pippen, auf Ebene der physikalischen Theorien ist es so wie Tom sagt.
Insbesondere ist zu beachten, dass Theorien stets modellhafte Näherungen an die Natur darstellen und vor allen Dingen, dass sie stets vorläufig sind.
Daraus folgt, dass solche Forderungen, wie die, an die du denkst, an eine vorläufige Theorie nicht gestellt werden müssen, allerhöchstens an eine endgültige Theorie.
Aus prinzipiellen Gründen der wissenschaftlichen Methode, kann und wird eine solche Theorie aber nie gefunden werden, weil prinzipiell zu jeder Theorie noch eine Folgetheorie möglich ist.
D.h.: Wir können solche Forderungen vorläufig
immer an die nächste, erst noch kommende Theorie verschieben, auch bis zum St. Nimmerleinstag.
Und bei jeder Folgetheorie müssen wir dann immer erst neu bewerten, ob sie überhaupt noch "Zeit" enthält und was diese dann dort bedeutet.
Außerdem gibt es Auswege, wie schon mehrfach erwähnt:
1. Zeit ist Illusion, existiert gar nicht und/oder
2. Zeit ist ein emergentes Phänomen, beruht also auf tieferliegenden, zeitlosen Strukturen
Ich habe den Eindruck, dass du das einfach ignorierst, weil es dir nicht ins Konzept passt.
Der Punkt bleibt aber, ob's dir nun gefällt oder nicht:
Wenn man diese (und andere) Auswege nicht sicher ausschließen kann, kann man auch einen Anfangspunkt der Zeit (schon allein deshalb) nicht logisch zwingend fordern. Man könnte höchstens ausprobieren, was herauskommt, wenn man so etwas in eine Theorie einbaut, das ist aber etwas völlig anderes, als zu sagen, dass alle guten Theorien über die Natur einen solchen beinhhalten
müssen, denn das Letztere ist einfach Unsinn, so macht man Wissenschaft nicht.
Und:
Pippen hat geschrieben: ↑10. Jul 2017, 21:28
Dann müßte es einen Fall geben können, wo ein zeitlich ewiges Universum zu unserer Gegenwart führt. Wie soll das funktionieren? Wie funktioniert das mit der negativen Eigenzeit bei der ART, wenn man bedenkt, dass jeder Zeitpunkt tatsächlich durchlaufen werden muss, um den nächsten zu triggern? Wie will man da bei unendlicher Zeit zur Gegenwart kommen? Was macht da die ART oder ist sie etwa so "naiv", dass sie einfach nur von unserer Gegenwart "zurückrechnet"?
Wir wissen wie gesagt nicht, ob jeder Zeitpunkt tatsächlich durchlaufen werden muss, um den nächsten zu triggern. Es kann genauso gut sein, dass alle Zeitpunkte genau wie alle Raumpunkte einfach nebeneinander existieren, sozusagen "ewig/zeitlos".
Um die ART mathematisch zu formulieren und sie anzuwenden ist das auch irrelevant. Man muss diese Frage dazu gar nicht beantworten.
Und was wäre, wenn es im Urknall mehrere Raumzeitblasen gegeben hätte, die sich in unterschiedliche Zeitrichtungen entwickelt/expandiert wären?
Eine RZ-Blase unser sichtbares Universum, eine zweite in negativer Zeitrichtung und noch viele weitere schräg und senkrecht dazu?
Wobei bei den anderen RZ-Blasen gar nicht klar ist, in welche Richtung dort der Zeitpfeil zeigt, vorwärts oder rückwärts - und aus wessen Sicht, aus der "Gottesperspektive", was soll das sein, woher willst du wissen, ob so etwas überhaupt existiert?
Dann kannst du nämlich nicht einmal mehr sagen, dass der "Nullpunkt" all dieser Blasen der Urknall gewesen wäre, ebenso könnte es ihr Endpunkt oder einfach nur profaner Übergangspunkt gewesen sein, je nach Perspektive. Was vorher und was nachher ist, ist jedenfalls überhaupt nicht klar und ob es so etwas wie Ursache/Wirkung überhaupt gibt, in Form von A->B->C, warum nicht C->B->A? So lange wir nicht wissen, was Zeit überhaupt ist und ob sie überhaupt existiert, brauchen wir uns um absolute Anfänge keinen Kopf machen...
Und:
Pippen hat geschrieben: ↑8. Jul 2017, 16:14
seeker hat geschrieben: ↑3. Jul 2017, 13:59
Dein dargestelltes Problem ist ein Dilemma, d.h., es gibt dort
keine befriedigende Antwort, denn:
entweder
1. Es gibt einen absoluten Anfang, eine Erstursache, einen ersten unbewegten Beweger
oder
2. Es gibt keinen absoluten Anfang (infiniter Regress)
2. kritisierst du, nicht zu unrecht, da widersinnig/widersprüchlich erscheinend.
Aber: Das beweist
nicht, dass 1. richtig sein
muss, denn 1. ist genauso widersinnig: Ein unbewegter Beweger ist ein Widerspruch in sich und das Ursache-Wirkuns-Prinzip ("
jede Wirkung hat eine Ursache", mit dessen Hilfe man überhaupt an den Punkt kommt) wird an dieser Stelle negiert, abgelehnt, es soll ja dort gerade nicht gültig sein
2. muss falsch sein, weil es einfach keinen denkbaren Weg gibt, der von einer ewigen Vergangenheit, in der das Ursache-Wirkung-Prinzip herrscht, zur Gegenwart führt. Diesen Weg gibt es bei 1. Da muss auch das Ursache-Wirk-Prinzip nicht geändert werden, denn der Anfang wäre natürlich selbst weder Ursache noch Wirkung noch irgendwas Seiendes. Es wäre etwas für uns Undenkbares, aber wohl nicht Nichts!
Hierzu folgende Frage (keine Ahnung, ob ich das in diesem Forum schon mal angesprochen habe, sorry, wenn ja): Ist eine creatio ex nihilo für dich/euch logisch unmöglich? ME: ja. Denn stehe p für sämtliche Dinge (als Aussagen, damit wir AL benutzen können), so steht ~p für das Nichts, ein ex nihilo wäre dann: ~p -> p. Die creatio ex nihilo wäre dann also: ~p & ~p -> p und das ist ein Widerspruch und damit unmöglich. So komme ich dazu, dass unsere Welt nicht aus Nichts, aber aus Etwas entstanden sein muss, was außerhalb unserer Physik liegt.
Die ART muss lediglich einen beliebigen Anfang zulassen
Genau das meine ich! Soweit die ART das tut, wäre das in Einklang mit "meiner Theorie". Verboten ist quasi nur das Weltmodell eines ausdrücklich ewigen Universums.
1. muss genauso falsch sein! Doch, das Ursache-Wirkuns-Prinzip
muss für einen Anfang geändert werden! Und du kommst da nicht heraus, dass es etwas 'Undenkbares wäre aber nicht Nichts'. Über Dinge, die du nicht denken kannst, kannst du
überhaupt keine sinnvollen Aussagen machen, nicht einmal zu ihrer Existenz oder Nichtexistenz.
Und ja, eine creatio ex nihilo ist widersprüchlich. Und in deinem Denken kannst du sie nur als ein Wunder und als ein Dogma einführen.
Auf Wunder/Dogmen wollen wir aber sicher keine wissenschaftlichen Theorien gründen - oder?
Also haben wir das Dilemma, dass sowohl 1.
als auch 2. offenbar falsch sein müssen.
Und nun? An dem Punkt könnte man dann Anhänger derer werden, die sagen, dass Zeit gar nicht existiert, nur Illusion ist. Aber auch hier muss man das nicht, man
kann.
Deshalb bleibt für's Physik-betreiben keine Wahl:
Diese Frage offen lassen, bis wir vielleicht eines Tages bessere Theorien als heute haben - und so lange es sich um Physik handelt eh kleinere Brötchen backen, nicht erwarten, dass die Physik endgültige Antworten auf unsere Fragen liefert, das kann sie prinzipbedingt nicht. Das heißt aber umgekehrt auch, dass man nichts Endgültiges in die Physik einbauen soll und ganz sicher nicht
muss.
Sieh es ein...
Schau auch mal hier rein:
Kritik am Begriff der Kausalität
https://de.wikipedia.org/wiki/Kausalit% ... lit.C3.A4t
P.S.:
Und:
Aus einer gewissen Perspektive sind 1. und 2. auch identisch!
Denn entweder hast du einen widersprüchlichen Anfang per Dogma eingeführt, wo du forderst, dass Ursache/Wirkung
immer gelten muss und gleichzeitig dort aber nicht, also
nicht immer oder du hast einen Widerspruch in der Forderung, dass ein in unendlicher Vergangenheit liegender Zeitpunkt exitieren soll (DAS wär dann genauso ein Anfang, daher gewissermaßen identisch), von dem aus man nicht ins jetzt gelangen kann. Von
jedem beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit kommst du nämlich problemlos ins jetzt.
D.h.: Dein IM Unendlichen befindlicher
Zeitpunkt ist ebenso widersprüchlich, weil 'Zeitpunkt' und 'IM Unendlichen liegend' ein Widerspruch ist.
Kurz: Die Annahme eines Anfangs, gleich ob im Endlichen oder im Unendlichen, führt zu Widersprüchen!
D.h. wiederum:
WEIL deine Prämissen sowohl bei 1. als auch bei 2. widersprüchlich sind, ergibt sich erst das o.g. Dilemma.
D.h.: Dein Denkansatz ist falsch/ungeeignet, um das durch ihn erzeugte Problem zu lösen, umgekehrt erzeugt er das Problem erst!