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Deiser Mengenlehre

Mathematische Fragestellungen
Pippen
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Deiser Mengenlehre

Beitrag von Pippen » 13. Mai 2021, 00:44

Ich lerne derzeit mit o.g. Buch Mengenlehre und es fällt mir schwer, weil die Beweise so kurz und kalt sind, als Anfänger eine Katastrophe. Daher werde ich hier immer mal wieder kleine Fragen posten und evtl. auf Deiser's kostenloses Buch als pdf hinweisen. Bei der Beantwortung kann es hilfreich sein, alles irgendwo hinzuschreiben und dann als jpg. hier reinzuladen, um einen Formatierungsfimmel zu vermeiden. Oder eben irgendwie hier reinschreiben, geht auch.

Mein erstes Problem ist der Beweis des ersten Satzes hier: https://www.aleph1.info/Resource?method ... ageend=109

Ich verstehe den Beweis nicht, obwohl er so kurz ist. Kann jmd. helfen und eine etwas ausführlichere Version produzieren?

ralfkannenberg
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 13. Mai 2021, 17:55

Pippen hat geschrieben:
13. Mai 2021, 00:44
Ich verstehe den Beweis nicht, obwohl er so kurz ist. Kann jmd. helfen und eine etwas ausführlichere Version produzieren?
Hallo Pippen,

im Beweis steht das Wort "Dedekind-Definition". Man wird den Beweis wohl nur führen können, wenn man weiss, was diese Dedekind-Definition ist.

Ich persönlich würde den Beweis übrigens indirekt führen:

Voraussetzung: Seien A und B gleichmächtige Mengen.
Behauptung: Dann gilt: Ist A unendlich, so ist auch B unendlich.

Beweis: Nehmen wir an, B sei nur endlich.
Dann gibt es eine natürliche Zahl n, die die Anzahl der Elemente von B angibt.
Aufgrund der Gleichmächtigkeit findet sich eine Bijektion f, so dass jedem Element von B genau ein Element von A zugeordnet wird.
Da B endlich ist, kann man die Elemente von B durchnummerieren, also b1, b2 bis und mit bn.
Aufgrund der Bijektion finden wir Elemente a1, a2, ..., an in A, so dass gilt: f(b1)=a1, f(b2)=a2 bis und mit f(bn)=an.
Aufgrund der Bijektion besteht A aus den Elementen a1, a2, ..., an.
Damit hat A eine Mächtigkeit von n, im Widerspruch zur Annahme, dass A unendlich sei, denn jede natürliche Zahl ist endlich.


Oder kürzer formuliert:
Nehmen wir an, B sei nur endlich. Dann muss aufgrund der Gleichmächtigkeit auch A endlich sein.


Freundliche Grüsse, Ralf

ralfkannenberg
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 13. Mai 2021, 18:47

Pippen hat geschrieben:
13. Mai 2021, 00:44
Ich verstehe den Beweis nicht, obwohl er so kurz ist. Kann jmd. helfen und eine etwas ausführlichere Version produzieren?
Hallo Pippen,

wollen wir nun diesen Beweis mal Schritt um Schritt durchgehen. Ganz wchtig, wenn man so etwas macht: wir haben keine Eile, d.h. so etwas darf sich auch über mehrere Beiträge hinziehen.
Sei A′ ⊂ A, und sei f : A → A′ bijektiv. Weiter sei h : A → B bijektiv
In diesem 1.Beweisschritt sind gleich 3 Aussagen verpackt:

1. Sei A′ ⊂ A
Der Beweisführer definiert also eine Hilfsmenge mit der Eigenschaft, dass diese eine Teilmenge von A ist. Insbesondere ist an dieser Stelle nicht klar, ob A' endlich oder unendlich ist.

2. sei f : A → A′ bijektiv
Nun definiert der Beweisführer eine Bijektion f zwischen der Menge A und ihrer Teilmenge A', was auch immer er damit bezwecken mag.
Gibt es eine solche Bijektion ?
Betrachten wir die Menge der natürlichen Zahlen und die Menge der geraden natürlichen Zahlen. Die zweite ist eine Teilmenge der ersten, und die Zuordnung 2↔1, 4↔2, 6↔3, 8↔4, allgemein 2*n↔n ist eine Bijektion.

3. Weiter sei h : A → B bijektiv
Nun definiert der Beweisführer eine weitere Bijektion, und zwar zwischen A und B. Dass es eine solche gibt folgt aus der Voraussetzung, dass A und B gleichmächtige Mengen seien.

Bislang wurde noch nichts bewiesen, sondern lediglich Hilfskonstruktionen getätigt.

Machen wir mal weiter:
Wir setzen g = h o f o h−1 : B → B
Was bedeutet das ?

Das ist eine nacheinander-Ausführung der Funktionen, also g = h( f(h−1) )

Stimmt das überhaupt, d.h. ist g wirklich eine Funktion von B → B ?

Sei b in B. Dann muss g(b) ebenfalls in B sein.

g(b) = h( f(h−1(b)) )

(4) Was ist h−1(b) ?

Aufgrund Hilfskonstruktion (3) gilt: h : A → B bijektiv, d.h. h−1(b) ist ein Element von A, sagen wir ã.
Somit gilt: h−1(b) =: ã

(5) Was ist f(ã) ?

Aufgrund Hilfskonstruktion (2) gilt: f : A → A′ bijektiv, d.h. f(ã) ist ein Element von A, möglicherweise ã selber oder ein anderes Element von a. Nennen wir dieses Element â, d.h. f(ã) =: â. Bemerkung: â und ã sind beide in A und möglicherweise gleich oder auch verschieden.

(6) Was ist h(â) ?

Aufgrund Hilfskonstruktion (3) gilt: h : A → B bijektiv, d.h. h(â) ist ein Element von B.

Damit haben wir den Nachweis erbracht, dass g = h o f o h−1 tatsächlich eine Abbildung von B → B ist.


Ich habe Dir in diesem Beitrag sehr viel zugemutet, so dass ich an dieser Stelle unterbreche und noch einmal kurz das Bisherige zusammenfasse:

In den Schritten (1) bis und mit (3) werden Hilfskonstruktionen getätigt.
In den Schritten (4) bis und mit (6) haben wir gezeigt, dass die Abbildung g = h o f o h−1 tatsächlich eine Abbildung von B → B ist.


Hast Du bis hierhin Fragen ?


Freundliche Grüsse, Ralf

Pippen
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Pippen » 13. Mai 2021, 22:13

SUPER!!! :) Ich habe heute leider keine Zeit mehr, aber ich werde mir das die kommenden Tage durcharbeiten. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ich das mit deiner Hilfe nicht verstehe.

Skeltek
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Skeltek » 14. Mai 2021, 02:04

Das h^-1 überträgt das 'Problem g' von der Menge B auf die Menge A, wo es dann in der Form 'f' durchgeführt wird. Das Ergebnis wird dann nach B zurück übertragen.
Also kurz gefasst: die Funktion g in der Menge B existiert auch in analoger Form in der Menge A, wo sie eine Entsprechung in f findet.
(Die Elemente in B werden via h^-1 in ihre Entsprechungen in A umgewandelt. Dort wird das Analog f der Funktion g durchgeführt. Die Ergebnismenge wird dann mittels h in ihre Entsprechungen aus B umgewandelt - die Umwandlungen sind alle bijektiv).

Falls man den Definitionsbereich von x auf die Teilmenge (A ohne A') einschränkt, dann deckt die Menge aller h(x) nicht die ganze Bildmenge ab, welche g maximal hat.
Am Ende kommt heraus, daß die maximale Bildmenge von g (potentiell) eine (echte) Teilmenge von B ist (sein kann). Also ist B mindestens so mächtig wie A. (den Abschnitt kann man machen, weil A und A' bijektiv auseinander abbildbar sind)

Ich bin nicht ganz mit dem Beweis einverstanden, aber das ist so die grobe Struktur. Ich gehe dabei davon aus, dass rng entweder für Rang, range oder (Pseudo-)Ring steht - leider bin ich hier mit der Notation nicht ganz vertraut, aber ich hoffe ich konnte die Idee hinter dem Beweis grob schildern. Vielleicht kann ja RalfKannenberg kurz kommentieren. Analysis ist bei mir mittlerweile sehr lang her.
Was ich schrieb sollte ne Orientierung sein, wie ich es verstanden habe, ist natürlich kein vollwertiger Beweis.
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  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 14. Mai 2021, 11:25

Skeltek hat geschrieben:
14. Mai 2021, 02:04
Vielleicht kann ja RalfKannenberg kurz kommentieren.
Hallo Skel,

ich habe gestern abend insgesamt 3 Beiträge zu diesem Thema hier eingestellt und allesamt wieder verworfen.

Meines Erachtens ist der Beweis falsch und/oder unvollständig. Die grobe Beweisidee versuche ich immer noch zu erraten, natürlich geht es in die Richtung, wie Du es skizziert hast.

Ich sehe momentan einfach nicht, warum h(x) nicht im rng(g), also dem Wertebereich von g, liegen soll, da doch alles bijektiv ist.

Möglicherweise sollte f nur injektiv sein, dafür spricht auch die Feststellung vom Beweisautor, dass g injektiv ist, obgleich es als Verkettung dreier bijektiver Funktionen doch sogar bijektiv sein sollte. Und für einen Unendlichkeitsnachweis würde die Injektivität auch genügen, da es in der Zielmenge ja für jeden Ursprungspunkt auch (höchstens) einen Bildpunkt geben muss, aber eben nicht weniger. Und das sind dann unendlich viele.


Und was das ganze mit nur-Endlichkeit zu tun haben soll erschliesst sich mir momentan auch nicht - mit der Hilfskonstruktion der gleichmächtigen Teilmenge A' wird das Problem doch nur von B auf A' verlagert.


Zudem verstehe ich nicht, warum das nicht wie ich oben angedeutet habe trivial bewiesen wird, denn eine Bijektion in eine endliche Menge hat auch eine endliche Urmenge zur Folge, im Widerspruch dazu, dass vorausgesetzt wurde, dass die Urmenge A unendlich sei. Möglich, dass der Beweisautor die Gleichmächtigkeit anders definiert als wir es gewohnt sind, dafür spricht auch die Verwendung der Wortwahl "Dedekind-Definition".


Vorsicht übrigens: wenn f nur injektiv vorausgesetzt wird, muss man noch zeigen, dass auch g injektiv ist - dass also für verschiedene x1 und x2 auch g(x1) und g(x2) verschieden sind - auch wenn das intuitiv klar scheint, da h und seine Umkehrfunktion ja bijektiv sind, es also intuitiv schwer vorstellbar ist, wie da zwei verschiedene Urildpunkte auf denselben Bildpunkt fallen können, aber man sollte es eben noch strikte ausformulieren. Nur im bijektiven Fall ist es wirklich trivial.


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Skeltek » 14. Mai 2021, 12:05

ralfkannenberg hat geschrieben:
14. Mai 2021, 11:25
Skeltek hat geschrieben:
14. Mai 2021, 02:04
Vielleicht kann ja RalfKannenberg kurz kommentieren.
Meines Erachtens ist der Beweis falsch und/oder unvollständig. Die grobe Beweisidee versuche ich immer noch zu erraten, natürlich geht es in die
Das hatte ich auch so im Sinn, daß der Beweis meines Erachtens nach unvollständig oder falsch ist.
Es hängt eben von den vorausgehenden Definitionen ab. Dass jedoch Gleichmächtigkeit nicht mit bijektiv aufeinander abbildbar gleichgesetzt wird, erschließt sich aus der Aufgabenstellung, weil man ja ausgehend bereits eine bijektive Abbildung zwischen A und B hat. Meine restlichen Gedanken waren ähnlich wie deine.
Es ist eben auch fraglich, ob der Autor die in der Bijektivität enthaltene Surjektivität auf die gesamte Zielmenge auffasst oder die Bildmenge, auf welche abgebildet wird, sich lediglich als Teilmenge in der Zielmenge befindet.
Dedekind ist mir relativ fremd, bzw ich kenne nur das grobe Prinzip, habe mich aber nie wirklich intensiv damit beschäftigt.
Ich glaube jedenfalls, daß es grob darum geht, daß man zeigt, daß eine unendliche echte Teilmenge von A ausreicht, um B in ihr abzubilden und wieder zurückzubilden. Da B jedoch auch bijektiv auf A abbildbar ist und A größer ist als die unendliche Teilmenge A', ist B also auch mindestens so groß wie A' -> also mindestens so unendlich wie A'.

Für mich ist der Beweis Unsinn und höchstens als Übungs brauchbar. Da wird mit Eigenschaften herumjongliert, einfach nur weil es anspruchsvoll ist das so darzustellen. Syntaktisch ist der Beweis anspruchsvoll, aber ich erkenne da nicht wirklich irgendeine zweckorientierte Semantik dahinter.
Das hätte man auch einfacher haben können, daß die Bijektion zwischen A und B die Unendlichkeitseigenschaft von A auf B überträgt.

Ich fasse mal den Beweis grob semantisch zusammen:
A bijektiv zu B; A ist unendlich
A bijektiv zu A' mit A' als echter gleich mächtiger Teilmenge von A
=> B ist bijektiv auf A' aber auch A abbildbar (als Zwischenerkentniss)
Da B bijektiv zu A, muss es eine Teilmenge B' von B geben, die bijektiv zu A'
=> Da B größer als B', ist B auch größe als A'
->B ist 'unendlicher' als A' laienhaft ausgedrückt.
Irgendwie sowas in der Art. Entschuldigt die ungenaue mathematische Formulierung. Aber ich bin hier kein rng Experte und aucn nicht mit Dedekind vertraut. Ist nur meine Spekulation.
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 14. Mai 2021, 13:41

Pippen hat geschrieben:
13. Mai 2021, 22:13
SUPER!!! :) Ich habe heute leider keine Zeit mehr, aber ich werde mir das die kommenden Tage durcharbeiten. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ich das mit deiner Hilfe nicht verstehe.
Hallo Pippen,

meines Wissens hast Du nie ein Semester Mathemaik studiert. Selbst ich hätte, wenn ich mit diesem Buch konfrontiert gewesen wäre, mir eine andere Darstellung der Inhalte gesucht, eine, die ein bisschen besser verständlich ist.


Dem Autoren muss man fairerweise zugutehalten, dass Du erst ab Seite 105 zitierst und er die Mathematik möglicherweise anders als herkömmlich hergeleitet hat. Das ist absolut legitim, vor allem wenn der Autor in den ersten 105 Seiten nachgewiesen hat, dass seine Herleitung äquivalent zu den üblichen Herleitungen ist; dafür spricht auch der Einleitungssatz auf Seite 105
Wir leiten aus der Dedekind-Definition einige elementare Resultate ab.
Nur: für den Laien, der sich in eine Thematik einarbeiten möchte, ist das nicht der richtige Weg. Das ist eher für Leute geeignet, die das Thema schon kennen und eine alternatve Darstellung kennenlernen möchten.


Kannst Du trotzdem versuchen, für uns die "Dedekind-Definition" herauszusuchen ? Ich denke, das ganze steht und fällt damit.


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 14. Mai 2021, 13:52

Skeltek hat geschrieben:
14. Mai 2021, 12:05
Irgendwie sowas in der Art. Entschuldigt die ungenaue mathematische Formulierung.
Hallo Skel,

ja so irgendwie wird es wohl gehen.

Skeltek hat geschrieben:
14. Mai 2021, 12:05
Aber ich bin hier kein rng Experte und aucn nicht mit Dedekind vertraut. Ist nur meine Spekulation.
Da wir nicht wissen, wie der Autor die Begriffe überhaupt definiert hat, d.h. was er voraussetzt und was nicht, erübrigt sich jeder mathematisch exakte Formalismus, das hat nichts damit zu tun, ob Du ein Experte bist oder nicht.

Man kann versuchen zu raten, was der Autor meinen könnte, und dann exakt weitermachen, aber wenn der Autor etwas anderes gemeint hat, dann war diese Arbeit eben für die Katz.

Grundsätzlich finde ich die Idee sogar charmant, mit Injektionen und Wertebereichen zu argumentieren, aber eben - zunächst braucht man die genaueren Definitionen, ganz konkret wohl diese Dedekind-Definition.


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von FKM » 14. Mai 2021, 18:44

ralfkannenberg hat geschrieben:
14. Mai 2021, 13:52

Da wir nicht wissen, wie der Autor die Begriffe überhaupt definiert hat, d.h. was er voraussetzt und was nicht, erübrigt sich jeder mathematisch exakte Formalismus, das hat nichts damit zu tun, ob Du ein Experte bist oder nicht.

Man kann versuchen zu raten, was der Autor meinen könnte, und dann exakt weitermachen, aber wenn der Autor etwas anderes gemeint hat, dann war diese Arbeit eben für die Katz.

Grundsätzlich finde ich die Idee sogar charmant, mit Injektionen und Wertebereichen zu argumentieren, aber eben - zunächst braucht man die genaueren Definitionen, ganz konkret wohl diese Dedekind-Definition.
Man braucht nicht zu raten, sondern einfach die Seiten 101-104 aus dem (E)-Buch zu lesen.*

Dedekind hat eine unendliche Menge wie folgt definiert (lt. Deiser, pg. 103): Sei M eine Menge. M heißt unendlich, falls es eine echte Teilmenge N von M gibt, die sich bijektiv auf M abbilden lässt, d.h.es gibt ein N⊂M mit |N| = |M|. Eine Menge heißt endlich, falls sie nicht unendlich ist


______________________________
*) Ohne die Optionen pagestart und pageend kann man das ganze Buch mit der von pipen genannten URL herunterladen. Ich hoffe, ich habe da nicht zu viel verraten. :roll: Auf den ersten Blick finde ich das Buch lesenswert.

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Skeltek » 14. Mai 2021, 19:21

Er meinte ja bereits, das Werk sei kostenlos. Kenne das jetzt im Detail nicht, aber manche Werke haben manchmal einfach nur den Hinweis, dass man sie nur aus der originalen Quelle beziehen darf oder so. Da gelten halt immer die Regeln des Autors, welche auch immer das sind. Aber Danke für den Tipp.
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Pippen » 14. Mai 2021, 23:22

ralfkannenberg hat geschrieben:
13. Mai 2021, 18:47
Sei A′ ⊂ A, und sei f : A → A′ bijektiv. Weiter sei h : A → B bijektiv
In diesem 1.Beweisschritt sind gleich 3 Aussagen verpackt:

1. Sei A′ ⊂ A
Der Beweisführer definiert also eine Hilfsmenge mit der Eigenschaft, dass diese eine Teilmenge von A ist. Insbesondere ist an dieser Stelle nicht klar, ob A' endlich oder unendlich ist.

2. sei f : A → A′ bijektiv
Nun definiert der Beweisführer eine Bijektion f zwischen der Menge A und ihrer Teilmenge A', was auch immer er damit bezwecken mag.
Gibt es eine solche Bijektion ?
Betrachten wir die Menge der natürlichen Zahlen und die Menge der geraden natürlichen Zahlen. Die zweite ist eine Teilmenge der ersten, und die Zuordnung 2↔1, 4↔2, 6↔3, 8↔4, allgemein 2*n↔n ist eine Bijektion.

3. Weiter sei h : A → B bijektiv
Nun definiert der Beweisführer eine weitere Bijektion, und zwar zwischen A und B. Dass es eine solche gibt folgt aus der Voraussetzung, dass A und B gleichmächtige Mengen seien.

Bislang wurde noch nichts bewiesen, sondern lediglich Hilfskonstruktionen getätigt.

Machen wir mal weiter:
Wir setzen g = h o f o h−1 : B → B
Was bedeutet das ?

Das ist eine nacheinander-Ausführung der Funktionen, also g = h( f(h−1) )

Stimmt das überhaupt, d.h. ist g wirklich eine Funktion von B → B ?

Sei b in B. Dann muss g(b) ebenfalls in B sein.

g(b) = h( f(h−1(b)) )

(4) Was ist h−1(b) ?

Aufgrund Hilfskonstruktion (3) gilt: h : A → B bijektiv, d.h. h−1(b) ist ein Element von A, sagen wir ã.
Somit gilt: h−1(b) =: ã

(5) Was ist f(ã) ?

Aufgrund Hilfskonstruktion (2) gilt: f : A → A′ bijektiv, d.h. f(ã) ist ein Element von A, möglicherweise ã selber oder ein anderes Element von a. Nennen wir dieses Element â, d.h. f(ã) =: â. Bemerkung: â und ã sind beide in A und möglicherweise gleich oder auch verschieden.

(6) Was ist h(â) ?

Aufgrund Hilfskonstruktion (3) gilt: h : A → B bijektiv, d.h. h(â) ist ein Element von B.

Damit haben wir den Nachweis erbracht, dass g = h o f o h−1 tatsächlich eine Abbildung von B → B ist.


Ich habe Dir in diesem Beitrag sehr viel zugemutet, so dass ich an dieser Stelle unterbreche und noch einmal kurz das Bisherige zusammenfasse:

In den Schritten (1) bis und mit (3) werden Hilfskonstruktionen getätigt.
In den Schritten (4) bis und mit (6) haben wir gezeigt, dass die Abbildung g = h o f o h−1 tatsächlich eine Abbildung von B → B ist.


Hast Du bis hierhin Fragen ?


Freundliche Grüsse, Ralf
Zunächst eine triviale Anmerkung und Klarstellung zu den Hilfskonstruktionen im ersten Beweisschritt: in dem A' echte Teilmenge von A ist und eine Bijektion von A nach A' existiert, ist klar, dass A eine unendliche Menge per Dedekind-Definition ist. Wir müssen also ab jetzt "nur" noch zeigen, dass auch B unendlich ist, in dem irgendwas eine echte Teilmenge zu B ist, was gleichzeitig mit B bijektiv verbunden.

Hinsichtlich der Funktion g sehe ich es so, dass die Funktionskomposition folgenden Verlauf nimmt: B -> A -> A' -> B. Das ist wichtig für das Verständnis, es ist mE zB nicht so, dass g: B -> A -> A -> A' -> A -> B. Wenn ich recht habe, ist h^-1(b) ein Element ã von A. Da stimmen wir überein. f(ã) ist aber für mich ein Element â von A', nicht von A! Das sehe ich also anders, hier müssten wir uns noch abstimmen. h(â) ist dann wieder ein Element von B.

Wenn das geklärt ist, können wir weiter gehen. Es ist klar, dass g letztlich bijektiv und damit erst recht injektiv ist, denn g verkettet nur die beiden Bijektionen aus den Beweisvoraussetzungen. Oder steckt da mehr dahinter, wenn Deiser lapidar feststellt: "g ist injektiv"?

Dann kommt ein wichtiger Punkt: Es gibt ein x aus A-A' - das ist klar, denn A' ist ja echte Teilmenge, da muss es der Definition wegen so ein Element geben, was in A ist, aber nicht in A'. Aber was meint Deiser dann damit, dass h(x) nicht in rng(g) liegt? Er meint damit wohl, dass in rng(g) kein Element h(x) ist, welches ein Bild von x sein kann, weil x nicht in der Domain A' ist, die zu rng(g) "führt". In B wiederum liegt so ein Element h(x) aufgrund der bijektiven Funktion h: A -> B und weil x in A vorkommt. Damit liegt h(x) in B, aber nicht in rng(g). Da auf jeden Fall rng(g)⊆ B folgt daraus sofort rng(g) ⊂ B.

Ich habe dazu ein Beispiel entwickelt: Sei A' = gerade natürliche Zahlen, A natürliche Zahlen mit Null und B natürliche Zahlen. Dann wäre zB h(1) aus der Funktion h: A -> B in B bzw. rng(h). Dagegen wäre h(1) aus der Funktion g: h o f o h−1 nicht in rng(g), weil es in A' überhaupt keine 1 gäbe, die zu h(1) führen könnte.

(Diese Bemerkungen dienen nur dazu, dass du weißt wie ich denke, so dass du die Beweisskizze entsprechend weiterführen bzw. Fehlfolgerungen meinerseits erkennen kannst.)
Zuletzt geändert von Pippen am 16. Mai 2021, 02:01, insgesamt 4-mal geändert.

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von FKM » 14. Mai 2021, 23:30

ralfkannenberg hat geschrieben:
14. Mai 2021, 11:25
Meines Erachtens ist der Beweis falsch und/oder unvollständig. Die grobe Beweisidee versuche ich immer noch zu erraten, natürlich geht es in die Richtung, wie Du es skizziert hast.

Ich sehe momentan einfach nicht, warum h(x) nicht im rng(g), also dem Wertebereich von g, liegen soll, da doch alles bijektiv ist.

Möglicherweise sollte f nur injektiv sein, dafür spricht auch die Feststellung vom Beweisautor, dass g injektiv ist, obgleich es als Verkettung dreier bijektiver Funktionen doch sogar bijektiv sein sollte.
Ich habe es so verstanden:

f: A -> A' ist bijektiv
f: A -> A wäre injektiv
g: B -> B ist injektiv
g: B -> B' wäre bijektiv, wenn B' = {x: x € rng(g)}
h: A -> B ist bijektiv
ralfkannenberg hat geschrieben:
14. Mai 2021, 11:25
Und was das ganze mit nur-Endlichkeit zu tun haben soll erschliesst sich mir momentan auch nicht - mit der Hilfskonstruktion der gleichmächtigen Teilmenge A' wird das Problem doch nur von B auf A' verlagert.
Mit "Sei A′ ⊂A, und sei f : A→A′ bijektiv" zitiert der Autor doch nur die (axiomatische) Definition einer unendlichen Menge nach Dedekind. Ohne diesen Bezug würde ich den Beweis auch nicht verstehen oder als unvollständig ansehen (was nichts heißen soll, da meine Mathe-Vorlesungen über 30 Jahre zurückliegen).
ralfkannenberg hat geschrieben:
14. Mai 2021, 11:25
Nur: für den Laien, der sich in eine Thematik einarbeiten möchte, ist das nicht der richtige Weg. Das ist eher für Leute geeignet, die das Thema schon kennen und eine alternatve Darstellung kennenlernen möchten.
Mir persönlich hilft es, wenn ein Autor historische Ansätze aufgreift und erklärt, die vielleicht am Anfang verständlicher oder intuitiver sind (so wie Dedekinds Definition, insbesondere durch den Bezug auf Hiberts Hotel), auch wenn die später durch mächtigere, aber abstraktere Ansätze ersetzt wurden.


Ein bisschen Off-Topic:
Auf Seite 105 zitiert Deiser Dedekinds Idee, dass aus seiner Definition unendlicher Mengen die "Unendlichkeit der Gedankenwelt" folge:
Dedekind hat aus seiner Definition die „Unendlichkeit der Gedankenwelt“abgeleitet (vgl. das Zitat auf dem Vorblatt des Buches): Hessenberg (1906): „Einer der interessantesten Versuche, die Existenz transfiniter Mengen zu beweisen, ist der von Dedekind unternommene. Es sei a irgend ein Gegenstand des Denkens, so kann ich das Urteil fällen: a ist ein Gegenstand meines Denkens. Dieses Urteil φ(a) ist selbst ein Gegenstand des Denkens. Die Zuordnung φ zwischen a und φ(a) ist umkehrbar eindeutig [injektiv] und bildet die Menge aller Gedankendinge auf einen echten Teil ihrer selbst ab, da nicht jeder Gegenstand des Denkens die Form eines Urteils, daher a fortiori nicht die Form des speziellen Urteils φ(a) hat. Demnach ist die Menge aller Gedankendinge transfinit.“
Aus meinen Kenntnissen zu schwarzen Löchern und dem holografischen Prinzip würde ich folgern, dass die Menge der möglichen Gedanken, die ein Hirn hervorbringen kann, endlich ist. Demnach könnte man Dedekinds Argumentation umkehren: So sind die Axiome und Sätze über die "Mathematische Theorie des Unendlichen"* zweifellos endlich. Wäre die "Theorie des Unendlichen" nur eine Abstraktion oder Vereinfachung von etwas, was in der Natur gar nicht realisiert ist?

Dass so ein Induktionsbeweis seine Tücken haben kann, weiß wohl jeder von der U-Bahn, die unendlich viele Passagiere fassen kann (bzw. konnte vor Corona):
  1. In eine U-Bahn passt ein Passagier.
  2. Die U-Bahn kann noch so voll sein, einer passt immer noch rein.
_________________________________
*) Untertitel des Buches von Oliver Deiser

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Siebenstein » 15. Mai 2021, 09:49

Kleine Anektode (Off-Topic):
Einst fragte ein Mathematik Professor den Erstsemestler: "Woher wissen Sie eigentlich, dass eins plus eins gleich zwei ergibt?"
Er antwortete ihm: "Weil ich es einmal so gelernt habe, beweisen kann ich es aber nicht."
Der Professor war verblüfft, dachte kurz nach und stellte keine weiteren Fragen mehr... 🙂👆👊

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 16. Mai 2021, 02:25

FKM hat geschrieben:
14. Mai 2021, 18:44
*) Ohne die Optionen pagestart und pageend kann man das ganze Buch mit der von pipen genannten URL herunterladen.
Hallo FKM,

das habe ich natürlich nicht gesehen, ich dachte, der Link fängt auf Seite 105 an. Deswegen habe ich ja nach der mir bis anhin unbekannten Dedekind-Definition, die mir sehr vernünftig erscheint, gefragt.


Besten Dank und freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 16. Mai 2021, 02:28

FKM hat geschrieben:
14. Mai 2021, 23:30
Dass so ein Induktionsbeweis seine Tücken haben kann, weiß wohl jeder von der U-Bahn, die unendlich viele Passagiere fassen kann (bzw. konnte vor Corona):
  1. In eine U-Bahn passt ein Passagier.
  2. Die U-Bahn kann noch so voll sein, einer passt immer noch rein.
Hallo zusammen,

an die Nicht-Mathematiker unter Euch: was konkret ist an diesem Induktionsbeweis falsch ?


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 16. Mai 2021, 02:31

Hallo Pippen,

für Dich habe ich auch noch etwas, und zwar auf Seite 103:
Definition (Unendlichkeit nach Dedekind)
Sei M eine Menge. M heißt unendlich, falls es eine echte Teilmenge N von M gibt, die sich bijektiv auf M abbilden lässt, d.h. es gibt ein N ⊂ M mit |N| = |M|.
Eine Menge heißt endlich, falls sie nicht unendlich ist
Das haben wir oben schon gesehen.

Doch nun geht es weiter:
Anders formuliert: Eine Menge M ist unendlich, falls es eine Injektion f : M → M gibt, die mindestens einen Wert auslässt, d.h. rng(f ) ≠ M.
Warum ist das so ? Ist gar nicht so schwer, muss man sich aber überlegen; dabei lernst Du spielerisch auch den Begriff der Injektion und des Wertebereiches ("Range" bzw. rng(..) ) kennen.


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von Pippen » 16. Mai 2021, 02:57

Zunächst zur Induktion: Bei FKM fehlt der Induktionsanfang: Ein Passagier sitzt in der U-Bahn, und der richtige Induktionsschritt: wenn ein Passagier in der U-Bahn, dann ist da auch sein Nachfolger.

Eine Injektion f: M -> M, die keinen Wert auslässt, wäre eine Bijektion und damit wäre rng(f) = M bzw. rng(f)⊆ M. Damit fehlt uns eine Voraussetzung für eine Dedekind-Unendlichkeit, nämlich dass rng(f) eine echte Teilmenge zu M sein muss. Wenn f dagegen einen Wert w auslässt, dann ist dieses w zwar in B, aber nicht in rng(f) und wir haben rng(f)⊂ M. Aber f ist ja eine Funktion, also linkstotal, d.h. alles aus M trifft etwas in rng(f), und weil injektiv, so wird alles in rng(f) nur einmal getroffen, d.h. f: M -> rng(f) ist bijektiv. Sowas in der Art?

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von seeker » 16. Mai 2021, 09:14

FKM hat geschrieben:Dedekind hat eine unendliche Menge wie folgt definiert (lt. Deiser, pg. 103): Sei M eine Menge. M heißt unendlich, falls es eine echte Teilmenge N von M gibt, die sich bijektiv auf M abbilden lässt, d.h.es gibt ein N⊂M mit |N| = |M|. Eine Menge heißt endlich, falls sie nicht unendlich ist
Das ist ja witzig, sozusagen die Sache indirekt angehen, von hinten durch die Brust ins Auge... :)
FKM hat geschrieben:Ein bisschen Off-Topic:
Auf Seite 105 zitiert Deiser Dedekinds Idee, dass aus seiner Definition unendlicher Mengen die "Unendlichkeit der Gedankenwelt" folge:

Dedekind hat aus seiner Definition die „Unendlichkeit der Gedankenwelt“abgeleitet (vgl. das Zitat auf dem Vorblatt des Buches): Hessenberg (1906): „Einer der interessantesten Versuche, die Existenz transfiniter Mengen zu beweisen, ist der von Dedekind unternommene. Es sei a irgend ein Gegenstand des Denkens, so kann ich das Urteil fällen: a ist ein Gegenstand meines Denkens. Dieses Urteil φ(a) ist selbst ein Gegenstand des Denkens. Die Zuordnung φ zwischen a und φ(a) ist umkehrbar eindeutig [injektiv] und bildet die Menge aller Gedankendinge auf einen echten Teil ihrer selbst ab, da nicht jeder Gegenstand des Denkens die Form eines Urteils, daher a fortiori nicht die Form des speziellen Urteils φ(a) hat. Demnach ist die Menge aller Gedankendinge transfinit.“
Ja, schön wärs...
Das ist interessanter Unsinn. :)
... bzw. sagt das nichts darüber aus, was wirklich von uns gedacht werden kann, sondern nur, was in einer idealen, unbegrenzten Welt von uns gedacht werden könnte.
Grüße
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Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von FKM » 16. Mai 2021, 10:25

Pippen hat geschrieben:
16. Mai 2021, 02:57
Zunächst zur Induktion: Bei FKM fehlt der Induktionsanfang: Ein Passagier sitzt in der U-Bahn, und der richtige Induktionsschritt: wenn ein Passagier in der U-Bahn, dann ist da auch sein Nachfolger.
Der Induktions-"Beweis" war etwas zu salopp formuliert. Deswegen formuliere ich den etwas genauer:
Beweisprinzip der vollständigen Induktion: Die Aussagen A(n) sind richtig für allen∈N, falls man zeigen kann:
(i) Induktionsanfang: A(1) ist richtig,
(ii) Induktionsschritt: für jedes n∈N, für die die Aussage A(n) richtig ist, ist auch die Aussage A(n+1) richtig
(i) Eine U-Bahn kann 1 (oder n=1) Passagiere fassen.
(ii) Wenn eine U-Bahn n Passagiere fassen kann, dann kann sie auch n+1 Passagiere fassen.

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 16. Mai 2021, 11:03

FKM hat geschrieben:
16. Mai 2021, 10:25
Beweisprinzip der vollständigen Induktion: Die Aussagen A(n) sind richtig für allen∈N, falls man zeigen kann:
(i) Induktionsanfang: A(1) ist richtig,
(ii) Induktionsschritt: für jedes n∈N, für die die Aussage A(n) richtig ist, ist auch die Aussage A(n+1) richtig
(i) Eine U-Bahn kann 1 (oder n=1) Passagiere fassen.
(ii) Wenn eine U-Bahn n Passagiere fassen kann, dann kann sie auch n+1 Passagiere fassen.
Hallo Pippen,

nun ist es also mathematisch korrekt gefasst.

Wo ist der Fehler ? Anschaulich ist es klar: es gibt eine maximale Personenzahl, die noch reinpasst, d.h. eine weitere Person passt nicht mehr hinein. Doch an welcher Stelle bringt man diesen Einwand in den Induktionsbeweis ein ?


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 16. Mai 2021, 11:13

Hallo zusammen,

ich möchte noch für die Ddekind-Definition ein Kränzchen winden: er definiert eine unendliche Menge, ohne die Wortwahl "unendlich" zu verwenden, d.h. er verwendet nur grundlegende Prinzipien.


An einer Stelle ist übrigens noch Vorsicht geboten, denn man könnte ja argumentieren, dass IN eine echte Teilmenge von IR ist und da beide nicht gleichmächtig sind daraus schliessen, dass IR aufgrund der Dedekind-Definition eine endliche Menge sei.

Doch besagt die Definition etwas anderes:
Sei M eine Menge. M heißt unendlich, falls es (mindestens) eine echte Teilmenge N von M gibt, die sich bijektiv auf M abbilden lässt, d.h.es gibt ein N⊂M mit |N| = |M|
Bemerkung: blau von mir zur besseren Verständlichkeit ergänzt und kursiv durch mich hervorgehoben.


Freundliche Grüsse, Ralf
Zuletzt geändert von ralfkannenberg am 16. Mai 2021, 11:14, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von seeker » 16. Mai 2021, 11:13

Man kann (ii) bei der U-Bahn offensichtlich nicht zeigen, bzw. kann man umgekehrt zeigen, dass (ii) bei der U-Bahn nicht gilt:
Wenn in der U-Bahn max. n Leute Platz finden und schon n Leute darin sind, dann kann sie keine weitere Person aufnehmen, da n < n+1.


Ergo: In die U-Bahn passen nur endlich viele Leute bzw. die Menge n an Passagieren, die die U-Bahn max. aufnehmen kann, ist endlich.
Grüße
seeker


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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von ralfkannenberg » 16. Mai 2021, 11:15

seeker hat geschrieben:
16. Mai 2021, 11:13
Man kann (ii) bei der U-Bahn offensichtlich nicht zeigen, bzw. kann man umgekehrt zeigen, dass (ii) bei der U-Bahn nicht gilt.
Ergo: In die U-Bahn passen nur endlich viele Leute bzw. die Menge n an Passagieren, die die U-Bahn max. aufnehmen kann, ist endlich.
Hallo seeker,

korrekt: man kann es nicht für den Schritt von nmax zu nmax+1 zeigen.


Frage: kann man es auch über (i) zeigen ?


Freundliche Grüsse, Ralf

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Re: Deiser Mengenlehre

Beitrag von seeker » 16. Mai 2021, 11:18

Über (i) kann man es nicht zeigen, jedoch folgt aus (i) nicht automatisch (ii), wie man ja an dem Beispiel auch sieht.

Bei der U-Bahn kann zwar eine Induktion (bis n) durchgeführt werden, jedoch keine vollständige Induktion, da n endlich ist.
Grüße
seeker


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