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QCD - starke Wechselwirkung

Physik der Elementarteilchen, Teilchenbeschleuniger; insbs. eine einführende Artikelserie in das Thema
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tomS
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QCD - starke Wechselwirkung

Beitrag von tomS » 29. Sep 2008, 21:35

Hallo,

ich wollte schon länger mal was über die erstaunlichen Eigenschaften der starken Wechselwirkung (Quantenchromodynamik) der Quarks und Gluonen schreiben. Sie beherrscht unser Alltagsleben mindestens ebenso wie die QED (Elektrizität, Licht, Atomaufbau), denn die QCD beschreibt ja die Wechselwirkung, die dafür sorgt, dass es die aus Quarks und Gluonen bestehenden Protonen und Neutronen überhaupt gibt, und dass diese sich wiederum zu stabilen Atomkernen zusammenfinden.
http://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_chromodynamics

Obwohl diese Kernkraft (wie sie früher genannt wurde) schon seit Jahrzehnten erforscht wird, gibt es dennoch immer wieder rätselhafte Eigenschaften.

Zur Entdeckung der QCD:
In den 60iger Jahren hatte man Beschleuniger zur Verfügung, deren Energie so groß war, dass die beschleunigten Elektronen nicht mehr an dem Atomkern als ganzes streuten, sondern an kleineren, punktförmigen Objekten (später Quarks genannt). Aufgrund von Symmetrieeigenschaften konnte man zwingend folgenr, dass diese neben der elektrischen Ladung und dem Flavor (der den Unterschied zwischen Proton und Neutron ausmacht) noch eine weitere Eigenschaft haben mussten. In der QCD wurde dann (in den 70igern) eine Eichtheorie entwickelt, in der die sogennannte Farbe die Quelle für ein Kraftfeld (das Gluonfeld) wurde, über dessen Dynamik die Quarks aneinander gebunden waren.
http://en.wikipedia.org/wiki/Gauge_theory

Eigenschaften:
Die wesentlichste Eigenschaft der QCD ist, dass es offensichtlich ein dynamisches Prinzip gibt, das sogenannte Confinement, das es Quarks und Gluonen verbietet, sich als nackte, "farbige" Teilchen zu zeigen; sie existieren nur eingesperrt in den Hadronen, die wiederum "farbneutrale" Objekte bilden.
http://en.wikipedia.org/wiki/Color_confinement
http://en.wikipedia.org/wiki/Yang%E2%80 ... d_mass_gap

Andererseits gibt es aber auch die asymptotische Freiheit, die besagt, dass sich die Quarks bei extrem hohen Energien doch als einzelne Teilchen offenbaren. Diese erzeugt man beim Beschuss von Protonen mit hochenergetischen Elektronen (z.B. am Beschleuniger HERA) als auch im sogenannten Quark-Gluon-Plasma durch Kollision schwerer Atomkerne (z.B. Blei am LHC).
Die QCD hat also die interessante Eigenschaft, dass ihre Stärke abnimmt, je näher die Teilche sich kommen, und zunimmt, wenn sie sich weiter voneinander entfernen. Zerrt man die Teilchen weit genug außeinander, um sie einzeln zu beobachten, erzeugt man lediglich neue Teilchen-Antiteilchen-Paare und erhält so wiederum ausschließlich "farbneutrale" Objekte.
http://en.wikipedia.org/wiki/Asymptotic_freedom

Während die asymptotische Freiheit mathematisch gut verstanden ist, ist das Confinement noch ziemlich rätselhaft. Ein wesentlicher Erfolg ist jedoch die numerische Berechnung von Hadroneigenschaften, z.B. deren Masse, über die sogenannte Gittereichtheorie.
Eine weitere interessante Eigenschaft ist die sogenannte chirale Symmetriebrechung. Dabei nimmt man zunächst an, dass die Quarks masselos sind (in der Praxis sind sie es nur näherungsweise). Die chirale Symmetrie (eine Art Rotationsymmetrie) ist nun jedoch spontan gebrochen (ein allgemeiner Mechanismus - ein Beispiel dafür ist der Higgs-Mechanismus sowie die spontane Ausrichtung der Magnetisierung in den sogenannten Weißschen Bezirken in ferromagnetischen Festkörpern). In einigen Fällen entstehen bei einer spontanen Symmetriebrechung neue, masselose Freiheitsgrade (die sogenannten Goldstone-Bosonen). Im Falle der QCD sind dies die (näherungsweise) masselosen Pionen.
http://en.wikipedia.org/wiki/Chiral_symmetry

Experimente:
Besonders spannend waren die Experimente zur Untersuchung der Quarkstruktur der Protonen. Beim Beschuss mit hochenergetischen Elektronen streuten diese an den praktisch freien Quarks (gemäß der asymptotischen Freiheit). Allerdings konnte man noch Effekte der Protonen sehen, die freien Quarks trugen nämlich einen gewissen Anteil des Gesamtimpulses und Drehimpulses des Protons. Gäbe es nur genau drei Quarks und sonst nichts im Proton, würde man für ein Quark immer den Wert 1/3 erwarten. Da das Proton aber auch aus einer Wolke virtueller Quarks und Gluonen besteht, war dieser Wert quasi aufgeweicht und man fand Quarks mit unterschiedlichem Anteil am Protonenimpuls / -drehimpuls. Dabei tragen auch schwerere Quarks (insbs. das s-Quark) neben den bekannten u- und d-Quarks bei.
http://en.wikipedia.org/wiki/Deep_inelastic_scattering

Interessant war das Ergebnis, dass die Quarks praktisch nichts zum Gesamtdrehimpuls (also dem Spin 1/2) des Protons beitrugen! Diesre verteilt sich offenbar auf die Wolke virtueller Quarks und Gluonen.
http://en.wikipedia.org/wiki/Nucleon_spin_structure

LHC:
Am LHC werden neben den Proton-Proton-Stößen auch Experiment zur Erzeugung des Quark-Gluon-Plasmas in Blei-Blei-Kollisionen durchgeführt. Dabei erwartet man, dass sich die Grenzen der in den Atomkernen befindlichen Protonen und Neutronen auflösen und die einzelnen Quarks in einem Brei aus Quarks - eben dem Plasma - aufgehen. Derartig hohe Energiedichten lassen einen Blick in die Frühzeit des Universums zu.
http://en.wikipedia.org/wiki/Quark-gluon_plasma
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
Sir Karl R. Popper

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tomS
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Beitrag von tomS » 8. Dez 2008, 22:24

Ich hab mal nach den Orginalpublikationen gesucht, aber leider veröffentlich die Gruppe nur in Science - und da sind elektronische Preprints nicht erlaubt.

Ich habe aber einen guten Vortrag zu dem Thema gefunden:
http://conferences.jlab.org/lattice2008 ... e-mon.html
und dann den Vortrag
The hadron spectrum in full QCD: Analysis details and final result
von Christian Hoelbling aus der Gruppe.


Ein paar einfache Ideen zur Gittereichtheorie

Man berechnet dabei Pfadintegrale der QCD, allerdings so, dass man die Theorie vom Minkowski-Raum in den Euklidischen Raum transformiert. Das ist zunächst nur ein mathematischer Trick, um ein konvergentes Pfadintegral zu erhalten. Man kann dann zeigen, dass das Pfadintegral sich analog zum statistischen Operator (Boltzmann-Summe) der statistischen Mechanik verhält, d.h. man erhält soetwas wie ein "Wärmebad" für die physikalischen Freihgeitsgrade. Die Berechnungen ähneln dann denen, die man durchführen muss, um innere Energie, spezifische Wärme etc. zu berechen - und diese Themen sind sehr gut verstanden.

Man berechnet die Erwartungswerte verschiedener Operatoren sowie Abhängigkeiten bei Temperaturveränderungen in diesem Wärmebad. Daraus kann man im Falle der QCD u.a. die Hadronmassen bestimmen.

Um diese Berechnungen am Computer durchführen zu können, muss man die Raumzeit diskretisieren, d.h. man führt ein 3+1 dimensionales Gitter ein. Vereinfacht ausgedrückt sitzen dabei die Quarks auf den Gitterpunkten, die Gluonen auf den Kanten. Mit Hilfe der sogenannten Renormierunsggruppe kann man die Effekte der Gitterkonstante (d.h. des Abstandes der Gitterpunkte) untersuchen und einen "Kontinuumslimes", d.h. den Übergang zu unendlich feinem Gitter berechnen (diesen Limes kann man in der Praxis natürlich nicht durchführen, da man dazu einen unendlich großen Computerspeicher bräuchte).

Außerdem verwendet man häufig (ich weiß nicht, ob das auf diese Arbeit ebenfalls zutrifft) die sogenannte Quenched Approximation, d.h. man nähert die Quarks als klassische Teilchen ohne Quantenkorrekturen an und berechnet nur die dynamischen Effekte der Gluonen. Dazu setzt man im einfachsten Fall Quarks fest auf das Gitter und simuliert die Gluonverteilung so, dass man das Minimum der Gesamtenergie (bzw. Wirkung) sucht. Dieses Minimum trägt dann die Eigenschaften des zur Quarkkonfiguration gehörenden Nukleons (oder Mesons).

Das Ergebnis hängt immer noch von einem freien Parameter (Skala) ab. Diesen legt man fest, indem man in so skaliert, dass die Masse eines bestimmten Hadrons exakt reproduziert wird.


Zusammenfassung

Das Ergebnis im o.g. Vortrag (drittletzte Folie) ist beeindruckend: man findet für die SU(3) Hadronen unterhalb 2 GeV, d.h. für Pion, Kaon, Nukleon (= Proton / Neutron) sowie einige Resonanzen praktisch identische Massenwerte zum Experiment (natürlich mit Fehlerbalken). D.h. dass man zwar keine theoretische Ableitung, aber dafür eine numerische Berechnung der Hadronmassen hat und somit dieser Aspekt der QCD hervorragend zum Experiment passt.


Rückblick

Etwas zum numerischen Aufwand: wenn man ein Hadron auf einem Gitter mit 100*100*100*100 Gitterpunkten berechnen wollte (d.h. dass z.B. ein Proton gut in diese Gitter hineinpassen muss; also ist das Gitter selbst deutlich größer als das Proton), dann hat man zunächst 10^8 Gitterpunkte und 4*10^8 Kanten. Auf jeder dieser Kanten sitzen 8 Gluonen (entspr. 8 Farben) mit 2 physikalischen Freiheitsgraden(entspr. den Polarisationen); die genaue Zählung ist noch etwas komplizierter. D.h. man erhält 8*2*4*10^8 = 6.4 *10^9 = 6.4 Milliarden Freiheitsgrade - ohne Quarks! Jeder Freiheitsgard ist eine reelle Zahl.
Jede neue Konfiguration der Gluonen entspricht einem kompletten Update dieser Freiheitsgrade. Um einen physikalischen Wert zu berechnen, muss diese Gesamtkonfiguration in einen "eingeschwungenen Zustand" gelangen, dann kann man statische Fluktuationen um diesen Zustand herum simulieren, also über einige Tausend dieser Konfigurationen mitteln. Außerdem muss man diese Mittelung natürlich über viele Simulationsläufe durchführen, um wiederum statistische Fehler zu eliminieren. Zuletzt muss man die Konfigurationen für verschiedene Parameterwerte durchführen; wenn man z.B. eine Ableitung nach der Temperatur berechnen möchte, müssen die Konfigurationen für verschiedene Temperaturen betrachtet werden.

Ich habe Anfang der neunziger Jahre mit einer (damals) neuen Methode zur Monte Carlo Simulation experimentiert. Ich habe dabei ein Ising-Spinsystem mit 2 Freiheitsgraden je Gitterpunkt und 100 Gitterpunkten berechnet. Jeder Freiheitsgrad war ein Bit (bzw. +1 oder -1). Mein Atari (1MB Arbeitsspeicher) lief einige Stunden, um sowas wie die mittlere Energie und die spezifische Wärme in der Nähe eines Phasenübergangs zu berechnen. Ohne die neue Methode wurden damals derartige Berechnungen auf einer Cray-1 durchgeführt.

Man sieht also, dass sich in dere Computertechnik einiges getan hat :-)
Gruß
Tom

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