tomS hat geschrieben:
seeker hat geschrieben:Wie viele positive Befunde B braucht man, um p sicher angeben zu können?
Sicher geht nicht.
Zu dieser Überlegung bin ich auch gekommen, Einigkeit.
tomS hat geschrieben:Diese Wahrscheinlichkeiten sind nicht Konvention, sie sind exakt berechenbar.
Konvention ist lediglich, wie man diese berechneten Wahrscheinlichkeiten wertet.
So meinte ich das auch. Nur sollte man nicht "lediglich" sagen, weil das ganz entscheidend ist.
tomS hat geschrieben:In der Teilchenphysik wertet man eine Signifikanz von 3 σ als Anzeichen, eine von 5 σ als Entdeckung. Die Fehlerwahrscheinlichkeit, d.h. dass es bei einem als Entdeckung gewerteten Effekt doch um eine statistische Schwankung handelt, liegt (bei 5 σ) bei 0,000057 Prozent.
deltaxp hat geschrieben:Das führt letzlich zum bereits behandelten Thema des hypothesentests. 100% Sicherheit aufgrund von messungen gibt es nicht. deswegen verbringen experimentelle Physiker bei der Datenauswertung den größten teil der Zeit mit Fehlerbestimmung und nur einen kleinen Teil mit dem erwartungswert der Messgröße selbst.
Das ist klar. Ich denke nur noch in eine andere Richtung, denn bei der Teilchenphysik hat man eine etwas andere Situation: Du hast hohe Streuung, viel Rauschen, du hast viele Messwerte und weißt zunächst nicht, ob darin ein echtes Signal verborgen ist. Und du willst z.B. einen Existenzbeweis für Teilchen X, also für ein
Objekt erbringen.
Beispielsweise beim Phänomen "Leben" ist das nicht nötig. Dass es existiert ist sowieso gesichert, da muss man nix mehr nachmessen. Dass hinter seiner Existenz ein Prozess steht, der von der unbelebten Materie zur belebten führt, ist dabei Grundannahme, die nicht fallen gelassen werden darf, denn sonst kommt man automatisch in religiöse Gefilde, da will man nicht hin.
Es kommt eben auf die Frage an, die man stellt...
Beim Thema Leben können wir z.B. die Frage nach der Wahrscheinlichkeit für seine Entstehung auf einem beliebigen Planeten mit flüssigem Wasser stellen. Tun wir das, so fragen wir aber nicht nach der Existenz eines Objekts, sondern nach der Wahrscheinlichkeit, mit der ein als sicher existierend anzunehmender
Prozess bzw. Prozessklasse zu Leben führt, der aber in seinen kausalen Details bei dieser Betrachtung unbekannt bleibt.
Und das ist eben eine andere Situation, deshalb braucht man hier auch eine andere Auswertung der positiven Befunde (wenn denn welche vorlägen, sie tun es heute noch nicht, täten sie es, wären sie aber nicht hinter einem Rauschen verborgen wie unsere Teilchenmesswerte, sie wären i.d.R. völlig klar: Entweder sind da vermehrungsfähige Organismen in der Probe vom Planet x oder sie sind es nicht).
Ich will mal ein Beispiel geben, um zu verdeutlichen, wohin meine Gedanken/Überlegungen sonst noch gehen:
1. Es existiert ein Sack mit einer unbekannten Anzahl Kugeln drin (es könnten auch unendlich viele sein, du weißt es nicht).
Ich komme vorbei und gebe dir eine blaue Kugel in die Hand: "Schau mal! Die habe ich gerade blind aus dem Sack gezogen!"
Mehr Informationen hast du nicht.
Frage: Wenn du nun selbst blind eine Kugel aus dem Sack ziehst, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass die Kugel blau ist?
Du kannst es nicht sagen.
Frage: Wenn du nun mehrmals Kugeln aus dem Sack ziehst, ändert sich etwas an der Situation? Kannst du dann irgendwann sagen: "Bei der nächsten Ziehung werde ich mit der Wahrscheinlichkeit x eine blaue Kugel ziehen!"
Ich glaube, dass du auch das nicht kannst, egal wie oft du ziehst, weil du nicht weißt, wie viele Kugeln in dem Sack sind. Andere Meinungen dazu?
Wobei das
Vertrauen auf eine bestimmte gegebene Verteilung schon vom Ergebnis der Ziehungen abhängen kann:
Ziehst du z.B. 1000 mal und ziehst 1000 mal blau, dann wirst du vermutlich erwarten, dass auch bei der 1001sten Ziehung blau kommt.
(... nur schlägt hier mal wieder das Induktionsproblem zu, daher: Sicher kannst du nicht sein, du kannst damit auch völlig daneben liegen.)
Ziehst du aber z.B. 1000 mal irgendwelche farbigen Kugeln, nur keine einzige blaue, dann stehst du blöd da, du kannst p nicht angeben.
2. Wie 1., nur ist diesmal bekannt, dass sich in dem Sack insgesamt 1 Million Kugeln befinden.
Wenn du nun das erste Mal ziehst, kannst du dann sagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, eine blaue Kugel zu erwischen?
Nö, ich glaube, auch jetzt kannst du das nicht. Es könnte genausogut gar keine blaue Kugel mehr in dem Sack sein wie lauter blaue Kugeln...
Kannst du es sagen, wenn du mehrere Kugeln gezogen hast?
Ich denke: Irgendwann ja, je mehr Kugeln du ziehst, desto genauer und vertrauenswürdiger wird die daraus berechenbare Wahrscheinlichkeit werden. Falls p aber sehr klein ist, kann es sein, dass du alle Kugeln wirst ziehen müssen, um p bestimmen zu können, wenn z.B. in dem Sack nur eine einzige blaue Kugel ist (was du ja aber nicht weißt) und du diese nach 900.000 Ziehungen immer noch nicht gefunden hast, wird dein p immer noch bei Null verharren, mit einer gewissen Unsicherheit zu >0 hin ja, aber eben um diesen Wert geht es ja. Die Unsicherheit bei p soll ja nicht größer als p selbst sein, sonst ist das nicht sehr zufriedenstellend...
Gruß
seeker