Ich denke, du machst es dir zu einfach:
seeker hat geschrieben:tomS hat geschrieben:Du müsstest schon etwas präziser sagen, was du dir unter (ii) vorstellst, inwiefern es nicht "unserer Mathematik" entspricht aber dennoch "Mathematik ist"
Nein,
du müsstest nachweisen, dass es so etwas prinzipiell nicht geben kann. Kannst du das nicht, so kannst du es auch nicht ausschließen.
Du redest darüber, dass es „etwas jenseits unserer Mathematik“ geben könnte, und dass dies ggf. eine „andere Art von Mathematik wäre“. Wenn du nicht in irgendeiner Form definieren kannst, was dieses „etwas“ sein soll, dann ist die gesamte Diskussion inhaltsleer.
Bsp.: gibt es etwas „jenseits von Farbe“? ja, und zwar in verschiedener, jeweils präzise definierter Hinsicht:
- infrarote, ultraviolette, … elektromagnetische Strahlung
- Schallwellen
- …
Solange du nichts dergleichen aufführen kannst, ist es sinnlos von diesem „etwas“ zu reden.
seeker hat geschrieben:Ich sage nur: Nur weil ich mir etwas nicht vorstellen kann, heißt das noch lange nicht, dass es das auch nicht geben kann. Es ist also ungewiss. Mehr sage ich gar nicht.
Letztlich fragst du hier, ob es etwas gibt, was du dir nicht vorstellen kannst. Da würde ich mal sagen „ja“. Aber warum möchtest du es dann Mathematik nennen?
seeker hat geschrieben:So weit es uns Menschen betrifft, stimme ich dem hier zu:
tomS hat geschrieben:Die Frage ist dann "nur" noch, welche konkrete mathematische Struktur die "passende" ist.
Warum nur bzgl. der Menschheit? Eine mathematische Struktur ist ein recht umfassender Begriff.
seeker hat geschrieben:Zum Bewusstsein:
tomS hat geschrieben:Ich denke, die wesentliche Problematik ist die präzise Definition und der experimentelle Nachweis der Qualia. Ich würde eher sagen, dass wir prinzipbedingt möglicherweise nicht dazu in der Lage sind, dieses Problem zu lösen. Und dann können wir auch keine Schlussfolgerungen ziehen
Da machst du es dir m. E. zu einfach.
Erstens brauche ich keinen experimentellen Nachweis, um Gewissheit zu haben, dass Qualia existieren - und zwar eine höhere Gewissheit als es irgendein experimenteller Nachweis liefern könnte und zweitens müssen wir gar nicht exakt formulieren können was Qualia sind, um schlussfolgern zu können.
Es reicht hier die Gewissheit der Existenz und die Gewissheit, dass wir um diese Existenz wissen.
Ich leugne die Existenz der Qualia und des Bewusstseins keineswegs. Ich habe auch nicht gesagt, dass die Problematik im „Nachweis der Existenz“ besteht. Die Problematik besteht in einer mathematisch / naturwissenschaftlich präzisen Definition von Qualia sowie dem naturwissenschaftlich präzisen Nachweis.
Wenn du behauptest, dass Qualia auf ein „etwas jenseits der Mathematik hinweisen“, dann müsstest du zeigen können, dass Qualia prinzipiell nicht mathematisch beschrieben werden können. Die Tatsache, dass wir das jetzt nicht können, bedeutet gar nichts. Betrachte mal Gödels zweiten Unvollständigkeitssatz: er behauptet (korrekt) die Existenz wahrer jedoch unbeweisbarer Sätze innerhalb eines konsistenten formalen mathematischen Systems. Wenn unser Bewusstsein isomorph zu einem derartigen formalen System wäre, dann folgt daraus sofort, dass wir unser Bewusstsein in seiner Gesamtheit (d.h. inkl. aller wahrere Aussagen über das Bewusstsein) nie erkennen / erfassen können. Demzufolge könnten die Qualia gerade in dieser für nicht zugänglichen Ebene des formalen Systems liegen, genauso wie die gem. Gödel wahren jedoch unbeweisbaren Sätze in dem „für Algorithmen unzugänglichen Bereich des formalen Systems liegen“.
Dies ist ein Indiz (kein Beweis), dass gerade diese prinzipielle nicht-Erkennbarkeit der Qualia ein Hinweis darauf sein könnte, dass sie Elemente eines konsistenten formalen mathematischen Systems sind. Und damit wäre Qualia gerade kein Indiz für ein „etwas jenseits der Mathematik“.
seeker hat geschrieben:Falls du meine Argumentation aushebeln willst, so sehe ich nur einen Weg: Du musst die Existenz des Bewusstseins leugnen.
Nein – s.o.
seeker hat geschrieben:... und kommst damit sofort in logische Widersprüchlichkeiten hinein. Beispiel: Wer oder was leugnet dann in dem Fall was?
Nein – s.o.
seeker hat geschrieben:Und wenn du sagst "Ich würde eher sagen, dass wir prinzipbedingt möglicherweise nicht dazu in der Lage sind, dieses Problem zu lösen.", dann sagst du in dem Moment, dass möglicherweise nicht alles mathematisch erfassbar ist.
Nein – s.o.
seeker hat geschrieben:Zur QM:
tomS hat geschrieben:Die Quantenmechanik befasst sich durchaus mit der Gesamtheit = dem Quantenobjekt + Versuchsaufbau + Umgebung. Das ist z.B. Gegenstand von Dekohärenz (sehr präzise untersucht; u.a. Nobelpreis 2012), Everettsche bzw. Viele-Welten-Interpretation mit vollständiger Determiniertheit.
Es geht darum, ob diese Determiniertheit (so sie denn vorliegt) eine vollständige Aufwärtskausalität ist oder nicht. Das ist sie m. E. offensichtlich nicht.
Offensichtlich? Ich weiß nicht, was du damit meinst.
seeker hat geschrieben:tomS hat geschrieben:Insgs. kann ich nicht erkennen, dass diese Phänomene über die Mathematik selbst hinausweisen.
In Ordnung. Nur wäre es dann im Fall des Holismus dann so, dass uns auch die Mathematik die Welt nicht vollständig verständlich machen kann …, da die Strukturen darin auch nicht auf etwas uns vollständig Verständliches reduzierbar wären.
Nein – s.o.
Wir wissen aus der „Außenansicht formaler Systeme“, dass deren Innenansicht sozusagen beschränkt und unvollständig ist. Im Falle bestimmter formaler Systeme (Logik, Arithmetik, …) können wir uns natürlich sowohl die Innen- als auch die Außenansicht zu eigen machen und daher die Beschränktheit der Innenansicht überwinden. Sollte unser Bewusstsein jedoch isomorph zu einem genügend komplexen formalen System sein, dann können wir das prinzipbedingt nicht (witzig ist, dass wir beweisen können, dass wir das nicht können). D.h. alleine aus unserer Beschränktheit dürfen wir gerade nicht (zwingend) schlussfolgern, dass das Bewusstsein jenseits der Mathematik liegt; es kann durchaus möglich sein, dass unser Bewusstsein vollständig mathematisch ist, jedoch jenseits der unserem Bewusstsein zugänglichen Mathematik liegt.
Da du ganz oben nicht in der Lage warst, überhaupt zu erklären, was dieses „jenseits der Mathematik“ überhaupt sein könnte, ziehe ich mich lieber auf den Standpunkt zurück, dass etwas jenseits der uns zugänglichen Mathematik existiert, dass dieses jedoch ebenfalls mathematisch ist. Das erscheint mir nach dem, was wir über die Mathematik und die Physik wissen, pragmatisch gerechtfertigt und weniger esoterisch. Ich lasse mich aber durch eine präzisere Definition gerne überzeugen …