Paradox555 hat geschrieben: ↑20. Mär 2022, 04:17
Jetzt bin ich an der mir interessanten Stelle. Temperatur (Energie) ist nicht von Atomen oder auch von Strahlung abhängig !?
Sondern von was ? Und was ist Temperatur ? Wie entsteht Temperatur ??
Es ist so:
"Temperatur" ist zunächst einmal das, was ein Thermometer misst.
Es ist ein Maß für etwas, das wir "Wärme" nennen.
Wärme wiederum ist das, "was so wackelt", also zunächst einmal das ungerichte Wackeln und Drehen von Molekülen und Atomen.
Das ist die klassische Wärme: ungerichtete kinetische Energie.
"Ungerichtet" bedeutet hier, dass es keine Vorzugsrichtung beim Wackeln gibt, dass in alle Raumrichtungen gleich gewackelt wird, also isotrop.
Nun ist es aber auch so, dass in Atomen elektrisch geladene Teilchen vorhanden sind (Elektronen, Protonen).
Wenn sich elektrisch geladene Teilchen bewegen, dann strahlen sie elektromagnetische Strahlung ab. Und zwar im einfachsten Fall (schwarzer Strahler = ein völlig schwarzer Körper) genau so, dass die Intensität und die Frequenzverteilung (-> Spektrum) der abgestrahlten Strahlung ein genaues Maß für die Tempertur des Körpers ist, der diese Strahlung abgibt.
D.h.: Wenn ich diese Strahlung untersuche, dann weiß ich, wie heiß der Körper ist, der sie abgibt. Das wird z.B. bei optischen IR-Themosensoren ausgenutzt.
Umgekehrt erwärmt sich ein kalter Körper, wenn er solche Strahlung absorbiert, so lange, bis sich irgendwann ein Gleichgewicht zwischen absorbierter und abgestrahlter Strahlung des Körpers einstellt. Ab dem Moment erwärmt er sich nicht mehr weiter.
Allgemein kommen wir hier zur sog. "Wärmestrahlung ":
https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4rmestrahlung
Es ist dabei natürlich Unsinn zu behaupten, diese Wärmestrahlung hätte in dem Sinne "an sich" eine Temperatur. Das ist falsch!
Gemeint ist bei "Strahlungstemperatur" stattdessen ein gedachter, zuordenbarer Körper, der bei einer Temperatur X genau diese Strahlung abgeben würde, also eben die angegebene Temperatur hätte. Es handelt sich hier also um eine rein
theoretische Zuordnung. Das ist hier wichtig zu verstehen.
Nichtsdetotrotz hat EM-Strahlung aber einen Energieinhalt und damit auch eine Energiedichte (= Energie/Raumeinheit).
Hier haben wir dann für unsere Zwecke ein besseres Maß als das Maß "Temperatur", da die Energiedichte problemlos sowohl einem Körper mit der Temperatur t, Masse m und einem Volumen v zugeordnet werden kann als auch einem Raumvolumen v mit einem Strahlungsinhalt y.
D.h.: Wenn wir statt über Temperatur, Wärme, usw. über
Energiedichte sprechen, dann können wir für unsere Zwecke sozusagen "alles über einen Kamm scheren", was nützlich ist.
Leider wird in gerade in popwiss. Veröffentlichungen im Zusammenhang mit kosmologischen Modellen stattdessen oft immer noch mit Temperatur hantiert, statt mit Energiedichte, wahrscheinlich, weil sich das Publikum unter dem ersteren besser etwas vorstellen kann.
Leider...
Ich hoffe, damit beantwortet sich auch das hier:
Paradox555 hat geschrieben: ↑16. Mär 2022, 02:15
Deswegen ja meine Fragen, welche sicherlich schon hunderte mal im Versuch beantwortet wurden. Meist aber immer in Fachchinesisch ohne auf Grundlegendes einzugehen. Nochmal eins von vielen Beispielen >>> Was ist Temperatur, wenn noch keine Atome vorhanden sind ?
S.o.!
"Temperatur" ist hier ein theoretischer Vergleichswert, der die Temperatur meint, die Materie hätte, wenn sie dort mit dabei wäre (was sie aber ja nicht ist) und den man zwar rechnerisch hier auch nehmen kann, der aber umständlich gewählt ist und der (wie man auch bei dir sieht) zu Missverständnissen und Scheinproblematiken führen kann.
Besser man rechnet hier in Energiedichten.
Schauen wir uns mit diesem Rüstzeug "Energiedichte" das sog. "Urknallmodell" an:
Wir nehmen den Jetzt-Zustand und schauen, wie viel Energie pro Raumvolumen derzeit im Universum enthalten ist.
Diese Energie setzt sich aus verschiedenen Energieformen zusammen:
Wir finden hier:
- Masse/Materie (über E= mc²)
- Wärme
- (gerichtete) kinetische Energie (-> Bewegungen der Materie, z.B. Galaxien)
- Gravitationsenergie
- verschiedene Strahlungsformen (EM, Neutrinos, ...)
- Magnetfelder, elektrische Felder
...
Damit kann man dann unter einigen Grundannahmen ausrechnen, wie hoch die durchschnittliche Energiedichte heute ist.
Es stellt sich dabei zunächst heraus, dass sie sehr homogen und isotrop ist, d.h. egal wohin man im Universum schaut, überall ist dieser Wert gleich, es gibt auf großen Skalen nur sehr geringe Abweichungen vom Mittelwert.
Weiterhin hat man gefunden, dass die Galaxien früher näher beieinander waren, d.h. wenn wir das Universum rückwärts in der Zeit betrachten, dann kontrahiert es.
Ergo: Früher war die Energiedichte größer (da u.a. mehr Materie pro Raumeinheit vorhanden).
Und je weiter wir zurück gehen, desto größer wird sie, bis man
rechnerisch an einen Punkt kommt, wo die Energiedichte gegen unendlich geht.
Dieser Punkt, diese sog. Singularität, nennen wir "Urknall".
So weit so gut. Das Urknallmodell ist nicht schlecht, es kann einiges erklären, hat aber natürlich auch Probleme und ist nicht der Weisheit letzter Schluss. So muss man das bewerten, nicht mehr, nicht weniger.
Paradox555 hat geschrieben: ↑16. Mär 2022, 02:15
Und wo kommt diese sehr hohe Temperatur her ?
Man muss die Frage umformulieren:
Wo kommt diese sehr hohe Energiedichte im Anfang her?
Noch dazu mit dieser aüßerst geringen Entropie?
Antwort:
Wir wissen es nicht, wir können nur dieses oder jenes vermuten.
Es wäre aber auch irrsinnig zu glauben, wir könnten alles wissen.
Wir können wohl immer noch ein Stückchen weiterkommen, können diese und jene Theorien aufstellen oder ihnen zuneigen oder nicht.
Wie weit wir damit noch kommen werden, muss man sehen, am Ende wird es Grenzen geben, vor allen Dingen empirische Grenzen und Unsicherheiten der Nachweisbarkeit.
Paradox555 hat geschrieben: ↑20. Mär 2022, 02:33
Genau, und diese nicht existente Theorie wird aber von manchen, durchaus hochqualifizierten, religionös ,fast schon politisch verdeitigt. Den Sinn diesen Fanatismus verstehe ich nicht ? Egal, es gibt noch viel mehr unverständliche Menschheit.
Ich glaube, da hast du etwas in deiner Wahrnehmung sehr missverstanden. Denn so ist es zumindest in der Wissenschaft nicht, überhaupt nicht.
Und das ist gut so und soll so bleiben.
Wenn jemand dennoch so agiert, dann hat derjenige/ diejenige nicht verstanden, was die Wissenschaft ist und was sie nicht ist. So viel steht fest.