Seite 5 von 5

Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Verfasst: 28. Aug 2013, 10:29
von seeker
Ich habe das Buch von Zeh und stehe der VWI seither viel positiver gegenüber.
Zeh kann wirklich gute und überzeugende Argumente anführen.
Dennoch bin ich noch nicht ganz überzeugt.
deltaxp hat geschrieben:nehmen wir an, die inflationstheory ist ein korrekte beschreibung (auch das muss beileibe nicht sein) und experimente zeigen, dass jnur ein bestimmtes modell gültig ist, aber mit diesem modell fängt man sich dann auch zwangsläufig eine ewige inflation ein. was nun. wir lassen die theory gelten um die homogenen eigenschaften unseres universums zu erklären, aber leugen die zwingende konsequenz dass dieses modell auch viele weitere hervorbringt ?

wer a sagt muss dann auch b sagen.
Ja, schon. Die Frage, die sich aber immer noch stellt ist, wie hoch will man dieses "b" bewerten, wie "hart" ist dies als Faktum zu sehen ?
Genauso hoch wie "a" oder doch etwas geringer?

Man darf auch nicht vergessen, dass dieses Szenario idealisiert ist und so nicht vorkommen wird, schon deshalb, weil jede Theorie und Erkenntnis vorläufig bleiben muss.
deltaxp hat geschrieben:das liegt daran, dass du als makroskopisches objekt durch dekohärenz dich selbst als lokal klassisch wahrnimmst und logischerweise ebenso makroskopische objekte (oder quantenobjekte, die durch messung in wechselwirkung mit makrosikopischer umgebung stehen un innerhalb von sekundenbruchteilen deköharieren, was in der kopenhagener interpretation als kollaps bezeichnet wird, was in der Dekohärenztheorie aber nichts weiter als verschränkung mit der umgebung ist, was für das quantenmechanische untersystem als dekohärenz erscheint.
Das ist aber harter Tobak, denn dann bin ich gar nicht real oder "Realität" ist in dem Fall etwas erheblich anderes als wir früher dachten, wobei wir dabei nicht mehr erkennen können, was sie denn IST. Eine Wahrscheinlichkeit? Eine diffuse Welle?


Vielleicht müssen wir auch nur die richtigen Fragen stellen.

Worüber reden wir hier eigentlich?
Für wen ist es wichtig, ob nun Kopenhagen oder VWI oder Bohm oder... Recht hat? Inwiefern? Geht es hier vielleicht "nur" um ein weltanschauliches Problem?
Beeinflusst das die Arbeit der Theoretiker oder der Praktiker? Inwieweit? (Ich glaube schon, dass gewisse Einflüsse bestehen. Wie weit gehen die in der Realität?)
Ist die Frage überhaupt (wenigstens im Prinzip) entscheidbar?

Ich glaube es ist wahrscheinlich am vernünftigsten , wenn man hier eine anthropozentrische Haltung einnimmt.
D.h. ich frage nicht mehr primär danach "was IST" bzw. "was wahr ist", sondern ich bescheide mich und frage nur noch "was für uns ist", also was für uns relevant ist.
Mit Relevanz identifiziere ich die Wirksamkeit. Was uns nicht betrifft, nicht auf uns wirkt ist für uns nicht relevant.
Je direkter etwas auf uns wirkt, desto relevanter ist es, desto mehr Bedeutung hat es für unsere Wirklichkeit.

Daraus folgt, dass man die "Härte" eines Faktums bzw. einer Erkenntnis in etwa so (absteigend) unterteilen kann:

1. direkt beobachtbare, reproduzierbare Dinge
2. indirekt beobachtbare Dinge
3. prinzipiell beobachtbare Dinge
4. berechenbare aber unbeobachtbare Dinge
5. prinzipiell berechenbare Dinge
6. Interpretationen

Daraus folgt dann z.B., dass direkte Bebochtungen einen höheren Stellenwert haben als Berechnungen und auch dass die Wellenfunktion 'an sich' einen höheren Stellenwert hat als die QM-Interpretationen (VWI, etc.); genauso hat dann die Beschreibung+Beobachtung eines SL vor dem EH einen höheren Stellenwert als die Beschreibung des SL hinter dem EH, genauso mit dem beobachtbaren Universum und dem unbeobachtbaren Universum, etc.

Grüße
seeker

Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Verfasst: 28. Aug 2013, 10:58
von deltaxp
tomS hat geschrieben:@deltaxp: Ich beschäftige mich gerade mit MWI und Dekohärenz und lese dazu einige Artikel. Grundsätzlich: WENN die Ideen der MWI beweisbar (!) zutreffen - was oft behauptet wird - dann ist das alles völlig unproblematisch, auch bzgl. der Interpretation. Aber es sieht wohl so aus, als ob nicht nur die Interpretation exotisch, sondern auch die Beweise lückenhaft wären.

Ich stand der MWI lange Zeit sehr kritisch gegenüber. Dann hat es bei mir "Klick" gemacht und ich habe verstanden, was sie eigtl. bedeutet und wie die Welten bzw. besser Zweige aufzufassen sind. Damit war mir klar, dass ich die MWI vertreten kann oder muss - wenn einige meiner Einwände geklärt und die zentralen Behauptungen bewiesen werden können. Aber genau das scheint nicht der Fall zu sein.

Ich werde das demnächst mal in einem Artikel zusammenfassen.
oh das wäre super

Re: Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?

Verfasst: 28. Aug 2013, 11:11
von deltaxp
seeker hat geschrieben:Das ist aber harter Tobak, denn dann bin ich gar nicht real oder "Realität" ist in dem Fall etwas erheblich anderes als wir früher dachten, wobei wir dabei nicht mehr erkennen können, was sie denn IST. Eine Wahrscheinlichkeit? Eine diffuse Welle?
du bist so real wie jedes teilchen auch. der einzige unterschied ist, im gegensatz zur meisten materie hast du bewusstsein und machst dir deshalb über die realität gedanken, die aber letzlich auch aus nichts anderem als ionenströme sind und damit teil der "weltenwelle" :P

die frage nach wahrscheinlichkeit ist in der tat soweit ich weiss auch eine der lücken in der dekohärenztheory, da dort jede möglichkeit sich entwickelt. wie sind da unterschiedliche amplituden der wellenfunktion zu interpretieren ? (ich persönlich habe da so meine vorstellung wie man das evtl berücksichtigen könnte, aber naja ...)

das problem ist, wenn man zulange aus unserem blickwinkel darüber nachdenkt, wird es immer verrückter bis man es irgendwann selbst wird. ich versuche das ganze daher etwas mit einem schmunzeln zu betrachten. aber in der tat, es ist schon übel, und ich gehöre ebenfalls zu denjenigen, die die konsequenzen der
konsequenten quantenmechanik lieber nicht zu nahe an meinem klassisch geprägten verstand ranlassen, das kann sonst echt verstörend sein :P.

vom andern thread reinkopiert:
positive hat geschrieben: Ist halt aber auch doof und sagt nichts aus wenn man nicht weiß in welche Welt man als nächstes landet? Wie wird in der VWI der Kollaps interpretiert?
das ist ja gerade der witz, es gibt keinen kollaps der , nenne ich sie mal globalen wellenfunktion.

ein kollaps erscheint dort nur lokal wenn ein isoliertes (kein kausalen zusammenhang zur umgebung) quantenmechanisches untersystem (was wir präparierten eigenzustand nennen) in wechselwirkung mit der umgebung gerät und sich mit dieser verschränkt (was wir messung nennen) und somit für das untersystem selbst, die zuvor festen phasenbeziehungen enden und im untersystem selbst defacto dan gemischt vorliegen. die verschränkung des untersystems mit der umwelt bedeutet die dekohärenz für das untersystem selbst, was von der umgebung heraus betrachtet als kollaps erscheint, denn das geht schnell (je nach umgebung und grösse des quantnmechanischen untersystems (1 teilchen, mehrere teilchen etc), aber die wellenfunktion untersystem+umgebung ist nicht kollabiert sondern hat sich nur entwickelt.

es ist sicher schwer klassisch zu beschreiben,m denn klassig ist ja dekohäriert. ich weiss nicht, vielleicht kann man sich diesen prozessiert irgendwie als diffusion und verdünnung von konzentrierter information vorstellen. du hast einen tropfen tinte (die information des untersystems im reinen quantenzsstand, feste phasenbeziehungen, quantenzahlen). dann fällt der ins wasser (wechselwirkung mit der umgebung) und diffundiert rasch (information, phasenbeziehung etc des untersystems wandern ab in die umgebung). insgesamt haben sich wasser+tinte nur entwickelt, die info der tinte ist nun nur verteilt über das gesamtsystem, aber sie ist noch da. wenn du lokal in dem gebiet gebiet guckst, wo der tintentropfen reingeknallt ist, findest du nur noch ein bisserl tinte, stark verdünt (dekohäriert). ich weiss, das bild hinkt natürlich vorn und hinten, aber nen versuch wars vielleicht wert.