Hier sind wir uns also einig.tomS hat geschrieben: ↑11. Jan 2019, 08:08Richtig.seeker hat geschrieben:Der einzelne Beobachter bevorzugt in dem was er beobachten kann und was für ihn und in seiner Umwelt wirksam ist aber immer seinen Zweig, in dem er sich befindet bzw. seine eigene Gesamtverzweigung seit dem Urknall, so weit er in der Lage ist seine eigene Geschichte oder die Geschichte von beobachtbaren Systemen in seiner Umgebung zurückzuverfolgen oder in der Zukunft weiterzuverfolgen, er kann gar nicht anders. Daraus ergibt sich in jedem einzelnen Verweigungsweg ein wirksamer Quasi-Zufall, der in der reinen Beobachtung oder Reaktion darauf ununterscheidbar von echtem Zufall ist, weder für ihn, noch für irgendwelche komplexen Systeme in seiner Umgebung.
Ich möchte hier noch festhalten, dass sogar die schiere Existenz des Beobachters (oder reagierenden komplexen Systems) und damit die notwenige Voraussetzung, dass er überhaupt beobachten kann bzw. etwas auf ihn wirken kann, von seiner Geschichte seit dem Urknall abhängt (also von einem konkreten Pfad im VWI-Verzweigungsbaum), dass er sogar incl. all seiner ähnlichen Varianten, die sich seit seiner Geburt ergeben haben, nur in einem winzigen, vernachlässigbaren Teil des VWI-Multiversums überhaupt existiert: Ein einziges beispeilhaftes Teilchen (das für unzählige solcher Teilchen/Dekohärenzen steht), das vor 13 Mrd Jahren in einem anderen Verzweigungsweg 1s später zerfallen ist, reicht in vielen Fällen schon aus, dass er oder die gesamte Menschheit 13 Mrd Jahre später in allen Verzweigungen, die sich daraus später dann ergeben haben, gar nicht in die Existenz kommt.
DAS ist Geschichtlichkeit, Pfadabhängigkeit. Sie ist wesentlich für viele Systeme, insbesondere für sensitive und offene komplexe Systeme.
D.h.: Wenn man diese Abhängigkeit weglässt, verliert man den Blick auf solche Systeme notwendig, es gibt diese Systeme dann schlichtweg so nicht mehr.
Damit zum ersteren:
Es geht mir darum, dass diese Pfadabhängigkeit per QM nicht berechnet bzw. erfasst werden kann.tomS hat geschrieben: ↑11. Jan 2019, 08:08Verstehe ich so nicht.seeker hat geschrieben:Die VWI bevorzugt keine Verzweigung, sie erklärt im Gegenteil, dass überhaupt kein objektiver Grund/Mechanismus existiert, der einen Zweig über das Maß der QM-Wahrscheinlichkeitsaussagen bevorzugen könnte, also ist so eine Bevorzugung auch prinzipiell nicht berechenbar, weil es da nichts zu berechnen gibt. Sie erklärt, dass jede bevorzugte Wahl einer Verzweigungsline im VWI-Multiversum willkürlich bzw. grundlos bzw. ursachenlos bzw. zufällig erfolgen muss.
Soweit ich es verstehe, ist es so, dass das gesamte Universum im Anfangszustand bei völlig korrektem Vorgehen mit einem einzigen, reinen Zustand beschrieben werden muss. Und dabei bleibt es auch, es bleibt immer EINE Funktion, ein einziger reiner Zustand. D.h.: Du kannst dann zwar den geschichtlichen Verlauf des Gesamtmultiversums exakt ausrechnen, da vollständig kausal, aber nicht einzelne Pfade objektiv-bevorzugt auswählen noch diese einzeln exakt berechnen.
Darin liegt ja gerade der Witz der VWI: Dadurch, dass sie auf die Bornsche Regel verzichtet, kommt sie im Unterschied zur KI zum Schluss, dass unsere vertraute, messbare Welt nicht real ist, sondern quasi-real., ein nur scheinbarer Aspekt der Quantenrealität.
D.h.: Genaugenommen existieren auch diese ganzen Verzweigungen als reale Welten überhaupt nicht. Es findet Dekohärenz statt, die die überlagerten Wellenteile auseinanderlaufen lassen, da aber kein Kollaps stattfindet, wird hier in seiner Einheit nichts nie wirklich scharf getrennt.
Wenn nichts wirklich voneinander getrennt wird, dann ist es falsch, von getrennten, wirklich-real eigenständigen Welten zu sprechen.
Wenn es sie nicht gibt, kannst du sie auch nicht berechnen.
Salopp gesagt stellt die VWI die Kausalität wieder her, aber zum Preis des Verlustes unserer beobachtbaren, realen Welt, als konkret-reale Welt; diese wird als pseudo-real abgewertet, die per Dekohärenz nur gerade so pseudo-real werden muss, dass sie von ebenso pseudo-realen Beobachtern beobachtet werden kann.
Darin liegt für mich das eigentlich Dramatische in der VWI: Sie erhebt ein theoretisches Konstrukt im Realitätsgehalt über die empirische Beobachtung, wertet dieses als wichtiger, obwohl sie ja auf eben dieser Empirik aufbauend überhaupt nur formuliert werden konnte.
An der Stelle beißt sich die Katze in den Schwanz. Ich bin nicht ohne Weiteres bereit die Leiter wegzuwerfen, auf der ich emporgestiegen bin, jedenfalls nicht ohne begründete Zweifel zu haben, ob das richtig ist...
D.h. für mich: Man kann die VWI zwar begründet als 'wahr' annehmen, aber man kann sie derzeit noch nicht als 'sicherlich wahr' annehmen.
Damit ist bei allen Argumentationssträngen, die darauf aufbauen, entsprechende Vorsicht walten zu lassen.