Skeltek hat geschrieben: ↑26. Aug 2020, 22:42
tomS hat geschrieben: ↑24. Aug 2020, 14:49
Skeltek hat geschrieben: ↑24. Aug 2020, 12:37
... daß die infinitesimalen Stücke der Strecke umso mehr zur Dilatation beitragen, umso mehr sie gegenüber der Geodäten zwischen Start und Wiedertreffen gekippt sind.
... wobei für den Gangunterschied aber nur eine Teilkomponente des Differentials des Bewegungsvektors verantwortlich ist
... daß in der flachen Raumzeit nur eine Teilkomponente des 4er Vektors für die Dilatation verantwortlich ist... der zur Start-Ende-Verbindungslinie parallele Anteil des Bewegungsvektors ist ausreichend, die dazu orthogonalen Vektoren kann man mit Mühe aus der Gleichung heraus kürzen
Diese Argumentation kannst du in der flachen Raumzeit bei abschnittsweise inertialer Bewegung aufrechterhalten, im Allgemeinen nicht (der Grund ist mathematisch etwas verzwickt, weswegen ich das gerne zurückstellen möchte; es trägt auch nichts zum Kern der Sache bei).
... Angefangen hat es im anderen Thread ja damit, daß ich meinte, daß die Zeitdillatation bzw der Gangunterschied grundsätzlich durch das Kippen des 4er Vektors entsteht ...
Ja, zunächst mal kann man das so sehen, für eine
momentane Zeitdilatation aufgrund der 4er-Geschwindigkeit benötigst du die
momentane Gleichzeitigkeits-Hyperebenen eines Beobachters. Im flachen Minkowski-Raum liefert der „Winkel“ zwischen den beiden 4er-Geschwindigkeiten gerade den
momentanen gamma-Faktor.
Die Ansicht kannst du jedoch für den
globalen Gangunterschied 1) entlang zweier nicht-inertialer Weltlinien sowie 2) in einer gekrümmten Raumzeit nicht mehr aufrecht erhalten.
Skeltek hat geschrieben: ↑26. Aug 2020, 22:42
... ändert die zu dieser Gerade (Start/Ziel) parallelen Anteile der Tangenteneinheitsvektoren entlang der Weltlinien (auch der bereits abgeflogenen Anteile).
1) Das erste Problem ist, dass du hier eine Gerade (Geodäte) als Referenz nutzt. Das funktioniert nur, wenn einer der beiden Beobachter tatsächlich einer Geodäten folgt: du nimmst die 4er-Geschwindigkeiten des inertialen Beobachters und vergleichst mit der aktuellen 4er-Geschwindigkeit des zweiten ggf. nicht-inertialen Beobachters. Das funktioniert nicht mehr, sobald beide Beobachter nicht-inertial sind. Dann müsstest du nämlich für den ersten Beobachter dessen momentane Gleichzeitigkeits-Hyperebenen konstruieren und die Weltlinie des zweiten Beobachters bzgl. dieses mit dem ersten Beobachter mitbewegten Bezugsystem (proper frame) berechnen. Erst dann kannst du überhaupt prüfen, ob deine Idee des direkten Vergleichs der Verkippung funktioniert. Solange du nicht durch diese Rechnung durch bist, weißt du nicht, ob die Idee trägt. Außer der mathematischen Komplexität hast du insbs. das Problem, ob bei beschleunigten Beobachtern immer ein gemeinsames Koordinatensystem möglich ist, d.h. ob die momentanen Gleichzeitigkeits-Hyperebenen des ersten Beobachters immer die Weltlinie des zweiten schneiden, und ob jeder Punkt der Weltlinie des zweiten immer auf einer dieser Hyperebenen liegt. Wie wir für Rindler-Beobachter und die dabei auftretenden Horizonte wissen ist dies nicht unbedingt der Fall.
D.h. dass die Idee, den Winkel zwischen beiden 4er-Geschwindigkeiten zu berechnen, auf tönernen Füßen steht. Sobald kein gemeinsames Koordinatensystem konstruierbar ist - weil zu kompliziert oder weil sogar prinzipiell nicht möglich - kollabiert das Ganze.
Deine Idee stammt letztlich aus dem hochgradigen Spezialfall der einfachsten Version des Zwillingsparadoxons, in dem ein Beobachter in einer flachen Raumzeit einer inertialen Weltlinie folgt. Du vergleichst dann die
Eigenzeit des zweiten Beobachters mit der
Koordinatenzeit des ersten Beobachters. Letzteres ist
für diesen Spezialfall rechnerisch identisch mit der
Eigenzeit des ersten Beobachters. Im allgemeinen Fall funktioniert das nicht! Du benötigst ein künstliches Koordinatensystem, in dem du rechnen kannst, aber das Ruhesystem des jeweils anderen Beobachters liefert dir dieses Koordinatensystem nicht!
Du übersiehst, dass Eigenzeit und Koordinatenzeit zwei
völlig verschiedene Konzepte sind. Erstere ist eine bezugsystem-unabhängige Invariante entlang einer Weltlinie, letztere die Null-Komponente eines Vierervektors bzw. ganz allgemein eine lokal definierte, zeitartige Richtung ohne jeden Bezug zu einer Weltlinie. Gangunterschiede zweier Uhren als Eigenzeitdifferenzen sind ebenfalls bezugsystem-unabhängige Invarianten. Eigenzeiten definieren an sich jedoch noch keine Koordinatensysteme und Koordinatenzeiten. Wie gesagt, die Identifizierung resultiert aus einem Spezialfall und hilft im Allgemeinen nicht weiter.
2) Die zweite - rein mathematische - Problematik des Vergleichs zweier 4er-Geschwindigkeiten u1(P) auf Weltlinie 1 und u2(Q) auf Weltlinie 2, die an
unterschiedlichen Punkten P und Q einer gekrümmten Raumzeit definiert sind, betrachte ich dabei noch gar nicht. Du kannst schlicht keinen Winkel zwischen u1(P) und u1(Q)
definieren; es geht nicht!
(*)
Skeltek hat geschrieben: ↑26. Aug 2020, 22:42
Siehst du die Erklärung als grundsätzlich falsch, oder präferierst du lediglich deine eigene?
Du bist letztlich in die Falle dieses einen Spezialfalls getappt. Deine Erklärung trägt genau dafür, für alles darüber hinaus funktioniert sie nicht, zudem verschleiert sie den konzeptionellen Unterschied zwischen Koordinaten- und Eigenzeit. Und daher präferiere ich die meinige, weil sie allgemeingültig ist.
Skeltek hat geschrieben: ↑26. Aug 2020, 22:42
tomS hat geschrieben:
Man muss meinen Ansatz nicht mögen, aber er ist bewusst anders gewählt. Ich habe auch nicht vor, ihn dahingehend zu verwässern, die bekannten Umwege wieder einzubauen. Ich bin jedoch gerne bereit, ihn aus sich selbst heraus zu verbessern.
Wäre ich gerne dabei. Ich denke bis zum Wochenende kann ich dein PDF mal vollständig in aller Ruhe durch-/fertig lesen.
Dann tu mir bitte den Gefallen und wirf zunächst mal deine Leiter weg ;-)
Suche nichts in dem PDF, was nicht als mathematische Formel da steht; es wurde nicht vergessen sondern bewusst weggelassen.
Skeltek hat geschrieben: ↑26. Aug 2020, 22:42
Schonmal eine Frage an dich:
Wenn die Atsronauten beginnend vom Startpunkt S die Weltlinien C
S1 und C
S2 abfliegen, sich aber noch nicht treffen, kann man bei deinem Model den maximalen Einfluss der bereits abgeflogenen
Strecken zum späteren Gangunterschied ermitteln?
Was meinst du mit „Strecke“?
Eine zurückgelegte Strecke im 3-dim. Raum? Falsche Frage!
Die zurückgelegte „Strecke“ in der 4-dim. Raumzeit? Diese „Strecke“ ist identisch mit der Eigenzeit.
Zum Gangunterschied eine Gegenfrage für die bekannten Reiserouten von Nürnberg nach Berlin: „Wenn die Autofahrer beginnend von Nürnberg die Routen C1 und C2 abfahren, sich aber noch nicht (in Berlin) treffen, kann man den Einfluss der bereits gefahrenen Strecken zum späteren Streckenunterschied ermitteln?“
Zunächst: die abgefahren Strecken entsprechen den abgefahrenen Strecken (s.o.)
Dann jedoch: der „Beitrag zum Streckenunterschied“ ist eine „falsche FrageStellung“. Route C1 führe über Frankfurt, Route C2 über Prag. Der „Beitrag zum Streckenunterschied“ ist sinnlos, weil der Streckenunterschied immer von der Gesamtroute abhängt. Wenn C2 von Prag direkt nach Berlin führt, kommt eine andere Gesamtstrecke raus, als wenn C2 dann noch den Umweg über Moskau nimmt. Man kann zwar die Strecken „Nürnberg - Frankfurt“ und „Nürnberg - Prag“ vergleichen, aber deren „ Beitrag zum Streckenunterschied Nürnberg - Berlin über C1 bzw. C2“ ist irgendwie keine sinnvolle Idee.
(*) EDIT: Ich werde in die nächste Fassung des PDFs mal den direkten Vergleich der Eigenzeiten einbauen, nur um zu zeigen, welche Annahmen man treffen muss und wie kompliziert das Konzept wird.