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Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 4. Apr 2018, 15:48
von Frank
Einstein hatte den Effekt bereits 1936 vorhergesagt – doch das jetzt entdeckte Extrembeispiel einer Gravitationslinse hätte ihn sicherlich überrascht. Mehr als 2000-fach heller lässt die Schwerkraftwirkung eines Galaxienclusters einen Stern erscheinen, der von der Erde aus gesehen genau hinter dem Haufen liegt. Wie ein Team um Patrick L. Kelly von der University of California in »Nature Astronomy« berichtet, handelt es sich bei dem Stern um einen Blauen Überriesen in einer Entfernung von mehr als 9 Milliarden Lichtjahren, bei einer Rotverschiebung von 1,49. Dank der enormen Verstärkung ist er der am weitesten entfernte einzeln sichtbare Stern, der jemals beobachtet wurde.
https://www.spektrum.de/news/gravitatio ... rn/1556786

https://www.nature.com/articles/s41550-018-0430-3

Haltet mich nicht für verrückt, aber mir ist da eine Sache eingefallen, die mir nicht mehr aus dem Kopf will.

Der beobachtete Stern ist ein blauer Überriese und ist 9 Milliarden Lichtjahre entfernt. Inzwischen dürfte er ja längst explodiert sein.
Somit hat sein Material, dass er bei der Explosion(wir nehmen an es wäre eine Super Nova gewesen) in den Raum geschleudert hat, 4,5 Milliardden Jahre Zeit gehabt durch den Raum zu wandern. Wenn es sich zufällig an der Stelle wieder verdichtet hätte und zu unserem Sonnensystem geworden wäre, könnten wir doch im Grunde eine Zeitreise machen und unseren "Erzeugerstern" sehen.
Das könnte doch möglich sein, oder?

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 4. Apr 2018, 17:45
von Herr5Senf
Frank hat geschrieben:
4. Apr 2018, 15:48
..., oder?

Nichts fliegt ;a schneller als Licht.
Die Rotverschiebung der Beobachtung z=1,49, Lebensdauer ca. 100 Mio Jahre, Lichtlaufzeit 9 Mrd Jahre, Rest 8,9 Mrd Jahre.
Die Einzelteile müßten relativistische Geschwindigkeiten draufhaben, um mitzuhalten.

Grüße Dip

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 5. Apr 2018, 11:29
von belgariath
Was ich nicht verstehe:
Soweit ich weiß sind die entferntesten Sterne, die wir noch als einzelnes Objekt detektieren können, circa 105 Lj entfernt. MACS J1149 Lensed Star 1 ist aber rund 1010 Lj entfernt, also um einen Faktor 105 weiter weg. Sein Strahlungsfluss wäre dann (bei gleicher absoluter Leuchtkraft) um einen Faktor 1010 geringer. Die Verstärkung des Strahlungsfluss durch den Gravitationslinseneffekt liegt (laut dem Artikel) im Bereich unterhalb von 104. Die Abschwächung durch die größere Entfernung und die Verstärkung durch den Gravitationslinseneffekt zusammen genommen, müsste dann eine Abschwächung um den Faktor 106 ergeben.
Wie kann es dann sein, dass wir ihn noch detektieren können, obwohl er 106 mal schwächer leuchtet als die gerade noch einzeln beobachtbaren Sterne?
Ist meine Angabe von circa 105 Lj für die Entfernung von gerade noch einzeln detektierbare Sterne angemessen?

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 5. Apr 2018, 13:20
von Herr5Senf
Wenn ich eine Galaxie fotografieren kann, habe ich auch alle Sterne im Foto, Problem ist hier die Auflösung des "Nebelfleckchens".
Ein Hyperriese hat absolut -10mag, ein fotografisches Teleskop (Hubble) schafft einen Zugewinn von 30mag, also wären 40mag "erkennbar".
Damit wäre die Sichtbarkeitsgrenze bei etwa 3 Mrd Lichtjahren (hat Alderamin 2014 mal ausgerechnet), und 9 Mrd ist nur dreimal weiter weg.
Die (doppelte) Gravitationslinse hat glücklicherweise einen einzelnen Stern aus seiner Umgebung herausgepickt, der durch die Helligkeit auffiel.
Er war wie eine Supernova im Nebelfleck als Einzelobjekt erkennbar und hat seine Umgebung (meßbar) 2000x überstrahlt.

Grüße Dip

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 5. Apr 2018, 19:39
von belgariath
Herr5Senf hat geschrieben:
5. Apr 2018, 13:20
[...]
Ein Hyperriese hat absolut -10mag, ein fotografisches Teleskop (Hubble) schafft einen Zugewinn von 30mag, also wären 40mag "erkennbar".
[...]
Hallo Dip,
das verstehe ich nicht ganz. Wie kommst du auf die 40mag?

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 5. Apr 2018, 19:42
von Frank
Herr5Senf hat geschrieben:
5. Apr 2018, 13:20
Wenn ich eine Galaxie fotografieren kann, habe ich auch alle Sterne im Foto, Problem ist hier die Auflösung des "Nebelfleckchens".
Ein Hyperriese hat absolut -10mag, ein fotografisches Teleskop (Hubble) schafft einen Zugewinn von 30mag, also wären 40mag "erkennbar".
Damit wäre die Sichtbarkeitsgrenze bei etwa 3 Mrd Lichtjahren (hat Alderamin 2014 mal ausgerechnet), und 9 Mrd ist nur dreimal weiter weg.
Die (doppelte) Gravitationslinse hat glücklicherweise einen einzelnen Stern aus seiner Umgebung herausgepickt, der durch die Helligkeit auffiel.
Er war wie eine Supernova im Nebelfleck als Einzelobjekt erkennbar und hat seine Umgebung (meßbar) 2000x überstrahlt.

Grüße Dip
Danke für die tolle Erklärung :well:

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 11. Apr 2018, 12:47
von belgariath
Hier noch das Hubble-Bild:
https://apod.nasa.gov/apod/ap180411.html

Echt krass, dieser Galaxienhaufen erzeugt viel interessante Effekte, so auch die Supernova Refsdal. Die wurde in dem gleichen Sichtfeld beobachtet.

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 12. Apr 2018, 22:22
von blende8
Warum war der denn 2011 nicht da, aber auf einmal 2016?

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 13. Apr 2018, 08:22
von Herr5Senf
Der mußte erstmal in den scharfen Fokus der Gravitationslinse "rutschen", eine Millimetersache.
Im Umfeld befinden sich tausende andere Sterne, die im "Gesichtsfeld" nicht aufgelöst sind.
Grüße Dip

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 13. Apr 2018, 12:29
von Frank
Herr5Senf hat geschrieben:
13. Apr 2018, 08:22
Der mußte erstmal in den scharfen Fokus der Gravitationslinse "rutschen", eine Millimetersache.
Im Umfeld befinden sich tausende andere Sterne, die im "Gesichtsfeld" nicht aufgelöst sind.
Grüße Dip
Das ist eh wie ein Sechser im Lotto.

Re: Gravitationslinse enthüllt entferntesten Stern

Verfasst: 14. Apr 2018, 21:59
von Struktron
Herr5Senf hat geschrieben:
13. Apr 2018, 08:22
Der mußte erstmal in den scharfen Fokus der Gravitationslinse "rutschen", eine Millimetersache.
Im Umfeld befinden sich tausende andere Sterne, die im "Gesichtsfeld" nicht aufgelöst sind.
Grüße Dip
Könnte dafür eine Eigenbewegung des Sterns verantwortlich sein, welche auch die Rotverschiebung erzeugt?
MfG
Lothar W.