Stephen hat geschrieben:Hier setzt auch meine Idee an: Ein menschliches Gehirn muss zwangsläufig dazulernen
Richtig! Das hatten wir schon angeschnitten: Das Gehirn ist
flexibel verdrahtet. Verbindungen, die oft genutzt werden verstärken sich selbst, Verbindungen, die wenig benutzt werden verkümmern. Außerdem kommen neue Nervenzellen hinzu, einige alte sterben ab.
Selbstverstärkung, Selbstbezüglichkeit ist eingebaut! Es hat Ähnlichkeit mit der Organisation eines Ameisenhaufens, z.B. mit der Ausbildung einer Ameisenstraße.
Reize werden also nicht nur per Software als Information abgespeichert, sondern ständig in Hardware verdrahtet.
Hinzu kommen weitere Systeme über Hormone, Stoffwechsel und Rezeptoren (
jede Körperzelle hat viele verschiedene Rezeptoren in zeitlich variabler Anzahl), wo Gehirn und restlicher Körper miteinander wechselwirken.
Auch diese Systeme unterliegen ständigem Wandel:
All diese Wechselwirkungen haben materiell sichtbare Änderungen des Gehirns und des Körpers zur Folge.
So etwas zielgerichtet aus Einzelteilen nachzubauen ist unmöglich!
Der reduktionistische Ansatz versagt hier als hinreichend vollständige Beschreibung.
Was deshalb nur möglich wäre:
Man müsste die grundlegenden Organisationsprinzipien herausfinden (denkt an Langtons Ameise).
Mit diesen Prinzipien könnte man dafür sorgen, dass sich so etwas selbst zusammenbaut.
Man könnte so etwas nur wachsen lassen - genau so, wie es die Natur auch tut.
Problem:
Die grundlegenden Prinzipien der untersten/einfachsten Stufe (Ebene 0) reichen alleine nicht aus, weil sie eine Organisationsstufe höher (Ebene 1)für neue Prinzipien sorgen, die für die übernächste Stufe (Ebene 2) der Organisation wieder elementar sind.
Es ist aber gar nicht aus der untersten Stufe (Ebene 0)
vorhersehbar, welche Prinzipien auf Ebene 1 aus den Prinzipien der Ebene 0 entstehen werden. Minimale Änderungen auf Ebene 0 können zu völlig verschiedenen Prinzipien auf Ebene 1 führen (usw. -> Ebene 2, Ebene 3, ...).
Es bleibt daher nur "try and error".
Eine Situation, fast wie eine Herde Affen, die versuchen sollen Goethes Faust zu schreiben.
Nicht ganz, weil wir ja nicht ganz blind vorgehen müssten. Wir wären aber sozusagen auf einem Auge blind.
Es bleibt eine Mammutaufgabe.
Übrigens sehe ich hier Parallelen zu unseren Problemen bei der Beschreibung des Universums.
Zum Selbsterhaltungstrieb:
Einen Selbsterhaltungstrieb kann man auch bei viel einfacheren Organismen schon feststellen.
Er ist auch schon bei Lebewesen, wie z.B. einer Spinne da, die höchstwahrscheinlich nichts haben, das wir gewöhnlich als Bewusstsein bezeichnen würden.
Auch solche Triebe haben mehrere Komplexitätsebenen: Die Angst eines Menschen geht über den Selbsterhaltungstrieb einer Spinne hinaus. Sie enthält sehr wohl das, was auch die Spinne antreibt hat aber auch höhere Facetten, die einer Spinne sicher nicht angedichtet werden können.
Mit der Grundhaltung, dass solche Systeme wachsen müssen - also nicht aus Teilen zusammengebaut werden können, komme ich zu folgender Schlussfolgerung:
Ich denke ein richtiger Selbsterhaltungstrieb kann nur dann entstehen, wenn Körper und Steuereinheit ein untrennbares Ganzes, einen Komplex bilden - und zwar schon auf unterster Ebene.
In diesem Zusammenhang habe ich auch über den Film "Die Matrix" nachgedacht:
Dort wird den Leuten hinten ein Stecker/eine Schnittstelle ins Gehirn gesteckt, woraufhin sie sich in einer virtuellen Welt befinden, die für sie nicht von der wirklichen Welt unterscheidbar ist.
Frage:
Wäre diese virtuelle Welt wirklich ununterscheidbar?
Ich denke nein:
Was passiert denn, wenn sich eine Person in der virtuellen Welt betrinkt? Nur über elektrische Leitungen kann so etwas nicht simuliert werden: Schließlich ändert sich dabei das Denkvermögen des Gehirns selbst.
Was passiert, wenn sich so eine Person in der virtuellen Welt körperlich sehr anstrengen oder verletzen würde?
Der Körper würde einen ganzen Chemiecocktail ins Blut freisetzen.
Selbst wenn es gelänge auch diesen nachzubilden: Es gäbe feine Unterschiede, da jeder Körper einzigartig ist.
Woher will man wissen, wie gerade der Körper der Versuchsperson auf chemischer Ebene reagieren würde?
Nein, das ist nicht vorhersehbar und daher nicht perfekt simulierbar.
Die einzige Möglichkeit ein Wesen perfekt in eine virtuelle Welt zu verfrachten ist die:
Das Wesen muss
komplett, mit Körper und Gehirn in dieser Welt simuliert werden, es muss
vollständig Teil der Simulation sein.
In diesem Fall kann ist es aber überhaupt nicht mehr außerhalb.
Ergo:
Eine Simulation a la Matrix ist nur unvollkommen möglich.
Der Unterschied, ob man in so einer Simulation ist oder außerhalb ähnelt dem Grenzübergang in ein schwarzes Loch.
Beste Grüße
seeker