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zur Unendlichkeit in der Mathematik

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von seeker » 29. Jan 2010, 21:25

@Kostja
Was?! Das wird ja immer verzwickter!
Sei doch nicht so grausam zu mir! Hab Gnade!

Scherz beiseite. 8) Das ist ne neue Erkenntnis für mich, die ich erstmal verdauen muss...
Also Ring aus Z bilden, dann kann man die Natürlichen Zahlen da einbetten.
Zahlenbereichserweiterung, Isomorphismus (bedeutungsgleiche Abbildung), Bijektivität,...
"Für unendliche Mengen definiert man die Mächtigkeit als Verallgemeinerung der Elementanzahl mit Hilfe des Begriffes der Bijektion."
"Gibt es einen Isomorphismus zwischen zwei Strukturen, dann heißen die beiden Strukturen zueinander isomorph. Isomorphe Strukturen sind in gewisser Weise „dasselbe“, nämlich dann, wenn man von der Darstellung der Elemente der zugrundeliegenden Mengen und den Namen der Relationen und Verknüpfungen absieht."

Habe ich doch noch ein Schlupfloch gefunden? Nämlich in den Worten "in gewisser Weise..., nämlich dann, wenn...".

Du, da muss ich erst mal ein paar Tage Mathe aus nem Lehrbuch pauken, um das wirklich zu verstehen.
Trotzdem sehr interessant!
Ich weiß auch noch nicht so recht: Das ist eine Konstruktion und im Wiki steht, dass man die rationalen Zahlen zu den reellen Zahlen erweitern kann.
Die reellen Zahlen sind doch aber echt mächtiger, wie die rationalen Zahlen? Da wird doch was verändert?

Zahlenbereichsereiterung (Wiki):
"Zu beachten ist, dass der alte Zahlenbereich nicht einfach eine Teilmenge seiner Erweiterung ist, sondern lediglich zu einer Teilmenge der Erweiterung isomorph ist. Beispielsweise sind die natürlichen Zahlen streng genommen keine Teilmenge der ganzen Zahlen, sondern lediglich zu einer Teilmenge der ganzen Zahlen isomorph. Diese Unterscheidung spielt aber in den meisten Fällen keine Rolle, sodass Aussagen der Art, dass eine Zahlenmenge Teilmenge einer anderen Zahlenmenge sei, zulässige Vereinfachungen sind."

Ha! Das letzte Zitat sagt mir doch, dass die natürlichen Zahlen immerhin zu einer Teilmenge der ganzen Zahlen isomorph sind! Teilmenge bleibt Teilmenge und Teilmenge ist "kleiner" (nach meiner Def.) wie ganze Menge!

Aber ich will ja nachher auch noch das Paradoxon von Tom durchdenken.
Also das kann mir jetzt schnell vom zeitlichen Aufwand im Moment zu viel werden.
Also wenns jetzt noch komlizierter wird, dann glaube ich dir erstmal und schlage vor das Thema ein wenig zeitlich zu verschieben.

Grüße
seeker
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von seeker » 30. Jan 2010, 01:15

@Tom

OK,ich hab mir aus deinen Worten Bildchen gemalt.
(So ist das, wenn bei einem das Denken stark bildlich ausgeprägt ist und nicht ganz so stark völlig abstrakt. Da gibt es echt Unterschiede bei den Leuten, in der Art, wie der Denkapparat arbeitet. Das habe ich auch schon öfter festgestellt.)

Ich glaube ich hab's begriffen!
Falls ich mit meinen folgenden Aussagen keine Blödsinn erzähle, wird's wohl so sein:

Das ist faszinierend!
Aus den unbekannten Zahlen werden in gewissem Sinne unbekannte Funktionen - und zwar unendlich viele (seehr bildlich gesprochen).
tomS hat geschrieben:Diese Menge S ist ein absolut unbekanntes Wesen.
Na ja, immerhin können wir angeben, welche Elemente S nicht enthält. Das ist doch schon mal etwas?

Ja, eigentlich können wir nicht einmal so Zahlen wie Pi oder e exakt angeben (wenn wir realistische, endliche Computer benutzen).
Da hilft es auch nicht, wenn wir unendlich lang warten, weil der endliche Speicher des Computers vorher voll ist.
Pi kann man nur mit einem Computer ausrechnen, der unendlichen Speicher hat und entweder unendlich viel Zeit zur Verfügung hat oder unendlich schnell rechnen kann. Selbst dann: Wie soll er das Ergebnis ausgeben können und wer soll das verarbeiten/lesen?

Aber wie du schon sagst: Das ist für unser Paradoxon grad egal!

Hm, berechnen kann man diese unbekannten Zahlen nicht (obwohl man sie gleichzeitig per Funktion berechnen können müsste - verrückt).
Vielleicht stimmt auch an dem Auswahlaxiom was nicht? Immerhin ist es ein Axiom, also eine Grundannahme, die nicht beweisbar ist.
(So verstehe ich zumindest den Begriff "Axiom" außerhalb der Mathematik.)
Mir scheint, dass die Funktionen unendlich kompliziert/lang werden müssten, um solche Zahlen zu berechnen.

ABER:
Jetzt nehme ich mal so eine Art Quantencomputer. Der soll jetzt aber die unbekannten Zahlen nicht berechnen, sondern "erraten".
Er soll einfach echte Zufallszahlen produzieren und aneinanderreihen. Ich glaube, dass Zahlen, die nicht berechenbar sind echte Zufallszahlen sein müssten?
Wenn ich jetzt noch einen nicht-realistischen, unendlich schnellen Computer hätte (oder unendlich viel Zeit), müsste er so eine Zahl finden können.
Selbst wenn er realistisch wäre, so wüsste ich doch, dass er zwar nie fertig wird so eine Zahl zu produzieren, aber immer wenn ich nachschaue kann ich mir sicher sein, dass er bis zu diesem Zeitpunkt keinen Fehler bei seiner "Berechnung" gemacht hat.
(Du siehst: Ich bin auch Techniker, ich denke an praktische Lösungen. :wink: )

Noch eine philosophische Spekulation dazu:
Was ist das Gegenteil einer unendlich komplizierten Funktion? Ich würde sagen eine "Funktion", die gar keine Auswahlregeln mehr enthält.
Genau so ein Ding würde doch Zufallszahlen produzieren - eine unendlich komplizierte Funktion aber gewissermaßen auch.
Unendlich und Null ist in gewissem Sinne dasselbe...

Beste Grüße
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 30. Jan 2010, 09:15

seeker hat geschrieben:Hm, berechnen kann man diese unbekannten Zahlen nicht (obwohl man sie gleichzeitig per Funktion berechnen können müsste - verrückt).
Vielleicht stimmt auch an dem Auswahlaxiom was nicht? Immerhin ist es ein Axiom, also eine Grundannahme, die nicht beweisbar ist.
(So verstehe ich zumindest den Begriff "Axiom" außerhalb der Mathematik.)
Mir scheint, dass die Funktionen unendlich kompliziert/lang werden müssten, um solche Zahlen zu berechnen.
Wichtig ist, dass man sie nicht berechnen kann, weil man die Funktion nicht hinschreiben kann. Eine Funktion wie ln(2) ist ja nur eine abgekürzte Schreibweise für 0,693147180559945...; bei den Zahlen, über die wir reden, gibt es keine kürzere Schreibweise als diese unendliche Zahl selbst.

Bzgl. des Status eines Axioms hast du recht; es gilt als Glaubenssatz, der keines Beweises bedarf. Das ist in dieem speziellen Fall natürlich schon grenzwertig ...

seeker hat geschrieben:Jetzt nehme ich mal so eine Art Quantencomputer. Der soll jetzt aber die unbekannten Zahlen nicht berechnen, sondern "erraten".
Er soll einfach echte Zufallszahlen produzieren und aneinanderreihen. Ich glaube, dass Zahlen, die nicht berechenbar sind echte Zufallszahlen sein müssten?
Wenn ich jetzt noch einen nicht-realistischen, unendlich schnellen Computer hätte (oder unendlich viel Zeit), müsste er so eine Zahl finden können.
Selbst wenn er realistisch wäre, so wüsste ich doch, dass er zwar nie fertig wird so eine Zahl zu produzieren, aber immer wenn ich nachschaue kann ich mir sicher sein, dass er bis zu diesem Zeitpunkt keinen Fehler bei seiner "Berechnung" gemacht hat.
Das hilft dir nichts; ein Quantencomputer so wie er heute diskutiert wird, kann auch nicht unendlich schnell rechnen, und er kann auch keine nicht-berechenbaren Zahlen berechen. Bzgl. der Zufallszahlen: ich glaube nicht, dass alle nicht-berechenbaren Zahken Zufallszahlen im statistischen Sinne sind. Aber auch das Konzept hilft dir nichts, da du eine Zufallszahl ja gerade nicht reproduzieren kannst. Um eine Zahl zu "kennen", sollte sie aber reproduzierbar sein.


Ich glaube aber, dass du das Grundprinzip verstanden hast
Gruß
Tom

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von seeker » 30. Jan 2010, 11:24

tomS hat geschrieben:Wichtig ist, dass man sie nicht berechnen kann, weil man die Funktion nicht hinschreiben kann. Eine Funktion wie ln(2) ist ja nur eine abgekürzte Schreibweise für 0,693147180559945...; bei den Zahlen, über die wir reden, gibt es keine kürzere Schreibweise als diese unendliche Zahl selbst.
Ja klar! Das muss ich mir merken!
Bzgl. der Zufallszahlen: ich glaube nicht, dass alle nicht-berechenbaren Zahken Zufallszahlen im statistischen Sinne sind. Aber auch das Konzept hilft dir nichts, da du eine Zufallszahl ja gerade nicht reproduzieren kannst. Um eine Zahl zu "kennen", sollte sie aber reproduzierbar sein.
Aber ich kann doch zumindest mal eine Zahl (e S) anfangen hinzuschreiben (indem ich Zufallsziffern aneinanderreihe), obwohl ich sie nicht berechnen kann - und ich weiß schon bevor die komplette Zahl produziert wurde, dass sie am Ende (welches nie erreicht wird) e S sein wird.
Was sofort wieder zu einem Paradoxon führt...
Ich kann Zahlen produzieren, die ich nicht (vorher) kenne, aber von denen ich trotzdem schon vorher Eigenschaften bzw. nicht-Eigenschaften angeben kann. Klar kann ich nicht reproduzieren - und trotzdem kann ich produzieren.

Das Ding bleibt faszinierend!

Grüße
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 30. Jan 2010, 12:59

Wenn du eine Zahl produzierst und hinschreibst, dann gibt es zwei Möglichkeiten, sie zu reproduzieren.
a) du wendest dieselbe Regel erneut an
b) wenn keine Regel gibt (wie bei Zufallszahlen), dann schreibst du sie einfach ab.
Nur im Falle von b) hast du keine Regel, keine Formel, keine Eigenschaft, nichts; du "kennst" die Zahl nicht.
Gruß
Tom

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von seeker » 30. Jan 2010, 13:40

Ist jetzt klar!

Gruß
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 1. Feb 2010, 13:45

So, nun zum nächsten Punkt, dem Banach-Tarski-Paradoxon.

Kurze Zusammenfassung: wir werden zeigen, dass man eine Kugeloberfläche in vier Teile zerlegen kann, wobei man anschließend aus jeweils nur zwei Teilen wieder eine jeweils vollständige Kugeloberfläche zusammensetzen kann. Damit können wir aus der ursprünglichen Kugeloberfläche zwei identische Kopien herstellen!

Wir betrachten dabei zunächst eine sogenannte „freie Gruppe“ F. Wir definieren vier „Buchstaben“ s und t sowie ihre Inversen s[up]-1[/up] und t[up]-1[/up]. Daraus bilden wir beliebige „Wörter“ beliebiger Länge; Bsp.:

sttst[up]-1[/up]tst[up]-1[/up]…

Wann immer ein Objekt und sein Inverses nebeneinander stehen „kürzen“ wir sie weg, d.h. in den Wörtern kommen Kombinationen wie

sst[up]-1[/up]

nicht vor.

Nun teilen wir die (unendliche) Menge aller Wörter F in vier Mengen ein, die wir F(s), F(t), F(s[up]-1[/up]) und F(t[up]-1[/up]) nennen. Dabei bezeichnet der Buchstabe in Klammer immer den „Anfangsbuchstaben“ der Wörter in der jeweiligen Menge, d.h. F(s) enthält alle Wörter, die mit s anfangen, F(t) alle die mit t anfangen usw. Damit können wir die Menge aller Wörter, d.h. die gesamte freie Gruppe F, schreiben als Vereinigungsmenge dieser vier Mengen.

F = F(s) U F(t) U F(s[up]-1[/up]) U F(t[up]-1[/up])

Nun betrachten wir die Menge F(s[up]-1[/up]). Da die Wörter in ihr alle mit s[up]-1[/up] anfangen, wissen wir auch, dass der zweite Buchstabe kein s sein kann, denn sonst wäre er ja weggekürzt worden. D.h. F(s[up]-1[/up]) besteht aus allen Wörtern der Form

w = s[up]-1[/up]xw’

w’ steht für beliebige Wörter, x für alle Buchstaben mit Ausnahme von s

Nun betrachten wir die neue Menge sF(s[up]-1[/up]). Wir wenden also s von links an und erhalten alle Wörter der Form

sw = ss[up]-1[/up]xw’ = xw’

Damit sind in sF(s[up]-1[/up]) alle Wörter enthalten, mit Ausnahme derjenigen die mit s beginnen. Damit können wir aber die gesamte Menge F schreiben als Vereinigungsmenge von F(s[up]-1[/up]) und sF(s[up]-1[/up]). Dasselbe Spiel können wir natürlich auch mit t treiben. D.h. aber, wir haben ein Paradoxon konstruiert! Oben haben die Gesamtmenge F als Vereinigung aller vier Mengen geschrieben, jetzt können wir F als Vereinigung von nur zwei (der offensichtlich jeweils gleich großen) Mengen schreiben.

F = F(s) U sF(s[up]-1[/up])
F = F(t) U tF(t[up]-1[/up])

Dies ist ein zentraler Schritt des Beweises! Wir können grob sagen, dass die gesamte Menge F in vier „gleich große“ Teile zerlegt werden kann und dass es möglich ist, sie aus jeweils nur zwei Teilen (wobei einer davon transformiert wurde, ohne seine „Größe“ zu ändern) wieder zusammengesetzt werden kann (die Transformation bezieht sich auf die Anwendung von s bzw. t von links). Bisher hat das alles noch einen recht abstrakten Charakter, denn wir sprechen von einer Zerlegung der freien Gruppe F in vier bzw. zwei Teile; nun müssen wir das auf eine messbare Menge, z.B. auf eine Kugeloberfläche übertragen.

Wir setzen für die Buchstaben s und t zwei bestimmte Drehungen, einmal um den Winkel arccos 1/3 um die z-Achse und einmal um arccos 1/3 um die x-Achse (andere Winkel wären möglich). Damit entsprechen den Wörtern in F unendlich viele Drehungen im dreidimensionalen Raum. Wenn der elementare Drehwinkel gleich einer rationalen Zahl m/n mal 360° ist, dann wird die n-fache Anwendung auf eine Drehung um m * 360°, also auf die Identität führen. Wenn jedoch der elementare Drehwinkel gleich einer nicht-rationalen Zahl mal 360° ist, dann wird nie der Fall eintreten, dass man nach einer festen Anzahl von Drehungen eine Drehung um m * 360° erreicht. Mit der oben genannten Wahl der Drehwinkel von arccos 1/3 erreichen wir letzteres; alle Drehungen in den vier Mengen enthalten unendlich viele verschiedene Drehungen, ohne je auf eine Drehung um 360° zu führen und ohne dass verschiedene Wörtern in F derselben Drehung entsprechen.

Wir betrachten nun die Anwendung der Drehungen F(s) auf einen fest vorgegeben Vektor x, der auf einer Kugeloberfläche liegt. Sukzessives Anwenden aller Drehungen aus F(s) überführt diesen Vektor in alle Vektoren, die durch mit s beginnende Drehungen erreichbar sind. Wir nennen diese Menge von Vektoren den Orbit von F(s) bzgl. x und schreiben dafür O[down]x[/down][F(s)]. Analog definieren wir die Orbits der drei anderen Mengen.

Nun wird’s nochmal ein wenig kompliziert. Wir haben die Orbits eines beliebigen Punktes x betrachtet. Der gesamte Orbit O[down]x[/down][F] wird nicht der gesamten Kugeloberfläche S[up]2[/up] entsprechen, sondern lediglich einer Untermenge davon. Das liegt daran, dass wir uns zu Beginn auf einen bestimmten Punkt x festgelegt hatten. Insbs. enthält ein Orbit von x abzählbar viele Punkte (F ist endlich erzeugt, d.h. F besteht aus endlichen, aber beliebig langen Wörtern, die man mittels der natürlichen Zahlen zählen kann; diese Eigenschaft überträgt sich von F direkt auf O[down]x[/down][F]).

Wir betrachten nun alle Punkte auf der Kugeloberfläche S[up]2[/up] und klassifizieren sie danach, ob sie innerhalb desselben Orbits liegen oder nicht. Bsp.: Gehen wir aus von dem Punkt x; in seinem Orbit liegen die Punkt sx, tx, s[up]-1[/up]x, t[up]-1[/up]x, s[up]2][/up]x usw. Aus diesem Orbit können wir uns einen Punkt herausgreifen, z.B. x selbst. Er „repräsentiert“ unseren Orbit, d.h. er repräsentiert alle Punkte, die von x aus erreichbar sind. Nun betrachten wir einen neuen Punkt y. Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder ist er von x aus erreichbar, liegt also im selben Orbit, dann brauchen wir ihn nicht, oder er ist von x aus nicht erreichbar, dann kommt liegt er in einem anderen Orbit. Wir denken uns also die Kugeloberfläche zerlegt in unendlich viele Orbits und wählen aus jedem Orbit genau einen Repräsentanten aus. Die Anzahl der Orbits ist „überabzählbar unendlich“; dies überträgt sich auf die Menge aller Repräsentanten.

Die Auswahl der Repräsentanten entspricht der Anwendung des Auswahlaxioms! Wir können nur sagen, dass aus jedem Orbit ein Punkt ausgewählt werden kann, wir können aber nicht jeden einzelnen Punkt selbst festlegen. Wir können dies für „einige“ vorgegebene Punkte x, y, … tun, aber eben nicht für die gesamte Kugeloberfläche S[up]2[/up].

Die so ausgewählten Punkte bilden zusammen eine unendliche Menge C. Wir können nun die gesamte Kugeloberfläche S[up]2[/up] aus der Menge C rekonstruieren, indem wir für jeden Punkt in C die gesamte freie Gruppe F darauf anwenden. D.h. formal können wir schreiben

F C = S[up]2[/up]

Nun haben wir aber die die freie Gruppe zwei Teilmengen zerlegt, d.h wir können Kugeloberfläche S[up]2[/up] auch durch Anwendung jeweils einer der beiden Mengen rekonstruieren, d.h. wir erhalten S[up]2[/up] auch durch

{F(s) U sF(s[up]-1[/up])} C = S[up]2[/up]
{F(t) U tF(t[up]-1[/up])} C = S[up]2[/up]

Nun führen wir noch eine Verschiebung durch. Wir nehmen die Punkte aus C, verschieben sie um einen festen Vektor und nennen die neue Menge C’. Wenden wir nun die zweite Rekonstruktion auf C’ statt auf C an, so rekonstruieren wir S[up]2[/up], allerdings an einer anderen Stelle im Raum.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir mittels der gewählten Zerlegung der freien Gruppe sowie der Anwendung des Auswahlaxioms die Kugeloberfläche S[up]2[/up] verdoppelt haben. Der wesentliche Punkt dabei ist, dass die oben definierten Mengen F(s) C usw. keine echte Konstruktion zulassen; wir haben lediglich ihre Existenz benutzt.

http://www.dmg.tuwien.ac.at/winkler/pub/bata/index.html
Zuletzt geändert von tomS am 2. Feb 2010, 07:24, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Korrektur bzgl. Abzählbarkeit von F
Gruß
Tom

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von kostja » 1. Feb 2010, 18:17

Sehr schön, vielen Dank, Tom!

Ich habe mir bisher noch nicht die Mühe gemacht den Beweis des allgemein bekannten Satzes von Banach und Tarski nachzuvollziehen. Und jetzt habe ich noch viel weniger Grund dazu ihn nach zu lesen. :-)

Eine Frage stellt sich mir jedoch. Bist Du sicher, dass die Anzahl der Orbits abzählbar ist?
tomS hat geschrieben:Die Anzahl der Orbits ist „abzählbar unendlich“ entsprechend der Abzählbarkeit der freien Gruppe F; die Anzahl aller Repräsentanten dagegen ist überabzählbar unendlich.
ist Vereinigung der Orbits. Jeder Orbit enthält abzählbar viele Elemente. Damit wäre aber als abzählbare Vereinigung abzählbarer Mengen.

Gruß Konstantin

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 1. Feb 2010, 21:39

Da bin ich auch selbst schon draufgekommen, dass da was nicht passt :-)

Evtl. kannst du mir ja helfen (ich glaube nicht, dass diese Aussagen für den Beweis wichtig sind, aber es wäre unschön, die hier falsch stehen zu lassen)

Mein erster Gedanke ist, dass die freie Gruppe nicht abzählbar unendlich ist. Einen Beweis würde ich über Cantors Diagonalargument entsprechend der Überabzählbarkeit der reellen Zahlen führen. Ich betrachte einen Ausschnitt ...abc... aus einem beliebigen Wort aus F. Wenn b der Buchstabe ist, den ich im Zuge des Diagonalarguments zu ... aBc... modifizieren muss, dann darf B nicht aus der Menge {b, a[up]-1[/up], c[up]-1[/up]} sein. Ich habe also immer mindestens einen Buchstaben zu Auswahl, das Argument sollte anwendbar sein und somit letztlich die Anzahl der Elemente der freien Gruppe überabzählbar.

Damit hätte auch jeder Orbit überabzählbar viele Elemente (weil ich annehme, dass s und t geeignet gewählt).

Stimmst du mir soweit zu?
Gruß
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 1. Feb 2010, 22:15

Da bin ich noch mal reingefallen.

Die freie Gruppe ist "endlich erzeugt", d.h. sie besteht aus allen endlichen (aber beliebig langen) Wörtern der o.g. Form. Daher ist die freie Gruppe abzählbar; somit sind auch die durch die freie Gruppe bzw. die Untergruppen über einem bestimmten Punkt x erzeugten Orbits sämtlich abzählbar. Damit ist aber die Menge aller Orbits überabzählbar, denn sie ist formal S[up]2[/up] / F. Damit ist auch die Menge C der Repräsentanten überabzählbar (denn es steht ja jeweils ein Repräsentant für jeden Orbit).

Wäre schön, wenn du das nochmal prüfen könntest; dann korrigiere ich meinen Beitrag oben.

Anmerkung: meine Beweisskizze enthält keine Details! So zeige ich nicht, dass der o.g. Drehwinkel wirklich das gewünschte leistet; außerdem diskutiere ich nicht die Fixpunkte auf S[up]2[/up] bzgl. F (es sind nicht überabzählbar viele und daher stören sie nicht). Die hier diskutierte Abzählbarkeit spielt keine Rolle, solange man die Bijektivität der o.g. Abbildungen (bis auf abzählbare Ausnahmen) nachweisen kann.
Gruß
Tom

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von kostja » 2. Feb 2010, 07:01

tomS hat geschrieben: Die freie Gruppe ist "endlich erzeugt", d.h. sie besteht aus allen endlichen (aber beliebig langen) Wörtern der o.g. Form. Daher ist die freie Gruppe abzählbar; somit sind auch die durch die freie Gruppe bzw. die Untergruppen über einem bestimmten Punkt x erzeugten Orbits sämtlich abzählbar. Damit ist aber die Menge aller Orbits überabzählbar, denn sie ist formal S[up]2[/up] / F. Damit ist auch die Menge C der Repräsentanten überabzählbar (denn es steht ja jeweils ein Repräsentant für jeden Orbit).
Dem stimme ich zu.
tomS hat geschrieben: Anmerkung: meine Beweisskizze enthält keine Details!
Und das ist gut so. Sonst könnte man ja auch gleich den kompletten Beweis nachlesen.

Vielen Dank für Deine Mühe!

Gruß
Konstantin

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 2. Feb 2010, 07:18

Dann korrigiere ich die falschen Stellen in meinem Beitrag
Gruß
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von seeker » 3. Feb 2010, 19:36

@Tom
Von der Kugeloberfläche hatte ich schon gehört... faszinierend!
Wobei ich zugeben muss, dass ich es noch nicht jedes Detail verstanden habe.
Das liegt aber daran, dass mir noch die Begrifflichkeit der Mengenlehre noch z.T. fehlt bzw. dass mir die Übung fehlt.

Dass das geht liegt doch wohl im Endeffekt daran, dass unendlich/2 = unendlich - salopp gesagt?
Was mit einer Geraden oder Fläche geht, das geht auch mit einer Kugel...

Ich will noch etwas anderes fragen:
Es ist ja so, dass man Unendlichkeiten nach dem Kriterium abzählbar oder nicht abzählbar unterscheiden kann.
Aber ist es eindeutig so, dass man daraus schlussfolgern muss, dass damit auch die "Größe" der Menge zusammenhängt?
Anders gefragt: Bedeutet die Eigenschaft "unabzählbar" bei einer Menge wirklich, dass sie "größer" ist, wie eine abzählbare Menge oder bedeutet es eben nur, dass sie nicht abzählbar ist und nichts weiter?
Ich meine mich immer noch in Paradoxien zu verfangen, wenn ich sage, dass etwas noch größer sein soll, wie etwas anderes, dass schon maßlos, ohne Maß groß ist, das schon so ist, dass das Wort "Größe" keinen Sinn mehr macht.

Beste Grüße
seeker
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 3. Feb 2010, 20:40

seeker hat geschrieben:Dass das geht liegt doch wohl im Endeffekt daran, dass unendlich/2 = unendlich - salopp gesagt?
Was mit einer Geraden oder Fläche geht, das geht auch mit einer Kugel...
Nicht ganz korrekt; ich habe ja einige Details unterschlagen.

Zunächst mal setzt die Konstruktion voraus, dass die freie Gruppe bereits diese paradoxe Zerlegung aufweist und dass sich diese Eigenschaft auf die entsprechende Drehgruppe übertragen lässt. Dies funktioniert in drei Dimensionen und höher, da die von mir genannten beiden Drehungen nicht vertauschen (Drehung um x-Achse und dann um z-Achse ist etwas anderes als erst Drehung um z-Achse und dann um x-Achse); d.h. die DrehGruppe muss nicht-abelsch sein. In zwei Dimensionen hast du aber nur eine Drehachse, alle Drehungen vertauschen, und daher funktioniert das mit einer ebenen Fläche nicht. D.h. man benötigt zusätzlioch eine bestimmte Eigenschaft des Raumes, die erst ab Dimension 3 zur Verfügung steht.

Als zweites setzt die Konstruktion voraus, dass wir eine messbare Menge haben! Nur dann lässt sich sinnvoll über die "Größe" oder den Flächeninhalt sprechen. Z.B. kannst du ja durch die Abbildung x => y = 2x das Intervall [0,1] auf das Intervall [0,2] abbilden. Dabei entsprechen sich die beiden Mengen auch punktweise, trotzdem kommt dir das nicht paradox vor. Wir müssen also ausschließen, dass wir eine Art Dehnung vornehmen.

Drittens (aber das ist eigentlich zweitens) ist der Zwischenschritt interessant, nämlich der Moment, wo wir die vier Teile der Kugelfläche haben. Diese haben nämlich alle miteinander keinen definierten Flächeninhalt. Es ist nicht so, dass er Null wäre, sondern es ist so, dass die sogenannte Maßtheorie (die uns die Konstrukltion von einfachen Begriffen wie Flächeninhalt oder schwierigeren wie Integralen erlaubt), hier versagt! Die vier Teile der Kugel haben einfach keine definierte Fläche, nicht 0, nicht 7, nicht 42. Die Definition funktioniert einfach nicht.

Zu den "bekannten" Paradoxa des Unendlichen kommt alos noch das (zwischenzeitliche) Verlust der Messbarkeit hinzu.

seeker hat geschrieben:Es ist ja so, dass man Unendlichkeiten nach dem Kriterium abzählbar oder nicht abzählbar unterscheiden kann.
Aber ist es eindeutig so, dass man daraus schlussfolgern muss, dass damit auch die "Größe" der Menge zusammenhängt?
Anders gefragt: Bedeutet die Eigenschaft "unabzählbar" bei einer Menge wirklich, dass sie "größer" ist, wie eine abzählbare Menge oder bedeutet es eben nur, dass sie nicht abzählbar ist und nichts weiter?
Aufgrund der oben gemachten Erfahrungen sollten wir den Begriff "Größe" keinesfalls mit etwas messbarem verbinden, denn es zeigt sich ja, dass zwei Mengen, die die gleiche Art von "Unendlichkeit" aufweisen, unterschiedliches Maß haben können:
[0,1] hat das Maß 1
[0,2] hat das Maß 2
die zu [0,1] gleichmächtige Cantormenge hat das Maß 0
die oben betrachtet Kugel hat als Maß die gewöhnliche Kugeloberfläche
jede der gleichmächtigen Teilmengen hat gar kein Maß
...

Also vergleichen wir lieber nur die "Größen" und sprechen wie die Mathematiker von Mächtigkeit. Zwei Mengen sind gleich mächtig, wenn sie gleichviele Elemente beinhalten, wenn zwischen je zwei Elemenetn eine Paarbildung durchgeführt werden kann und dabei kein Element übrig bleibt und keines doppelt gezählt wird. Für diese Mächtigkeiten (die nullte entspricht den natürlichen Zahlen, die erste den reellen Zahlen, ...) kann man Rechenregeln definieren. Für uns wichtig ist, dass man Gleichheit sowie Kleiner- und Größer-Relatione widerspruchsfrei definieren kann, man kann sie also vergleichen. Aber - wie ich oben schon mal ausgeführt habe - gibt es verschiedene Konstrultionen dieser Mächtigkeiten, und es ist keineswegs klar, wie diese sich zueinander verhalten (Cantorsche Kontinuumshypothese).

Später dann noch was zur Cantormenge ...
Gruß
Tom

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 4. Feb 2010, 23:11

An dieser Stelle passt die Cantormenge gut als Beispiel für eine überabzählbare (fraktale) Menge mit "Inhalt" oder "Größe" Null.

Man nehme die reellen Zahlen zwischen 0 und 1, d.h. das Intervall [0,1]; das ganze sieht graphisch wie folgt aus
___________________________


Dann entfernt man das mittlere Drittel:
___________________________


Von den beiden übriggebliebenen Streckenabschnitten entfernt man wiederum das mittlere Drittel:
___________________________


Es ist klar, wenn man das so weitertreibt, bleibt schließlich "nichts mehr übrig", oder?
Erster Versuch: Man berechnet die Längen der blauen Streckenabschnitte nach der 0-ten, 1-ten, 2-ten ... Aktion

L[down]0[/down] = 1
L[down]1[/down] = 2/3
L[down]2[/down] = 2/3 * 2/3
...
L[down]n[/down] = (2/3)[up]n[/up]


Strebt n gegen Unendlich, so bleibt schließlich
L = 0

Bleibt wirklich nichts übrig???????
Zweiter Versuch:

Man stellt die Zahlen aus dem Intervall [0,1] im Dreiersystem (d.h.mit 1/3 statt 1/10 als Basis) dar; also z.B.
0.122... = 0 + 1*(1/3) + 2*(1/3)[up]2[/up] + 2*(1/3)[up]3[/up] + ...

So, nun betrachtet man die oben weggenommenen Strecken. Das mittlere Drittel enthält alle Zahlen, die in der Dreiersystemdarstellung eine 1 an der ersten Stelle haben (die weggenommenen Zahlen starten ja bei 1/3), also
0.1...

Die im nächsten Schritt weggenommenen Zahlen haben alle eine 1 an der zweiten Stelle, also
0.01...
und
0.21...
Die
0.11...
haben wir schon im ersten Schritt weggenommen.

Führt man dies fort, so findet man leicht, dass die übriggebliebenen Zahlen keine 1 mehr enthalten, an keiner Stelle, dass aber 0 und 2 erlaubt sind. Also ist z.B.
0.00202020020220200202002...
erlaubt (wir wissen nun nicht auf Anhieb, wo sich diese erlaubte Zahl genau befindet, aber das macht nichts).

OK, ein bisschen was bleibt also doch übrig...

Für die übriggebliebenen Zahlen mit ausschließlich 0 und 2 bedient man sich eines Tricks. Man geht zum Zweiersystem über, d.h. man ersetzt jede 2 durch eine 1 und in der obigen Rechnung jedes 1/3 durch 1/2. Also z.B.
0.00101010010110100101001... = 0 + 0*(1/2) + 0*(1/2)[up]2[/up] + 1*(1/2)[up]3[/up] + 0*(1/2)[up]4[/up] + ...

Nun ist es aber so, dass diese Darstellung im Zweiersystem alle Zahlen im Intervall [0,1] umfasst; es fehlt keine einzige Man hat also eine eins-zu-eins-Abbildung (bijektiv - wie oben erklärt) der "übriggebliebenen" Zahlen auf die ursprünglich vorhandenen Zahlen in [0,1]. D.h. nach dem Wegnehmen ist noch genauso viel übrig, wie zu Beginn!!!

Nennen wir die über dem Intervall [0,1] konstruierte Cantormenge C, so können wir für Länge L bzw. Mächtigkeit |...| schreiben:

L[0,1] = 1
L[C] = 0
|[0,1]| = |C|
Gruß
Tom

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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von seeker » 9. Feb 2010, 21:44

Ich bin ja inzwischen abgehärtet. :wink:
Das passt ja ins bisherige Bild.
Länge = Null, Mächtigkeit = Unendlich
Was kommt als nächstes? (Ist schwierig, macht aber Spaß.)

Wenn wir schon bei den Fraktalen sind:

Sollen wir mal über Chaostheorie (Attraktoren, Krisen, Intermittenz,...), Komplexität, Emergenz, usw. reden?
Also: Wollen wir mal über's Wetter reden, über Schmetterlinge und über die Länge der Küste von England? :wink:
Ich würde evtl. auch ein eigenes Thema dazu aufmachen, falls es hier nicht reinpasst.
Vor Jahren habe ich auch mal eine kleine elementare Projektarbeit zum Thema Chaos und Pohl'sches Rad geschrieben.
Ich habe damals auch zwei kleine VB-Programme geschrieben.
Das eine iteriert (variabel dynamisch grafisch dargestellt) die logistische Gleichung f(x) = ax(1-x) und das andere zeichnet einen Feigenbaum daraus mit Zoom-Funktion, etc. Eine Excel-Rechnung mit variablen Phasendiagrammen bei verschiedenen Parametern zum Pohl'schen Rad müsste auch noch da sein.
Damit könnte man m.E. sehr anschaulich erklären, was Chaos ist. Didaktisch wertvoll... wäre vielleicht auch was für unsere Dozenten?
Wenn ich sie noch finde, könnte ich die zwei kleinen Programme (jeweils so ca. 50kByte) hier vielleicht reinstellen?
Mich würde bei dem Thema aber nicht nur die mathematische Seite interessieren, sondern auch welche Rolle diese Dinge im Universum bzw. der Kosmologie/Astronomie spielen. Dazu weiß ich wenig.

Interesse? Was meint ihr?

Grüße
seeker
Grüße
seeker


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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 9. Feb 2010, 22:06

Mach doch zu den Fraktalen einen eigenen Thread auf, ist bestimmt spannend. Ich habe Ende der 80iger Jahre auf meinem Atari ST (damals sagenhafte 1 MB Hauptspeicher) ein s/w Apfelmännchenprogramm geschrieben. Bei stärkerer Vergrößerung hat man da schon mal ne Stunde gewartet :-)

In der Astronomie bzw. Kosmologie könnte ich mir vorstellen, dass die Galaxienverteilung eine (in Grenzen) fraktale Struktur aufweist. Außerdem haben wir hier mal den "fraktalen Quantenkosmos" diskutiert, wobei es sich dabei nicht im strengen Sinne um ein Fraktal handeln muss; es tritt zwar ebenfalls eine nicht-ganzzahlige Dimenson auf, allerdings ist diese anders definiert als bei Fraktalen üblich.
Gruß
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Re: zur Unendlichkeit in der Mathematik

Beitrag von tomS » 26. Jun 2010, 09:48

Da das Thema evtl. wieder von Interesse hier ...
Gruß
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