tomS hat geschrieben: ↑16. Jan 2020, 10:06
Fangen wir von hinten an: der berühmte Satz Einsteins zu Heisenberg ist natürlich sehr plakativ, jedoch irreführend: die Theorie entscheidet nämlich nur, was theoretisch gemessen werden kann - und das auch nur dann, wenn die Theorie den Begriff der Messung vernünftig definiert.
Nun ja, theoretische Vorüberlegungen entscheiden auch ganz praktisch, was versucht wird zu messen bzw. was gemessen werden kann und wie gemessen wird. Und auch postuliert bzw. definiert sie im Voraus, dass es das überhaupt gibt, was da zu messen ist und dass es sinnvoll ist, es zu messen, also eine quantitative Erfassung der betreffenden Qualität zu versuchen.
Diese Sinnhaftigkeit kann aber letztlich nicht rein aus der Theorie heraus (z.B. durch Definition) begründet werden, sie bedarf auch empirischer Bewährung.
Z.B. drängt sich uns ein Gegenstand der Natur nicht von sich heraus auf und sagt uns von sich heraus: "Schau her, ich habe eine Masse! Miss sie!"
Gegenstände an sich haben in dem Sinne keine "Masse", sie können stattdessen von uns so erkannt werden, wenn wir ihnen im Voraus gewisse Eigenschaften zuschreiben, die wir im Voraus definiert/konstruiert haben, andere aber nicht.
D.h.: Der Messvorgang ist niemals ein rein passiver Prozess, auch ganz klassisch schon nicht. Er erfordert immer schon eine Vorauswahl und Konstruktion unsererseits, theoretisch aber auch ganz praktisch beim Aufbau, der Durchführung und der Auswertung des Experiments.
Wenn das dann gelingt, d.h. wenn wir dann hinterher erkennen bzw. bewerten, dass Sinnvolles dabei herausgekommen ist, dann ist es erfolgreich und bewährt sich. Wir können dann sagen: "Wir haben eine gute Vorauswahl getroffen! Die dahinterstehende Theorie ist
für unsere Zwecke eine gute Theorie (bzw. das Konglomerat aus div. theoretischen Vorüberlegungen)!"
Ansonsten stimme ich zu , gut herausgearbeitet.
Hierzu noch:
tomS hat geschrieben:
Realistisch: in Ermangelung irgendeines anderen substanziellen Anhaltspunktes ist die mathematisch konsistente Formulierung die einzige Guideline, die uns zur Verfügung steht => Everett's "viele Welten".
Das würde ich vorsichtiger formulieren:
In Ermangelung irgendeines anderen substanziellen Anhaltspunktes
scheint diese mathematisch konsistente Formulierung aus einer bestimmten Perspektive heraus und unter bestimmten vernünftig begründbaren Prämissen
derzeit die am vernünftigsten erscheinende Guideline, die uns zur Verfügung steht => Everett's "viele Welten"
Und wobei die VWI in der Form auch nur ein Zwischenschritt sein kann, zu späteren Interpretationen von noch zu findenden Quantengravitationstheorien.
Außerdem stellt sich in dem Bereich die Frage:
Angenommen die VWI sei wahr, was bedeutet das dann für uns als Menschen?
Hat es eine Bedeutung für unsere Lebenswelt?
Was wäre
für uns anders, wenn die VWI falsch wäre?
Kurz: Zur obigen Feststellung bezgl. realistischer Haltungen zur QT stellt sich die Frage: Für welche Zwecke?