ATGC hat geschrieben: ↑3. Nov 2017, 13:05
Wenn ich bedenke, dass der bekannte Marsmeteorit ALH 84001 erst seit 13.000 Jahren in der Antarktis herumlag und zuvor etwa 15 Millionen Jahre lang (!) im interplanetaren Raum herumtrieb, obwohl die Erde aus Sicht der Sonnengravitation günstig im Schwerefeld liegt, dürfte das bei der frühen Venus erheblich schwieriger gewesen sein, da die Erde entgegen der Schwerkraft der Sonne erreicht werden musste. Da kommt also noch ein Problem hinzu, das es beim Mars so nicht gibt: Wie beschleunige ich einen Gesteinsbrocken so, dass er sich aus dem Schwerefeld der Sonne entfernt?
Bei den Marsmeteoriten ist das vergleichsweise einfacher: Sie "fallen" nur in Richtung Sonne und treffen dann zufällig die Erde. Aber das Finden der Erde ist eben auch noch einmal so ein Glücksmoment, auch wenn man weiß, dass es ja bereits einige Male geklappt hat. Aber grundsätzlich ist Transspermie - also der Transport von biologisch kontaminiertem Gesteinsmaterial innerhalb eines Planetensystems - natürlich grundsätzlich möglich, wenn auch aufgrund der langen Verweildauern der Gesteinsbrocken im Raum reichlich unwahrscheinlich.
Es macht keinen großen Unterschied aus, ob du im inneren Sonnensystem weiter nach innen oder weiter nach außen reisen willst. Im einen Fall musst du Drehmoment und kin. Energie loswerden im anderen Fall hinzugewinnen. Eher ist es etwas schwieriger weit nach innen zu kommen.
In der Frühzeit des Sonnensystems war viel los, viele Einschläge mit sicherlich Abermilliarden von heraugeschleuderten Massen, von Staubkorngröße bis zu größeren Brocken. Ein einziges mittelgroßes Staubkorn mit Lebenssporen, das vom Mars zur Erde gelangt und hier an glücklicher Stelle gelandet wäre, hätte für eine Infektion ausreichen können.
Die Wahrscheinlichkeit für einen geeigneten Treffer erscheint mir in Anbetracht der vielen Milliarden "Schüsse" an Staubkörnern, die es gegeben haben muss, recht groß. Aus demselben Grund erscheint es mir auch wahrscheinlich, dass es "Boten" mit sehr kurzer Reisezeit von wenigen Jahren gegeben haben muss.
Die Venus ist wohl ein möglicher aber eher ein schlechterer Kandidat für eine mögliche Infektion der Erde als der Mars. Ihre retrograde Rotation lässt darauf schließen, dass sie etwa zur selben Zeit wie die Erde ein ähnliches Einschlagsereigniss erlebt hat wie die Erde mit Theia. Erst später kann Leben entstanden sein, dann hatte die Venus aber schon ihre "komische Rotation", die ihrer Habitabilität wohl wenig zuträglich gewesen sein kann. Und dass die Sonne früher schwächer strahlte als heute ist klar, jedoch waren die Atmosphären der Planeten incl. Treibhauseffekte auch anders als heute, jedenfalls kann es als recht gesichert gelten, dass der Mars in der Urzeit flüssiges Wasser trug.
ATGC hat geschrieben: ↑3. Nov 2017, 13:05
Der Mars war zwar mal recht feucht und warm mit dichterer Atmosphäre, aber die Bedingungen für ein Polymerwachstum waren - wenn überhaupt - nur kurz gegeben. Kann sein, dass es gereicht hat, dass sich dort Organismen bilden konnten, aber ob diese dann die Verfrachtung ins All und dann auf die Erde überlebt hätten, scheint mir doch eher eine Wunschvorstellung zu sein - zumal auf der Erde die Ausgangsbedingungen von Anfang an die günstigeren gewesen sind.
Jedoch war der Mars wahrscheinlich deutlich vor der Erde habitabel, schon weil er als kleinerer Planet früher abkühlen und eine feste Kruste bilden konnte - das ist ein nicht unwichtiger Punkt.
Es kommen hier noch zwei Seltsamkeiten hinzu:
1. Das Leben trat auf der Erde schon kurz nach dem Zeitpunkt auf, nachdem sie überhaupt die Grundbedingungen dafür bot (z.B. genügend abgekühlt war).
2. Alles Leben auf der Erde ist miteinander verwandt.
1. und 2. zusammen sind schon seltsam.
Denn wenn die Entwicklung von Leben aus toter Materie etwas wäre, das auf habitablen Planeten mit hoher Wahrscheinlichkeit passiert, dann würde ich erwarten, dass es mehrmals auf der Erde entstanden sein müsste, auch an räumlich weit voneinander entfernten Orten - und vor allen Dingen dann auch in gänzlich unterschiedlicher Weise, verschiedene Möglichkeiten ausschöpfend. Dieses andere Leben müsste sich dann auch heute noch an manchen Nischen finden lassen, ich halte es für unwahrscheinlich, dass es ganz ausgemerzt worden sein kann: einmal entstanden ist mikrobielles Leben äußerst zäh. Aber wir finden nirgends auf der Erde Leben, das auf rechtsdrehenden Proteinen oder RNA oder DNA beruht oder Leben, das mit anderen Basenpaaren arbeitet oder dergleichen.
Das legt nahe, dass sich Leben eben nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit aus toter Materie entwickelt, auch nicht auf habitablen Planeten.
Das widerspricht aber 1., denn es wäre in dem Fall schon ein großer Zufall nötig gewesen, dass das Leben schon so früh auf der Erde entstanden ist.
Wenn es aber mehr als einen Planeten-Kandaten für die eigentliche Entstehung des Lebens gegeben hätte (sei es nun stellar oder interstellar gesehen), dann würde eben dieser Zufall entsprechend kleiner ausfallen müssen.
ATGC hat geschrieben: ↑3. Nov 2017, 13:05
Das LDEF-Experiment konnte sogar nachweisen, dass Bakteriensporen (Bacillus subtilis) in Gesteinsmaterial über 6 Jahre hinweg zu ca. 1 Prozent überdauert haben und hernach wieder ausgekeimt sind. Aber sechs Jahre ist eine andere Größenordnung als 15 Millionen Jahre. Das Problem ist die Anhäufung von Mutationen im Genom und die fehlende Aktivität von Reparaturenzymen in tiefgefrorenem Zustand. Nach dem Auftauen bleibt dann irgendwann nur noch lebloser Matsch übrig.
Nach 250 Millionen Jahren Ur-Bakterium zum Leben erweckt
Ein Bakterium aus der Zeit, als die ersten Dinosaurier auftauchten, ist von US-Forschern erfolgreich wiederbelebt worden. Wissenschaftler sprechen vom langlebigsten je entdeckten Organismus.
London - Die Forscher um Russell Vreeland von der West Chester University im US-Staat Pennsylvania isolierten den Einzeller aus einem Salzkristall, gaben ihn in eine Nährlösung und regten ihn so zum Wachsen an.
Wie das Wissenschaftsmagazin "Nature" berichtet, stammt der etwa pflaumengroße Kristall aus alten Gesteinsschichten bei Carlsbad im US-Staat New Mexico. Die Überlebensfähigkeit der Bakterie ermögliche ihr sogar eine Reise per Himmelskörper zwischen weit entfernten Planeten im All.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 98790.html
Solche Zeitspannen reichen locker sogar für interstellare Reisen.
Ich halte die Panspermie-Hypothese für durchaus nachdenkenswert und für gar nicht so unwahrscheinlich wie wohl manch anderer.
Umgekehrt würde ich mich auch nicht wundern, dass falls es Leben auf dem Mars gibt oder gegeben hat, wenn dieses von der Erde stammen würde.