06. Vakuum, Teilchen und Antiteilchen, virtuelle Teilchen
Verfasst: 8. Mär 2009, 22:57
[anker]6[/anker]6. Das Vakuum, Teilchen und Antiteilchen, virtuelle Teilchen
[anker]6-1[/anker]6.1 Das Vakuum
Das Vakuum ist eines der spannendsten Themen der Quantenfeldtheorie überhaupt.
Z.B. sind zwei wesentliche Phänomene der QCD, nämlich die spontane Brechung der chiralen Symmetrie sowie mögliche Effekte zur Erklärung des Confinements (Stichwort: chromo-elektrischer Meissner-Effekt) bereits in der Vakuumstruktur der Theorie vorhanden. D.h. dass das Vakuum selbst bereits verantwortlich für das Confinement der Quarks in den Hadronen sein sollte. Der Higgs-Effekt, der (nach ggw. Verständnis) die Massen aller bekannten Elementarteilchen erzeugt, ist ebenfalls ein Vakuum-Effekt.
Kurz zum chromo-elektrischen Meissner-Effekt: es handelt sich dabei um ein dem aus der Supraleitung bekannten Meissner-Effekt verwandtes Phänomen. Ein Supraleiter verdrängt magnetische Feldlinien aus seinem Inneren. Das QCD-Vakuum verdrängt nun analog die chromo-elektrischen Feldkomponenten, was zur Ausbildung von Flussschläuchen zwischen Farbladungen führt. Die Flusssdichte in diesen Flussschläuchen und damit die Kraft zwischen den Quarks ist unabhängig deren Abstand, was letztlich zum Phänomen des Colour-Confinements führt. Näheres dazu im Kapitel zur QCD.
Zunächst betrachten wir mal eine QFT auf Basis der SRT. Die SRT ist wichtig, da man sie benötigt, um eine Zerlegung nach positiven und negativen Frequenzen durchführen zu können. In der oben skizzierten Definition von Feldoperatoren tritt ein Fourierintegral auf. Dieses enthält immer positive und negative Frequenzen, die vorwärts bzw. rückwärts in der Zeit propagierenden Teilchen entsprechen. Letztere werden uminterpretiert zu vorwärts propagierende Antiteilchen. Zu dieser Zerlegung benötigt man die Lichtkegelstruktur aus der bekannten Beziehung E² = p² + m² mit den beiden Lösungen ±|E|.
Wir müssen nun (leider) verschiedene Vakuumzustände bzw. Definitionen unterscheiden!
|Fock-Vakuum)
|Vakuum bzgl. einer Symmetrie / Ladung)
|Zustand niedrigster Energie)
Das Fock-Vakuum
Ich habe diese Unterscheidung weiter oben so nicht getroffen, es sollte aus dem Kontext aber klar sein, dass wir da über das Fock-Vakuum gesprochen haben. Dieses nennen wir der Einfachheit halber |0), also
|Fock-Vakuum) = |0)
Das Fock-Vakuum |0) geht davon aus, dass es eine "leeren" Grundzustand gibt, dem man sukzessive ein ums andere Teilchen hinzufügen kann, also
|leerer Raum) = |0)
|Elektron mit Impuls p) = d*(p) |0)
|zwei Elektronen mit Impulsen p,q) = d*(p) d*(q) |0)
...
Dabei steht d*(p) für einen Operator, der ein Elektron mit Impuls p erzeugt.
Dieses Fock-Vakuum |0) weist jedoch bereits Nullpunktsschwingungen auf. Leider ist es in vielen Fällen nicht brauchbar, da z.B. Symmetriebrechungseffekte u.ä. dazu führen, dass dieses naive Bild eines „leeren“ Raumes unrealistisch wird. Man denke an das Higgs H, das im Vakuum einen nichtverschwindenden Erwartungswert hat, also
(Vakuum|H|Vakuum) = h°
Damit ist klar, dass im Falle des Higgs das Fock-Vakuum nicht verwendet werden kann.
Unendlichkeiten im Fock-Vakuum
Anhand der Quantisierung vo Fermionen bzw. der Konstruktion des Fock-Vakuums kann man bereits eines der zentralen Probleme der QFT demonstrieren. Betrachtet man die Energie-Impuls-Beziehung
E² = p²+m²,
so stellt man fest, dass zu gegebener Masse m und zu festem Impuls p eigentlich zwei Lösungen ±|E| existieren. Setzt man nun ein Elektron in den Grundzustand E = +m (p=0), so könnte dieses Elektron unter Aussendung von Strahlung in in den niedrigeren Zustand E = -m springen. Analog kann man für andere Energiewerte E(p) argumentieren, so dass schließlich alle Elektronen in den Energieniveaus E ≤ -m sitzen. D.h. aber, dass ein Fock-Zustand mit einem Elektron der Masse m mit Energie E = +m instabil wäre.
Um diese Problematik zu umgehen, denkt man sich im Vakuum die negativen Energiezustände bereits alle mit Elektronen besetzt. D.h. dass unendlich viele Elektronen mit negativen Energien im Fock-Vakuum sitzen. Man nennt diesen Zustand Dirac-Sea (dt.: „die See; man spricht ja im Englischen nicht von Dirac-Lake) Aufgrund des Pauli-Prinzips ist dieser Zustand stabil: setzt man ein weiteres Elektron nun in den Zustand E = +m, so kann dieses nicht mehr in den Zustand E = -m springen, denn dieser ist ja bereits besetzt und eine doppelte Besetzung ist verboten.
Unschön ist nur, dass die unendlich vielen Elektronen, die die negativen Energieniveaus besetzen, einen unendlichen Beitrag zum Teilchenzahloperator und damit zum Hamiltonoperator H liefern! Analoges gilt für die elektrische Ladung Q und andere Operatoren. D.h. formal ist
H|Dirac-Sea) = ∞ |Dirac-Sea)
Q|Dirac-Sea) = ∞ |Dirac-Sea)
…
Dies sind die ersten Unendlichkeiten in der Quantenfeldtheorie, denen wir begegnen. Da es sich hier um eine Betrachtung eines einfachen Modells noch ohne weitere Wechselwirkung und Eichsymmetrie handelt, ist es relativ einfach, diese Beiträge „wegzudefinieren“. Man betrachtet dazu einen Operator, vom dem der unendliche Beitrag subtrahiert wird. Aufgrund einer bestimmten mathematischen Operation bezeichnet man diesen Operator als „normalgeordent“; er wird mittels Doppelpunkten gekennzeichnet:
:H: = H – (0|H|0)
:H: |0) = 0
Im Falle von komplizierteren Wechselwirkungen und Eichsymmetrien ist die Normalordnung mathematisch extrem aufwendig, da eine naive Vorgehensweise die Eichsymmetrie der Theorie zerstört.
Es handelt sich bei der Normalordnung um eine sogenannte Regularisierung, d.h.man subtrahiert eine Unendlichkeit bzw. steckt diese in eine einzige „unendliche Konstante“. In renormierbaren Theorien lässt sich zeigen, dass die Anzahl dieser Konstanten endlich ist, d.h. dass im wesentlichen mit einer einzigen derartigen Regularisierung alle möglichen Unendlichkeiten - auch die anderer Operatoren - beseitigt sind.
Das Vakuum bzgl. einer SymmetrieDer nächste Schritt ist die Konstruktion eines Vakuums bzgl. einer bestimmten Symmetrie. Dazu muss ich etwas vorgreifen: Details zu den Symmetrien folgen erst später.
Ich habe ja oben den Bezug zwischen klassischen Symmetrien und q.m. Operatoren hergestellt. In diesem speziellen Fall betrachten wir eine Symmetrietransformation
u(θª) = exp( itª θª )
mit Matrizen (= Generatoren) tª und Drehwinkelnθª. In der QM entspricht dem Generator tª eine Ladung Qª (ein Operator), d.h. wir erhalten
U[θª] = exp( iQª θª )
Das Vakuum bzgl. dieser Symmetrie ist nun ein Zustand, in dem keine Ladung enthalten ist, bzw. (äquivalent) das bzgl. der Symmetrie invariant ist, d.h. es gilt
Qª |symm. Vakuum) = 0
U[θª] | symm. Vakuum) = | symm. Vakuum)
Die zweite Gleichung erhält man durch Entwicklung der e-Funktion in Potenzen von θª und die Anwendung der ersten Gleichung.
Dieser Vakuumbegriff ist mit dem Fock-Vakuum verträglich, jedoch kann man eine größere Klasse von Vakuumzuständen definieren. Es gibt sehr komplizierte Grundzustände, die nicht dem Fock-Vakuum entsprechen, jedoch keine Ladung tragen.
Das physikalische Vakuum
Zuletzt nun zum physikalischen Vakuum |Ω). Dabei handelt es sich um den Zustand, der tatsächlich realisiert ist (also nicht nur um ein rein mathematisches Konstrukt)
In diesem Fall betrachten wir einen oder mehrere Zustände niedrigster Energie, d.h. man definiert das physikalischen Vakuum |Ω) durch
H|Ω) = E|Ω); minimales E;
Dieser Zustand entspricht im Wesentlichen dem physikalischen Vakuum, „auf dem sich alle weiteren Prozesse abspielen“. Der Zustand selbst kann extrem kompliziert sein, da er Nullpunktsschwingungen in extrem komplizierten Konfigurationen enthalten kann. Insbs. kann es Felder und bestimmte Arten von Ladungen geben, für die der Erwartungswert im physikalischen Vakuum ungleich Null ist.
Ein Beispiel ist das Quark-Kondensat in der QCD, das die chirale Symmetriebrechung anzeigt. Letztlich sagt es aus, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einer "Messung des Vakuums" ein Quark-Antiquark Paar zu finden, größer Null ist. Man kann nun im Rahmen der QCD einen „Ladungsoperator“ definieren, der das Quarkkondensat „misst“
Q = ∫d³q q*(x) q(x)
Nun ist |Ω) bzgl. dieser Ladung Q kein Eigenzustand, d.h.
Q|Ω) ≠ 0
U[θª] |Ω) = |Ω’) ≠ 0
D.h. aber dass das physikalische Vakuum |Ω) nicht unbedingt mit dem Vakuumzustand bzgl. einer Symmetrie übereinstimmen muss.
Anmerkung: Ausklammern möchte ich Diskussionen über den Begriff des Vakuums im Rahmen der Quantengravitation. Während wir hier und im Folgenden vom Vakuum als „leeren Raum“ sprechen dürfen, müssten wir das Vakuum der Quantengravitation als „kein Raum“ oder „Abwesendheit von Raum“ begreifen. Dies würde jedoch deutlich den Rahmen sprengen.
[anker]6-2[/anker]6.2 Teilchen und Antiteilchen
Fermionen
Historisch wurden Antiteilchen als Lösungen negativer Energie zur Dirac-Gleichung vorhergesagt und später auch in der kosmischen Strahlung entdeckt (Positronen). Ursache ist die quadratische Dispersionsrelation
E² = p² + m²
die zwei Lösungen für E(p) zulässt.
Dirac postulierte dann die Existenz eines Antiteilchens zum Elektron (das Positron) mit entgegengesetzter Ladung, aber ansonsten identischer Eigenschaften (Masse, Spin, Parität). Das Positron wurde einige Jahre später auch in der kosmischen Strahlung entdeckt.
Im o.g. Bild der Dirac-Sea ergibt sich ein sehr einfaches Bild für Teilchen und Antiteilchen. Wenn durch einen physikalischen Prozess ein Elektron aus der Dirac-Sea angeregt und auf ein positives Energieniveau gehoben wird, dann erhält man ein physikalisches Teilchen positiver Energie sowie ein zurückbleibendes Loch in der Dirac-Sea. Letzteres interpretiert man als Antiteilchen, im Falle des Elektrons also als Positron. Mathematisch ist diese Interpretation vollständig konsistent, insbs. sind auch Ladung, Spin usw. richtig.
In der QFT existiert ein Operator Ĉ (charge conjugation), der ein Teilchen bzw. den Feldoperator in das jeweiliges Antiteilchen transformiert; z.B.
Ĉ|Elektron) = |Positron)
Formal muss zur Ladungs- auch noch die Paritätstransformation durchgeführt werden, d.h. man muss das jeweilige Spiegelbild des ladungskonjugierten Prozesses betrachten, also z.B. aus einem rechtshändigen Elektron ein linkshändiges Positron machen.
Nach dem Standardmodell sind alle Fermionen (Elektronen Quarks, Neutrinos) sogenannte Dirac-Teilchen (Beschreibung durch die Dirac-Gleichung). Die Dirac-Gleichung kann mittels Ĉ in eine Gleichung für die jeweiligen Antiteilchen transformiert werden.
Man kann aber auch eine exotischere Form der Spinoren, sogenannte Majorana-Spinoren konstruieren. Die Majorana-Gleichung bzw. Majorana-Spinoren sind invariant unter ?, d.h.
Ĉ|Majorana) = |Majorana)
Damit ist ein Majorana-Teilchen sein eigenes Antiteilchen.
Ein möglicher Kandidat für Majorana-Teilchen wären die Neutrinos. Ob diese Dirac- oder Majorana-Teilchen sind, kann man derzeit nicht mit letzter Gewissheit sagen; dazu müsste man den sogenannten neutrinolosen doppelten Beta-Zerfall nachweisen (im Falle eines positiven Nachweis würde es sich um ein Majorana-Teilchen handeln) oder definitiv experimentell ausschließen (dann würde es sich um ein Dirac-Teilchen handeln, wie es das Standardmodell fordert).
Der doppelte Beta-Zerfall würde durch die schwache Wechselwirkung vermittelt (wäre also sowieso extrem selten) und er müsste auch noch doppelt auftreten (also ist die Wahrscheinlichkeit quadratisch mit der schwachen Kopplungskonstanten unterdrückt).
Im neutrinolosen doppelten Beta-Zerfall zerfällt zunächst ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino.
|Neutron) => |Proton, Elektron, Antineutrino)
Außerdem findet „zeitgleich“ noch ein inverser Beta-„Zerfall“ statt, aus einem Neutron und einem Neutrino werden ein Proton und ein Elektron
|Neutron, Neutrino) => |Proton, Elektron)
Die beiden Prozesse finden nach dem Standardmodell unabhängig voneinander statt und beeinflussen sich gegenseitig nicht. Wäre das Neutrino nun ein Majorana-Teilchen, so könnte das Antineutrino aus dem ersten Prozess im zweiten Prozess die Rolle seines eignen Antiteilchens übernehmen und vom Neutron absorbiert werden. Der Gesamtprozess wäre dann
|2 * Neutron) => |2 * Proton, 2* Elektron)
Das Neutrino tritt im Endzustand nicht mehr in Erscheinung – daher der Begriff neutrinoloser doppelten Beta-Zerfall.
Bosonen
Neben den Fermionen gibt es noch die Bosonen, die meist als ihre eigenen Antiteilchen aufgefasst werden können. Im Falle des Photons ist
Ĉ|Photon) = |Photon)
Im Falle der Gluonen wird aus einem Gluon mit Farbkombination (c, -c´) die neue Farbkombination (-c, c´), wobei dies als Transformation im Farbraum aufgefasst werden kann:
Ĉ|Gluon c, -c´) = |Gluon –c, c´)
Da Gluonen nie frei in Endzuständen sondern ausschließlich als virtuelle Teilchen in Zwischenzuständen auftreten, wird immer über alle Farbkombinationen summiert; d.h. physikalisch „sieht“ man nie ein Gluon und damit auch nie ein Anti-Gluon.
Im Falle der schwachen WW gilt, dass das Z° sein eigenes Antiteilchen ist, während das W in zwei Ladungszuständen +1 und -1 vorkommt; dies sind Teilchen und Antiteilchen.
Zum Auftreten: Sofern es ein Antiteilchen zu einem Teilchen gibt, wird dieses in der Natur auch auftreten. Es hat dabei identische Eigenschaften wie das Teilchen, d.h. identischen Spin, Masse usw., mit Ausnahme der entgegengesetzten Ladung(en). Alle Prozesse in der Natur können durch den Ĉ-konjugierten Prozess ersetzt werden und bleiben weiterhin gültig (beachte: formal muss auch noch die Paritätstransformation angewendet werden). In der schwachen WW wird diese Paritätsinvarianz explizit verletzt, allerdings erwartete man, dass die Kombination CP weiterhin eine erhaltene Symmetrie ist. Tatsächlich wurden jedoch Prozesse an sogenannten K- und B-Mesonen gefunden, die sogar die CP-Invarianz explizit brechen! D.h. in diesen Prozessen verhalten sich Teilchen und Antiteilchen tatsächlich unterschiedlich; insbs. ist ihre jeweilige Lebensdauer bzgl. eines bestimmten Zerfalls bzw. des CP-transformierten Zerfalls unterschiedlich. Das Phänomen der CP-Verletzung wird später im Rahmen der schwachen Wechselwirkung noch genauer diskutiert werden.
In der QFT treten Teilchen und Antiteilchen häufig gemeinsam als virtuelle Teilchenpaare in inneren Linien in Feynman-Diagrammen auf. Siehe dazu den nächsten Abschnitt.
[anker]6-3[/anker]6.3 Streuprozesse und virtuelle Teilchen
Die meisten Experimente in der Hochenergiephysik sind Streuexperimente. Dabei werden zwei Teilchen in einem Teilchenbeschleuniger aufeinander geschossen. Man kann im Rahmen der QFT mathematisch zeigen, dass aus den Strukturen der Streutheorie weitere Informationen z.B. über gebundene Zustände abgeleitete werden können. So tragen zu einem Streuexperiment alle in einer QFT möglichen Zustände als virtuelle Zwischenzustände bei. D.h. dass z.B. in einer Elektron-Proton Streuung neben dem virtuellen Photon auch weitere virtuelle Zwischenzustände z.B. das Higgs prinzipiell einen Beitrag leisten. Insbs. beim Higgs sind diese Effekte wichtige Informationsquellen, da man zumindest indirekt auf seine Masse (bzw. einen erlaubten Bereich für seine Masse schließen kann).
In der QED (oder QCD, …) betrachtet man die Streumatrix ?. Diese beschreibt die Wahrscheinlichkeitsamplitude, mit der ein einlaufender Zustand |in) aus einigen Teilchen (Elektronen, Positronen, Photonen) durch die QED-Wechselwirkung in einen auslaufenden Zustand |out) überführt wird. Die Wahrscheinlichkeit erhält dann man aus dem Quadrat der (komplexen) Wahrscheinlichkeitsamplitude.
Man sortiert die dabei auftretenden Terme nach Potenzen der Kopplungskonstanten α. Dabei ist die Streumatrix Ŝ formal (die berühmte Störungsreihe)
(out|Ŝ|in) = Summe über alle Terme a [αª * Summe über einzelnen Terme [ Integral über alle internen Impulse ] ]
= Vakuumbeiträge + α * [Terme erster Ordnung] + α² * [Terme zweiter Ordnung] + …
Jeder einzelne Term wird dabei durch ein Feynmandiagramm (für Details siehe nächster Abschnitt) beschrieben. Dieses hat "externe Beine" für die ein- und auslaufenden Teilchen, 2*a interne Vertizes, jeder mit einem Beitrag proportional zu α (insgs also αª) sowie interne Linien.
Jede interne Linie beschreibt dabei ein sogenanntes virtuelles Teilchen mit einem virtuellen Impuls, über den integriert wird. D.h. eigentlich gibt es nicht das einzelne virtuelle Teilchen, sondern alle virtuellen Teilchen einer Sorte mit Beiträgen von allen Vierer-Impulsen
Für die virtuellen Teilchen gilt dabei der relativistische Pythagoras
E² = p² + m²
nicht, d.h. alle Impulse, auch die klassisch nicht erlaubten, tragen bei; z.B. haben virtuelle Photonen i.A. eine Masse m. Dies ist der wesentliche Grund für den Begriff des virtuellen Teilchens!
Die Regeln für die Feynmandiagramme garantieren jedoch, dass die Energie-Impuls-Beziehung für die ein- und auslaufenden Teilchen (also für das gesamte Diagram) wieder gilt.
Die einlaufenden Teilchen haben vorgegeben Impulse (z.B. experimentell vorgegeben).
Für die auslaufenden Teilchen werden die Impulse (bzw. ihre Wahrscheinlichkeiten) gemessen.
In jedem Diagramm gibt es eine Zeitrichtung; man kann nun äußere Linien drehen / kippen und ähnliches und erhält verwandte Prozesse. Spiegelt man z.B. eine externe Elektronlinie, so dass das Elektron entgegen der einmal definierten Zeitrichtung läuft, so erhält man ein Positron. Daraus ergeben sich einige Symmetrien, die es erlauben, verschiedene Prozesse aus derselben Rechnung abzuleiten. Betrachtet man z.B. die niedrigste Ordnung ? zur Elektron-Photon-Streuung (Compton-Streuung), so erhält man durch einfache graphische Manipulationen (und daraus resultierenden Umstellungen in ein- und auslaufenden Impulsen) auch die Elektron-Positron-Annihilation. Formal ergeben sich diese Prozesse wie folgt aus |in) und (out|
(Elektron, Photon|Ŝ|Elektron, Photon) => Compton-Streuung
(Elektron, Positron|Ŝ|Photon, Photon) => Elektron-Positron-Annihilation
Nun zu dem o.g. Prozessen:
Ein Photon zerfällt virtuell in ein Elektron-Positron-Paar, das wieder rekombiniert; dieser Prozess liefert einen Beitrag zu dem Prozess Photon => Photon:
(Photon|Ŝ|Photon)
Man entwickelt dazu Ŝ nach Potenzen von α (das ist die o.g. Störungsreihe) und findet einen Term der Form
(out|Ŝ|in) = ... + [α * Integral über Impuls (Photon|Ŵ|Elektron, Positron)(Elektron, Positron|Ŵ|Photon) ] + …
|Elektron, Positron) ist dabei der Zwischenzustand, in dem das virtuelle Elektron-Positron-Paar existiert. Ŵ ist ein Operator, der die Wechselwirkung beschreibt und aus dem Ŝ aufgebaut werden kann. Im Wesentlichen erhält man Ŵ in der QED aus der Wechselwirkung des el.-mag Stromes j mit dem Vektorpotential A:
Ŵ = ∫dV j(x) A(x) = ∫dV j(x) A(x) = ∫dV ψ*(x) γ A(x) ψ(x)
Dabei treten die Spinoren ψ und ψ* für die Elektronen bzw. Positronen sowie eine 4*4 Matrix γ auf.
Virtuelle Teilchen treten auch im Vakuum auf. Die Wechselwirkung von Teilchen mit dem Vakuum führt dazu, dass die Teilchen sich so zu verhalten scheinen, als ob sie eine energieabhängige Masse bzw. Ladung hätten. Ein Elektron, das sich durch das Gewimmel an virtuellen Photonenpaaren bewegt, muss gewissermaßen einen Widerstand überwinden.
Man kann das mit einem Popstar vergleichen, der sich seinen Weg durch eine Menschenmenge bahnen muss. Er kommt schwer voran, man könnte meinen (wenn man das Geschehen z.B. aus einiger Entfernung beobachtet), dass er eine andere Masse bekommen hat. Tatsächlich hat sich aber nichts geändert; wir sehen das, wenn wir ihn aus der Masse herausholen und auf eine Waage stellen. Letzteres können wir aber mit dem Elektron nicht tun, d.h. wir können die „nackte“ Masse des Elektrons (so sagen die Physiker) bzw. die Masse des nackten Popstars nicht messen, sondern immer nur Effekte des „angezogenen“ Elektrons bzw. des angezogenen Popstars mit Menschenmenge.
Die virtuellen Teilchen treten als sogenannte Propagatoren in den Feynmandiagrammen auf. Ein Propagator ist ein Objekt, das beschreibt, wie ein Zustand (eine Welle) in der Raumzeit propagiert. Anschaulich kann man sich darunter vorstellen, dass von jedem Punkt einer beliebigen gegebenen Welle eine neue elementare Welle ausgeht. Summiert (integriert) man nun über alle elementaren Wellen (gewichtet mit der Amplitude der Ursprungswelle am Ausgangspunkt für jede elementare Welle), so erhält man die Welle zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Propagatoren vermitteln nun nicht zwischen Wellen, sondern zwischen Wechselwirkungsvertizes. Dies sind die Punkte, in die alte Wellen ein- und von denen neue Wellen auslaufen. Jeder Vertex produziert dabei quasi elementare Wellen, wobei jeder Propagator einem bestimmten Teilchentyp entspricht.
Die Gesamtheit dieser Regeln einschließlich der mathematischen Form der Propagatoren und der Vertizes, sowie die Regeln, wie die Propagatoren an den Vertizes zusammenlaufen und wie zu integrieren ist, sind die sogenannten Feynmanregeln.
Zusammenfassend: Mathematisch kann man einen Streuprozess (out|Ŝ|in) in einzelne Terme auftrennen und diese nach Potenzen der Kopplungskonstanten sortieren. Die in den Feynmandiagrammen auftretenden inneren Linien bezeichnet man als virtuelle Teilchen. Sie tragen dieselben Quantenzahlen, erfüllen jedoch nicht die Beziehung E² = p² + m². Es wird über alle Impulse der internen Linien integriert; somit tragen alle diese virtuellen Teilchen zum Streuprozess bei.
[anker]6-1[/anker]6.1 Das Vakuum
Das Vakuum ist eines der spannendsten Themen der Quantenfeldtheorie überhaupt.
Z.B. sind zwei wesentliche Phänomene der QCD, nämlich die spontane Brechung der chiralen Symmetrie sowie mögliche Effekte zur Erklärung des Confinements (Stichwort: chromo-elektrischer Meissner-Effekt) bereits in der Vakuumstruktur der Theorie vorhanden. D.h. dass das Vakuum selbst bereits verantwortlich für das Confinement der Quarks in den Hadronen sein sollte. Der Higgs-Effekt, der (nach ggw. Verständnis) die Massen aller bekannten Elementarteilchen erzeugt, ist ebenfalls ein Vakuum-Effekt.
Kurz zum chromo-elektrischen Meissner-Effekt: es handelt sich dabei um ein dem aus der Supraleitung bekannten Meissner-Effekt verwandtes Phänomen. Ein Supraleiter verdrängt magnetische Feldlinien aus seinem Inneren. Das QCD-Vakuum verdrängt nun analog die chromo-elektrischen Feldkomponenten, was zur Ausbildung von Flussschläuchen zwischen Farbladungen führt. Die Flusssdichte in diesen Flussschläuchen und damit die Kraft zwischen den Quarks ist unabhängig deren Abstand, was letztlich zum Phänomen des Colour-Confinements führt. Näheres dazu im Kapitel zur QCD.
Zunächst betrachten wir mal eine QFT auf Basis der SRT. Die SRT ist wichtig, da man sie benötigt, um eine Zerlegung nach positiven und negativen Frequenzen durchführen zu können. In der oben skizzierten Definition von Feldoperatoren tritt ein Fourierintegral auf. Dieses enthält immer positive und negative Frequenzen, die vorwärts bzw. rückwärts in der Zeit propagierenden Teilchen entsprechen. Letztere werden uminterpretiert zu vorwärts propagierende Antiteilchen. Zu dieser Zerlegung benötigt man die Lichtkegelstruktur aus der bekannten Beziehung E² = p² + m² mit den beiden Lösungen ±|E|.
Wir müssen nun (leider) verschiedene Vakuumzustände bzw. Definitionen unterscheiden!
|Fock-Vakuum)
|Vakuum bzgl. einer Symmetrie / Ladung)
|Zustand niedrigster Energie)
Das Fock-Vakuum
Ich habe diese Unterscheidung weiter oben so nicht getroffen, es sollte aus dem Kontext aber klar sein, dass wir da über das Fock-Vakuum gesprochen haben. Dieses nennen wir der Einfachheit halber |0), also
|Fock-Vakuum) = |0)
Das Fock-Vakuum |0) geht davon aus, dass es eine "leeren" Grundzustand gibt, dem man sukzessive ein ums andere Teilchen hinzufügen kann, also
|leerer Raum) = |0)
|Elektron mit Impuls p) = d*(p) |0)
|zwei Elektronen mit Impulsen p,q) = d*(p) d*(q) |0)
...
Dabei steht d*(p) für einen Operator, der ein Elektron mit Impuls p erzeugt.
Dieses Fock-Vakuum |0) weist jedoch bereits Nullpunktsschwingungen auf. Leider ist es in vielen Fällen nicht brauchbar, da z.B. Symmetriebrechungseffekte u.ä. dazu führen, dass dieses naive Bild eines „leeren“ Raumes unrealistisch wird. Man denke an das Higgs H, das im Vakuum einen nichtverschwindenden Erwartungswert hat, also
(Vakuum|H|Vakuum) = h°
Damit ist klar, dass im Falle des Higgs das Fock-Vakuum nicht verwendet werden kann.
Unendlichkeiten im Fock-Vakuum
Anhand der Quantisierung vo Fermionen bzw. der Konstruktion des Fock-Vakuums kann man bereits eines der zentralen Probleme der QFT demonstrieren. Betrachtet man die Energie-Impuls-Beziehung
E² = p²+m²,
so stellt man fest, dass zu gegebener Masse m und zu festem Impuls p eigentlich zwei Lösungen ±|E| existieren. Setzt man nun ein Elektron in den Grundzustand E = +m (p=0), so könnte dieses Elektron unter Aussendung von Strahlung in in den niedrigeren Zustand E = -m springen. Analog kann man für andere Energiewerte E(p) argumentieren, so dass schließlich alle Elektronen in den Energieniveaus E ≤ -m sitzen. D.h. aber, dass ein Fock-Zustand mit einem Elektron der Masse m mit Energie E = +m instabil wäre.
Um diese Problematik zu umgehen, denkt man sich im Vakuum die negativen Energiezustände bereits alle mit Elektronen besetzt. D.h. dass unendlich viele Elektronen mit negativen Energien im Fock-Vakuum sitzen. Man nennt diesen Zustand Dirac-Sea (dt.: „die See; man spricht ja im Englischen nicht von Dirac-Lake) Aufgrund des Pauli-Prinzips ist dieser Zustand stabil: setzt man ein weiteres Elektron nun in den Zustand E = +m, so kann dieses nicht mehr in den Zustand E = -m springen, denn dieser ist ja bereits besetzt und eine doppelte Besetzung ist verboten.
Unschön ist nur, dass die unendlich vielen Elektronen, die die negativen Energieniveaus besetzen, einen unendlichen Beitrag zum Teilchenzahloperator und damit zum Hamiltonoperator H liefern! Analoges gilt für die elektrische Ladung Q und andere Operatoren. D.h. formal ist
H|Dirac-Sea) = ∞ |Dirac-Sea)
Q|Dirac-Sea) = ∞ |Dirac-Sea)
…
Dies sind die ersten Unendlichkeiten in der Quantenfeldtheorie, denen wir begegnen. Da es sich hier um eine Betrachtung eines einfachen Modells noch ohne weitere Wechselwirkung und Eichsymmetrie handelt, ist es relativ einfach, diese Beiträge „wegzudefinieren“. Man betrachtet dazu einen Operator, vom dem der unendliche Beitrag subtrahiert wird. Aufgrund einer bestimmten mathematischen Operation bezeichnet man diesen Operator als „normalgeordent“; er wird mittels Doppelpunkten gekennzeichnet:
:H: = H – (0|H|0)
:H: |0) = 0
Im Falle von komplizierteren Wechselwirkungen und Eichsymmetrien ist die Normalordnung mathematisch extrem aufwendig, da eine naive Vorgehensweise die Eichsymmetrie der Theorie zerstört.
Es handelt sich bei der Normalordnung um eine sogenannte Regularisierung, d.h.man subtrahiert eine Unendlichkeit bzw. steckt diese in eine einzige „unendliche Konstante“. In renormierbaren Theorien lässt sich zeigen, dass die Anzahl dieser Konstanten endlich ist, d.h. dass im wesentlichen mit einer einzigen derartigen Regularisierung alle möglichen Unendlichkeiten - auch die anderer Operatoren - beseitigt sind.
Das Vakuum bzgl. einer SymmetrieDer nächste Schritt ist die Konstruktion eines Vakuums bzgl. einer bestimmten Symmetrie. Dazu muss ich etwas vorgreifen: Details zu den Symmetrien folgen erst später.
Ich habe ja oben den Bezug zwischen klassischen Symmetrien und q.m. Operatoren hergestellt. In diesem speziellen Fall betrachten wir eine Symmetrietransformation
u(θª) = exp( itª θª )
mit Matrizen (= Generatoren) tª und Drehwinkelnθª. In der QM entspricht dem Generator tª eine Ladung Qª (ein Operator), d.h. wir erhalten
U[θª] = exp( iQª θª )
Das Vakuum bzgl. dieser Symmetrie ist nun ein Zustand, in dem keine Ladung enthalten ist, bzw. (äquivalent) das bzgl. der Symmetrie invariant ist, d.h. es gilt
Qª |symm. Vakuum) = 0
U[θª] | symm. Vakuum) = | symm. Vakuum)
Die zweite Gleichung erhält man durch Entwicklung der e-Funktion in Potenzen von θª und die Anwendung der ersten Gleichung.
Dieser Vakuumbegriff ist mit dem Fock-Vakuum verträglich, jedoch kann man eine größere Klasse von Vakuumzuständen definieren. Es gibt sehr komplizierte Grundzustände, die nicht dem Fock-Vakuum entsprechen, jedoch keine Ladung tragen.
Das physikalische Vakuum
Zuletzt nun zum physikalischen Vakuum |Ω). Dabei handelt es sich um den Zustand, der tatsächlich realisiert ist (also nicht nur um ein rein mathematisches Konstrukt)
In diesem Fall betrachten wir einen oder mehrere Zustände niedrigster Energie, d.h. man definiert das physikalischen Vakuum |Ω) durch
H|Ω) = E|Ω); minimales E;
Dieser Zustand entspricht im Wesentlichen dem physikalischen Vakuum, „auf dem sich alle weiteren Prozesse abspielen“. Der Zustand selbst kann extrem kompliziert sein, da er Nullpunktsschwingungen in extrem komplizierten Konfigurationen enthalten kann. Insbs. kann es Felder und bestimmte Arten von Ladungen geben, für die der Erwartungswert im physikalischen Vakuum ungleich Null ist.
Ein Beispiel ist das Quark-Kondensat in der QCD, das die chirale Symmetriebrechung anzeigt. Letztlich sagt es aus, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einer "Messung des Vakuums" ein Quark-Antiquark Paar zu finden, größer Null ist. Man kann nun im Rahmen der QCD einen „Ladungsoperator“ definieren, der das Quarkkondensat „misst“
Q = ∫d³q q*(x) q(x)
Nun ist |Ω) bzgl. dieser Ladung Q kein Eigenzustand, d.h.
Q|Ω) ≠ 0
U[θª] |Ω) = |Ω’) ≠ 0
D.h. aber dass das physikalische Vakuum |Ω) nicht unbedingt mit dem Vakuumzustand bzgl. einer Symmetrie übereinstimmen muss.
Anmerkung: Ausklammern möchte ich Diskussionen über den Begriff des Vakuums im Rahmen der Quantengravitation. Während wir hier und im Folgenden vom Vakuum als „leeren Raum“ sprechen dürfen, müssten wir das Vakuum der Quantengravitation als „kein Raum“ oder „Abwesendheit von Raum“ begreifen. Dies würde jedoch deutlich den Rahmen sprengen.
[anker]6-2[/anker]6.2 Teilchen und Antiteilchen
Fermionen
Historisch wurden Antiteilchen als Lösungen negativer Energie zur Dirac-Gleichung vorhergesagt und später auch in der kosmischen Strahlung entdeckt (Positronen). Ursache ist die quadratische Dispersionsrelation
E² = p² + m²
die zwei Lösungen für E(p) zulässt.
Dirac postulierte dann die Existenz eines Antiteilchens zum Elektron (das Positron) mit entgegengesetzter Ladung, aber ansonsten identischer Eigenschaften (Masse, Spin, Parität). Das Positron wurde einige Jahre später auch in der kosmischen Strahlung entdeckt.
Im o.g. Bild der Dirac-Sea ergibt sich ein sehr einfaches Bild für Teilchen und Antiteilchen. Wenn durch einen physikalischen Prozess ein Elektron aus der Dirac-Sea angeregt und auf ein positives Energieniveau gehoben wird, dann erhält man ein physikalisches Teilchen positiver Energie sowie ein zurückbleibendes Loch in der Dirac-Sea. Letzteres interpretiert man als Antiteilchen, im Falle des Elektrons also als Positron. Mathematisch ist diese Interpretation vollständig konsistent, insbs. sind auch Ladung, Spin usw. richtig.
In der QFT existiert ein Operator Ĉ (charge conjugation), der ein Teilchen bzw. den Feldoperator in das jeweiliges Antiteilchen transformiert; z.B.
Ĉ|Elektron) = |Positron)
Formal muss zur Ladungs- auch noch die Paritätstransformation durchgeführt werden, d.h. man muss das jeweilige Spiegelbild des ladungskonjugierten Prozesses betrachten, also z.B. aus einem rechtshändigen Elektron ein linkshändiges Positron machen.
Nach dem Standardmodell sind alle Fermionen (Elektronen Quarks, Neutrinos) sogenannte Dirac-Teilchen (Beschreibung durch die Dirac-Gleichung). Die Dirac-Gleichung kann mittels Ĉ in eine Gleichung für die jeweiligen Antiteilchen transformiert werden.
Man kann aber auch eine exotischere Form der Spinoren, sogenannte Majorana-Spinoren konstruieren. Die Majorana-Gleichung bzw. Majorana-Spinoren sind invariant unter ?, d.h.
Ĉ|Majorana) = |Majorana)
Damit ist ein Majorana-Teilchen sein eigenes Antiteilchen.
Ein möglicher Kandidat für Majorana-Teilchen wären die Neutrinos. Ob diese Dirac- oder Majorana-Teilchen sind, kann man derzeit nicht mit letzter Gewissheit sagen; dazu müsste man den sogenannten neutrinolosen doppelten Beta-Zerfall nachweisen (im Falle eines positiven Nachweis würde es sich um ein Majorana-Teilchen handeln) oder definitiv experimentell ausschließen (dann würde es sich um ein Dirac-Teilchen handeln, wie es das Standardmodell fordert).
Der doppelte Beta-Zerfall würde durch die schwache Wechselwirkung vermittelt (wäre also sowieso extrem selten) und er müsste auch noch doppelt auftreten (also ist die Wahrscheinlichkeit quadratisch mit der schwachen Kopplungskonstanten unterdrückt).
Im neutrinolosen doppelten Beta-Zerfall zerfällt zunächst ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein Antineutrino.
|Neutron) => |Proton, Elektron, Antineutrino)
Außerdem findet „zeitgleich“ noch ein inverser Beta-„Zerfall“ statt, aus einem Neutron und einem Neutrino werden ein Proton und ein Elektron
|Neutron, Neutrino) => |Proton, Elektron)
Die beiden Prozesse finden nach dem Standardmodell unabhängig voneinander statt und beeinflussen sich gegenseitig nicht. Wäre das Neutrino nun ein Majorana-Teilchen, so könnte das Antineutrino aus dem ersten Prozess im zweiten Prozess die Rolle seines eignen Antiteilchens übernehmen und vom Neutron absorbiert werden. Der Gesamtprozess wäre dann
|2 * Neutron) => |2 * Proton, 2* Elektron)
Das Neutrino tritt im Endzustand nicht mehr in Erscheinung – daher der Begriff neutrinoloser doppelten Beta-Zerfall.
Bosonen
Neben den Fermionen gibt es noch die Bosonen, die meist als ihre eigenen Antiteilchen aufgefasst werden können. Im Falle des Photons ist
Ĉ|Photon) = |Photon)
Im Falle der Gluonen wird aus einem Gluon mit Farbkombination (c, -c´) die neue Farbkombination (-c, c´), wobei dies als Transformation im Farbraum aufgefasst werden kann:
Ĉ|Gluon c, -c´) = |Gluon –c, c´)
Da Gluonen nie frei in Endzuständen sondern ausschließlich als virtuelle Teilchen in Zwischenzuständen auftreten, wird immer über alle Farbkombinationen summiert; d.h. physikalisch „sieht“ man nie ein Gluon und damit auch nie ein Anti-Gluon.
Im Falle der schwachen WW gilt, dass das Z° sein eigenes Antiteilchen ist, während das W in zwei Ladungszuständen +1 und -1 vorkommt; dies sind Teilchen und Antiteilchen.
Zum Auftreten: Sofern es ein Antiteilchen zu einem Teilchen gibt, wird dieses in der Natur auch auftreten. Es hat dabei identische Eigenschaften wie das Teilchen, d.h. identischen Spin, Masse usw., mit Ausnahme der entgegengesetzten Ladung(en). Alle Prozesse in der Natur können durch den Ĉ-konjugierten Prozess ersetzt werden und bleiben weiterhin gültig (beachte: formal muss auch noch die Paritätstransformation angewendet werden). In der schwachen WW wird diese Paritätsinvarianz explizit verletzt, allerdings erwartete man, dass die Kombination CP weiterhin eine erhaltene Symmetrie ist. Tatsächlich wurden jedoch Prozesse an sogenannten K- und B-Mesonen gefunden, die sogar die CP-Invarianz explizit brechen! D.h. in diesen Prozessen verhalten sich Teilchen und Antiteilchen tatsächlich unterschiedlich; insbs. ist ihre jeweilige Lebensdauer bzgl. eines bestimmten Zerfalls bzw. des CP-transformierten Zerfalls unterschiedlich. Das Phänomen der CP-Verletzung wird später im Rahmen der schwachen Wechselwirkung noch genauer diskutiert werden.
In der QFT treten Teilchen und Antiteilchen häufig gemeinsam als virtuelle Teilchenpaare in inneren Linien in Feynman-Diagrammen auf. Siehe dazu den nächsten Abschnitt.
[anker]6-3[/anker]6.3 Streuprozesse und virtuelle Teilchen
Die meisten Experimente in der Hochenergiephysik sind Streuexperimente. Dabei werden zwei Teilchen in einem Teilchenbeschleuniger aufeinander geschossen. Man kann im Rahmen der QFT mathematisch zeigen, dass aus den Strukturen der Streutheorie weitere Informationen z.B. über gebundene Zustände abgeleitete werden können. So tragen zu einem Streuexperiment alle in einer QFT möglichen Zustände als virtuelle Zwischenzustände bei. D.h. dass z.B. in einer Elektron-Proton Streuung neben dem virtuellen Photon auch weitere virtuelle Zwischenzustände z.B. das Higgs prinzipiell einen Beitrag leisten. Insbs. beim Higgs sind diese Effekte wichtige Informationsquellen, da man zumindest indirekt auf seine Masse (bzw. einen erlaubten Bereich für seine Masse schließen kann).
In der QED (oder QCD, …) betrachtet man die Streumatrix ?. Diese beschreibt die Wahrscheinlichkeitsamplitude, mit der ein einlaufender Zustand |in) aus einigen Teilchen (Elektronen, Positronen, Photonen) durch die QED-Wechselwirkung in einen auslaufenden Zustand |out) überführt wird. Die Wahrscheinlichkeit erhält dann man aus dem Quadrat der (komplexen) Wahrscheinlichkeitsamplitude.
Man sortiert die dabei auftretenden Terme nach Potenzen der Kopplungskonstanten α. Dabei ist die Streumatrix Ŝ formal (die berühmte Störungsreihe)
(out|Ŝ|in) = Summe über alle Terme a [αª * Summe über einzelnen Terme [ Integral über alle internen Impulse ] ]
= Vakuumbeiträge + α * [Terme erster Ordnung] + α² * [Terme zweiter Ordnung] + …
Jeder einzelne Term wird dabei durch ein Feynmandiagramm (für Details siehe nächster Abschnitt) beschrieben. Dieses hat "externe Beine" für die ein- und auslaufenden Teilchen, 2*a interne Vertizes, jeder mit einem Beitrag proportional zu α (insgs also αª) sowie interne Linien.
Jede interne Linie beschreibt dabei ein sogenanntes virtuelles Teilchen mit einem virtuellen Impuls, über den integriert wird. D.h. eigentlich gibt es nicht das einzelne virtuelle Teilchen, sondern alle virtuellen Teilchen einer Sorte mit Beiträgen von allen Vierer-Impulsen
Für die virtuellen Teilchen gilt dabei der relativistische Pythagoras
E² = p² + m²
nicht, d.h. alle Impulse, auch die klassisch nicht erlaubten, tragen bei; z.B. haben virtuelle Photonen i.A. eine Masse m. Dies ist der wesentliche Grund für den Begriff des virtuellen Teilchens!
Die Regeln für die Feynmandiagramme garantieren jedoch, dass die Energie-Impuls-Beziehung für die ein- und auslaufenden Teilchen (also für das gesamte Diagram) wieder gilt.
Die einlaufenden Teilchen haben vorgegeben Impulse (z.B. experimentell vorgegeben).
Für die auslaufenden Teilchen werden die Impulse (bzw. ihre Wahrscheinlichkeiten) gemessen.
In jedem Diagramm gibt es eine Zeitrichtung; man kann nun äußere Linien drehen / kippen und ähnliches und erhält verwandte Prozesse. Spiegelt man z.B. eine externe Elektronlinie, so dass das Elektron entgegen der einmal definierten Zeitrichtung läuft, so erhält man ein Positron. Daraus ergeben sich einige Symmetrien, die es erlauben, verschiedene Prozesse aus derselben Rechnung abzuleiten. Betrachtet man z.B. die niedrigste Ordnung ? zur Elektron-Photon-Streuung (Compton-Streuung), so erhält man durch einfache graphische Manipulationen (und daraus resultierenden Umstellungen in ein- und auslaufenden Impulsen) auch die Elektron-Positron-Annihilation. Formal ergeben sich diese Prozesse wie folgt aus |in) und (out|
(Elektron, Photon|Ŝ|Elektron, Photon) => Compton-Streuung
(Elektron, Positron|Ŝ|Photon, Photon) => Elektron-Positron-Annihilation
Nun zu dem o.g. Prozessen:
Ein Photon zerfällt virtuell in ein Elektron-Positron-Paar, das wieder rekombiniert; dieser Prozess liefert einen Beitrag zu dem Prozess Photon => Photon:
(Photon|Ŝ|Photon)
Man entwickelt dazu Ŝ nach Potenzen von α (das ist die o.g. Störungsreihe) und findet einen Term der Form
(out|Ŝ|in) = ... + [α * Integral über Impuls (Photon|Ŵ|Elektron, Positron)(Elektron, Positron|Ŵ|Photon) ] + …
|Elektron, Positron) ist dabei der Zwischenzustand, in dem das virtuelle Elektron-Positron-Paar existiert. Ŵ ist ein Operator, der die Wechselwirkung beschreibt und aus dem Ŝ aufgebaut werden kann. Im Wesentlichen erhält man Ŵ in der QED aus der Wechselwirkung des el.-mag Stromes j mit dem Vektorpotential A:
Ŵ = ∫dV j(x) A(x) = ∫dV j(x) A(x) = ∫dV ψ*(x) γ A(x) ψ(x)
Dabei treten die Spinoren ψ und ψ* für die Elektronen bzw. Positronen sowie eine 4*4 Matrix γ auf.
Virtuelle Teilchen treten auch im Vakuum auf. Die Wechselwirkung von Teilchen mit dem Vakuum führt dazu, dass die Teilchen sich so zu verhalten scheinen, als ob sie eine energieabhängige Masse bzw. Ladung hätten. Ein Elektron, das sich durch das Gewimmel an virtuellen Photonenpaaren bewegt, muss gewissermaßen einen Widerstand überwinden.
Man kann das mit einem Popstar vergleichen, der sich seinen Weg durch eine Menschenmenge bahnen muss. Er kommt schwer voran, man könnte meinen (wenn man das Geschehen z.B. aus einiger Entfernung beobachtet), dass er eine andere Masse bekommen hat. Tatsächlich hat sich aber nichts geändert; wir sehen das, wenn wir ihn aus der Masse herausholen und auf eine Waage stellen. Letzteres können wir aber mit dem Elektron nicht tun, d.h. wir können die „nackte“ Masse des Elektrons (so sagen die Physiker) bzw. die Masse des nackten Popstars nicht messen, sondern immer nur Effekte des „angezogenen“ Elektrons bzw. des angezogenen Popstars mit Menschenmenge.
Die virtuellen Teilchen treten als sogenannte Propagatoren in den Feynmandiagrammen auf. Ein Propagator ist ein Objekt, das beschreibt, wie ein Zustand (eine Welle) in der Raumzeit propagiert. Anschaulich kann man sich darunter vorstellen, dass von jedem Punkt einer beliebigen gegebenen Welle eine neue elementare Welle ausgeht. Summiert (integriert) man nun über alle elementaren Wellen (gewichtet mit der Amplitude der Ursprungswelle am Ausgangspunkt für jede elementare Welle), so erhält man die Welle zu einem späteren Zeitpunkt.
Die Propagatoren vermitteln nun nicht zwischen Wellen, sondern zwischen Wechselwirkungsvertizes. Dies sind die Punkte, in die alte Wellen ein- und von denen neue Wellen auslaufen. Jeder Vertex produziert dabei quasi elementare Wellen, wobei jeder Propagator einem bestimmten Teilchentyp entspricht.
Die Gesamtheit dieser Regeln einschließlich der mathematischen Form der Propagatoren und der Vertizes, sowie die Regeln, wie die Propagatoren an den Vertizes zusammenlaufen und wie zu integrieren ist, sind die sogenannten Feynmanregeln.
Zusammenfassend: Mathematisch kann man einen Streuprozess (out|Ŝ|in) in einzelne Terme auftrennen und diese nach Potenzen der Kopplungskonstanten sortieren. Die in den Feynmandiagrammen auftretenden inneren Linien bezeichnet man als virtuelle Teilchen. Sie tragen dieselben Quantenzahlen, erfüllen jedoch nicht die Beziehung E² = p² + m². Es wird über alle Impulse der internen Linien integriert; somit tragen alle diese virtuellen Teilchen zum Streuprozess bei.