bleibt).
- neue physikalische Phänomene

Danke, dass du deine persönliche Meinung dargelegt hast. Das lädt natürlich zur Diskussion ein. Für einen Vergleich mit LQG und Stringtheorie ist es möglicherweise noch etwas früh, trotzdem kann man das tendetiell so sehen wie du. Die Stringtheorie hat natürlich einen ganz anderen Anspruch (Vereinheitlichung aller WWs), aber sie bleibt hinter diesem Anspruch bisher weit zurück.

Der Vergleich mit der LQG ist natürlich spannend. Dazu muss man sich mal genauer anschauen, was die LQG eigentlich tut:
- Ausgangspunkt ist die (kontinuierliche) ART
- ... in Ashtekarvariablen
- ... die quantisiert werden
- dann wird eine Variablen-Trf. durchgeführt (Loop-Trf.)
- dann werden die physikalischen Zustände eingeführt
- ... die sich als diskrete / algebraische Spin-Netzwerke heraussetellen
- aus diese soll dynamisch wieder eine makroskopisch glatte Raumzeit entstehen
Letzteres ist heute der große Knackpunkt in dr LQG

Im Gegensatz dazu startet die CDT direkt mit einer diskreten Struktur und hat keine Probleme mit der makroskopisch glatte Raumzeit - beeindruckend.

Ich bin gespannt, ob es gelingt, neue Phänomene und experimentelle Vorhersagen abzuleiten, z.B. die WW von el.-mag. Feldern mit der diskreten Raumzeit, Dispersionseffekte o.ä.

Warum favorisiere ich trotzdem noch die LQG? Weil ich sonst meinen Avatar ändern müsste!
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 25. Mär 2009, 23:52

Hallo,

"Besonders erstaunlich, dass die Anzahl der Dimension des Universums vom Maßstab abhängt. Bei noch kleinerem Maßstab fällt die Dimensionsanzahl bis auf zwei."

Ja, in der Tat.

Ich habe zufälligerweise kürzlich einen Artikel gefunden, der mittels eines völlig anderen ZUgangs zu mehr oder weniger identischen Ergebnissen kommt: http://arxiv.org/abs/0902.3657

Dabei wird ein Diffusionsprozess" bzw. "random walk" in einer dynamischen Raumzeit durchgeführt und die "Wiederkehrwahrscheinlichkeit" nach einer bestimmten Zeit berechnet. Aus dieser lässt sich wiederum eine Definition für die sogenannte "spektrale Dimension d" ableiten. Der Autor findet ein Verhalten, das zwischen d=2 für kleine und d=4 für große Abstände interpoliert.
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 29. Mär 2009, 23:05

Ich wollte noch ein paar einfache Ideen zu den beiden Artikeln loswerden.

Ausgangspunkt ist dabei die Fragestellung, wie jeweils die Dimension der Raumzeit definiert wird. Dazu betrachtet man zwei Prozesse, nämlich einen Diffusionsprozess, z.B. eines Tintentropfens in einem Wasserglas, sowie einen Betrunkenen, der rein zufällig herumstolpert. Letzterer führt einen sogenannten Random Walk durch. Interessanterweise kann der Random Walk als Modell eines Tintenmoleküls dienen, das im Zuge des Diffusionsprozesses durch die Flüssigkeit wandert.

Diffusion
Im Rahmen des Diffusionsprozesses betrachtet man eine Funktion, die die Dichte an einer Stelle in x' zur Zeit t' in Abhängigkeit davon betrachtet, wie die Dichte an einer anderen Stelle x zu einer Zeit t war. D.h. man untersucht, wie sich Dichtefluktuationen in einer Flüssigkeit ausbreiten. Insbs. interessiert uns dabei, wie eine Dichtefluktuation bei x zur Zeit t die Dichte an der selben Stelle x zu einem späteren Zeitpunkt t' beeinflusst.

Random Walk: http://en.wikipedia.org/wiki/Random_walk
Den Betrunkenen lassen wir in einem festen Zeitintervall immer einen Schritt fester Länge in eine der vier Richtungen vorwärts, rückwärts, rechts, links durchführen. Dann untersuchen wir, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass er nach einer bestimmten Zeit = einer bestimmten Anzahl an Schritten wieder am Ausgangspunkt seines Random Walks ankommt.

Wir betrachten dabei zunächst einen Weg der Länge 2. Es gibt vier Wege, die ihn vom Ausgangspunkt (0, 0) wieder dorthin zurückführen, nämlich
(0, 0) => (0, 1) => (0, 0)
(0, 0) => (0, -1) => (0, 0)
(0, 0) => (1, 0) => (0, 0)
(0, 0) => (-1, 0) => (0, 0)

Insgs, kann er 16 Wege der Länge 2 zurücklegen, 4 , die ihn über den Punkt (0, 1) führen
(0, 0) => (0, 1) => (0, 0)
(0, 0) => (0, 1) => (1, 1)
(0, 0) => (0, 1) => (-1, 1)
(0, 0) => (0, 1) => (0, 2)
sowie ebenfalls 4 für die anderen 4 möglichen ersten Punkte.

Damit ist die Wiederkehrwahrscheinlichkeit nach 2 Schritten 4/16 = 1/4.

Torkelt der Betrunkene in einer engene Gasse (eindimensional) statt auf einem freien Platz (zweidimensional), so hat er nur zwei statt vier Richtungen zur Auswahl. Entrsprechend ist die Wiederkehrwahrscheinlichkeit höher:

Wir betrachten dabei wieder einen Weg der Länge 2. Es gibt nur zwei Wege, die ihn vom Ausgangspunkt (0) wieder dorthin zurückführen, nämlich
(0) => (1) => (0)
(0) => (-1) => (0)

Insgs. hat er aber nur vier Wege zur Auswahl, nämlich
(0) => (1) => (0)
(0) => (-1) => (0)
und
(0) => (1) => (2)
(0) => (-1) => (-2)

Damit ist die Wiederkehrwahrscheinlichkeit nach 2 Schritten 2/4 = 1/2.

Die spektrale Dimension
Tatsächlich gibt es eine Formel, die die Widerkehrwahrscheinlichkeit P(s) in Abhängigkeit der Wegstrecke bzw. Schrittanzahl oder Zeit s angibt. Diese Formel gilt in allen Dimensionen D!



Irgendwie komme ich mit dem 1/2 noch nicht klar, denn so reproduziert die Formel nicht die o.g. Wahrscheinlichkeiten, aber das bekomme ich nich heraus.

Man sieht, dass für lange Wege s die Widerkehrwahrscheinlichkeit erwartungsgemäß schnell kleiner wird, und zwar umso schneller, je mehr Platz der Betrunkene zum Herumtorkeln hat, d.h. je mehr Dimensionen ihm zur Verfügugn stehen. Interessanterweise kann man genau diese Widerkehrwahrscheinlichkeit auch aus der o.g. Funktion für die Dichtefluktuationen ableiten.

Nun stellt man etwas erstaunliches fest; man kann aus der Formel für P(s) die Dimension D ableiten:



Man leitet den Logarithmus der Wahrscheinlichkeit P(s) nach dem Logarithmus der Weglänge s ab. Damit ist es möglich, aus der Untersuchung eines Diffusionsprozesses bzw. eines Random Walks auf einer bestimmten Struktur, die Dimension dieser Struktur abzuleiten. So kann man im Rahmen der kausalen dynamischen Triangulation den Random Walk auf der Struktur der Vier-Simplizes (aus denen sich die Raumzeit zusammensetzt), untersuchen und so die Dimension bestimmen. Man bezeichnet diese Dimension als sogenannte spektrale Dimension. Sie kann i.A. einen anderen Wert als die der elementaren Bausteine haben.

In dem o.g. Paper "Spectral Dimension of the Universe in Quantum Gravity at a Lifshitz Point" leitet Horava die spektrale Dimension ab und findet, dass sie für "kurze" Random Walks näherungsweise gleich 2 ist, während sie für lange Random Walks sich dem zu erwartenden Wert 4 annähert. Horava betrachtet dabei eine Raumzeit der Dimension D+1, d.h. eine Raum der Dimension D plus eine Zeitdimension und findet für die spektrale Dimension



z nimmt dabei für kurze Abstände den Wert 3, für große Abstände den Wert 1 an.

D.h. effektiv "sieht" der Betrunkene auf kurzen Strecken einen eindimensionalen Raum (= eine zweidimensionale Raumzeit), auf großen Entfernungsskalen dagegen die üblichen drei Raumdimensionen (vier Raumzeitdimensionen). D.h. dass zwar die elementaren Bausteine der Raumzeit D+1 dimensional sein mögen, dass sie jedoch trotzdem effektiv eine niederdimensionale Raumzeit bilden können.
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 30. Mär 2009, 18:36

Damit funktioniert das hervorragend, allerdings ist die Konvergenz relativ langsam, was natürlich für höhere Dimensionen noch schlimmer wird. Ich hatte vor, das mal mit echten Random Walks zu simulieren, allerdings ist der wirklich interessante Fall, z.B. D=10, s=1000 oder größer damit kaum in vernünftiger Zeit simulierbar.

Spannend wäre auch die Simulation auf Spinnetzwerken der LQG. Dort gibt es nämlich den Fall, dass sich Links zwischen eigentlich nicht benachbarten Vertizes ausbilden können, d.h. dass quasi Abkürzungen im Spinnetzwerk entstehen. Dadurch sollte die Zahl der räumlichen Dimension leicht anwachsen können und somit ggf. größer als 3 sein - zumindest für große Spinnetzwerke
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 31. Mär 2009, 10:05

Das gilt für ein n-dimensionalen, "quadratisches" Gitter, wo jeder Gitterpunkt 2n Nachbarn hat?
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 31. Mär 2009, 10:45

Ich habe die Formel mal mittels der Stirlingschen Näherung überprüft. Man erhält tatsächlich das korrekte Verhalten



:-)
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 31. Mär 2009, 13:01

Allerdings müsste das Skalenverhalten für große s unabhängig von der Gittergeometrie werden, also auch für Tetraedergitter (allg. Simplizes) oder unregelmäßige Strukturen gelten. Dafür wird aber eine exakte Formel nicht mehr verfügbar sein.

Bei mir war die Proportionalitätskonstante übrigens



Der Rest ist identisch - wir sind uns also einig :-)
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 31. Mär 2009, 19:55

wie kommst du auf das Ergebnis für den n-dimensionalen Fall?
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 1. Apr 2009, 14:05

Der Unterschied ist aber, dass der Würfel kein Gedächtnis hat, der Random Walk jedoch schon. Jeder einzelne Wurf eines Würfels hängt nicht vom vorherigen Wurf ab. Beim Random Walk muss ich doch aber wissen, wie dieser verläuft, damit er nach genau k Schrittenm wieder bei 0 ankommt ... ich denk nochmal drüber nach.
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von Koschi » 1. Apr 2009, 18:19

Weiß nicht ob ich das Problem ganz erfasst habe aber müst k nicht eine potenz von n sein ?
Ich wäre der Meinung das die Wahrscheinlichkeit mit mehreren Würfeln 2 mal hintereinander alles 6er zu haben Expotentialansteigt. Also expotential zu der anzahl der Würfel.

Gruß Koschi.
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von Koschi » 1. Apr 2009, 22:22

tensor hat geschrieben:



Es ist ja ((1/6)^k)^n = (1/6)^kn

Leider kommt die Exponentialschreibweise, wenn ein Bruch die Basis bildet, in der Formeleditierung nicht so deutlich rüber.
Also meinst du ((1/6)^k)^n
in worten ein sechtel hoch k das wiederum zusammen hoch n



Das entspräche dann dem was ich meinte.
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 2. Apr 2009, 12:52

aber die Asymptotik für große k stimmt für jedes n - komisch
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von Koschi » 2. Apr 2009, 20:02

tensor hat geschrieben:@Koschi

Ein Sechstel hoch k und das wiederum zusammen hoch n ergibt ein Sechstel hoch k mal n, denn wenn man eine Potenz potenziert werden die Exponenten multipliziert.

http://www.mathematik-wissen.de/potenzgesetze.htm

Gruß
tensor
Ack sorry. Gut das mir das nicht in ner Klausur passiert ist ^^

Danke :)
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 9. Apr 2009, 18:36

es wundert mich, dass es da keinen geschlossenen Ausdruck geben soll ...
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 9. Apr 2009, 22:21

Gefunden!

Die Rückkehrwahrscheinlichkeit P nach 2s Schritten auf dem D-dimensionalen Gitter erhält man aus der Betrachtung von Markov-Ketten bzw. der "symmetrischen Irrfahrt", engl. random walk. Symmetrisch, da alle möglichen 2D Richtungen für jeden Schritt gleichwahrscheinlich sind.

In D=1 und D=2 stehen die Ergebnisse ja schon da (s.o.).

Ab D=3 wird's kompliziert. Asymptotisch, d.h.für große s, haben wir das korrekte Ergebnis ebenfalls schon hier stehen (s.o.). Das exakte Resultat lautet:



Dabei ist



mit



Beweisidee: man betrachtet in D Dimensionen die Anzahl der Möglichkeiten, in Richtung 1, in Richtung 2 usw. zu gehen. Man kann dabei beliebig oft in jede Richtung gehen, allerdings muss gelten:
- man muss (für jede Dimension) gleich oft in positive wie in negative Richtung gehen, sonst kommt man nicht zu Ausgangspunkt zurück
- die Gesamtzahl der Schritte über alle Dimensionen muss die Gesamtlänge 2s ergeben
Aus Symmetriegründen betrachtet man immer nur die Vorwärtsschritte; die Rückwärtsschritte sind erzwungen. Daraus folgt der Vektor K mit seinen Eigenschaften.

Die Summe für P ergibt sich aus der Abzählung der möglichen Kombinationen (ohne Beweis).

Der Vorfaktor entspricht einfach der Zahl aller möglichen Wege überhaupt.
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 10. Apr 2009, 19:41

Ich habe keine wirklich gute Begründung für die Formel gefunden; ich erkläre mir das Quadrat so, dass man eben gleichoft (je Dimension) nach +1 und -1 geht. Man kann wählen wann, nur in Summe eben gleich oft. Daher könnte man die Formel auch umschreiben:



Jetzt betrachtet man eben je Dimension zwei k's mit der trivialen Bedingung



Außerdem gilt dann



Ich denke, du liegst mit den Polynomialkoeffizienten richtig.
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 25. Mai 2009, 21:35

Ein weitere Zugang über die LQG bzw. die Spin-Foam Theorie ergibt ebenfalls eine fraktale Raumzeit (bzw. eine fraktale Raumdimension)

http://arxiv.org/abs/0905.1665
Fractal Quantum Space-Time
Leonardo Modesto

In this paper we calculated the spectral dimension of loop quantum gravity (LQG) using the scaling property of the area operator spectrum on spin-network states and using the scaling property of the volume and length operators on Gaussian states. We obtained that the spectral dimension of the spatial section runs from 1.5 to 3, and under particular assumptions from 2 to 3 across a 1.5 phase when the energy of a probe scalar field decreases from high to low energy in a fictitious time T. We calculated also the spectral dimension of space-time using the scaling of the area spectrum operator calculated on spin-foam models. The main result is that the effective dimension is 2 at the Planck scale and 4 at low energy. This result is consistent with two other approaches to non perturbative quantum gravity: "causal dynamical triangulation" and "asymptotically safe quantum gravity". We studied the scaling properties of all the possible curvature invariants and we have shown that the singularity problem seems to be solved in the covariant formulation of quantum gravity in terms of spin-foam models. For a particular form of the scaling (or for a particular area operator spectrum) all the curvature invariants are regular also in the Trans-Planckian regime.

Hier werden im Detail unterschiedliche Zugänge jedoch generell verwandte Zugänge vorgestellt. Interessanterweise stimmen die Ergenisse mit denen der anderen bisher diskutierten Zugänge, die von völlig unterschiedliche Theorien ausgehen, meist überein. Im Einzelnen zeigt die LQG dabei ein etwas detailreicheres Bild. Dies ist jedoch auch nicht verwunderlich, da diese Theorie am weitesten fortgeschritten ist und somit unterschiedliche Vorgehensweisen bzw. Näherungen zur Verfügung stehen, wobei deren Gültigkeit noch nicht abschließend geklärt ist. Auch in diesem Zugang wird aber im wesentlichen als Definition die spektrale Dimension, die sich aus der Betrachtung eines Diffusionsprozesses ableiten lässt, zurundegelegt.

Insgs. verdichten sich die Hinweise, dass im Bereich der Planck-Länge oder darunter die effektive Dimension der Raumzeit bei D=2 liegt, für das "klassische" Regime deutlich oberhalb der Planck-Länge dagegen wie erwartet bei D=4.
Gruß
Tom

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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von Maclane » 26. Mai 2009, 06:24

tomS hat geschrieben:Insgs. verdichten sich die Hinweise, dass im Bereich der Planck-Länge oder darunter die effektive Dimension der Raumzeit bei D=2 liegt, für das "klassische" Regime deutlich oberhalb der Planck-Länge dagegen wie erwartet bei D=4.
Was heißt denn "effektive" Dimension?
Und warum grad 2?
Länge und Breite oder Länge und Zeit?

Gruß
Mac (der sich grad wieder nen Wolf programmiert und wenig Zeit hat, sorry)
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 26. Mai 2009, 07:50

Im einfachsten Fall betrachten die Autoren eine dynamische Theorie auf der Raumzeit, bei all beinen Aussagen gilt, dass klassisch, d.h. für große Distanzen, D=4 gilt (es handelt sich also um die Dimension der Raumzeit einschließlich der Zeit).

Man hat aber bei kleinen "Abständen" kein Gebilde mehr vor sich, auf dem man einfach Länge, Breite, Höhe und Zeit definieren könnte. Statt dessen handelt es sich um ein Spinnetzwerk (oder einen Spin-Foam in der Pfadintegralformulierung). In beiden Fällen gibt es so etwas wie Raum und damit auch den kalssischen Dimension nicht mehr.

Man betrachtet nun einen Diffusionsprozess ähnlich wie bei der Wärmeleitung; dieser ist mathematisch eng mit einer Schrödingergleichung aus der QM verwandt. In diesen Fällen tritt der sogenannte Laplace-Operator auf; dabei handelt es sich um einen Differentialoperator der Form d²/dx² + d²/dy² + d²/dz². Im Falle der Spinnetzwerke handelt es sich um ein völlig anderes Gebilde (kein Differentialoperator, keine klar definierten drei Dimensionen), das jedoch in der Diffusionsgleichung an die Stelle dieses Differentialoperators tritt. Man betrachtet nun die "Diffusion" eines Skalarfeldes, also eine Art diffuse Wärmeausbreitung (ganz grobe Analogie). Dabei stellt sich heraus, dass das Zeitverhalten dieser Diffusion eng mit der Dimension des Raumes verknüpft ist. D.h. wenn man nur das Zeitverhalten kennt, kann man daraus auf die unterlagerte Dimension des Raumes zurückschließen (die Formeln stehen weiter vorne in diesem Thread).

Im Falle der LQG betrachtet man nun eben diese Diffusion, wertet das Zeitverhalten aus und findet, dass sich die Raumzeit (bzw. das, was in der LQG an deren Stelle tritt) je nach Entfernungsskala auf der man sie betrachtet "effektiv" so verhält, wie wenn sie eine bestimmte Dimension D hätte. Bei großen Abständen verhält sich der Diffusionsprozess wie erwartet, sie "sieht" einen dreidimensionalen Raum (= eine vierdimensionale Raumzeit D=4). Bei großen Abständen sieht der Diffusionsprozess nur noch einen eindimensionalen Raum (= eine zweidimensionale Raumzeit D=2).
Zuletzt geändert von tomS am 26. Mai 2009, 14:02, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
Tom

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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 26. Mai 2009, 14:02

genau!
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 26. Mai 2009, 18:17

Dazu ist zu sagen, dass die Horava-Lifschitz (asymptotic safe) Gravity durch einen völlig anderen, d.h. dritten Zugang ebenfalls zu diesem Ergebnis kommt!!!
tensor hat geschrieben:Fraktale und gequantelte Strukturen weisen auf den ersten Blick sicher Ähnlichkeiten auf. Es gibt aber Unterschiede. Im Fraktalen gibt es keine elementaren Größen. Strukturen verästeln sich bis ins Infinitesimale
Der Titel des Threads ist leider verwirrend. Man findet tatsächlich nicht-ganzzahlige Dimensionen, allerdings ist nur der Zugang im Rahmen der CDT vergleichbar mit dem Zugang über Fraktale. Weder in der LQG noch in der Horava-Lifschitz Gravity treten fraktale Strukturen auf. Statt dessen verwendet man eben die Bestimmung der Dimension über einen Diffusionsprozess. Dies ist der allgemeinere Zugang, denn für Fraktale benötige ich ja explizit Längen, Flächen usw. Für den Diffusionsprozess benötige ich nichts dergleichen, lediglich eben eine Diffusion mit Wiederkehrwahrscheinlichkeit eines Random Walks als Funktion der die Zeit.

Ich weiß nicht, ob es Untersuchungen zur Diffusion auf Fraktalen gibt, und (falls ja) ob sich
Spektrale Dimension des Random Walks des Diffusionsprozesses und
Hausdorff-Dimension der Skalierung von Umfang und Flächeninhalt des Fraktals
entsprechen.

Ich wollte zur Horava-Lifschitz Gravity schon länger mal was schreiben, hatte aber noch keine Zeit, die Artikel alle zu lesen; dieser Zugang ist seit einigen Monaten ziemlich "In" - nicht mit der Horava-Witten-Theorie zu verwechseln (Horava ist eigentlich ein Stringtheoretiker).
ErläuterungIn Kürze: dieser Zugang bricht explizit die Lorentz-Invarianz, allerdings nur auf "genügend kleinen Skalen". Idee ist, dass man Terme der R², R³, ... usw. in die Wirkung einführt, um den Graviton-Propagator durch höhere Potenzen in 1/p mit einem besseren = endlichen UV-Verhalten auszustatten (= asymptotic safe). Problematisch ist dabei, dass man sich dadurch auch höhere Zeitableitungen einhandeln würde, die man nicht vernünftig behandeln kann. Daher tut man dies nur für die "räumliche" 3-Mannigfaltigkeit, behält also die gewöhnliche Form für Zeittranslationen bei und führt die Terme höherer Ordnung in R nur für die räumliche Krümmung ein. Dies bewahrt die Invarianz unter Diffeomorphismen auf der 3-Mannigfaltigkeit, bricht jedoch die Difeomorphismen-Invarianz für die volle 4-Mannigfaltigkeit. Im IR-Bereich erhält man jedoch wieder die ART zurück, d.h. der semiklassische Grenzfall ist eindeutig (garantiert außerdem durch bestimmte Konsistenzbedingungen an die Wirkung). Das interesante an diesem Zugang ist dass man die Gravitation störungstheoretisch wie in der gewöhnlichen QFT quantisieren kann und dass man insbs. keine Strings, Loops, Spinnetzwerke o.ä. benötigt.
Gruß
Tom

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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 26. Mai 2009, 21:16

woher weißt du das?
kann man das irgendwo nachlesen?
oder verstehen?

Die Hausdorff-Dimension ist ja häufig recht einfach zu berechnen, aber bei der spektralen Dimension tue ich mich da schon schwerer (siehe die Diskussion eines einfachen kubischen Gitters hier in diesem Thread ...)
Gruß
Tom

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Re: Fraktaler Quantenkosmos

Beitrag von tomS » 18. Nov 2009, 07:31

Nochmal ein Update zu den Ideen bzgl. fraktaler Dimensionen in der Quantengravitation; hier: Spin Foam Modelle, also Pfadintegrale verwandt mit der LQG.

http://arxiv.org/abs/0911.0437v1
Fractal Space-Time from Spin-Foams
Elena Magliaro, Claudio Perini, Leonardo Modesto
(Submitted on 2 Nov 2009)
Abstract: In this paper we perform the calculation of the spectral dimension of spacetime in 4d quantum gravity using the Barrett-Crane (BC) spinfoam model. We realize this considering a very simple decomposition of the 4d spacetime already used in the graviton propagator calculation and we introduce a boundary state which selects a classical geometry on the boundary. We obtain that the spectral dimension of the spacetime runs from $\approx 2$ to 4, across a $\approx 1.5$ phase, when the energy of a probe scalar field decreases from high $E \lesssim E_P/25$ to low energy. The spectral dimension at the Planck scale $E \approx E_P$ depends on the areas spectrum used in the calculation. For three different spectra $l_P^2 \sqrt{j(j+1)}$, $l_P^2 (2 j+1)$ and $l_P^2 j$ we find respectively dimension $\approx 2.31$, 2.45 and 2.08.
Gruß
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Re: Fraktaler Quantenkosmos und Newtonsches Gravitationsgesetz

Beitrag von tomS » 19. Feb 2010, 11:04

Ein weitere Ansatz, der aufgrund sehr allgemeiner Überlegungen zeigt, wie im Rahmen der Quantengravitation eine fraktale Raumzeit entsteht.

Der Autor benutzt die sogenannte "box counting dimension", d.h. die Abzählung, wie viele Würfel fester Kantenlänge benötigt werden, um einen bestimmten Bereich der Raumzeit auszufüllen. Daraus leitet er einen Dimensionsbegriff ab, der im wesentlichen die Abhängigkeit der Dimension von der Kantenlänge (also des Auflösungsvermögens eines "Meterstabes") zeigt.

Zuletzt zeigt der Autor dass seine Überlegungen mit anderen Ansätzen übereinstimmen, aus denen sich eine Korrewktur zum Newtonschen Potential im Bereich der Plancklänge ergibt (wobei dies kein exaktes Ergebnis ist, da man die lästigen Unendlichkeiten der Quantengravitation nur versteckt). Das Ergebnis lautet



http://arxiv.org/abs/0905.3612
Quantum-gravitational running/reduction of space-time dimension
Michael Maziashvili
(Submitted on 22 May 2009)
Abstract: Quantum-gravity renders the space-time dimension to depend on the size of region; it monotonically increases with the size of region and asymptotically approaches four for large distances. This effect was discovered in numerical simulations of lattice quantum gravity in the framework of causal dynamical triangulation [hep-th/0505113] as well as in renormalization group approach to quantum gravity [hep-th/0508202]. However, along these approaches the interpretation and the physical meaning of the effective change of dimension at shorter scales is not clear. Without invoking particular models in this essay we show that, box-counting dimension in face of finite resolution of space-time (generally implied by quantum gravity) shows a simple way how both the qualitative and the quantitative features of this effect can be understood. In this way we derive a simple analytic expression of space-time dimension running, which implies the modification of Newton's inverse square law in a perfect agreement with the modification coming from one-loop gravitational radiative corrections.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

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