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Re: Quaternionen hier hilfreich?

Verfasst: 18. Jan 2018, 16:22
von tomS
positronium hat geschrieben:
18. Jan 2018, 11:22
Vielen Dank für die umfangreiche Aufschlüsselung, Tom!
Gerne!
positronium hat geschrieben:
18. Jan 2018, 11:22
Du siehst es aber auch so, dass im Rahmen der QM tatsächlich ein reeller 3er-Vektor rotiert wird, oder?
Im Rahmen der QM werden ganz unterschiedliche Objekte rotiert!


Beginnen wir mal mit der SU(2) Fundamentaldarstellung. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Darstellung niedrigster Dimension ist, die dennoch die Gruppenstruktur treu (= in allen Details) abbildet.

Man startet mit abstrakten Gruppenelementen g, h, … und deren Verknüpfung g⋅h = k. Dann definiert man Abbildungen d(g), d(h), … auf konkrete mathematische Objekte. Im Falle der SU(2) und deren Fundamentaldarstellung darf man diese d(.) mit den bekannten 2*2 Matrizen identifizieren. Das Kriterium, dass d(.) tatsächlich eine Darstellung definiert, ist, dass

wenn g⋅h = k, dann auch d(g) ⋅d(h) = d(k).

Das Gegenbeispiel zu einer treuen Darstellung ist die triviale Darstellung. Dabei gilt d(g) = d(h) = … = 1; alle Elemente werden auf die 1 abgebildet. Es gilt trivialerweise d(g) ⋅d(h) = d(k), nämlich 1⋅1 = 1.

Nun kann man zu jeder Liegruppe wie SU(n), SO(n), … Matrixdarstellungen finden; dabei zeigt sich, dass die SU(2) auch Darstellungen hat, die mit der SO(3) zusammenfallen.

Die Fundamentaldarstellung der SU(2) entspricht den bekannten 2*2 Matrizen, die auf den 2-dim. komplexen Vektoren operieren. Die 3*3 Matrizen der SO(3), die auf 3-dim. reellen Vektoren operieren, können ebenfalls als Darstellung der SU(2) interpretiert werden, wobei jedoch für jedes SU(2) Matrix gilt, dass d(g) = d(-g), d.h. die Darstellung ist nicht treu; g und –g werden auf dieselbe 3*3 Matrix abgebildet.

Nun zur Frage, was rotiert wird. Betrachten wir dazu einen 2-Spinor ψ, d.h. ein Element des 2-dim. komplexen Vektorraumes; ψ als „Wellenfunktion“ ist natürlich ortsabhängig, d.h. wir sprechen von ψ(r). Nun kann jede Drehung im Spinorraum, also jede Anwendung einer 2*2 Matrix g auf ψ, überführt werden in die Anwendung einer 3*3 Matrix D‘ = d (g) auf r (der ‘ zeigt an, dass noch eine Invertierung hinzukommt, die hier nicht so relevant ist). D.h.:

g ψ(r) = ψ(D‘ r)

D.h. dass die Rotation g im Spinorraum einer Rotation D im Ortsraum entspricht u.u. Ähnliches gilt auch für Lorentz-Transformationen von elektromagnetischen Feldern u.ä.

Ausgangspunkt in der QM ist aber eigtl. nicht die Wellenfunktion ψ(r) sowie die 2*2 Matrix g, sondern der abstrakte Zustand |ψ> sowie der abstrakte Rotationsoperator U = exp[iQ] mit der Rotation U|ψ>. Aus dieser einen abstrakten Notation kann man alle konkreten Darstellungen rekonstruieren. Das ist aber nur ein Ausblick.

Re: Quaternionen hier hilfreich?

Verfasst: 18. Jan 2018, 17:19
von positronium
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 16:22
positronium hat geschrieben:
18. Jan 2018, 11:22
Du siehst es aber auch so, dass im Rahmen der QM tatsächlich ein reeller 3er-Vektor rotiert wird, oder?
Im Rahmen der QM werden ganz unterschiedliche Objekte rotiert!
Ja, schon, aber es ging mir um den Spinor zweier komplexer Zahlen. Man kann hingehen, und sinngemäß wie Du schreiben, dass die Pauli-Matrizen Generatoren für die Drehung eines normierten komplexwertigen 2er-Vektor erzeugen. Ich halte das aber nur für einen - ich nenne es 'mal so - Mathematikertrick, um möglichst kompakte Objekte verwenden zu können. Die Phase wirkt auf Spinoren soz. transparent, nur von außen; im inneren sehe ich einen reellen 3-Vektor, entsprechend den Formeln:


Wenn man so einen Spinor also nicht als (s1, s2) Element C, sondern als (phi, x, y, z) Element R auffasst, bekommt der innere Raum (x, y, z) eine Bedeutung im normalen dreidimensionalen Raum. Man kann das auch aus der Pauli-Gleichung, sogar im erweiterten Fall aus den Bewegungsgleichungen der Lagrangedichte der QED ablesen. Dann entspricht die Wirkung der Pauli-Matrizen auf einen Spinor genau den Kreuzproduktmatrizen in 3D, und das ist ja genau das, was man vom Elektromagnetismus her kennt.
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 16:22
Nun kann man zu jeder Liegruppe wie SU(n), SO(n), … Matrixdarstellungen finden; dabei zeigt sich, dass die SU(2) auch Darstellungen hat, die mit der SO(3) zusammenfallen.

Die Fundamentaldarstellung der SU(2) entspricht den bekannten 2*2 Matrizen, die auf den 2-dim. komplexen Vektoren operieren. Die 3*3 Matrizen der SO(3), die auf 3-dim. reellen Vektoren operieren, können ebenfalls als Darstellung der SU(2) interpretiert werden, wobei jedoch für jedes SU(2) Matrix gilt, dass d(g) = d(-g), d.h. die Darstellung ist nicht treu; g und –g werden auf dieselbe 3*3 Matrix abgebildet.
Hat das nicht nur etwas mit dem zusätzlichen Freiheitsgrad, der Phase zu tun? Allein in obiger Umrechnung sehe ich keine Uneindeutigkeit.
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 16:22
Nun zur Frage, was rotiert wird. Betrachten wir dazu einen 2-Spinor ψ, d.h. ein Element des 2-dim. komplexen Vektorraumes; ψ als „Wellenfunktion“ ist natürlich ortsabhängig, d.h. wir sprechen von ψ(r). Nun kann jede Drehung im Spinorraum, also jede Anwendung einer 2*2 Matrix g auf ψ, überführt werden in die Anwendung einer 3*3 Matrix D‘ = d (g) auf r (der ‘ zeigt an, dass noch eine Invertierung hinzukommt, die hier nicht so relevant ist). D.h.:

g ψ(r) = ψ(D‘ r)

D.h. dass die Rotation g im Spinorraum einer Rotation D im Ortsraum entspricht u.u. Ähnliches gilt auch für Lorentz-Transformationen von elektromagnetischen Feldern u.ä.
OK, da betrachtest Du jetzt wohl den Spezialfall ebener Wellen, weil so etwas ja nicht im Allgemeinen funktionieren kann. Du siehst offenbar auch nur den Spinor als komplexwertigen 2er-Vektor.

Re: Quaternionen hier hilfreich?

Verfasst: 18. Jan 2018, 17:38
von tomS
Hi,

ich verstehe dich so, dass du mit der Rotation des Vektors bzw. Spinors immer die Rotation im Ortsraum meinst, ohne Betrachtung einer spinor-wertigen Wellenfunktion - richtig? Wenn das so ist, dann hast du recht; es handelt sich im Wesentlichen um einen Trick, dem Orts-Vektor einen Orts-Spinor zuzuordnen (und das hat nichts mit Wellenfunktionen zu tun).

Ja, die Uneindeutigkeit bei SO(3) hat nur etwas mit der Phase zu tun. Das ist aber wichtig, da in der QM beide Darstellungen untrennbar miteinander verbunden sind, da du nämlich die Fundamentaldarstellung der SU(2) für Spin 1/2 hast, und da du die SO(3) für den Ortsvektor hast - das ist kein Trick.

Im letzten Fall hast du nicht recht; das gilt immer (wenn Kovarianz bzgl. einer Gruppe vorliegt; im Falle der nicht-rel. QM ist das Galilei-Invarianz, im Falle rel. Theorien die Poincare-Invarianz). Du kennst das wahrscheinlich für das elektromagnetische Feld; es ist dir nur noch nicht aufgefallen

Re: Quaternionen hier hilfreich?

Verfasst: 18. Jan 2018, 18:00
von positronium
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 17:38
ich verstehe dich so, dass du mit der Rotation des Vektors bzw. Spinors immer die Rotation im Ortsraum meinst, ohne Betrachtung einer spinor-wertigen Wellenfunktion - richtig?
Ja.
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 17:38
Ja, die Uneindeutigkeit bei SO(3) hat nur etwas mit der Phase zu tun. Das ist aber wichtig, da in der QM beide Darstellungen untrennbar miteinander verbunden sind, da du nämlich die Fundamentaldarstellung der SU(2) für Spin 1/2 hast, und da du die SO(3) für den Ortsvektor hast - das ist kein Trick.
OK.
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 17:38
Im letzten Fall hast du nicht recht; das gilt immer (wenn Kovarianz bzgl. einer Gruppe vorliegt; im Falle der nicht-rel. QM ist das Galilei-Invarianz, im Falle rel. Theorien die Poincare-Invarianz).
Das glaube ich jetzt einfach einmal so. :wink:

Vielen Dank für die Erklärungen!

Re: Quaternionen hier hilfreich?

Verfasst: 19. Jan 2018, 09:37
von tomS
positronium hat geschrieben:
18. Jan 2018, 18:00
tomS hat geschrieben:
18. Jan 2018, 17:38
Im letzten Fall hast du nicht recht; das gilt immer (wenn Kovarianz bzgl. einer Gruppe vorliegt; im Falle der nicht-rel. QM ist das Galilei-Invarianz, im Falle rel. Theorien die Poincare-Invarianz).
Das glaube ich jetzt einfach einmal so.
Ich suche noch nach einer einfachen Erklärung.