Ich werde jetzt etwas ausholen und versuche meine Gedanken zu ordnen...
Grundsätzlich vertrete ich in dieser Diskussion verschiedene Positionen, in allen Schattierung aber von etwas, das ich noch einen "wissenschaftlichen Realismus" nennen würde. Diese meine Positionen sind aber auch nicht als fix zu verstehen, sondern als Prozess, d.h. ich bin noch dabei sie zu präzisieren.
Als nächstes ist zum Verständnis meiner Gedankenwelt festzuhalten, dass ich nicht nur irgendwelche Positionen einnehme, sondern diese auch danach ordne, wie sicher bzw. absicherbar sie mir scheinen.
Dabei gehe ich grundsätzlich von dem Prinzip aus: "Je näher mir etwas ist, mit desto größerer Sicherheit kann ich etwas darüber aussagen, das ich für wahr halten kann."
D.h. z.B. dass ich die Existenz meines eigenen Bewusstseins mit der größtmöglichen Sicherheit für wahr halte. D.h., dass die Aussage "Ich bin da!" sehr, sehr sicher ist. Umgekehrt bewerte ich Aussagen zu Dingen ferner von mir als weniger sicher wahr. Beispiel: Dass andere Menschen und die Erde existieren ist auch sehr sicher, aber weniger sicher, als dass ich selbst bin. Dass Dinge existieren, die mir (uns) nur indirekt zugänglich sind (z.B. Elektronen) kann ich auch für wahr halten, aber eben dann mit noch geringerer Sicherheit und dass Parallel-Universen existieren ist schon sehr viel unsicherer, usw.
D.h. auch: Grundsätzlich neige ich dazu der Empirie/Beobachtung gegenüber der Theorie den Vorzug zu geben. Aussagen, die sich auf beobachtbare Objekte/Entitäten beziehen sind für mich sicherer als Aussagen, die sich nur auf theoretische oder abstrakte Objekte/Entitäten beziehen.
(Hier nehme ich schon stark an, dass sich unsere Gedankenwelten naturgemäß unterscheiden.)
Zurück zum Realitätsbegriff:
In Wikipedia findet man dazu folgendene schönen Sätze:
Für die Naturwissenschaften ist Realität das, was der wissenschaftlichen Betrachtung und Erforschung zugänglich ist. Dinge, die nicht messbar sind, sollen keine Basis für wissenschaftliche Theoriebildung sein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Realit%C3%A4t#Begriff
Diese Position nehme/nahm ich in dieser Diskussion immer ein ("Was messbar ist, ist real!"), jedoch in verschiedenen Schattierungen.
Die Schattierung ergeben sich für mich aus dem 2. Satz, bei dem entschieden werden muss: Was ist unter "nicht messbar" genau zu verstehen?
Prinzipiell nicht messbar? Praktisch, für uns nicht messbar? Heute nicht messbar? Nicht direkt messbar? Oder nur indirekt nicht messbar?
Man kann hier verschiedene Positionen einnehmen, was die Realität ausmacht, unterscheiden möchte ich im Moment nur diese beiden:
1. Alles was sich aus der Theorie ergibt
und was prinzipiell auch durch irgendeinen denkbaren Beobachter messbar ist, ist real!
Bei dieser Position sind auch z.B. folgende Dinge real zu nennen: andere Universen, das, was hinter dem Beobachtungshorizont unseres Universums liegt, Quanten-Parallelwelten, das Innere SL, etc. Man kann auch unter 1. noch weitere Schattierungen einführen, sodass z.B. das Innere von SL als real bewertet werden kann, nicht aber andere Universen. Das müssen wir aber hier gar nicht so weit aufdröseln, denke ich.
Aus meiner Sicht nimmst du diese Position in deinen Erklärungen ein. Wenn ich diese Position auch einnehme, sind diese alle für mich schlüssig.
D.h.: Unter Position 1 ist soweit das Wichtigste klar, denke ich und wir sind uns einig.
2. Alles was sich aus der Theorie ergibt
und was prinzipiell auch durch irgendeinen denkbaren Beobachter messbar ist, der uns auf der Erde davon berichten kann, ist real!
Was sich aus dieser Position ergibt ist auch Gegenstand der gerade laufenden Diskussion. Bemerken möchte ich, dass ich Aussagen, die unter 2. getroffen werden, als sicherer bewerte, als Aussagen, die unter 1. getroffen werden.
Position 2. ist dadurch motiviert, dass Theorien nur in den Bereichen im höchstmöglichen Maß vertrauenswürdig sind, wo sie auch tatsächlich schon empirisch abgesichert wurden und wo diese empirischen Daten auch von der Wissenschaftsgemeinde verarbeitet werden können und so zum wiss. Fortschritt beitragen - und die sitzt nunmal auf der Erde. D.h. umgekehrt: Verallgemeinerungen und Extrapolationen in Bereiche jenseits des empirisch abgesicherten Bereichs hinein bergen immer eine gewisse zusätzliche Unsicherheit.
Deshalb macht es Sinn zusätzlich auch diese Position einzunehmen.
(Man könnte 2. nun noch weiter einschränken und so auf eine noch sicherere Position 3., 4. usw. kommen, das will ich aber hier gar nicht.)
Aus dieser Position heraus sind jedenfalls Gedankenexperimente und Argumentationen mit Beobachtern auf oder hinter dem EH nicht sinnvoll, weil solche Beobachter ihre Beobachtungen nicht mit uns auf der Erde teilen können und somit unter 2. auch nicht 'real' sein können.
Ganz allgemein ist hier auch das Innere von SL nicht 'real', im Sinne von "Teil unserer Welt".
Wir müssen uns hier stattdessen darauf beschränken die Dinge zu betrachten, die von außen bis zu einem minimalen Abstand zum EH beobachtbar sind und von denen uns in endlichen Zeitspannen auf der Erde berichtet werden kann (d.h. Unendlichkeiten sind ebenfalls zu vermeiden bzw. dürfen nicht Grundlage von den so generierten Aussagen sein, wie z.B. Beobachtungen in unendlicher Zukunft und in unendlichem Abstand).
Das heißt auch, dass hier das, was von einem SL entfernte Beobachter B von einem einfallenden Objekt/Beobachter A sehen, dann als 'realer' (oder alleinig 'real') aufgefasst wird, als das, was A von sich selbst sieht, wenn der nicht zur Erde zurückkehren kann (bzw. keine Kommunikation dorthin möglich ist).
Wichtig ist noch:
Egal ob man Position 1. oder 2. einnimmt, es dürfen sich daraus keine Widersprüche ergeben! D.h., es dürfen zwar unter 1. Aussagen getroffen werden, die in der Welt von 2. nicht vorkommen, aber dort wo sich die beiden Welten überschneiden, müssen sie übereinstimmen.
Um die Begrifflichkeiten zu unterscheiden schlage ich vor in der weiteren Diskussion die Worte "Realität(1.)" und "Realität(2.)" zu verwenden oder entsprechend andere Worte vorzuschlagen, auf die wir uns dann einigen.
Die von mir angesprochene Problematik besteht nun darin auch unter 2. konsistent zu erklären, was passiert, wenn ein Objekt freifallend in ein SL einfällt und ein entfernter stationärer Beobachter diesen Vorgang beobachtet. Da wir hier auf die üblichen Erklärungen (die du schon geliefert hast) teilweise verzichten müssen, müssen wir anders vorgehen. Jedoch ist es möglich, davon bin ich überzeugt. Und dafür möchte ich u.a. auch das angesprochene Dokument mit euch durchgehen.
Kommen wir noch kurz zum Beobachter mit seiner Eigenzeit:
Mir ist dort noch folgendes Problem aufgefallen:
Wir gehen in unseren Gedankenexperimenten von punktförmigen Beobachtern aus, die eine Eigenzeit messen, also sozusagen eine Uhr in der Hand halten bzw. selbst eine Uhr darstellen. Damit fangen wir uns aber die Frage ein, wieso dann überhaupt noch eine Eigenzeit für den Beobachter vergehen soll? Die Entropie eines Punktes wird ja jedenfalls nicht zunehmen können.
D.h.: Eigentlich dürfen wir das gar nicht, eigentlich müssen wir zumindest minimal ausgedehnte Objekte betrachten, die einen inneren Wandel erfahren können, deren Entropie zunehmen kann.
Wenn wir das tun, dann ist aber i.A. nicht mehr so ohne weiteres klar, ob das was A von sich selbst feststellt/misst höher zu bewerten ist, als das, was B von A misst (oder auch das, was A von seiner Umgebung misst), denn wir können uns ja z.B. vorstellen, dass sich B gerade auf der Oberfläche von A befinden könnte.
Das ist aber wahrscheinlich nur eine Nebenbemerkung, vermutlich ist das im Moment für die Diskussion nicht wichtig.