Leute, ihr müsst verstehen, dass ich meine, dass ich den "common sense", also das was gemeinhin gedacht wird und was ihr m. E. vertretet, recht gut zu kennen glaube (und auch schätze).
Was ich versuche, ist nun einen kleinen Schritt weiterzudenken, etwas alternativ zu denken. Mir ist bewusst, dass das z.T. vielleicht radikale Gedanken sind und vielleicht irre ich mich dabei, vielleicht aber auch nicht... das mag jeder selbst entscheiden.
Wenn ich hier schreibe, dann hilft es mir meine Gedanken zu ordnen und durch euch prüfen zu lassen und auch weiterzuentwickeln. Manchmal entwickle ich diese Gedanken direkt beim Schreiben.
@positive:
positive hat geschrieben:Ist auch alles ok was du sagst, aber warum sollte der Begriff "Leere" seine Bedeutung verlieren? Ich kann mir einen komplett leeren und unendlichen "Raum ohne Eigenschaften" schon vorstellen. Das ist nicht schön, aber warum muss die Frage neu gestellt werden? Es gibt leer, nicht ganz leer, ziemlich leer, usw...
Weil "Leere" eigentlich "Die Abwesenheit von ...???" bedeutet - ja von was? Es reicht also nicht einfach zu sagen, etwas sei "leer", sondern man muss angeben von WAS es leer ist - man kann nicht einfach sagen "leer von allem" oder "Raum ohne Eigenschaften" da diese Aussage zu allgemein, zu unspezifisch, zu "informationsleer" ist.
Als Menschen ist unser Ausgangspunkt unsere materielle, makroskopische, konkrete Welt. Daher bedeutet "leer" zunächst die Abwesenheit von konkret seienden materiellen Dingen: Tische, Stühle, Luft, Moleküle, Atome,...
Wenn wir das alles entfernt haben, dann stellen wir fest, dass die Leere gar nicht leer ist, sondern ja noch Strahlung und Felder enthält - obwohl sie nach der ursprünglichen Definition völlig leer ist.
Eigentlich bräuchten wir also hier schon zwei Wörter, zwei Bedeutungen für "Leer": 1x "Leere" im Sinne von "Abwesenheit von Materie" und 1 x "Leere" im Sinne von "Abwesenheit von Materie und Strahlung". Wir sehen: Die die Bedeutung von "leer" hat sich schon verändert.
Wenn wir das alles entfernt haben, dann stellen wir aber fest, dass der Raum immer noch etwas enthält, das aber nicht konkret ist. Es ist weder richtig "da", noch ist es "nicht da": Das potentielle Sein, also das, was mit "virtuellen Teilchen" bzw. "Quantenfluktuationen" gemeint ist.
Wieder haben wir eine neue Bedeutung von "Leere", die mit der ursprünglichen nun nur noch wenig gemein hat.
Würden wir nun auch noch die Potentialität und die geometrischen Eigenschaften des Raums entfernen, dann kommen wir schon dahin, dass wir uns fragen müssen, ob man den Begriff "entfernen" hier überhaupt noch anwenden darf, ob man noch von "entfernen" sprechen kann? (Kann man etwas, das gar nicht konkret seiend ist "entfernen"?)
Und danach? Ich habe keine Ahnung, vielleicht wäre selbst dann noch etwas übrig, das wir uns heute nicht zu träumen wagen.
Jedenfalls entfernt sich der Begriff "Leere" immer mehr vom ursprünglichen Begriff, bis er etwas völlig anderes bedeutet als zu Beginn.
... das meinte ich.
@Barde:
Wir sind fast zusammen. Es geht aus meiner Sicht einzig um den einen Punkt: WIE kann man WAS GENAU ausschließen bzw. nicht ausschließen, bei Unendlichkeiten?
Barde hat geschrieben:Da "unendlich", wie wir uns anderswo schon einig waren, keine (Maß-)Zahl ist, ist es sicherlich keine Größe im Sinne von "das Universum hat ein Volumen von unendlich LJ3". Aber auch das verbietet nicht ein mögliche Eigenschaft "unendlich" des Raumes.
Doch, genau das verbietet es aus meiner Sicht. "Unendlich x Eigenschaft", geht nicht zusammen, wenn es noch genau die Eigenschaft sein soll, die man aus dem Endlichen heraus definiert hat.
Genauer, Beispiel:
Man kann zwar nicht ausschließen, dass das Universum "unendlich" ist, aber man kann ausschließen, dass das Universum "unendlich groß" ist.
Die Eigenschaft "Größe" (jede Eigenschaft) verschwindet im Unendlichen - vielleicht nicht vollständig, aber mindestens zum Teil.
Anders:
Wenn ich sage: "Ich habe 100 Äpfel", dann ist das eine konkrete Aussage (ganz klar bestimmt) mit einem gewissen Informationsgehalt.
Wenn ich aber sage: "Ich habe unendlich viele Äpfel", dann ist das keine konkrete Aussage, weil nicht klar bestimmt ist, wie viele Äpfel ich habe.
Die zweite Aussage enthält also weniger Information als die erste. (Das ist mein zentraler Punkt!)
Ich kann nicht einmal mehr nachweisen, dass das, was ich im Gesamten habe noch "Äpfel" sind und nicht vielmehr "Birnen". (mathematisch: unendl x a = unendl x b, für a und b ungleich 0)
Im Grunde ähnelt es der Aussage: "Ich habe Null Äpfel". Wenn ich Null Äpfel habe, dann verschwindet die Eigenschaft "Apfel": Es ist egal ob es Äpfel oder Birnen sind, die ich
nicht habe.
Was im Unendlichen als Eigenschaft aber noch übrigbleiben könnte ist die Mächtigkeit: Habe ich abzählbar viel oder überabzählbar viel von... was auch immer?
Barde hat geschrieben:Das "gegen unendlich laufen lassen" steht ja eher für die potenzielle Unendlichkeit. Und hier geht es ja konkret um die Möglichkeit aktualer Unendlichkeit.
Sorry das ich hier kurz vom Thema abscheifen muss, aber ich will meine Gedanken niederschreiben:
Ich weiß, was ich früher geschrieben habe und ich habe nochmal über aktual und potentiell Unendlich nachgedacht.
Inzwischen frage ich mich, ob die "kleine Unendlichkeit", die potentielle Unendlichkeit vielleicht nur ein Taschenspielertrick ist?
Was man nämlich tut, um vom aktualen zum potentiellen zu kommen ist doch dies:
Man verschiebt das aktual unendliche vom "Zahlenraum" in einen "Zeitraum" hinein.
Man sagt, die potentielle Unendlichkeit sei zwar zu jedem Zeitpunkt endlich und würde nur für alle Zeit immer größer werden, geht aber unterschwellig davon aus, dass dafür ein
aktual unendlich großer Zeitraum zur Verfügung steht. Würde dieser nicht zur Verfügung stehen, dann hätten wir nämlich überhaupt keine Unendlichkeit mehr vorliegen - weder potentiell noch aktual. Daher beinhaltet aus dieser Sicht auch das potentiell Unendliche etwas aktual Unendliches -und es fragt sich dann, ob eine Unterscheidung überhaupt noch Sinn macht?
... das aber nur am Rande, bevor ich's wieder vergesse.
Ansonsten bin ich aber auch in diesem Textabschnitt bei dir, auch wenn wir noch keine fertige Theorie haben, die uns erklärt, warum im Urknall keine unendliche Dichte geherrscht hat.
Barde hat geschrieben: Aber irgendwie schoss mir beim Lesen dieses Satzes durch den Kopf, dass man Nichts auch gegenteilig als das Maximum an Potenzialität auffassen könnte.
Klasse! Danke!
Diesen Gedanken sollte man weiterverfolgen! Was bedeutet "Maximum an Potenzialität" genau?
Es geht wohl auch mit meinen Gedanken zusammen, dass ein "Nichts" und eine "Fülle" ununterschidbar sind, womöglich sogar identisch. Ja, wir sollten "Nichts" nicht als (materielle, energetische, ...) Leere denken, sondern besser als Abwesenheit von Struktur! Wenn man die Begriffe "Struktur" und "Information" gleichsetzen möchte, dann wäre das Nichts die Abwesenheit von Information, also völlige bewegungslose Gleichmäßigkeit (auf jeder! Skala).
Viele Grüße & gute Nacht wünscht euch euer
seeker
... der jetzt endlich ins Bett geht.