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Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 11:57
von busdriver55de
Immer wieder muss ich hören dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Was ich mich nun Frage ist folgendes. Wenn die Wissenschaftler irgendwelche Galaxien in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung untersuchen, dann ist es doch wohl so, dass jenes was diese Wissenschaftler einfangen ,10 Milliarden Jahre lang unterwegs war. Das heißt, dass es zum jetzigen Zeitpunkt doch gar nicht mehr so sein muss dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Da dies ist mein erster Beitrag ist und ich extra dieser Frage wegen diesem Forum beigetreten bin, wäre es schön, wenn ich eine Antwort darauf bekommen würde.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 13:44
von Frank
busdriver55de hat geschrieben:
18. Apr 2017, 11:57
Immer wieder muss ich hören dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Was ich mich nun Frage ist folgendes. Wenn die Wissenschaftler irgendwelche Galaxien in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung untersuchen, dann ist es doch wohl so, dass jenes was diese Wissenschaftler einfangen ,10 Milliarden Jahre lang unterwegs war. Das heißt, dass es zum jetzigen Zeitpunkt doch gar nicht mehr so sein muss dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Da dies ist mein erster Beitrag ist und ich extra dieser Frage wegen diesem Forum beigetreten bin, wäre es schön, wenn ich eine Antwort darauf bekommen würde.

Hallo und herzlich willkommen.

Zuerst muss man auch daran denken, dass es auch Galaxien gibt, die auf uns zuwandern. (und das auch schon sehr lange). Aus der rot/blau Verschiebung weis man ja die Richtung(weg von uns, oder auf uns zu)
Natürlich kann ein Objekt in einem längeren Zeitraum auch was anderes machen, weil wir tatsächlich das Weltall immer mehr in der Vergangenheit sehen, je weiter wir nach draussen schauen, aber da die Dinge die auf uns zu kommen das gleiche machen, wie jene die sich von uns wegbewegen, kann man man ja dadurch vom gleichen Effekt ausgehen.
Dazu kommt noch , dass Galaxien sich in lokalen Haufen bewegen, dann in Superhaufen und noch größere Ansammlungen. Da sieht man schon eine große Struktur, weil es auch riesige Gravitationsgebilde sind.
Hier findest du auch sehr viel hilfreiches zum Thema.

http://abenteuer-universum.de/galaxien/andro.html#31

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 14:28
von positronium
busdriver55de hat geschrieben:
18. Apr 2017, 11:57
Wenn die Wissenschaftler irgendwelche Galaxien in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung untersuchen, dann ist es doch wohl so, dass jenes was diese Wissenschaftler einfangen ,10 Milliarden Jahre lang unterwegs war.
Das ist zwar zahlenmässig nicht richtig, aber das:
busdriver55de hat geschrieben:
18. Apr 2017, 11:57
Das heißt, dass es zum jetzigen Zeitpunkt doch gar nicht mehr so sein muss dass die Galaxien voneinander wegdriften.
stimmt.
Allerdings musst Du bedenken, dass diese Beobachtung nicht nur für eine bestimmte Entfernung gemacht wird, sondern für die unterschiedlichsten Entfernungen. Wenn man also das gleiche für Galaxien beobachtet, deren Licht vor einer, zwei, drei usw. Milliarden Jahren ausgesandt wurde, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass für alle Galaxien das gleiche Verhalten, eben über die Zeit gesehen eine Zunahme der Entfernung gilt.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 14:32
von seeker
Hallo busdriver55de, willkommen!

Zu deiner Frage:
Ja, es ist tatsächlich so, dass man nicht direkt nachweisen kann, wie sich diese entfernten Galaxien "heute" bewegen, weil wir das (noch) nicht sehen.
(Das "heute" in Anführungszeichen, weil das gar nicht so einfach ist mit dem 'jetzt' bei solchen Entfernungen, aber lassen wir das im Moment mal hinten angestellt.)

Deshalb sind unsere Aussagen zur heutigen Galaxienbewegung indirekterer Natur, Schlussfolgerungen und Berechnungen, aus vielen Indizien generiert.

Wir sehen jedenfalls, dass die Rotverschiebung umso größer ist, je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist (bzw. zum Zeitpunkt der Aussendung des Lichtes war, das ist ein Messwert, der uns Auskunft über die Bewegungsrichtungen und -geschwindigkeiten der Galaxien gibt).
D.h. auch, dass sich z.B. eine Galaxie in ein paar Mrd Lichtjahren Entfernung vor ein paar Mrd Jahren von uns entfernt hat, dass sich aber auch eine Galaxie in z.B. 10 Millionen Lichtjahren Entfernung vor ein paar Millionen Jahren noch von uns entfernte: Man kann da eine Linie von einigen Millionen Jahren bis einige Milliarden Jahren durchziehen: Wenn sich die nahen Galaxien in naher Vergangenheit noch von uns entfernen, warum sollten es die entfernten Galaxien anders machen?
Aus diesem Umstand und unseren Modellen des Universums (darin enthalten ist die Kenntnis der Gravitationsgesetze: die allgemeine Relativitätstheorie) ergibt sich daher die zwanglose, einfachste Schlussfolgerung, dass sich auch heute noch im Großen und Ganzen alle Galaxien von uns entfernen.
(Auf kleinen Skalen kann es Abweichungen davon geben, z.B. nähert sich die Andromedagalaxie uns an.)

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 14:33
von Timm
busdriver55de hat geschrieben:
18. Apr 2017, 11:57

Was ich mich nun Frage ist folgendes. Wenn die Wissenschaftler irgendwelche Galaxien in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung untersuchen, dann ist es doch wohl so, dass jenes was diese Wissenschaftler einfangen ,10 Milliarden Jahre lang unterwegs war. Das heißt, dass es zum jetzigen Zeitpunkt doch gar nicht mehr so sein muss dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Doch es muß. Die Galaxien entfernen sich im freien Fall voneinander oder anders, sie fallen im expandierenden Universum voneinander weg. Da (im Sinne der ART) keine Kräfte auf sie wirken, ändert das-sich-entfernen weder heute, noch in Zukunft.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 14:40
von tomS
busdriver55de hat geschrieben:
18. Apr 2017, 11:57
Immer wieder muss ich hören dass die Galaxien voneinander wegdriften ... dann ist es doch wohl so, dass jenes was diese Wissenschaftler einfangen ,10 Milliarden Jahre lang unterwegs war. Das heißt, dass es zum jetzigen Zeitpunkt doch gar nicht mehr so sein muss dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Ja, das ware eine theoretische Möglichkeit.

Man betrachtet dazu den in einem homogenen und isotropen Universum definierten Skalenfaktor a(t). Dieser wird ausgewertet für a(tjetzt) und a(tdamals), d.h. zum Zeitpunkt "damals" = bei der Emission des Lichtes sowie "jetzt" = zum Zeitpunkt des Empfangs des Signals. In diesem Skalenfaktor steckt die Information bzgl. Expansion oder Kontraktion.

In der Theorie kann je nach kosmologischem Modell - Details bzgl. Materie- und Strahlungsinhalt sowie komsologischer Konstante - das Verhalten von a(t) durchaus unterschiedlich sein. In der Praxis wird man also Beobachtungsdaten - z.B. die Rotverschiebung von Spektrallinien - nutzen, um bestimmte Modelle auszuschließen. Alle heute verfügbaren Beobachtungsdaten deuten daraufhin, dass a(t) momnoton wächst, also eine ewige Expansion vorliegt.

Wichtig ist, dass a(t) implizit auch auf einen bestimmten Ort bezogen ist, nämlich a(tjetzt) auf den Ort des Empfangs sowie a(tdamals) auf den Ort der Emission. D.h. dass z.B. aus der beobachteten Rotverschiebung und dem Verhalten von a(tjetzt) und a(tdamals) kein Rückschluss auf das Verhalten bzgl. Expansion oder Kontraktion an dem Ort möglich ist, den die emitterende Galaxie "heute" aus Sicht des Empfängers einnimmt. Die Analyse umfasst lediglich den Bereich der Raumzeit, den das Licht tatsächlich durchquert hat.

Dabei ist anzumerken, dass der Begriff "heute" für ein entferntes Objekt ohnehin rein theoretische Bedeutung hat, da sich dieser Punkt "heute aber weit weg" in der Raumzeit grundsätzlich der Beobachtung entzieht. Wenn ich etwas über diesen Punkt wissen möchte, dann muss ich eben genügend lange warten, bis mich von diesem Punkt wieder ein Signal erreicht hat.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 14:41
von tomS
Timm hat geschrieben:
18. Apr 2017, 14:33
busdriver55de hat geschrieben:
18. Apr 2017, 11:57

Was ich mich nun Frage ist folgendes. Wenn die Wissenschaftler irgendwelche Galaxien in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung untersuchen, dann ist es doch wohl so, dass jenes was diese Wissenschaftler einfangen ,10 Milliarden Jahre lang unterwegs war. Das heißt, dass es zum jetzigen Zeitpunkt doch gar nicht mehr so sein muss dass die Galaxien voneinander wegdriften.
Doch es muß. Die Galaxien entfernen sich im freien Fall voneinander oder anders, sie fallen im expandierenden Universum voneinander weg. Da (im Sinne der ART) keine Kräfte auf sie wirken, ändert das-sich-entfernen weder heute, noch in Zukunft.
Natürlich könnte sich dieses Verhalten ändern, wenn der Materieinhalt des Universums genügend groß ware. Dass er das nicht ist, haben wir aus unseren Beobachtungen gefolgert, theoretisch ware es jedoch denkbar

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 18. Apr 2017, 17:11
von Timm
tomS hat geschrieben:
18. Apr 2017, 14:41
Natürlich könnte sich dieses Verhalten ändern, wenn der Materieinhalt des Universums genügend groß ware. Dass er das nicht ist, haben wir aus unseren Beobachtungen gefolgert, theoretisch ware es jedoch denkbar
Ganz so sehe ich das nicht.
busdriver55de beschränkt die Frage auf den jetzigen Zeitpunkt. Ich denke, die erwähnten Galaxien würden sich zum jetzigen Zeitpunkt auch dann von uns entfernen, wenn das Universum geschlossen wäre und die Expansion gebremst verliefe, wie man das bis in die 90er Jahre dachte.

Eine ganz andere Frage ist die: Welche jetzt am Ort A gemessene Rotverschiebung könnten Galaxien, deren Licht 10 Mrd Jahre unterwegs war, in einem geschlossenen Universum (das immerhin alt genug wurde um Galaxien hervorzubringen) gerade noch haben, wenn diese sich jetzt auf A zu bewegten?

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 19. Apr 2017, 07:02
von tomS
Timm hat geschrieben:
18. Apr 2017, 17:11
tomS hat geschrieben:
18. Apr 2017, 14:41
Natürlich könnte sich dieses Verhalten ändern, wenn der Materieinhalt des Universums genügend groß ware. Dass er das nicht ist, haben wir aus unseren Beobachtungen gefolgert, theoretisch ware es jedoch denkbar
Ganz so sehe ich das nicht.
busdriver55de beschränkt die Frage auf den jetzigen Zeitpunkt. Ich denke, die erwähnten Galaxien würden sich zum jetzigen Zeitpunkt auch dann von uns entfernen, wenn das Universum geschlossen wäre und die Expansion gebremst verliefe, wie man das bis in die 90er Jahre dachte.

Eine ganz andere Frage ist die: Welche jetzt am Ort A gemessene Rotverschiebung könnten Galaxien, deren Licht 10 Mrd Jahre unterwegs war, in einem geschlossenen Universum (das immerhin alt genug wurde um Galaxien hervorzubringen) gerade noch haben, wenn diese sich jetzt auf A zu bewegten?
Du meinst sicher entweder, die erwähnten Galaxien würden sich zum jetzigen Zeitpunkt bzgl. mitbewegter Beobachter auch dann von uns entfernen, wenn das Universum geschlossen wäre und die Expansion zukünftig in eine Kontraktionsphase münden würde; oder, die erwähnten Galaxien würden ..., wenn das Universum offen (und flach) wäre und die Expansion gebremst verliefe. Ein geschlossenes Universum ohne kosmologische Konstante erfordert zwingend eine Kontraktion.

Für die kosmologische Rotverschiebung z gilt

1 + z = a(tjetzt) / a(tdamals)

und zwar interessanterweise unabhängig vom Verlauf der Funktion a(t) zwischen tdamals und tjetzt.

Ob der Kosmos "jetzt" bzgl. mitbewegter Beobachter expandiert oder nicht, ist jedoch keine Frage von a(t) sondern von da(t)/dt. Der Kosmos könnte jetzt, d.h. für ein kleines Zeitintervall [t1,tjetzt] mit da(t)/dt << 0 beliebig schnell kontrahieren, und wir könnten trotzdem von einer in Summe positiven Rotverschiebung z > 0 reden, wenn nur weiterhin a(tjetzt) > a(tdamals) gilt.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 19. Apr 2017, 11:33
von seeker
Ich glaube, es bestünde auch noch die Möglichkeit eines auf sehr großen Skalen inhomogenen Universums, was dazu führen könnte, dass das Universum heute teilweise expandiert (u.a. da wo wir sind) und teilweise kontrahiert (da, wo wir nicht hinsehen können) - auch wenn uns das nicht besonders wahrscheinlich erscheint.
Was Galaxien in 40 Mrd Lj Entfernung heute tun, sehn wir halt nicht. Deshalb sind Aussagen dazu weniger sicher.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 19. Apr 2017, 11:34
von Timm
tomS hat geschrieben:
19. Apr 2017, 07:02
Du meinst sicher entweder, die erwähnten Galaxien würden sich zum jetzigen Zeitpunkt bzgl. mitbewegter Beobachter auch dann von uns entfernen, wenn das Universum geschlossen wäre und die Expansion zukünftig in eine Kontraktionsphase münden würde;
Ja, das meine ich, mit Bezug auf die 10 Mrd Jahre Zeitdifferenz.
tomS hat geschrieben:
19. Apr 2017, 07:02
oder, die erwähnten Galaxien würden ..., wenn das Universum offen (und flach) wäre und die Expansion gebremst verliefe. ;
Ja, die zu Beginn materiedominierte Ära mit (rho + 3P) > 0.
tomS hat geschrieben:
19. Apr 2017, 07:02
Ob der Kosmos "jetzt" bzgl. mitbewegter Beobachter expandiert oder nicht, ist jedoch keine Frage von a(t) sondern von da(t)/dt. Der Kosmos könnte jetzt, d.h. für ein kleines Zeitintervall [t1,tjetzt] mit da(t)/dt << 0 beliebig schnell kontrahieren, und wir könnten trotzdem von einer in Summe positiven Rotverschiebung z > 0 reden, wenn nur weiterhin a(tjetzt) > a(tdamals) gilt.
Diesen Fall hatte ich mit " Welche jetzt am Ort A gemessene Rotverschiebung könnten Galaxien, deren Licht 10 Mrd Jahre unterwegs war, in einem geschlossenen Universum (das immerhin alt genug wurde um Galaxien hervorzubringen) gerade noch haben, wenn diese sich jetzt auf A zu bewegten?" angedeutet. "Beliebig schnell" weiß ich nicht. Interessant ist beim geschlossenen Universum der Spezialfall a(tjetzt) = a(tdamals). Bevor a sein Maximum erreicht wächst die Wellenlänge und schrumpft dann.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 19. Apr 2017, 11:43
von Timm
seeker hat geschrieben:
19. Apr 2017, 11:33
Was Galaxien in 40 Mrd Lj Entfernung heute tun, sehn wir halt nicht. Deshalb sind Aussagen dazu weniger sicher.
Wie sicher sie sind, hängt auch davon ab, ob man dem FRW-Modell vertrauen kann, in dessen Rahmen wir gerade diskutieren.

Re: Expansion der Galaxien zueinander

Verfasst: 19. Apr 2017, 12:55
von tomS
seeker hat geschrieben:
19. Apr 2017, 11:33
Ich glaube, es bestünde auch noch die Möglichkeit eines auf sehr großen Skalen inhomogenen Universums, was dazu führen könnte, dass das Universum heute teilweise expandiert (u.a. da wo wir sind) und teilweise kontrahiert (da, wo wir nicht hinsehen können) - auch wenn uns das nicht besonders wahrscheinlich erscheint.
Was Galaxien in 40 Mrd Lj Entfernung heute tun, sehn wir halt nicht. Deshalb sind Aussagen dazu weniger sicher.
Das passt nicht mehr zu den einfachen FRW-Modellen, da a(t) ortsabhängig wäre; die ganze Diskussion ist dann ziemluch hinfällig.

Aber ja, es werden sogar kompliziertere Universen untersucht, insbs. sogenannte Swiss-Cheese-Modelle, bei denen z.B. Schwarzschild- oder FRW-Blasen für lokale Materieballungen oder Voids in ein umgebendes FRW-Universum eingebettet werden.