Massenberechnung von Galaxien(Augenmerk auf die Milchstraße )

Galaxien, Sterne, Planeten...
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Frank
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Massenberechnung von Galaxien(Augenmerk auf die Milchstraße )

Beitrag von Frank » 28. Jan 2021, 16:08

Wir hatten das Thema über die Masse der Milchstraße unlängst schon. Die Meldung, dass unsere Heimatgalaxie größer und schwerer ist, als die Andromedagalaxie, weile beide vorher falsch berechnet wurde, hat bei manchen Zeitgenossen(Ralf :mrgreen: ) ein regelrechtes Beben ausgelöst.
Zugegeben, für mich war auch immer klar, dass M31 der unangefochtene Star in unserer lokalen Gruppe ist. Das ist nun doch anders und die Milchstraße scheint wohl diesen Platz einzunehmen.

Warum allerdings das Supermassive SL im Zentrum von Andromeda soviel größer ist , als Sagitarrius A* und ob es überhaupt einen kausalen Zusammenhang dafür gibt, soll hier nicht Thema sein.

Vielmehr möchte ich diesen Thread nutzen, um auf einem einfachen Weg zu verdeutlichen wie das überhaupt gehen soll?
Wie "wiegt" man eigentlich eine Galaxie?

Ich habe hier einen interessanten Artikel gefunden und möchte hier ansetzen, dass auch ein Nichtmathematiker wie meine Person hier durchsteigt.
Durch die von Hubble und Gaia ermittelten Daten war es für das internationale Astronomen-Team um Watkins nicht nur möglich, festzustellen, mit welcher Geschwindigkeit sich die Sternhaufen auf der direkten Sichtachse zur Erde hin- bzw. von ihr fortbewegen. Auch die Seitwärtsbewegungen der Kugelsternhaufen konnten verfolgt werden. Erst dadurch war es für die Wissenschaftler möglich, die absoluten Geschwindigkeiten der Kugelsternhaufen zu ermitteln. Das wiederum war die Grundlage dafür, dass auch die Masse der Dunklen Materie und somit auch die Gesamtmasse der Milchstraße berechnet werden konnten.
https://www.mdr.de/wissen/faszination-t ... t-100.html

Frage an die Mathematiker. Kann man das so stehen lassen, oder ist das kein gut recherchierter Artikel des MDR ?

Wie misst man dunkle Materie, also einen "Stoff", bei dem man ja gar nicht weiß, was er ist? Oder fungiert sie nur als Platzhalter, so in der Richtung, soviel müsste es in "Tonnen"sein?

Alles steht und fällt wohl mit den Kugelsternhaufen.
Mit freundlichen Grüßen

Frank

ralfkannenberg
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Re: Massenberechnung von Galaxien(Augenmerk auf die Milchstraße )

Beitrag von ralfkannenberg » 28. Jan 2021, 17:21

Frank hat geschrieben:
28. Jan 2021, 16:08
Die Meldung, dass unsere Heimatgalaxie größer und schwerer ist, als die Andromedagalaxie, weile beide vorher falsch berechnet wurde, hat bei manchen Zeitgenossen(Ralf :mrgreen: ) ein regelrechtes Beben ausgelöst.
Hallo Frank,

ich bin eher ein Mensch, der die kleinen bevorzugt, schon nicht die ganz kleinen, aber so die in der oberen Mitte. In der Lokalen Gruppe sind das vor allem M33, die ich vor eineinhalb Jahren völlig unerwartet sogar erstmals selber sehen konnte, sowie die Grosse Magellansche Wolke - eine fremde Galaxie, aber so nahe, dass sie sich hervorragend für Forschungszwecke eignet. Der Vollständigkeit sei auch die Kleine Magellansche Wolke erwähnt, auch wenn mir von ihr eher wenig Forschungsergebnisse bekannt sind.


Doch nun zurück zu den beiden Grossen; wenn man das dann mit einer wirklich grossen vergleichen möchte, so ist Messier 87 eine gute Referenz, 22-mal weiter entfernt as der Andromeda und grösstes Mitglied des Virgo-Galaxienhaufens, mit 10000 (!!!) Kugelsternhaufen. Lassen wir die Wikipedia zu Wort kommen:
Einzelne Kugelhaufen von M87 sind jedoch deutlich heller und haben Helligkeiten bis 19m und übertreffen daher mit einer absoluten Helligkeit von etwa −12M alle Kugelhaufen der Lokalen Gruppe deutlich.

Und noch ein Wort aus der Wikipedia zum zentralen Schwarzen Loch:
Im Zentrum des aktiven Galaxienkerns von M87 befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch (engl. supermassive black hole – SMBH) mit Bezeichnung M87* (inoffiziell auch „Pōwehi“ genannt)[39][40]. Dessen Masse wird auf (6,6 ± 0,4) × 109 Sonnenmassen geschätzt. Es handelt sich damit um eines der massereichsten bekannten Schwarzen Löcher überhaupt. Zudem ist dieses das erste schwarze Loch, dessen „Schatten“ jemals beobachtet wurde.

Genug der Superlative, zurück zur Milchstrasse ud zum Andromedanebel:
Frank hat geschrieben:
28. Jan 2021, 16:08
Zugegeben, für mich war auch immer klar, dass M31 der unangefochtene Star in unserer lokalen Gruppe ist. Das ist nun doch anders und die Milchstraße scheint wohl diesen Platz einzunehmen.
Ich wette grundsätzlich nicht. Würde ich wetten würde ich aber dagegenwetten - ich denke, das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Die viel grössere Anzahl Kugelsternhaufen, der grössere grösste Kugelsternhaufen, die Ausdehnung und die Masse des zentralen Loches sprechen eine deutliche Sprache zugunsten des Andromedanebels.

Aber darum geht es gar nicht: wir haben hier aktuelle Forschung und wer weiss, was diese noch an Zusatzergebnissen so nebenbei ergibt.

Frank hat geschrieben:
28. Jan 2021, 16:08
Warum allerdings das Supermassive SL im Zentrum von Andromeda soviel größer ist , als Sagitarrius A* und ob es überhaupt einen kausalen Zusammenhang dafür gibt, soll hier nicht Thema sein.
Ich bin mir nicht sicher, ob man das thematisch trennen kann.

Frank hat geschrieben:
28. Jan 2021, 16:08
Vielmehr möchte ich diesen Thread nutzen, um auf einem einfachen Weg zu verdeutlichen wie das überhaupt gehen soll?
Wie "wiegt" man eigentlich eine Galaxie?

Ich habe hier einen interessanten Artikel gefunden und möchte hier ansetzen, dass auch ein Nichtmathematiker wie meine Person hier durchsteigt.
Durch die von Hubble und Gaia ermittelten Daten war es für das internationale Astronomen-Team um Watkins nicht nur möglich, festzustellen, mit welcher Geschwindigkeit sich die Sternhaufen auf der direkten Sichtachse zur Erde hin- bzw. von ihr fortbewegen. Auch die Seitwärtsbewegungen der Kugelsternhaufen konnten verfolgt werden. Erst dadurch war es für die Wissenschaftler möglich, die absoluten Geschwindigkeiten der Kugelsternhaufen zu ermitteln. Das wiederum war die Grundlage dafür, dass auch die Masse der Dunklen Materie und somit auch die Gesamtmasse der Milchstraße berechnet werden konnten.
https://www.mdr.de/wissen/faszination-t ... t-100.html

Frage an die Mathematiker. Kann man das so stehen lassen, oder ist das kein gut recherchierter Artikel des MDR ?
Ich haben zumindest den Eindruck, dass das ok ist.

Frank hat geschrieben:
28. Jan 2021, 16:08
Wie misst man dunkle Materie, also einen "Stoff", bei dem man ja gar nicht weiß, was er ist? Oder fungiert sie nur als Platzhalter, son in der Richtung, soviel müsste es in "Tonnen"sein?

Alles steht und fällt wohl mit den Kugelsternhaufen.
Ich habe bislang insgesamt erst zwei Seiten gelesen, aber meines Wissens hat man das bisher über Entweichgeschwindigkeiten irgendwelcher Strukturen/Objekte, die man ermitteln kann, gemacht. Neu nutzt man nun die noch genaueren Gaia-Daten betreffend der Bewegung von den Kugelsternhaufen, neu aufgeteilt in verschiedene Richtungen.


Ganz gut scheinende Referenzen findet man in der englischen Wikipedia, ich will aber erst dann Empfehlungen abgeben, wenn ich sie selber gelesen habe, und das dauert seine Zeit.


Nur ein Beispiel für die Milchstrasse:
The effects of dynamical substructure on Milky Way mass estimates from the high velocity tail of the local stellar halo
Autorenschaft: R. Grand, A. Deason, S. White, C. Simpson et al.
Weakly bound halo stars have long been thought to be valuable probes of the Galactic potential at large radii, and have, since the 1980s, been used to infer the local Galactic escape speed (e.g. Caldwell & Ostriker 1981). As more of these stars became observable, statistical techniques were developed to constrain the local escape speed from parametrized modelling of the velocity distribution

Und eines für den Andromedanebel:
The Need for Speed: Escape velocity and dynamical mass measurements of the Andromeda galaxy
Autorenschaft: P. Kafle, S. Sharma, G. Lewis, A. Robotham and S. Driver
Here, we apply a novel approach to determine the dynamical mass of M31 using high velocity Planetary Nebulae (PNe), establishing a hierarchical Bayesian model united with a scheme to capture potential outliers and marginalize over tracers unknown distances. With this, we derive the escape velocity run of M31 as a function of galacto-centric distance, with both parametric and non-parametric approaches.

Freundliche Grüsse, Ralf

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