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Schrödingers Katze

Quantenmechanik, Unschärfenrelation, Welle-Teilchen-Dualismus, Rechenmethoden sowie Interpretation der Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie
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Schrödingers Katze

Beitrag von Reisende20 » 12. Okt 2015, 17:13

Moin,

wer schon immer mal das Gedankenexperiment verstehen wollte, hier ist eine schöne Übersicht:

http://www.sueddeutsche.de/wissen/unnue ... -1.1744504

Viele Grüße, Anja

Siggi

Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Siggi » 12. Okt 2015, 17:30

Hallo,

ich wollte selber zu Deinem Thema den Link auf YT von Lesch reinstellen, aber wie ich sehe hast oder kennst ihn selber auch schon.
Meine Frage wäre, was Du genau fragen oder uns mitteilen möchtest?

Ansonsten verstehe ich nur noch "Katze".

lg Siggi

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Frank » 12. Okt 2015, 19:01

Reisende20 hat geschrieben:Moin,

wer schon immer mal das Gedankenexperiment verstehen wollte, hier ist eine schöne Übersicht:

http://www.sueddeutsche.de/wissen/unnue ... -1.1744504

Viele Grüße, Anja
Erst mal ein herzliches Willkommen hier auf dem Board :)

Ist ja im Grunde nicht blos ein Gedankenexperiment :wink:
Mit freundlichen Grüßen

Frank

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von gravi » 12. Okt 2015, 19:02

Hallo Anja,

zunächst mal herzlich willkommen in unserem Forum!
Ja, das ist ein netter Link!

Der hier hat aber noch eine ergänzende Erklärung - zum besseren Verständnis (denn eigentlich ist das Gedankenxperiment Quatsch, da Schrödinger quantenmechanische Effekte auf ein makroskopisches Objekt überträgt):

http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/physik/node5.html

Netten Gruß
gravi
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Reisende20 » 12. Okt 2015, 19:12

Hallo, danke Euch allen, ich freue mich, hier im Forum zu sein. Mich würde nun interessieren, wie Ihr dieses Experiment versteht. Also ich verstehe das so:

Die ganze in der Box ist ein geschlossenes, isoliertes System und hat deshalb die Möglichkeit zweier sich überlagernder Zustände. Sobald ich die Box öffne und hineinschaue, tritt das System in Wechselwirkung mit einem anderen System und hat deshalb nur noch einen Zustand. Eigentlich völlig logisch, oder? 8)

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von positronium » 12. Okt 2015, 19:37

Reisende20 hat geschrieben:Die ganze in der Box ist ein geschlossenes, isoliertes System und hat deshalb die Möglichkeit zweier sich überlagernder Zustände.
Die Sichtweise ist leider zu einfach, wie z.B. auch auf https://de.wikipedia.org/wiki/Schr%C3%B6dingers_Katze steht. Es müsste tatsächlich "tot" und "lebend" überlagert werden, was so natürlich nicht geht.
Reisende20 hat geschrieben:Sobald ich die Box öffne und hineinschaue, tritt das System in Wechselwirkung mit einem anderen System und hat deshalb nur noch einen Zustand.
Die Katze kann sich selbst aber auch anschauen, also messen! :wink:
Reisende20 hat geschrieben:Eigentlich völlig logisch, oder? 8)
Bei mikroskopischen Zuständen, ja.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 12. Okt 2015, 23:03

Ich habe eine sehr konkrete Meinung zu dieser Art von Experiment, möchte jedoch nicht gleich zu Beginn die Diskussion in eine bestimmte Richtung lenken ...
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 12. Okt 2015, 23:29

Hallo Anja, auch von mir ein Willkommen!
Reisende20 hat geschrieben:Mich würde nun interessieren, wie Ihr dieses Experiment versteht.
Ja, schwierige Sache...

Bei dem Gedankenexperiment geht es ja darum etwas herauszuarbeiten und auf den Punkt zu bringen, was da so in der Quantenwelt ein Problem (für unser Verständnis) sein könnte.

Was haben wir?

Wir haben zunächst Messwerte und Beobachtungen, z.T. sehr seltsame Beobachtungen, wie dass z.B. scheinbar ein Teilchen an mehreren Orten gleichzeitig sein kann, dass es ein Teilchen irgendwie zu merken scheint, ob es beobachtet wird oder nicht und dass es sich dann je nach dem anders verhält, sogar noch sozusagen rückwirkend in der Zeit bzw. unter Missachtung der Lichtgeschwindigkeit als Maximalgeschwindigkeit (siehe die Experimente mit verzögerter Entscheidung). Dann haben wir auch direkt einsichtige Beobachtungen, wie z.B. die Tatsache, dass die Atome aus denen wir bestehen offensichtlich stabil sind (das dürfte klassich gesehen nicht sein: beschleunigte Elektronen, also Ladungen, die um eine andere Ladung, also Atomkerne herumfliegen, müssen laut Elektrodynamik Synchrotronstrahlung abgeben und dabei ständig Bewegungsenergie verlieren, wodurch sie unweigerlich in den Atomkern stürzen müssten).

Dann haben wir eine Theorie gefunden, die diese Welt extrem gut beschreibt, millionenfach überprüft, bisher keine Abweichung gefunden, bis auf die x-te Nachkommastelle nicht: Die Quantentheorie.

Problem bei der: Sie beschreibt gar nicht eine konkrete Welt wie sie uns vertraut ist, sondern eine Welt der Wahrscheinlichkeiten bzw. Möglichkeiten.

Jetzt geht es im Kern eigentlich "nur" um folgende Fragen:

1. Ist "Wahrscheinlichkeit" an sich schon etwas real Existierendes oder nicht, inwiefern?
Falls ja, dann kann ein Elektron (genauer: die Wahrscheinlichkeit davon) tatsächlich an vielen Orten gleichzeitig sein, dann kann auch eine Katze gleichzeitig lebendig und tot sein (wenngleich nur für sehr kurze Zeit, die sog. "Dekohärenzzeit" zumindest inderselben "einheitlichen Welt"), usw.

Zur ersten Frage direkt zugehörig:
2. Ist die Quantentheorie vollständig?
Hier geht es darum, ob unsere Welt vollständig deterministisch ist oder nicht, ob also die Beschreibung per Wahrscheinlichkeit ein vollständiges Abbild der Welt darstellt.
Das ist nicht ganz einfach: Stell dir einen Würfel vor, der oftmals gewürfelt wird. Nun habe ich eine Theorie, die mir die Wahrscheinlichkeit für jedes Würfelergebnis (mit den Beobachtungen exakt übereinstimmend) mitteilt: Sie sagt mir, dass die Wahrscheinlichkeit eine Zahl 1,2,3,4,5,6 zu würfeln jeweils exakt 1/6 ist. Mehr habe ich nicht...
Frage: Ist das zufriedenstellend? Immerhin sagt mir die Theorie ja nicht, was beim nächsten Wurf herauskommen wird. Ich weiß auch schon, dass ich das gar nicht wissen kann, dass gar keine Theorie gefunden werden kann, die mir dies vorhersagt (das kann heute als bewiesen gelten).
Wie ist das zu interpretieren?

Antwort:
Entweder wird A) das konkrete nächste Würfelergebnis echt-zufällig gewählt (d.h. dass das konkrete Ergebnis absolut keine Ursache hat!, Kopenhagener Interpretation) oder es gibt B) unsichtbare Einflüsse (= verborgene Variablen, De-Broglie-Bohm), die unter exakter Einhaltung der gegebenen Wahrscheinlichkeit "1/6" (und unter Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit als Obergrenze für Informationsübertragung) dafür sorgen, dass als nächstes genau z.B. die Zahl "5" erscheint (d.h. es gibt zwar eine Ursache, diese ist für uns nur prinzipiell unerkennbar) oder C) bei jedem Wurf erscheinen immer alle Ergebnisse 1,2,3,4,5,6! Es ist dann nur so, dass wir aus prinzipiellen Gründen immer nur eines dieser Ergebnisse beobachten können, weil wir uns indemselben Moment in ebensoviele Beobachter aufspalten (Viele Welten Interpretation).
Es gibt noch ein paar weitere, kompliziertere Varianten das zu erklären, aber A-C sind m.E. die Hauptvarianten.

Tja, was soll es sein?
Am Ende müssen wir zugeben, dass wir das beim jetzigen Wissenstand nicht entscheiden können. Somit sind diese Interpretationen bis auf Weiteres eher Philosophie und damit auch ein wenig Geschmacks- und Glaubensfrage. Möglicherweise (das halte ich für wahrscheinlich) werden wir diese Frage nach der "richtigen" Interpretation nie sicher entscheiden können.
Was wir aber wissen ist, dass die Theorie trotzdem hervorragend funktioniert, deshalb auch das bekannte "Shut up and calculate!" von Richard Feynman (was aber einfach für viele von uns unbefriedigend bleibt).


Beste Grüße
seeker
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 13. Okt 2015, 04:58

Wenn du auf einer Atombombe sitzt, welche in genau 1 Minute exakt die kritische Masse hat - also nur ein einzelnes Zerfallsneutron hin oder her darüber entscheidet, ob sie explodiert oder nicht - dann steck die Bombe in eine schwarze Papschachtel und zieh dir eine Augenbinde an.
Solange du nicht die Augenlieder hochziehst, wird die Detonation der Bombe niemals deine Netzhaut erreichen - was völlig logisch ist, da ja von Photonen, Wärmestrahlung und relativistischen Teilchen getroffen zu werden kein passiver Vorgang ist.
Man muss nur vermeiden, dass die Bombe auch keine Messung an dir vornimmt statt anders herum.
Der letzte Teil gestaltete sich schwierig, als sich herausstellte, dass komischerweise bei Atombombentests auch Augenbinden verdampft sind die kein Mensch an hatte.

Wie man merkt halte ich nicht viel von der Mittelalter-Vorstellung, dass Lichtstrahlen vom Auge zum betrachteten Objekt ausgehen statt anders herum.

Die Katze in Schrödingers hypotetischem Experiment ist also erst tot oder lebendig, wenn das radioaktive Teilchen entscheidet ob es zerfallen will oder nicht und ob die Katze dann unserem Auge aufzwängt sie in diesem Zustand registrieren zu müssen.
Der Zustand des radioaktiven Teilchens in dem Experiment ist solange unentscheidbar, bis es in unseren Vergangenheitslichtkegel eintritt.
Manche denken, die Katze ist A "weder tot noch lebendig",
fortgeschrittene interpretieren, dass die Katze B "sowohl tot als auch lebendig" ist,
weiter analysiert muss man allerdings sagen, dass weder A noch B zutrifft, da diese Begriffe einem auswertenden Kontext zuzuschreiben sind, welcher in diesem Zusammenhang keinerlei Zusammenhang oder Sinn macht.

Solange das Quanten-Ereigniss sich exakt auf dem Rand des Vergangenheitslichtkegels befindet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es genau in dem Moment gerade zerfällt nicht entscheidbar, da es eine Quantenausdehnung hat und der Akt des "endgültig irreversibel zerfallen - Seins" einer Wahrscheinlichkeitsfunktion unterliegt, welche nicht von einem Punkt sondern von dem Zustand des ganzen Areals abhängt welches vom Teilchen abhängig ist und ein wenig vom Gebiet drumherum.
Das Sperren des Teilchens mit der Phiole und Katze in eine kausal undurchdringbare Box entspricht der Vergleichssituation, dass die Katze keine Möglichkeit hat, sich in den Vergangeheitslichtkegel zu begeben und daher noch mögliche jedes Ereigniss in der unbestimmten Vergangenheit liegt.

Aber das ist nur meine Interpretation des Ganzen. Letztlich sind die ganzen Mutmaßungen und Prognosen solcher Experimente auf Systeme zurückzuführen, welche von den interpolierten Formeln abhängen, welche wir in den Naturgesetzen zu sehen glauben.
Nach dem lustigen Formeln-Raten versucht man die Formeln mit Hilfe von Experimenten auf ihre Zuverlässigkeit zu prüfen - diese können auch nur in Grenzsituationen oder Spezialfällen gültig sein, wie man an den Newtonschen Gesetzen sehen kann.
Danach macht man dann hypotetische Gedankenexperimente dazu, wie z.B. mit der Katze.
Deshalb ist die Interpretation der Prognose von Schrödingers Experiment letztlich auf die intitiale Interpretation der Formeln und Systeme der Naturgesetze zurückzuführen.
Wir können prognostizieren, dass die Katze keinen festgelegten Zustand hat, solange man die Schachtel nicht öffnet - wie das zu interpretieren ist, ist deshalb aber noch lange nicht klar.

Lieben Gruß, Skel
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 06:16

Das ist alles zu kompliziert gedacht.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 13. Okt 2015, 06:27

tomS hat geschrieben:Das ist alles zu kompliziert gedacht.
Würdest du es bevorzugen, wenn ich den einfachen Sachverhalt stattdessen in einem kleinen Satz zusammenfasse?
Ich denke eine eindeutige und akkurate Formulierung ist zwingend, da sonst mehrere Interpretationsmöglichkeiten bestehen.
Die Anzahl der Wörter macht das ganze nicht komplizierter als ein Konglomerat an überbegrifflichen Termini.
Wenn du willst beschreib ich die Ursache mit 3 Wörtern.
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 10:01

Anbei eine kurze Zusammenfassung:

Die QM basiert auf zwei Axiomen:
A) ein physikalisches System wird durch einen Zustandsvektor in einem Hilbertraum repräsentiert
B) die Zeitentwicklung dieses Zustandsvektors folgt der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär
In diesen beiden Axiomen stimmen alle Interpretationen der QM überein.

Das Problem wird m.E. am besten auf den Punkt gebracht durch das sogenannte Maudlin-Trilemma; nicht alle folgenden drei Aussagen können gleichezitg korrekt sein:
1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse

Am Beispiel des radioaktiven Präparates plus Katze: diese befinden sich zunächst entsprechend des Formalismus in einem Überlagerungszustand

|Z> = a|nicht zerfallen, lebend> + b|zerfallen, tot>

Gemäß (B) entwickelt sich der Zustandsvektor tatsächlich genau in diesen o.g. Zustandsvektor. Wenn dieser Zustandsvektor tatsächlich entsprechend (A) das System vollständig beschreibt, haben wir im Widerspruch zu (3) keinen exakt definiertes Messergebnis (z.B. immer entweder lebend oder tot).

Auswege:

1) fallen lassen
Das führt entweder zu nicht-lokalen, verborgegen Variablen, insbs. deBroglie-Bohm, also zusätzlich zu der Wellenfunktion noch die Teilchenorte mit in die Besachreibung einbeziehen; Problem ist, dass diese Theorie wohl kaum relativistisch invariant sowie für Quantenfeldtheorien formuliert werden kann.
Oder z.B. zu rein statistischen Interpretationen, d.h. dass Axiom (A) nicht mehr auf ein Einzelsysteme sondern auf Ensembles bezogen wird (auch wenn real kein Ensemble vorliegt)

2) fallen lassen
Die QM wird erweitert, die Schrödingergleichung modifiziert, so dass tatsächlich ein stochastischer Kollaps resultiert; ich halte es für unwahrscheinlich, dass dies in allen Fällen und insbs. auch für Quantenfeldtheorien zum Erfolg führen kann.

3) fallen lassen
Dies führt zur Viele-Welten-Interpretation, d.h. zu einer Auffächerung der Realität. Der o.g. Zustandsvektor wird als real angesehen; global liegen keine eindeutigen Messergebnisse vor, lediglich Zweig-lokal erlebt ein Zweig-lokaler Beobachter ein eindeutiges Messergebnis.

Ein weitere Ausweg ist, den Zustandsvektor nicht real aufzufassen, sondern lediglich als Repräsentant unseres Wissens bzgl. des Systems. Dies bedeutet letztlich, (1) und (2) fallen zu lassen, d.h. Axiom (A) bezieht sich nicht mehr auf das physikalische System sondern auf unser Wissen über das physikalisches System; damit entspricht der Kollaps lediglich einem "Reset" unseres Wissens nach einer Messung, nicht einem tatsächlichen physikalischen Prozess.

Weitere Axiome der QM: Insbs. im Kontext der für mich "vernünftigen" Interpretationen wie der Ensemble-Interpretation sowie der nicht-realistische (insbs. der orthodoxen / von-Neumannschen) Interpretationen existieren weitere Axiome, insbs.:
C) im Zuge der Messung einer Observablen A kollabiert der Zustandsvektor |Z> in einen Eigenzustand |a> mit Eigenwert = Messwert a der gemessenen Observablen mit einer Wahrscheinlichkeit p(a) entsprechend der Bornschen Regel p(a) = <a|Z>



Meine Bewertung:

deBroglie-Bohm sowie reale Kollaps-Theorien halte ich für einen Sackgasse. Die Ensemble-Interpretation ist minimalistisch und sinnvoll, jedoch insofern unbefriedigend, als sie keine Aussagen über Einzelsysteme macht. Agnostische bzw. nicht-realistische Interpretationen, in denen der Zustandsvektor nicht real sondern lediglich als Repräsentant unseres Wissen aufgefasst wird, halte ich ebenfalls genau deswegen für unbefriedigend. Da ich an eine physikalische Theorie den Anspruch habe, dass sie das einzelne physikalische System mathematisch/ strukturtell korrekt beschreibt, bleibt für mich lediglich Alternative (3). D.h. ich vertrete die Viele-Welten-Interpretation (in ihrerer modernen Fassung auf Basis der Dekohärenz).

Letztere hat außerdem den Vorteil, dass sie keinen Begriff "Messung" in die Axiome einführen muss, ohne den Unterschied zwischen "Messung" im Sinne von (C) und gewöhnlicher Wechselwirkung im Sinne von (B) erklären zu können. Insbs. steht (C) im Widerspruch zu (B), ohne dass klar wäre, wann und warum (B) oder (C) Anwendung finden soll. Insofern ist es folgerichtig, dass die Viele-Welten-Interpretation auf das Axiom (C) verzichtet und dieses stattdessen als Theorem ableiten will.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 13. Okt 2015, 10:41

Wir sollten die Dinge vielleicht so erklären/sagen, dass es Reisende20 versteht (der Name gefällt mir... :) ), aber ok warten wir ab, was sie (du) dazu sagt (sagst)... damit wir das besser beurteilen können.

Tom, deine Haltung ist klar und schön kurz und knackig dargestellt.
Ich denke nur: "Wer A sagt sollte auch B sagen!"

Daher die Frage:
Wenn du der VWI anhängst, dann kommst du zu einem Prinzip, das lautet: "Schlichtweg alles was möglich ist, also durch die gegebenen naturgesetzlich-mathematischen Strukturen nicht verboten ist, wird auch geschehen!"
...und zwar durch Separation und damit (durch Verzweigung) Reduktion einer zuvor stets größeren Unzahl bzw. Unendlichkeit von Möglichkeit zu vereinzelten, quasi-konkreten Zweigen.

Gut, nun zur eigentlichen Frage:
Muss man dieses Prinzip dann nicht konsequenterweise auch auf die bei uns sichtbaren naturgesetzlich-mathematischen Strukturen selbst anwenden, auf ihre Herkunft?
Wenn man das tut, dann kommt man m. E. nämlich zwangsläufig zu der Aussage: "Alle mathematischen Strukturen (bzw. ihr physikalisches Pendant), die möglich sind, existieren auch, ganz real!"
...irgendwo im Anderswo.
Und damit: "Es existiert schlichtweg alles!"

Grüße
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von deltaxp » 13. Okt 2015, 12:53

seeker hat geschrieben:Wenn man das tut, dann kommt man m. E. nämlich zwangsläufig zu der Aussage: "Alle mathematischen Strukturen (bzw. ihr physikalisches Pendant), die möglich sind, existieren auch, ganz real!"
...irgendwo im Anderswo.
Und damit: "Es existiert schlichtweg alles!"

Grüße
seeker
es gibt Physiker, Seeker, wie Max Tegmark z.B., die vertretem genau diese Auffassung. Ich folge dem nicht ganz soweit, sondern denke schon, daß es eine Auswahl von mathematischen Strukturen gibt, die die Realität beschreiben, und unsere ist eine, aber nicht dass es alle tun. Das ist letzlich das parallel-Universum der zweiten art. aber selbst 4 heisst nicht das ALLES möglich ist, Es muss selbst dann immer noch den regeln der algebraischen Strukturen folgen.

Tegmark gibt 4 Sorten von Paralleluniversen an:

1. Art: Einfach das unser Universum so verdammt groß ist, dass sich in den unendlich vielen hubble-sphären auch dinge wiederholen
2. Art: Parallel-Universen-Blasen (wovon viele wie 1. Art sein können) im Rahmen der ewigen Inflation, die sich in Ihren Naturgesetzen unterscheiden durch verschiedenene symmetriebrechungen z.b. unterschiedliche vacuua etc. pp (s. stringtheorie, aber man muss diese dazu nicht bemühen)
3. Art die quantenmechansche viele-welten-Interpretation (nebst dekohärenz). Leonard susskind vetritt z.b. die Auffassung, dass 1 und 3 sich als das gleiche erweisen könnten, dual zueinander sind.
4. Art: das Universum ist eine algebraische Struktur, alle algebraische Strukturen könnten realisiert sein.

das 4.te sehe ich als etwas übertrieben an, aber 1,2 gepaart mit 3 schon (fast) alles ermöglichen.
die quantenmechanische viele-welten-Interpretation (mit dekohärenz) ist aber auch glaub ich als Theorie noch nicht vollkommen klar.

aber da alle paralleluniverseen keine kausalen zusammenhang hang wird es wohl schwer werden jemals empirische Daten zu wenigsten einem zu erhalten.

aber man soll niemals nie sagen: "warp 5 mr. zulu" :)

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 13. Okt 2015, 13:39

Ja, ich kenne Tegmarks Aussagen rudimentär, ich weiß nur noch nicht, ob er wirklich konsequent bis zum Ende damit geht.
deltaxp hat geschrieben:Ich folge dem nicht ganz soweit, sondern denke schon, daß es eine Auswahl von mathematischen Strukturen gibt, die die Realität beschreiben, und unsere ist eine, aber nicht dass es alle tun.
Wie willst du das begründen? Wenn schon denn schon... Was du hier tust ist m. E. eine Zusatzannahme einzuführen, ganz analog der Zusatzannahme "Kollaps" bei der Kopenhagener Interpretation.
Problem: Dieses Vorgehen wiedersprichst dem Ockhamschen Gebot der Sparsamkeit in den Annahmen.
Die Annahme "Es existiert schlichtweg alles!" ist dahingehend einfacher/sparsamer und auch konsequenter. Am Ende muss man daher sogar noch größer denken als "alle algebraischen Strukturen", man muss "schlichtweg alles" denken, wenn man konsequent sein will - das ist die Krux an der Geschichte.

Grüße
seeker
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 14:43

seeker hat geschrieben:Tom, deine Haltung ist klar und schön kurz und knackig dargestellt.

...

Und damit: "Es existiert schlichtweg alles!"
Nein, das sollten wir (jetzt) nicht tun.

Eigtl. bin ich schon zu weit gegangen, indem ich meine Meiunung zu sehr in den Vordergrund gerückt habe.

Man sollte m.E. die beiden Axiome an den Anfang stellen, dann das Maudlin-Trilemma darstellen, sowie die Auswege auflisten. Zunächst mal eine realistisch-ontologische Haltung mit den skizzierten Auswegen, dann eine rein epistemische / anti-realistische / agnostische Haltung.

Ich hätte die Wertung und meine Vorliebe weglassen sollen (außer bei dBB und physikalischem Kollaps; das ist m.E. Quatsch; wenn mir jemand zeigt, wie die QCD damit formulierbar ist, dann reden wir weiter)
Gruß
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 14:52

Anbei eine gekürzte Zusammenfassung ohne Vorlieben:

Die QM basiert auf zwei Axiomen:
A) ein physikalisches System wird durch einen Zustandsvektor in einem Hilbertraum repräsentiert
B) die Zeitentwicklung dieses Zustandsvektors folgt der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär
In diesen beiden Axiomen (oder Varianten) stimmen alle Interpretationen der QM überein.

Das Problem wird m.E. am besten auf den Punkt gebracht durch das sogenannte Maudlin-Trilemma; nicht alle folgenden drei Aussagen können gleichzeitig korrekt sein:
1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse

Am Beispiel des radioaktiven Präparates plus Katze: diese befinden sich zunächst entsprechend des Formalismus in einem Überlagerungszustand

|Z> = a|nicht zerfallen, lebend> + b|zerfallen, tot>

Gemäß (B) entwickelt sich der Zustandsvektor tatsächlich genau in diesen o.g. Zustandsvektor. Wenn dieser Zustandsvektor tatsächlich entsprechend (A) das System vollständig beschreibt, haben wir im Widerspruch zu (3) keinen exakt definiertes Messergebnis.

Auswege:

1) fallen lassen
Das führt entweder zu nicht-lokalen, verborgenen Variablen, insbs. deBroglie-Bohm, also zusätzlich zu der Wellenfunktion noch die Teilchenorte mit in die Beschreibung einbeziehen; Problem ist, dass diese Theorie wohl kaum relativistisch invariant sowie für Quantenfeldtheorien formuliert werden kann.
Oder z.B. zu rein statistischen Interpretationen, d.h. dass Axiom (A) nicht mehr auf ein Einzelsysteme sondern auf Ensembles bezogen wird, selbst wenn real kein Ensemble vorliegt.

2) fallen lassen
Die QM wird erweitert, die Schrödingergleichung modifiziert, so dass tatsächlich ein stochastischer Kollaps resultiert; es ist unwahrscheinlich, dass dies in allen Fällen und insbs. auch für Quantenfeldtheorien zum Erfolg führen kann.

3) fallen lassen
Dies führt zur Viele-Welten-Interpretation, d.h. zu einer Auffächerung der Realität. Der o.g. Zustandsvektor wird als real angesehen; global liegen keine eindeutigen Messergebnisse vor, lediglich Zweig-lokal erlebt ein Zweig-lokaler Beobachter ein eindeutiges Messergebnis.

Ein weiterer Ausweg ist, den Zustandsvektor nicht-real als Repräsentant des Systems aufzufassen, sondern rein epistemisch als Repräsentant unseres Wissens bzgl. des Systems. Dies bedeutet letztlich, (1) und (2) fallen zu lassen, d.h. Axiom (A) bezieht sich nicht mehr auf das physikalische System sondern auf unser Wissen über das physikalisches System; damit entspricht der Kollaps lediglich einem "Reset" unseres Wissens nach einer Messung, nicht einem tatsächlichen physikalischen Prozess.

Weitere Axiome der QM: Insbs. im Kontext der nicht-realistischen Interpretationen wie der Ensemble-Interpretation sowie der orthodoxen / von-Neumannschen Interpretationen existiert ein weiteres Axiom:
C) im Zuge der Messung einer Observablen A kollabiert der Zustandsvektor |Z> in einen Eigenzustand |a> mit Eigenwert = Messwert a der gemessenen Observablen mit einer Wahrscheinlichkeit p(a) entsprechend der Bornschen Regel p(a) = <a|Z>

Unterschiedliche Interpretationen sind also nicht zwingend vollständig äquivalent, da sie bzgl. der Axiome voneinander abweichen können. Das letzte Axiom hat den Nachteil, dass der Begriff "Messung" eingeführt wird, ohne den Unterschied zwischen "Messung" im Sinne von (C) und gewöhnlicher Wechselwirkung im Sinne von (B) präzise definieren zu können. Insbs. steht (C) im Widerspruch zu (B), ohne dass klar wird, wann und warum (B) bzw. (C) Anwendung finden soll.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von seeker » 13. Okt 2015, 15:32

Na ja, das ist mir soweit im Großen und Ganzen klar. Und OK, stellen wir das stark Philosopische etwas zurück.
Ich finde die Darstellung über das Maudlin-Trilemma auch sehr gut und habe dem im Moment gar nichts hinzuzufügen.

Vielleicht sollten wir warten, ob noch jemand abgeholt werden möchte oder sich äußern möchte und vielleicht sollte man noch die Brücke hierzu besser schlagen:
Reisende20 hat geschrieben:Mich würde nun interessieren, wie Ihr dieses Experiment [Schrödingers Katze] versteht. Also ich verstehe das so:

Die ganze in der Box ist ein geschlossenes, isoliertes System und hat deshalb die Möglichkeit zweier sich überlagernder Zustände. Sobald ich die Box öffne und hineinschaue, tritt das System in Wechselwirkung mit einem anderen System und hat deshalb nur noch einen Zustand. Eigentlich völlig logisch, oder?
Ganz so einfach ist es nämlich nicht...

Grüße
seeker
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von deltaxp » 13. Okt 2015, 15:58

seeker hat geschrieben:Wie willst du das begründen? Wenn schon denn schon... Was du hier tust ist m. E. eine Zusatzannahme einzuführen, ganz analog der Zusatzannahme "Kollaps" bei der Kopenhagener Interpretation.
Problem: Dieses Vorgehen wiedersprichst dem Ockhamschen Gebot der Sparsamkeit in den Annahmen.
Die Annahme "Es existiert schlichtweg alles!" ist dahingehend einfacher/sparsamer und auch konsequenter. Am Ende muss man daher sogar noch größer denken als "alle algebraischen Strukturen", man muss "schlichtweg alles" denken, wenn man konsequent sein will - das ist die Krux an der Geschichte.

Grüße
seeker
Nach bisherigen wissen lässt sich unser Universum sehr gut durch Mathematik beschreiben, also algebraische Strukturen (mit der Hoffnung, dass es irgendwann mit der ToE mal nur eine ist).

ist die Frage ob man Parallel-Universen der zweiten Art, die durch andere Bedingungen andere Vacuumlösungen mit anderen (Niederenergie) naturgesetzten
als andere algebraische Struktur beschreibt oder halt als eine Zusammenfasst. darüber kann man streiten.

Ockhams Rasiermesser greift mit dieser Interpretation nicht. eine ToE kann eine einfache Algebraische Struktur im hochenergie-Limit sein, aber sehr viele Lösungen haben.

So wie man z.B. ein Gravitationsgesetz hat aber Milliarden verschiedene Planetensystem-Konfigurationen, oder wie man mit wenigen Elementen eine schiere Unzahl komplexer Moleküle schaffen. Oder eine sorte Wasser kann flüssig, gasförmig, fest und letzteres mit sehr vielen kristall-Konfigurationen bei Schnee z.b. aber es ist nur Wasser. Das sind nur Lösungen aufgrund der Umgebungsbedingungen.

es ist en Unterschied ob man die Vielfalt im Modell mit parametrisieren will (Ockhams Ballast) oder ob sich eine Vielfalt an Lösungsmöglichkeiten mit wenigen Parametern im Modell von selbst ergibt (Oockhams Sparsamkeit). Da muss man immer aufpassen.

Ich persönlich bin kein Freund von Tegmarks 4 variante.

Aber z.B. die variante 3 setzte eben wenig voraus, nur das was Tom schrieb. Axiom 1 und 2. und eigentlich gibs auch nur eine QM-Universum, nur der durch die dekohärenz folgende zerfall in lokale nicht kausalwechselwirken sub-hilbertraum-Bereiche erzeugt für den dortsitzenden beobachter das scheinbare wirrwar.

und wie ich sagte: ich unterstütze ja auch nicht das "schlichtweg alles". Für Parallel-Universen 1-3 gibt es vernünftige Argumente, 1 und 2 durch das Inflationsmodell (was sich natürlich auch noch als falsch herausstellen kann, die BICEP-Analyse war ja doch n reinfall :P), 3 durch die nackte QM OHNE Interpretationsballast, einfach nur aus Konsequenz des dynamischen Verhaltens.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 13. Okt 2015, 16:27

Das Problem das ich sehe ist der Umstand, dass "lokal" die Gültigkeit in nur einem Punt-förmig ausgedehnten Gebiet umfasst.

Zu Ockham: Völlig unangebracht es hier einzusetzen.
Es ist matematisch nunmal so, dass es selbst sehr einfache deterministische Strukturen gibt, welche mathematisch nicht in endlichen Schritten beschreibbar sind oder deren Berechnung eine Punktwolke in zu vielen Dimensionen voraussetzt, als dass sie von Innerhalb des Universums mit dreidimensionalen Mitteln berechenbar wäre.
So wie nicht jede mathematische Kurve algebraisch darstellbar ist, so ist auch nicht jedes Vektorfeld mathematisch beschreib- oder berechenbar.
tomS hat geschrieben: In diesen beiden Axiomen (oder Varianten) stimmen alle Interpretationen der QM überein.
Das muss heissen:
"Mit diesen beiden Axiomen (oder Varianten) stimmen alle Interpretationen der QM überein."
Was einen enormen Unterschied der Aussage macht.

Jede deiner folgenden frei Aussagen
1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse
lässt sich darauf herunterbrechen, dass sämtliche Parameter von sowohl Bild- als auch Urbildmengen vollständig bekannt und messbar sein sollen, was sie aber nicht sind.
Es werden keine Zustände auf andere Zustände abgebildet, sondern nur Zustandsmengen auf andere Zustandsmengen.

Es gibt hier nun vielerlei Möglichkeiten und Argumentationen, mit denen ich weitermachen könnte, aber ich muss/sollte mich auf etwas beschränken was von den anderen noch nicht diskutiert oder geäußert wird. Deshalb sage ich mal, dass ein zerfallendes Teilchen in Wechselwirkung mit seiner Umgebung steht. Weder das räumlich ausgedehnte Teilchen ist vollständig mathematisch beschreibbar, noch die infintesimale Umgebung des Berührpunktes von Vergangenheits- und Zukunfts-Lichtkegels.

Das ist zwar auf eine völlig andere Art beschrieben, ist aber völlig äquivalent dazu, dass Teilchen als auch Ursachen keine punktförmigen Ereignisse sind.
Es ist einfach nicht möglich, den Zustand eines Teilchens von nur einem Punkt lokal abhängig zu machen.
Die brauchbarste Lösung ist die möglichen momentanen Zustände eines Systems oder Teilchens auf welche durch die Messung möglich sind "summenartig" und wahrscheinlichkeitstheoretisch zusammenzufassen. Und genau daher rühren meiner Meinung nach die ganzen Probleme, welche uns die Quantenmechanik beschert.

Die VWI gibt auch wenig Aufschluss, wenn man bedenkt, dass auf quantenebene die Zeit keine Vorzugsrichtung hat. Jeder Vorgang im Universum kann viele Resultate haben, wenn man die Ausgangsparameter nicht vollständig messen kann und Mengen an raumartig ausgedehnten Zuständen dieselben punktartig gemessenen Messergebnisse liefern.
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  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 16:57

Ich stimme deltaxp zu.

Allerdings sehe ich im Umfeld von Tegmarks No. 4 schon, wo seine Idee herkommt; und ich sehe keine gute Alternative.

1) Setzt man das Konstruktionsprinzip "lokale Eichtheorie" voraus, so existiert eine abzählbar unendliche Menge zulässiger Eichtheorien (wobei abzählbar unendlich viele wg. Anomalien ausgeschlossen werden)
2) Setzt man das Konstruktionsprinzip "Spinnetzwerk" voraus, so existiert eine abzählbar unendliche Menge zulässiger Theorien (vgl. Eichtheorien)
3) Setzt man das Konstruktionsprinzip "String- / M-Theorie" voraus, so folgt aus (vermutlich) einer einheitlichen Theorie eine abzählbar unendliche Menge von Vakua (das gefällt uns auch nicht wirklich)
4) Evtl. existiert ein Prinzip, das 4 Dimensionen dynamisch auszeichnet (auf Basis dimensionsfrei formulierter Spin-Netzwerken sowie CDT u.a. Ansätze zur QG sieht man Anzeichen dafür; ich habe selbst eine sehr rudimentäre Idee, wie auf Basis homöomorpher jedoch nicht diffeomorpher, n-dim. Mannigfaltigkeiten n=4 ausgezeichnet sein könnte)

Nur, wie legt eine ToE ihre eigene algebraische Struktur fest? Oder wie wird auf der Meta-Ebene das Konstruktionsprinzip ausgewählt? Ich habe keine Ahnung!!
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 17:03

Skeltek hat geschrieben:
tomS hat geschrieben: In diesen beiden Axiomen (oder Varianten) stimmen alle Interpretationen der QM überein.
Das muss heissen:
"Mit diesen beiden Axiomen (oder Varianten) stimmen alle Interpretationen der QM überein."
Was einen enormen Unterschied der Aussage macht.
Verstehe ich nicht
Skeltek hat geschrieben:Jede deiner folgenden drei Aussagen
tomS hat geschrieben: 1) der Zustandsvektor ist eine vollständige Beschreibung der physikalischen Eigenschaften des Systems (Verschärfung von Axiom A)
2) die Zeitentwicklung des Zustandsvektors folgt (immer!) der Schrödingergleichung und ist damit linear und unitär (Axiom B)
3) Experimente haben exakt definierte Ergebnisse
lässt sich darauf herunterbrechen, dass sämtliche Parameter von sowohl Bild- als auch Urbildmengen vollständig bekannt und messbar sein sollen, was sie aber nicht sind.
Es werden keine Zustände auf andere Zustände abgebildet, sondern nur Zustandsmengen auf andere Zustandsmengen.
Verstehe ich nicht
Skeltek hat geschrieben:Deshalb sage ich mal, dass ein zerfallendes Teilchen in Wechselwirkung mit seiner Umgebung steht. Weder das räumlich ausgedehnte Teilchen ist vollständig mathematisch beschreibbar, noch die infintesimale Umgebung des Berührpunktes von Vergangenheits- und Zukunfts-Lichtkegels.
Aber natürlich. Gemäß der QM / QED ist das vollständig mathematisch beschreibbar.

Allerdings ...
Skeltek hat geschrieben:Das ist zwar auf eine völlig andere Art beschrieben, ist aber völlig äquivalent dazu, dass Teilchen als auch Ursachen keine punktförmigen Ereignisse sind.
Es ist einfach nicht möglich, den Zustand eines Teilchens von nur einem Punkt lokal abhängig zu machen.
Die brauchbarste Lösung ist die möglichen momentanen Zustände eines Systems oder Teilchens auf welche durch die Messung möglich sind "summenartig" und wahrscheinlichkeitstheoretisch zusammenzufassen. Und genau daher rühren meiner Meinung nach die ganzen Probleme, welche uns die Quantenmechanik beschert.
Die QM / QFT verwendet in ihrer grundlegenden Formulierung keine Teilchen, keine punktförmigen Entitäten und keine Wahrscheinlichkeiten. Die QM verwendet nicht mal einen Begriff der Lokalisierung oder des Ortsraumes.
Skeltek hat geschrieben:Die VWI gibt auch wenig Aufschluss, wenn man bedenkt, dass auf quantenebene die Zeit keine Vorzugsrichtung hat. Jeder Vorgang im Universum kann viele Resultate haben, wenn man die Ausgangsparameter nicht vollständig messen kann und Mengen an raumartig ausgedehnten Zuständen dieselben punktartig gemessenen Messergebnisse liefern.
Das ist überhaupt nicht das Problem.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Skeltek » 13. Okt 2015, 18:32

Hey Tom,
Problem ist, dass Messungen die Zustände nicht injektiv auf Messergebnisse abbilden, das geht schon allein aufgrund der Unmöglichkeit der restlosen Messung aller Parameter nicht(was aber jetzt ein anderes Thema ist als die Unschärferelation, welche durch Messungenauigkeit verursacht wird).
Was deltaxp beschreibt (dem ich völlig zustimme) ist auch in umgekehrter Richtung auffassbar.
Jedes Planetensystem oder Punktwolke kann unendlich viele Konfigurationen haben, auch wenn alle denselben Regeln gehorchen.
Auch wenn nun Experimente unsere Regeln bestätigen(dass alle Konfigurationen denselben Regeln gehorchen), bedeutet das noch lange nicht, dass wir die Zustände einer Punktwolke vollständig erfassen können.
Das von dir nicht geschätzte Bohm-Brooglie-Theorem baut z.B. darauf auf, dass nicht alle Parameter bekannt sind. Diese unterscheiden sich trotzdem rundsätzlich von verborgenen Variablen, da sie nicht lokal sind.
deltaxps Gedankengang(den ich als einen anderen Aspekt des Problems auffasse) geht aber in eine recht ähnliche Richtung.
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  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von tomS » 13. Okt 2015, 18:47

Skeltek hat geschrieben: Problem ist, dass Messungen die Zustände nicht injektiv auf Messergebnisse abbilden ...
Das Konzept kenne ich in der QM nicht. Zustände sind Zustände, Messergebnisse sind Messergebnisse.
Skeltek hat geschrieben: Das von dir nicht geschätzte Bohm-Brooglie-Theorem baut z.B. darauf auf, dass nicht alle Parameter bekannt sind. Diese unterscheiden sich trotzdem rundsätzlich von verborgenen Variablen, da sie nicht lokal sind.
Viel einfacher. Es gibt Wellenfunktionen und Teilchenorte.

Ich habe immer noch keine Idee, worauf die hinauswillst.
Gruß
Tom

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Re: Schrödingers Katze

Beitrag von Reisende20 » 13. Okt 2015, 19:10

:sp: Oha, starker Tobak. Ich danke Euch allen für Eure Interpretationen. Ich habe mich gerade durch die Antworten gearbeitet und viele neue Termini kennengelernt. :D Sollte vielleicht vorwegschicken, dass ich Klassische Archäologin bin mit einem Fevel für Astronomie und Science Fiction.

Mir fehlt jetzt leider der physikalische Background, um in Eurer Diskussion mitzumischen. Die ist sehr "fachbegrifflastig". Allerdings fasziniert mich schon lange der Gedanke der verzweigten Realitäten. Je nachdem, welche Entscheidung getroffen wird, welches Ereignis eintritt, "spaltet" sich die Kausalkette auf. Könnten sämtliche Realitäten parallel existieren? Wird nur eine letzenendens reell? Wenn ja, welche und warum? So wäre die Katze halt in einer Realiät tot, in der nächsten lebendig, jenachdem, wie sich das Atom entscheidet :mrgreen:

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