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#7 Quantengravitation

Basisforum, in dem immer wieder spannende Themen wie Urknall, schwarze Löcher, Quantenphysik usw. auf Einsteiger-Niveau als kurze Artikel vorgestellt und diskutiert werden

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#7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 23. Nov 2010, 01:14

Hallo liebe Abenteurer,

Ich traue mich mal, hier eine echt harte Nuss darzustellen, das Thema Quantengravitation.

Natürlich kann ich das Thema nicht abschließend diskutieren, aber hoffentlich doch einige interessante Aspekte vorstellen.

Zuerst die Frage, warum die Gravitation überhaupt quantisiert werden soll, da wir doch wissen, dass Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie bisher mit allen bekannten Beobachtungen exzellent übereinstimmt: warum also eine neue Theorie? Man steht hier (eigentlich zum ersten Mal in der Geschichte der modernen Physik) vor dem Problem, dass man einerseits sicher weiß, dass Einsteins Theorie in bestimmte Bereichen mathematisch inkonsistent wird und insbs. mit der Quantentheorie unverträglich ist, d.h. zusammenbricht und so ihre Vorhersagekraft verliert, dass es dafür andererseits keine experimentellen Hinweise gibt – und aufgrund der relevanten, jedoch experimentell nicht zugänglichen Energiebereiche, wohl niemals geben wird! Man betritt also tatsächlich absolutes Neuland.

Was sind denn nun die konkreten Indizien?
zunächst die Tatsache, dass Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie unvermeidlich Singularitäten vorhersagt (Schwarze Löcher, Urknall) und somit inkonsistent wird bzw. gewissermaßen ihren eigenen Zusammenbruch prophezeit (Singularitäten-Theoreme von Hawking & Pernrose);
sodann die Unvereinbarkeit von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantentheorie, die ich anhand eines einfachen Beispiels erläutern möchte.

Wir wissen, dass eine Masse, die innerhalb eines bestimmten Raumbereich konzentriert ist, unvermeidlich zu einem schwarzen Loch kollabiert. Bei kleiner werdenden Massen muss dabei das Volumen, innerhalb dessen die Masse konzentriert wird, auch entsprechend klein sein. Die Quantentheorie besagt nun, dass es für jede Masse M (der nach der Relativitätstheorie eine bestimmte Energie E = Mc² entspricht) eine typische Größe gibt, innerhalb derer sich die Quantenwellen bewegen. Diese typische Größe kann mittels verschiedener Methoden abgeschätzt werden.
Zum einen bietet sich die Heisenbergsche Unschärfenrelation zur Abschätzung an. Gemäß der Heisenbergschen Unschärfenrelation fällt die Ortsunschärfe mit steigender Energie ab, d.h. die Energie wird stärker lokalisiert. Bei genügend großer Energie wird diese also zunehmend konzentriert, bis letztlich der Kollaps eintreten muss!
Zum zweiten bietet sich eine Abschätzung mittels der sogenannten Comptonwellenlänge an. Gemäß der Quantentheorie lässt sich jedem Objekt eine Materiewelle zuordnen, wobei deren Wellenlänge energieabhängig ist. Man kann in der Praxis bei uns zugänglichen Energien tatsächlich diese Welleneigenschaften experimentell nachweisen. Interessanterweise stellt man nun fest, dass bei Unterschreiten eines bestimmten Volumens d.h. aber bei Überschreitung einer bestimmten Energie, tatsächlich ein Kollaps auftritt bzw. eine Singularität entsteht.

Letztlich ergibt sich daraus, dass bei naiver Kombination von Relativitätstheorie und Quantentheorie bei genügend hohen Energiedichten schwarze Löcher entstehen müssen - was wir jedoch in der Praxis so nicht beobachten.

Nun treten jedoch im Rahmen der Quantenmechanik auch im Vakuum spontan Energie-Fluktuationen auf, die nicht kontrolliert werden können. Stattdessen sind beliebige Fluktuationen auf jeweils genügend kleinen Zeit- bzw. Längenskalen möglich. Je größer die Energiefluktuation, desto kleiner der Raumbereich, innerhalb dessen die Fluktuation stattfindet. Demzufolge ergibt sich automatisch eine größere Energiedichte und somit zwingend das Auftreten einer Singularität. Dies entspricht letztlich der o.g. Argumentation bzgl. der Unschärfenrelation.

Singularitäten / Schwarze Löcher entstehen demzufolge spontan und unvermeidlich aus der Kombination der beiden erfolgreichsten Theorien der Physik – wobei man nun im Zuge einer Theorie der Quantengravitation hofft, einen konsistenten Formalismus zu finden, der diese Singularitäten (astronomische und mikroskopische schwarze Löcher, Urknall etc.) eliminiert. Denn wir sind ja eben gerade nicht von einem Gewimmel mikroskopischer schwarzer Löcher umgeben; stattdessen ist die Raumzeit erstaunlich glatt, Quanteneffekte sind nicht sichtbar.

Interesse? Dann können wir das Thema gerne weiter diskutieren.
Wollt ihr die Berechnung kennenlernen, die die Singularitäten aufgrund von Quanteneffekten vorhersagt? Wäre letztlich mit sehr elementarer Mathematik nachvollziehbar.
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von gravi » 23. Nov 2010, 19:01

Die Berechnung würde mich auch interessieren!

Vor allem, wie man etwas berechnen kann, von dem man nicht weiß, ob es überhaupt existiert... :wink:

Gruß
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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von Timm » 24. Nov 2010, 14:01

tomS hat geschrieben: Denn wir sind ja eben gerade nicht von einem Gewimmel mikroskopischer schwarzer Löcher umgeben; stattdessen ist die Raumzeit erstaunlich glatt, Quanteneffekte sind nicht sichtbar.
Verdampfen mikroskopisch kleine SLer nicht so spontan, daß sie garnicht erst entstehen können?

Mach bitte weiter, das Thema interessiert mich sehr.

Gruß, Timm

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 24. Nov 2010, 14:35

Timm hat geschrieben:Verdampfen mikroskopisch kleine SLer nicht so spontan, daß sie garnicht erst entstehen können?
Wenn man die Theorie der Hawkingstrahlung anwendet, dann ja; aber die Formel ist nicht anwendbar! Grund: die Hawkingstrahlung wird aus einer Quantenfeldtheorie auf einer klassischen (= nicht quantisierten!) Raumzeit für geringe Krümmung abgeleitet; damit gilt das Ergebnis wohl (näherungsweise) für große, jedoch sicher nicht für mikroskopische schwarze Löcher. Für schwarze Löcher gibt es zwei Ansätze, diese im Rahmen einer Quantengravitationstheorie zu verstehen; zum einen auf Basis der Loop Quantum Gravity, die m.W.n zwar gewisse Aussagen über die Entropie, nicht jedoch über die Hawkingstrahlung machen kann; zum anderen im Rahmen der Stringtheorie - Stichwort fuzzball proposal - was ich mir ggw. anschaue.
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von gravi » 24. Nov 2010, 18:48

tomS hat geschrieben:Wenn man die Theorie der Hawkingstrahlung anwendet, dann ja; aber die Formel ist nicht anwendbar! Grund: die Hawkingstrahlung wird aus einer Quantenfeldtheorie auf einer klassischen (= nicht quantisierten!) Raumzeit für geringe Krümmung abgeleitet; damit gilt das Ergebnis wohl (näherungsweise) für große, jedoch sicher nicht für mikroskopische schwarze Löcher.
Bedeutet dies dann, dass sich die mikroskopisch kleinen Biester, die man im LHC erzeugen will, doch ganz anders verhalten?
Jetzt bin ich doch etwas irritiert - bitte um Aufklärung.

Gruß
gravi
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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 24. Nov 2010, 22:37

Ja, das habe ich auch an den entsprechenden Stellen immer wieder gesagt: sowohl die Theorie der Entstehung als die der Zerstrahlung geht üblicherweise über das semiklassiche Regime hinaus, für das Hawkings Ergebnisse Gültigkeit haben sollten.

Zu tensors Tip: ja, genau das ist die Herangehensweise; wäre doch nett, wenn sich jemand anders hier an der Argumentation sowie der Rechnung versuchen würde.
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von Timm » 25. Nov 2010, 16:40

Zur Liste "sich ins Gehege kommen" noch ein etwas exotischerer und ebenfalls experimentell nicht verifizierbarer Fall:

Die Rotationsschwingungszustände mehratomiger Moleküle sind durch die Quantenphysik festgelegt. Bei Übergängen ändern sich Atom-Abstände und -Winkel und damit auch Massenquadrupolmomente. Die Abstrahlung von Gravitationswellen ist aber von der Quantenphysik nicht vorgesehen. Diese Unverträglichkeit findet nicht auf der Planckskala, sonder in molekularen Größenordnungen statt,

Gruß, Timm

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 26. Nov 2010, 19:54

Timm hat geschrieben:Die Abstrahlung von Gravitationswellen ist aber von der Quantenphysik nicht vorgesehen.
Das ist für sich alleine noch keine Unverträglichkeit, sondern "nur" eine Unvollständigkeit. Man könnte ja auch versuchen, die Modelle zu vervollständigen.
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von Timm » 29. Nov 2010, 17:27

tomS hat geschrieben:
Timm hat geschrieben:Die Abstrahlung von Gravitationswellen ist aber von der Quantenphysik nicht vorgesehen.
Das ist für sich alleine noch keine Unverträglichkeit, sondern "nur" eine Unvollständigkeit. Man könnte ja auch versuchen, die Modelle zu vervollständigen
Sehe ich auch so. Hintergrund: Die Idee hat mich ein paar Jahre beschäftigt, bis ich mich aufraffte, Martin Bojowald, dessen Buch ich gerade gelesen hatte, um einen Kommentar zu bitten. Ich hielt es für denkbar, daß die Abstrahlung von Gravitationswellen durch mehratomige Moleküle eine Art theoretischer Prüfstein für jede Theorie der Quantengravitation sein könnte.
Vielleicht interessiert hier seine Antwort:
Martin Bojowald, 3/2010:
In der Quantentheorie werden viele kontinuierliche klassische Uebergaenge
> durch abrupte Quantenspruenge ersetzt, die mit einer gewissen
> Wahrscheinlichkeit auftreten. Selbst wenn die Groesse des Energiesprunges
> vorgegeben ist, wie im Fall von Atomen oder Molekuelen, kann die Rate des
> Energieverlustes immer noch sehr gering sein, wenn nur die Uebergaenge mit
> sehr geringer Wahrscheinlichkeit auftreten. Die
> Uebergangswahrscheinlichkeit wird durch die Kopplungsstaerken von Photonen
> oder Gravitonen an die umkreisenden Teilchen bestimmt, und ist fuer
> Gravitonen weit geringer als fuer Photonen. Uebergaenge unter Abstrahlung
> von Gravitationswellen finden also ausgesprochen selten statt. Ein
> einzelner Uebergang erscheint ganz anders als der klassische Prozess.
> Gemittelt ueber lange Zeiten, und somit viele Quantenspruenge, erhaelt man
> aber genau die geringe klassiche Abstrahlrate von Gravitationswellen durch
> eine umkreisende Masse.
>
> Sollte man diese Uebergaenge beobachten koennen, waere dies ein
> interessantes Experiment zur Quantengravitation. Leider erwartet man aber
> selbst bei langen Beobachtungszeiten nur wenige Gravitonen-Uebergaenge,
> die von einer Fuelle von Photonen-Uebergaengen ueberflutet werden. Da man
> die Zahl der Photonen-Uebergaenge nicht ganz genau kontrollieren kann (sie
> haengen z.B. von Temperaturfluktuationen ab) kann man
> Gravitonen-Uebergaenge nicht verlaesslich nachweisen.
Grüße, Timm

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 30. Nov 2010, 12:28

Hier nochmal einige grundsätzliche Gedanken zur Problematik der Quantengravitation:

Bei der Entwicklung aller bisherigen Theorien gab es immer ein mehr oder weniger intensives Wechselwpiel zwischen Experiment und Theorie. Teilw. standen tatsächlich rein theoretisch / mathematische Überlegungen im Vordergrund (nicht-Unitärität / nicht-Renormierbarkeit der Fermi-Theorie der schw. WW.), allerdings haben auch dann die EXperimentalphysiker nachgezogen (Nachweis der W- und Z-Bosonen am CERN - Nobelpreis). Teilweise haben die Experimentalphysiker auch einen deutlichen zeitlichen Vorsprung (Entdeckung der Radioaktiviät, Quantenphysik, Supraleitung), sodass die Theoretiker nachziehen müssen.

Im Falle der Quantengravitation ist es nun zum ersten mal in der Geschichte der Physik so, dass zwei in ihrem jeweiligen Gültigkeitsbereich gut gesicherte Theorien existieren (die klassische Allgemeine Relativitätstheorie, relativistische Quantenfeldtheorie) aus denen sich keinerlei experimentelle Unzulänglchkeiten, Erweiterungsbedarfe o.ä. ergeben. Allerdings sind beide Theorien dahingehend unvollständig, dass sie jeweils theoretische Grenzen haben bzw. ihr eigenes Versagen vorhersagen. Im Falle der ART sind diues die o.g. Singularitäten, im Falle der Quantenfeldtheorie sind dies UV-Katastrophen, d.h. insbs.im Falle der el.-schw. WW das Versagen der störungstheoretischen Definition.

Last but not least sind beide Theorien unvereinbar wie sich zum einen aus der o.g. Betrachtung der Singularitäten ergibt, sowie zum anderen aus der naiven Betrachtung der Einsteinschen Feldgleichungen (die einen geometrischen sowie einen quantenfeldtheoretischen Anteil haben, wobei erster eine differenzierbare Mannkigfaltigkeit, letzterer einen Hilbertraum voraussetzt, woraus sich eine formale Unvollständoigkeit ergibt).
  • Beide Theorien sind innerhalb ihres jeweiligen Gültigkeitsbereiches vollständig und "richtig"
  • Beide Theorien sind jedoch für sich selbst betrachtet theoretisch unvollständig
  • Beide Theorien sind unvereinbar
Damit leitet sich aus rein theoretischen Überlegungen zwingend die Notwendigkeit einer Quantengravitationstheorie ab, ohne dass diese durch experimentelle Befunde
gefordert, gestützt bzw. überprüft (verifiziert / falsifiziert)) oder abgesichert werden könnte. Die Theoretiker tappen dabei gewissermaßen im Nebel und können sich ausschießlich durch formale Aspekte leiten lassen. Dies stellt m.E. einen echten Paradigmenwechsel in der Physik dar.

[aus der kosmischen Hintergrundstrahlung könnten sich indirekte Indizien für oder gegen eine bestimmte Quantengravitationstheorie ergeben]
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von Timm » 30. Nov 2010, 17:03

Hi Tom,

Du hast nun das Dilemma, in dem die beiden beherrschenden Theorien des 20.sten Jahrhunderts sich befinden, sehr schön geschildert.
Nun gibt es ja unter dem Arbeitstitel "Quantengravitation" mehrere Lösungsansätze.
Was hältst Du von dem Vorschlag, diese als Einstieg mal in knapper Form gegenüberzustellen?

Gruß, Timm

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 30. Nov 2010, 17:23

Welche Theorien möchtest du denn kennenlernen?

Schleifenquantengravitation (LQG)
Stringtheorie (Supergravitation)
Kausale dynamische Gravitation /CDT) / Regge Calculus
Asymptotic Safety (AS)
Causal sets
Horava Gravity
Twistor Modelle
Nichtkommutative Geometrie (NCG)

http://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_gravity
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von Timm » 30. Nov 2010, 17:55

Oje, Tom, willst Du mich erschlagen. Mir sind lediglich die ersten beiden ein gewisser Begriff. Von Penrose's Twistor Modellen habe ich mal gehört, kann mir aber nichts darunter vorstellen, ein kleiner input dazu würde mich freuen. Ansonsten möchte ich alles Dir überlassen. Vielleicht sollte man "ferner liefen" nicht berücksichtigen. Noch eine Bitte, bediene Dich einer auch für interessierte Laien verständlichen Sprache, allerdings kann ich da nun für mich sprechen.

viele Grüße, Timm

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 30. Nov 2010, 22:44

Schau doch bitte den von mir wiederbelebten Thread an ...
Gruß
Tom

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Re: #7 Quantengravitation

Beitrag von tomS » 2. Dez 2010, 19:01

So, jetzt geht's hier weiter (die Fragestellungen sind doch etwas technisch)

viewtopic.php?f=52&t=1317
Gruß
Tom

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