Und um nun wieder den Bogen zur Threadüberschrift "Verhältnis der Mathematik zur Welt" zu schlagen:
Das schaut - so weit wir das sicher wissen - so aus:
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W = Welt
M = Bereich des Mentalen
B, C, D, ... = andere Bereiche
L = Logische Systeme (z.B. unsere Mathematik)
A = Aussage in L
In L gibt es Aussagen, Konstruktionen, usw.. Z.B. kann man in L eine Aussage A: U! generieren: "A: Es gibt das Unendliche!".
Diese Aussage kann nun zunächst wahr oder falsch sein, konsistent, nicht-konsistent, korrekt, inkorrekt, vollständig, unvollständig, etc.
Um diese
unsere Fragen zu den Eigenschaften von Aussage A zu beantworten, können wir sie
im Rahmen L untersuchen.
D.h.: Die Aussage A
bezieht sich incl. all ihrer Eigenschaften (z.B. wahr/falsch) zunächst ausschließlich auf ihren Bezugsrahmen L! Sie
existiert zunächst ausschließlich im Bezugsrahmen L - das ist das, was wir incl. einiger oder ggf. all ihrer gefragten Eigenschaften
sicher wissen können.
Was wir
nicht sicher wissen können ist, ob
darüber hinaus auch noch in B oder C oder ... etwas existiert, das zu A passend ist, ob sich also die Aussage A auch sinnvoll mit z.B. dem Ergebnis "wahr" oder "falsch" zu diesen Bereichen
außerhalb von L in Bezug setzen lässt.
Wir können das zwar vermuten, glauben, begründen, untermauern, plausibel machen, usw., aber nicht
sicher wissen.
Sei z.B. B die physische Welt.
Dann können wir durch Beobachtung erforschen, ob zu dem Inhalt U von A etwas Entsprechendes in B existiert.
Sei A: U z.B. die Behauptung, dass 1 + 1 = 2!, dann können wir nachschauen, was passiert, wenn ich einen Apfel habe und noch einen Apfel geschenkt bekomme: Ich beobachte, ich habe dann zwei Äpfel. Die Unsicherheit dabei ist, dass ich mich z.B. in meiner Beobachtung getäuscht haben könnte, vielleicht habe ich nur geträumt, vielleicht bin ich einer Illusion erlegen, vielleicht habe ich etwas falsch gemacht, etc.
Diese möglichen Täuschungen kann ich minimieren, indem ich in der Beobachtung strenge Maßstäbe ansetze, wie diese durchzuführen ist - das nennt man dann Empirie, damit wird das sicherer, aber nie exakt 100%ig sicher.
Schwieriger noch wird es, wenn in L eine Existenzaussage gemacht wird, die in B prinzipiell gar nicht beobachtet werden kann, z.B. eine Unendlicheit.
In dem Fall ist die Korrektheit eines Bezuges der Aussage A in L auf B z.B. mit dem Ergebnis "falsch" oder "wahr" notorisch unsicher.
Das ist das Verhältnis der Mathematik zur Welt.
Allgemein ist das, was ich hier sage, das, was Einstein hiermit gemeint hat:
Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.
Albert Einstein
P.S.: Man könnte nun vielleicht noch einwenden, dass das, was ich hier vortrage, selbst auch nur ein Aussagenkonstrukt ist und damit selbst auch unsicher, insofern es sich auf etwas außerhalb seines eigenen Bezugsrahmens L bezieht. Das ist wahr, das ändert aber nichts, denn auch im Fall, dass das außerhalb von L falsch wäre, würde die Sicherheit unseres Wissens nicht zunehmen, weil Wissen nicht durch zusätzliche Unsicherheiten stärker gesichert werden kann.