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Die seltsamen Magnetfelder von Uranus und Neptun

Verfasst: 26. Apr 2021, 17:53
von seeker
Hier wieder einmal etwas von unserem Planetensystem... :)

Magnetfeldrätsel ungelöst
09.04.2021 - Mögliche superionische Ammoniakphase im Innern von Uranus und Neptun wirft neue Fragen auf.
https://www.pro-physik.de/nachrichten/m ... -ungeloest

Noch ein wenig Hintergrund:

Uranus:
Das Magnetfeld von Uranus ist ungewöhnlich und hat die Form eines Quadrupols mit 2 Nord- und 2 Südpolen. Ein Polpaar ist um fast 60° gegenüber der Rotationsachse geneigt und hat seinen Ursprung nicht im Zentrum des Planeten, sondern ist um ein Drittel des Planetenradius nach Süden hin versetzt. Vermutlich wird es durch Bewegungen in nicht allzu großer Tiefe erzeugt, möglicherweise durch ionisiertes Wasser. Neptun hat ein ähnlich geformtes und verschobenes Magnetfeld, was darauf hindeutet, dass die starke Abweichung nichts mit der Größe der Achsenneigung zu tun hat. Die Magnetosphäre von Uranus ist über seiner Nachtseite durch die Rotation korkenzieherartig verwirbelt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Uranus_(P ... Magnetfeld

Neptun:
Neptun und auch Uranus besitzen nur eine dünne Schicht leitenden, metallischen Materials und erzeugen deshalb kein Dipol-, sondern ein Quadrupolfeld mit zwei Nord- und zwei Südpolen.[13] Das Magnetfeld ist gegenüber der Rotationsachse mit 47° stark geneigt. Die Feldstärke am Äquator beträgt etwa 1,4 µT und beträgt damit etwa 1⁄300 des äquatorialen Feldes Jupiters (420 µT) und 1⁄20 des äquatorialen Erdfeldes (30 µT). Das magnetische Dipolmoment, das ein Maß für die Stärke des Magnetfeldes bei vorgegebenem Abstand vom Zentrum des Planeten darstellt, ist mit 2,2 · 1017 T·m3 28-mal stärker als das Magnetfeld der Erde (7,9 · 1015 T·m3).[14] Der Mittelpunkt des Magnetfeldes ist um etwa 13.500 km vom Mittelpunkt des Planeten verschoben, so dass es wahrscheinlich ist, dass das Magnetfeld in höheren Schichten als bei Erde, Jupiter oder Saturn entsteht.[15] Die Ursache der Ausrichtung des Feldes könnte in den Fließbewegungen im Inneren des Planeten bestehen. Möglicherweise befindet es sich in einer Phase der Umpolung. An den magnetischen Polen wurden von Voyager 2 auch schwache komplexe Polarlichter entdeckt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Neptun_(P ... Magnetfeld

Also so ganz und gar nicht wie bei der Erde, aber auch nicht wie beim Jupiter...

Re: Die seltsamen Magnetfelder von Uranus und Neptun

Verfasst: 26. Apr 2021, 22:56
von Skeltek
Gibt es da irgendwas, an Hand dessen man das auch ohne Satellit vor Ort irgendwie beobachten könnte? Farbe der Oberfläche, Auswirkung auf Orbitalbahnen oder irgendwas?

Was halt stillschweigend vorausgesetzt wurde bisher ist, daß das Magnetfelderzeugende Material immer das schwerste sein sollte und sich am Mittelpunkt des Planeten sammeln würde.

Re: Die seltsamen Magnetfelder von Uranus und Neptun

Verfasst: 27. Apr 2021, 07:40
von seeker
Skeltek hat geschrieben:
26. Apr 2021, 22:56
Gibt es da irgendwas, an Hand dessen man das auch ohne Satellit vor Ort irgendwie beobachten könnte?
Ich glaube kaum, höchstens über Leuchterscheinungen geladener Teilchen.
Skeltek hat geschrieben:
26. Apr 2021, 22:56
Was halt stillschweigend vorausgesetzt wurde bisher ist, daß das Magnetfelderzeugende Material immer das schwerste sein sollte und sich am Mittelpunkt des Planeten sammeln würde.
Ja, dem ist nicht so. Es hat zwar auch die Venus ein Magnetfeld, das in dem Fall dann hauptsächlich von der Atmosphäre herrührt, aber dieses ist ja sehr schwach.

Hier einmal noch eine kurze Übersicht über die Magnetfelder der Planeten:
https://www.mps.mpg.de/442677/17Die-Mag ... aneten.pdf

Re: Die seltsamen Magnetfelder von Uranus und Neptun

Verfasst: 27. Apr 2021, 11:51
von ralfkannenberg
seeker hat geschrieben:
27. Apr 2021, 07:40
Hier einmal noch eine kurze Übersicht über die Magnetfelder der Planeten:
https://www.mps.mpg.de/442677/17Die-Mag ... aneten.pdf
Hallo zusammen,

noch eine kleine Ergänzung, denn auch der grösste Mond unseres Sonnensystems, das ist der Jupitermond Ganymed, verfügt über ein Magnetfeld, der Jupitermond Io entgegen früherer Spekulationen hingegen nicht:
Im Rahmen der beiden ersten Vorbeiflüge der Raumsonde Galileo am Mond Ganymed im Juni 1996 (G1) in einer Höhe von 838 km und im September 1996 (G2) in einer Höhe von nur 264 km konnte nachgewiesen werden, dass Ganymed über ein eigenes magnetisches Dipolfeld verfügt. Neben der Erde und dem Merkur ist Ganymed damit der einzige feste planetare Körper im Sonnensystem mit nennenswertem eigenen Dipolfeld, insbesondere der einzige Mond. Spekulationen über ein ebensolches Feld des Jupitermondes Io haben sich hingegen nicht bestätigt.
Bemerkung: fett hervorgehoben durch mich
Spekulationen über ein eigenes Dipolfeld von Io, wie es der Jupitermond Ganymed besitzt, wurden durch die Raumsonde Galileo widerlegt.

Allerdings verstehe ich nicht ganz, was das soll, denn bei der Europa steht:
Bei Vorbeiflügen der Galileosonde wurde ein schwaches Magnetfeld gemessen (seine Stärke entspricht etwa ¼ der Ganymeds).
Immerhin ein Viertel derjenigen von Ganymed ist doch eigentlich nicht so schlecht ...


Und auch Kallisto, der vierte im Bunde, scheint ein schwachses Magnetfeld zu besitzen:
Die Sonde Galileo hatte bei ihren Vorbeiflügen ein schwaches Magnetfeld bei Kallisto gemessen
Möglicherweise ist es ein Unterschied, ob ein Körper ein "variierendes Magnetfeld" oder ein "eigenes Dipolfeld" besitzt.

:wn:


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: Die seltsamen Magnetfelder von Uranus und Neptun

Verfasst: 27. Apr 2021, 15:02
von seeker
Hmm... bezüglich Ganymed... da wäre zur Einordnung erst einmal die Stärke des Feldes interessant.
Es ist so:
Das Modell passt zu den Daten des Vorbeiflugs G1, wenn eine äquatoriale Feldstärke des Dipolfeldes von 750 nT angenommen wird (dargestellt in nebenstehendem Bild). Die Feldstärke ist zwar viel geringer als die des Erdmagnetfeldes (äquatorial 30.000 nT), aber größer als die des Planeten Merkur (äquatorial 450 nT). Die Richtung des magnetischen Dipols weicht etwa 10° von der Rotationsachse ab und zeigt im Ganymed-zentrierten Koordinatensystem in die Richtung des 220. Längengrades (der Nullmeridian zeigt dabei wegen der gebundenen Rotation immer zum Jupiter).

Die Struktur des Magnetfeldes ist etwas verschieden von den planetaren Magnetfeldern der Erde oder der Gasplaneten. Das umgebende Magnetfeld des Jupiters ist so stark, dass es auf der Oberfläche des Ganymeds nur eine relativ kleine Zone am Äquator gibt, wo die Magnetfeldlinien vom Mond wieder auf den Mond zurücklaufen. In den relativ großen polaren Regionen verlaufen die Feldlinien hingegen zum Jupiter oder kommen dorther. Die grüne Linie im nebenstehenden Bild – die „Separatrix“ – trennt Gebiete, in denen die Feldlinien von Ganymed zu Ganymed, Ganymed zu Jupiter und von Jupiter zu Jupiter laufen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ganymed_%28Mond%29
(mit Hervorhebungen)

Also doch ein sehr schwaches Magnetfeld, im Vergleich zur Erde, aber immerhin... und es ist ein ordentliches Dipolfeld.


Und interessieren tut uns natürlich auch die Herkunft seines Magnetfeldes:
Die Tatsache, dass die Richtung des Dipols von der Richtung der Rotationsachse nur um 10° abweicht, deutet darauf hin, dass die Ursache des Magnetfeldes in einem Dynamoeffekt zu suchen ist. Als möglicher Träger des Dynamoeffekts kommen leitfähige Flüssigkeiten in Frage. Diskutiert werden als Kandidaten sowohl flüssiges Metall im Kern des Mondes als auch Salzwasser im Mantel.[12]
https://de.wikipedia.org/wiki/Ganymed_%28Mond%29

Interessant... an das Salzwasser hatte ich auch schon gedacht, da man bei Ganymed ja einen Schalenaufbau und sehr viel Wasser in seinem Inneren vermutet. Ein Mechanismus wie auf der Erde über flüssiges Metall im Kern wäre dabei natürlich auch spektakulär. Also ich fände es jedenfalls erstaunlich, wenn dieser Mond noch nicht ausgekühlt wäre und man noch irgenwelche aktiven Umwälzbewegungen von Flüssiggestein oder Flüssigmetall wie bei der Erde hätte. Und sehr dicht ist dieser Mond ja nicht, was bedeutet, dass er einen nicht allzu großen Metallkern haben kann.

Und unterm Strich, um den Bogen wieder zu schlagen:
Das Magnetfeld von Ganymed sieht dann doch wieder ganz anders aus, als die von Uranus und Neptun, also wäre zu erwarten, dass auch der Erzeugungsmechanismus anders abläuft.
ralfkannenberg hat geschrieben:Möglicherweise ist es ein Unterschied, ob ein Körper ein "variierendes Magnetfeld" oder ein "eigenes Dipolfeld" besitzt.
Sicherlich. Aber die Details sind mir leider auch noch nicht klar.
Schau mal auch den Mars an, der hat ja auch schwache Magnetfelder, aber kein globales Magnetfeld.