Also zunächst einmal will ich noch mal herausstellen, dass mich die meiner Meinung nach sehr gut begründbare Idee (Selbsterhaltungstrieb), nach der wir uns irgendwann auf jeden Fall auf den Weg machen werden, vollständig begeistert!
Wir haben hier vermutlich nur noch ca. 150-350 Millionen Jahre Zeit – dann ist Feierabend!
Es ist nämlich so, dass die Sonne immer heißer wird und die Vulkantätigkeit auf der Erde immer mehr abnimmt (-> CO2 geht aus -> Pflanzen sterben). Das hat zur Folge, dass die Erde schon weit bevor die Sonne zum roten Riesen werden wird unbewohnbar sein wird.
Selbst wenn der Mensch dies durch sein Eingreifen verhindert, wird die Erde in ca. 1,5 Milliarden Jahren nicht mehr in der Lebenszone sein, die Ozeane werden verdampfen, die mittlere Oberflächentemperatur wird auf 100° C ansteigen. Wenn ich mir das überlege (150 Millionen Jahre ist erdgeschichtlich gesehen recht kurz), dann sind wir gerade noch rechtzeitig entstanden. Wir hatten also auch da Glück.
Aber zu deinen Einwänden:
Ich meinte ja nicht, dass wir die Einzigen oder die Allerersten sind. Ich glaube vielmehr, dass es nicht sehr viele geben kann und dass Zivilisationen erst „in letzter Zeit“ (vielleicht in der letzten Milliarde Jahre, vielleicht viel weniger) entstanden sein können, weil vorher nicht genug schwere Elemente da waren und das Universum noch zu klein, zu wenig entwickelt und zu gefährlich war und die Entwicklungszeit von der Entstehung eines Sonnensystems bis zum Auftauchen von intelligentem Leben mit vermutlich über 4 Milliarden Jahren berücksichtigt werden muss.
Ich spekuliere jetzt mal aus Spaß wild drauf los! Wer’s nicht mag, kann sich das weiterlesen sparen!
Ich glaube, ich darf das, solange ich mir bewusst bleibe, wo ich mich da hinbegebe.
Ich rechne einfach mal (das wird jetzt natürlich hochspekulativ, aber vielleicht kann man einen Trend erkennen). Ich habe leider die nötigen Daten nicht, deshalb muss ich wild schätzen. Ihr könnt die Zahlen gern korrigieren - das wäre mir sogar recht. Ich denke, um viele Zehnerpotenzen nach unten werde ich wohl nicht daneben liegen und das wird mir wohl hoffentlich schon für eine Aussage ausreichen. Sehen wir mal, wo es hinführt…
Nehmen wir eine Galaxie mit 100 Milliarden Sternen:
Jeder 100. Stern soll sich lange genug in einer ruhigen Region der Galaxis aufhalten (immerhin ca. 5 Milliarden Jahre) und von kosmischen Katastrophen und vorbeiziehenden Sonnen verschont bleiben, die sein evtl. vorhandenes Planetensystem durcheinanderbringen würden.
Davon soll jeder 10. Stern von seiner Art, Größe und Lebensdauer her geeignet sein
Davon soll jeder 2. Stern auch schon seit mindestens 4 Milliarden Jahren existieren.
Davon soll jeder 5. Stern ein Einzelstern sein.
Davon soll jeder 5. Stern Planeten haben.
Davon soll jeder 10. Stern einen Planeten 4 Milliarden Jahre lang in der Lebenszone haben.
Davon soll jeder 5. Planet 4 Milliarden Jahre lang ein starkes Magnetfeld haben.
Davon soll jeder 10. Planet eine geeignete Zusammensetzung, Wasser und die richtige Größe und Rotation haben.
Davon soll jeder 10. Planet einen Jupiter-ähnlichen Planeten in der richtigen Entfernung haben
Davon soll jeder 10. Planet die richtige Vulkantätigkeit haben (4 Milliarden Jahre lang)
Davon soll jeder 10. Planet während seiner späteren Entwicklungszeit von kosmischen Planetenkillern verschont bleiben (aber trotzdem immer mal wieder zur rechten Zeit mit „kleineren“ Einschlägen als Evolutionsmotor beehrt werden)
100x10x2x5x5x10x5x10x10x10x10 = 25 Milliarden
Wahrscheinlich habe ich auch noch die Hälfte der Bedingungen vergessen und noch viel zu konservativ geschätzt. Vielleicht habe ich auch einige Zahlen mehrmals erfasst oder zu groß abgeschätzt. Es wird aber irgendwo in der Größenordnung einer sehr großen Zahl liegen. Sei’s drum…
100 Milliarden / 25 Milliarden = 4 Planeten, die geeignet sind
Jetzt hätten wir in unserer Galaxis gegenwärtig (also vor ca. 4 Milliarden Jahren) auf 4 Planeten die nötigen Voraussetzungen für Leben.
Damit hätten wir aber noch lange kein Leben und noch lange, lange kein intelligentes Leben und schon gar keine fortschrittliche Zivilisation.
Wenn man berechnen würde wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass unter diesen Voraussetzungen auch wirklich Leben entsteht, nicht wieder ausstirbt und schließlich zu sozialem, intelligenten Leben mit einem Selbstbewusstsein führt (und zwar in der gegebenen, durchaus knappen Zeit, s.o.), dann würde gewiss noch einmal eine Zahl, wie die Obige herauskommen.
Wir wissen absolut nicht, ob Evolution zu Zivilisationen führen muss. Und auch nicht, wie das Leben entstanden ist. Diese Wahrscheinlichkeit habe ich mir auch mal angeschaut: Sie ist nach allem, was wir heute wissen, unglaublich gering. Man braucht nämlich
gleichzeitig einen Replikator (z.B. RNA) mit dem
genau dazu passenden Protein (einfache Aminosäuren allein reichen da bei weitem nicht aus) und einer genau dazu passenden Membran (Henne-Ei-Problem). Das ist bis heute noch sehr rätselhaft und wenig verstanden. Dann muss sich die Zivilisation auch noch technisch und geistig weit genug entwickeln und sich nicht selbst vorher vernichten oder wieder degenerieren…
Also nehme ich einfach noch mal dieselbe Zahl für die Wahrscheinlichkeit für die „richtige“ Evolution:
100 Milliarden Galaxien x 4 Planeten = 400 Milliarden Planeten im Universum mit guten Voraussetzungen
400 Milliarden / 25 Milliarden = 16 Zivilisationen im Universum und im gegenwärtigen Zeitraum (sagen wir 1 Milliarde Jahre)
Wenn man dann noch davon ausginge, dass eine durchschnittliche technische Zivilisation vielleicht nur 10.000 Jahre überlebt oder dann in eine Virtuelle Realität „abhaut“ und sich nicht mehr ums Universum kümmert, dann könnte man es völlig vergessen…
Wir haben wahrscheinlich nicht nur ein räumliches Problem, sondern vor allen Dingen auch ein zeitliches.
Die Zivilisationen, die weit entfernt sind (z.B. > 1Milliarde Lj), können wir unter meinen Annahmen gar nicht finden, weil ihre evtl. Signale uns noch nicht erreicht haben können – und bei den sehr nahen Zivilisationen wird unsere Technik gerade erst soweit, dass ein Finden von Signalen überhaupt möglich wird. (Schau dir mal die Pläne für die zukünftigen Superteleskope an (z.B. interferometrisch gekoppelte Weltraumteleskoparrays) – da geht schon was! Denk mal nur 1000 Jahre in die Zukunft!
)
Vielleicht ist ja alles ganz anders. Was ich aber m.E. auf jeden Fall zeigen konnte ist Folgendes:
Man braucht gar nicht mal so viele Bedingungen und gar nicht mal so sehr kleine Wahrscheinlichkeiten pro Bedingung, wenn diese aneinander gekoppelt sind. Trotzdem kann es da ganz schnell passieren, dass auch aus 100 Milliarden Milliarden (Sternen) fast Null wird!
Aber seien wir mal sehr optimistisch:
Dann haben wir vielleicht 100 Zivilisationen pro Galaxie in einem ähnlichen kosmologischen Zeitrahmen. Wenn auch nur eine dieser Zivilisationen vor sagen wir mal nur 100 Millionen Jahren technisch so weit gewesen wäre, dann wären sie höchstwahrscheinlich schon lange hier gewesen.
Warum?
Wie schon gesagt: Sie werden sich aus reinem Selbsterhaltungstrieb in den allermeisten Fällen auf den Weg gemacht haben, sobald sie dazu in der Lage waren.
Jetzt rechne ich wieder mal wild mit falschen Zahlen. Es geht mir nur ums Prinzip und um eine sehr ungefähre Abschätzung:
Nehmen wir ein Raumschiff, das durchschnittlich nur 1% der Lichtgeschwindigkeit erreichen kann. Das wird sicherlich technisch irgendwann machbar sein. Außerdem soll es sehr lange Zeiträume überdauern können. Auch das erscheint mir technisch nicht unmöglich. Den Treibstoff für den Antrieb und die Energieversorgung könnte es z.B. dem interstellaren Medium entnehmen und fusionieren. Ich bin sicher, dass eine Zivilisation, die sagen wir mal der unsrigen um lächerliche 100.000 Jahre voraus ist, dies auf irgendeine Weise bewerkstelligen kann.
Da man nur mithilfe von Technik und nur momentan bewohnbare Welten sucht, wird die Zahl der geeigneten Planeten sehr viel größer sein, als die Zahl der Planeten, die von alleine intelligentes Leben „erzeugen“.
Deshalb soll die durchschnittliche Entfernung zwischen zwei Sternen mit geeigneten Planeten nur, aber immerhin, 100 Lichtjahre sein.
Man braucht also 10.000 Jahre bis zum nächsten Planeten. Den besiedelt man z.B., indem man tiefgefrorenes genetisches Material mit hochentwickelten Robotern (Stichwort: Künstliche Intelligenz) zusammen losschickt. Dort angekommen, soll mit Hilfe der Roboter und dem mitgebrachten Equipment eine neue Zivilisation gegründet werden. Das soll dann 1000 Jahre dauern. Nach 11.000 Jahren hat man also zwei besiedelte Planeten. Dann macht man weiter: Nach 22.000 Jahren wären es vier Planeten, usw. Selbst wenn das zu schwer wäre, dann würden sie halt nur Sonden mit Bakterien oder Algen überallhin losschicken. Soll es sich am Zielort doch von alleine weiterentwickeln! Hauptsache irgend etwas vom Heimatplaneten überlebt… Aber zurück:
Nehmen wir außerdem an, es gäbe in der Milchstraße 100 Millionen geeignete Planeten. Wie lange dauert es dann, bis alle besiedelt wären?
t = ln(10^8) * 11.000 Jahre / ln 2
t = 292.330 Jahre
Das geht recht schnell – oder?
OK, nach einiger Zeit kann man sich nur noch an den Randzonen der Galaktischen Zivilisation ausbreiten und viele werden auch scheitern, aber auf der anderen Seite habe ich auch nicht gerade besonders große Transportgeschwindigkeiten angenommen und auch nur ein einziges ausgesendetes Raumschiff pro Planet und Zeitpunkt. Allerdings muss auch noch die Gesamtgröße der Milchstraße mit ca. 100.000 Lj irgendwo eingehen (sonst stimmen auch die Verhältnisse Abstand/Planetenzahl nicht).
Also bleiben wir konservativ und vervierzigfachen die benötigte Zeit noch einmal:
Selbst dann kommen wir auf nur etwa 12 Millionen Jahre für die komplette Besiedlung der Milchstraße!
Das ist sowohl kosmologisch als auch evolutionsgeschichtlich betrachtet eine lächerliche Zeitspanne!
So groß ist zumindest unsere Milchstraße also gar nicht… und die Außerirdischen müssten in diesem Beispiel bereits vor spätestens 88 Millionen Jahren hier gewesen sein.
Bleibt also die Frage: Warum waren sie noch nicht hier?
Nun, vielleicht waren sie es – wer weiß?
Das Leben ist auf der Erde jedenfalls überraschend schnell nach ihrer Entstehung aufgetaucht… eigentlich zu schnell, wenn man allein die bekannten Wahrscheinlichkeiten betrachtet.
Vielleicht haben sie auch eine Art „oberste Direktive“, die ihnen vorschreibt bereits intelligentes Leben tragende Planeten in Ruhe zu lassen.
Und vielleicht sind die anderen halt doch nicht so weise, vorausschauend, unbeugsam, unersättlich, vorwärtsgetrieben und kreativ wie wir es immer noch sein werden, wenn wir uns auf den Weg machen werden…
(Ihr seht: Ich bin immer noch von der Idee begeistert!
)
Aber zurück auf den (immer noch wackligen) Boden!
Da glaube ich doch eher, dass wir in unserer Galaxie die ersten, fortschrittlichsten oder die einzigen (noch lebenden) sind, bzw. dass die anderen gerade in etwa gleichzeitig mit uns entstanden sind.
Im Universum als Ganzem mag es natürlich anders aussehen. Da sind die Abstände dann wirklich zu groß. Außerdem macht uns dort auch die Expansion des Universums irgendwann einen Strich durch die Rechnung. Der kommt man nicht hinterher…
Viele schelmische Grüße zurück
seeker