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Bewohnbare Planeten um Braune Zwerge | Ralf Dieter Scholz

Verfasst: 8. Dez 2021, 06:21
von Frank
https://www.youtube.com/watch?v=b43b421Kc_0

Ich habe an Herrn Scholz mehrere Fragen gestellt, die ich auch hier reinstellen möchte und gespannt auf eure Gedanken bin.
(Im Video etwa ab Minute 22, wer es aus Zeitgründen nicht ganz anschauen kann, oder will)

Hallo Herr Scholz,

vielen Dank für diesen tollen Vortrag.

Ich habe da eine Frage(im Grunde mehrere)zu der Wahrscheinlichkeit das ein Stern in 1500 AE an uns vorbeifliegt.
Es gibt ja die Hypothese über die Oortsche Wolke. Sie ist ja bis jetzt nicht nachgewiesen, aber man nimmt sehr stark an, dass diese kugelförmige Ansammlung astronomischer Objekte existiert.
Die Ausdehnung wird ja auf 100.000 AE geschätzt und man denkt ferner, dass sie nach innen in den Kuipergürtel übergeht.
Man stelle sich also vor, ein Stern kommt in einer Entfernung von 1500 AE, was ca. der 50-fachen Entfernung des Neptun von der Sonne entspricht (30 AE) an unserem Sonnensystem vorbei. Er käme auch nicht nur "vorbei", sondern durchflöge die Oortsche Wolke.
1. Würde mich interessieren, ob es eine Arbeit darüber gibt, welchen Einfluss die gravitative Präsenz eines Sternes in so "kurzer" Entfernung auf unser Sonnensystem hat. Wir wissen zwar nicht welche Masse er nun hätte, aber auch 50 % Sonnenmasse würde da meiner Ansicht nach ein verheerendes Chaos anrichten.

2. Wenn die Sonne eine Oortsche Wolke besitzt, dann wird ein anderer Stern wohl auch etwas in dieser Form haben, was aus seiner Entstehungszeit stammt. Mir ist natürlich bewusst, dass 100.000 AE (Oortsche Wolke), was rund 1,6 Lichtjahre sind, sehr viel Platz bedeuten, aber wird da nicht schon lange im Vorfeld, bis der Stern dann mal da wäre, so viel Störung sein, dass etliche Objekte schon in das Innere des Sonnensystems abgelenkt werden könnten? Mit den bekannten Folgen aus der Geschichte unseres Systems?

3. Daraus ergibt sich zwangsläufig für mich die nächste Frage. Falls die Bewohner, Erde ein fiktives Bombardement im Vorfeld heil überstehen würden, wäre spätestens bei Ankunft des anderen Sternes nicht zu befürchten, dass beim Zusammentreffen zweier Massen, wie unsere Sonne + fiktiver Stern, es sehr schlecht für alle Planeten aussehen würde? Und zwar auch für die fiktiven Planeten des anderen Sternes.
Ich finde also die Theorie einer "Umsiedlung" sehr fragwürdig, weil sich aus dem von mir beschrieben Szenario zwangsläufig die Frage stellt, wohin denn?

Zugespitzt müsste man sogar bei so einem" Zusammentreffen" von zwei Sternen sogar vom Ende der Menschheit und allem Leben auf der Erde sprechen, oder?


Würde mich auf eine Antwort freuen.

Viele Grüße

Re: Bewohnbare Planeten um Braune Zwerge | Ralf Dieter Scholz

Verfasst: 9. Dez 2021, 09:23
von seeker
Prima! Bin gespannt... :)
Ich habe momentan leider kaum Zeit...
Dennoch ein paar kurze Gedanken:

1. Ich vermute, unser Planetensystem würde nur gering gestört werden, da der gravitative Einfluss der Sonne hierauf ja viel stärker bliebe, also weiterhin stark dominant wäre, insbesondere auf die inneren Planeten. Wegen des chaotischen Charakters (-> deterministisches Chaos, 3-Körper-Problem) , könnte das langfristig dennoch starke Auswirkungen haben, aber es muss nicht (-> der Flügelschlag des Schmetterlings in China kann zwar, aber muss nicht 3 Monate später einen Sturm in Deutschland auslösen).
Die Bahn der Sonne in der Milchstraße würde allerdings etwas gestört, aber das ist und war ja immer der Fall.

2. Ja. Interessant ist hier die Frage, wie groß die Auswirkungen wären? Die Verhältnisse sind ja riesig. Die Erde mit einem Asteroiden zu treffen, das ist so, wie wenn du mit dem Gewehr (du darfst auch gerne mit Schrot schießen) aus 10km (oder 100km? oder noch mehr?) Entfernung auf einen Apfel zielst und den treffen willst. Du wirst oft schießen müssen und lange brauchen, bis du einmal triffst.

3. siehe 1.

Wie viel ist eigentlich von den oortschen Wolken heute noch übrig? Es muss ja schließlich in den letzten Mrd Jahren schon einige nahe Begegnungen gegeben haben.

Bei dem Video kommen mir noch andere Fragen in den Sinn:

a) Ist es plausibel, anzunehmen, eine technische Zivilisation (oder auch nur eine Spezies! Wie groß ist die durchschnittliche Lebenserwartung einer Spezies, bis sie ausstirbt?) könne dermaßen große Zeiträume überdauern?
Ist das nicht zu gewagt, wird hier nicht etwas weit extrapoliert? Wir sprechen hier von Äonen, über Millionen bis 1 Mrd Jahre, haben bisher aber nur die Erfahrung und Sicherheit, dass eine technische Zivilisation wie lange überdauern kann? Wie alt ist die unsere? Gut 100 Jahre? 200 Jahre? Wohlwollend gesehen vielleicht 1000-4000 Jahre? Wie lange haben Hochkulturen, wie die Ägypter oder Babylonier in unserer Geschichte überlebt?
Seit wann betreiben wir dabei Raumfahrt? 60 Jahre? Ist es angemessen, vernünftig, statthaft von 60 Jahren auf 1 Mrd Jahre zu extrapolieren und zu erwarten, dass dabei dann noch etwas vernünftiges herauskommt? Wie groß wird da der Fehlerbalken bei der dabei erhaltenen Aussage, gleich wie sie lautet?

Und selbst falls a) tatsächlich mit "ja" beantwortet werden könnte:

b) Ist es plausibel, anzunehmen, eine solche Zivilisation würde nach all der Zeit quasi unverändert geblieben sein und immer noch mit der für uns heute greifbaren Technik hantieren und immer noch für uns heute greifbare Gedanken haben und Pläne machen und Ziele verfolgen (wie z.B. der Wunsch und vielleicht auch überhaupt die Notwendigkeit Raumfahrt betreiben zu wollen, wie wir uns das heute vorstellen)?
Mir kommt auch b) hier sehr gewagt vor, ich würde auch hier nicht auf die Antwort "ja" wetten wollen.