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Sind SL`s eine rund Kugel

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von seeker » 6. Apr 2016, 13:21

Jetzt müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht verzetteln... :)

Also:
positronium hat geschrieben:Es gibt verschiedenes, was ich als real bezeichnen möchte. Aus unserer direkten Beobachtung wissen wir, dass es Objekte und Orte gibt, und dass die Objekte ihren Ort verändern können. Diese drei Fakten sind, auch wenn man sie auf verschiedene Weise formulieren und abstrahieren kann und evtl. muss, unumstösslich. Das war auch mein Punkt weiter oben im Thread. Ich leite also daraus ab, dass diese in der Natur irgendwie repräsentiert sein müssen. Mögen die Objekte Strings, Zustandsvektoren, Variablen oder was auch immer sein, sie müssen existieren, und auch deren Veränderung muss als Geschwindigkeits- oder Impulsvektor repräsentiert/real sein.
Vorsicht!
Ort, Geschwindigkeit, Zeit, usw. sind (begriffliche) Konzepte!
Alles was wir vernünftigerweise glauben bzw. hoffen dürfen ist, dass diese Konzepte die wahre Natur ein Stück weit treffen, dass es 'dort draußen' also etwas gibt, das unseren Konzepten mehr oder weniger entspricht.
Ob es aber wirklich in einem objektiven Sinne so etwas wie "Raum", "Zeit", etc. gibt, ist notorisch unbekannt.

Heute morgen ist mir eine Frage in den Sinn gekommen, die mir wichtig erscheint:

Existiert eine ideologiefreie Wissenschaft?
Schwächer gefragt: Ist Wissenschaft völlig ideologiefrei, kann sie überhaupt völlig ideologiefrei sein?
Meine Antwort: Nein!
Z.B. ist Ockham, Reduktionismus, etc. eine Ideologie, so wie viele unserer Grundannahmen und Prinzipien in der Wissenschaft. Das ist schön und gut, man kann auch begründen, warum diese Prinzipien und keine anderen, warum sie sinnvoll sind, usw.

Nur: Man begründet damit nicht, dass hier keine Ideologie vorliegt, sondern nur warum diese und nicht eine andere!!

Es läuft immer wieder darauf hinaus, dass die Wissenschaft in die Richtung geht, die uns (als Subjekte!) sinnvoll und nützlich und bewährt erscheint, nie darauf, was wirklich, objektiv, ohne uns Sache ist.

Ableitung:

Wenn dem so ist, dann ist eine völlig objektive Wissenschaft gar nicht möglich!

Bums! Ich denke, das muss man erst einmal setzen lassen…
positronium hat geschrieben:Wenn es keine vollständig objektive Realität gäbe, wäre eine endgültige Beschreibung der Natur unmöglich. Glaubst Du, das könnte der Fall sein?
Ich bin mir recht sicher, dass das letztlich der Fall ist. Zweifellos gibt es für mich dabei aber eine Realität, die so ist, wie sie eben ist.
Ich glaube nur nicht, dass diese zu 100% objektiv erfassbar/beschreibbar ist, schon gar nicht in einer endgültigen Form, aus einer 'alleinseligmachenden' Perspektive heraus. Und gerade im Subjekt ist sie z.B. eben nicht objektiv sondern subjektiv. Daher müsste eine wirklich vollständige Beschreibung das Subjekt notwendig miteinbeziehen, was nicht möglich ist, wenn die Beschreibung völlig objektiv sein soll.
Eine Grenze, die wahrscheinlich prinzipiell nicht aufgelöst werden kann...
positronium hat geschrieben:Glaubst Du, es wäre möglich, dass es einen echten Zufall, wie Du ihn in Zusammenhang mit den Ableitungen in die Diskussion gebracht hast, gibt? Ein Zufall völlig aus dem Nichts, der sich sogar wie im Rahmen der QM nach gewissen Regeln verhält?
Ja, ich glaube, dass das möglich ist. Ich glaube aber auch, dass die beiden Möglichkeiten in unserer Beschreibung/Betrachtung der Welt (1. es gibt keinen Zufall, alles ist gesetzmäßig | 2. Es gibt Zufall, aus dem sich erst Gesetzmäßigkeiten ergeben/entwickeln) letztlich auf genau dasselbe hinauslaufen werden, wenn man sie nur weit genug verfolgen kann. "Zufall" bedarf jedenfalls weniger Grundannahmen als "Gesetzmäßigkeit", "reiner Zufall" bedürfte genaugenommen überhaupt keiner Grundannahme.

positronium hat geschrieben:Das haut mich um! :o
Das einzige, was ich mir in diese Richtung noch vorstellen kann, ist eine unvollständige Entstehung des Universums, die dann noch vervollständigt werden muss, aber auch diese Vervollständigung würde m.E. aus unumstösslichen Regeln folgen, und damit vorherbestimmt sein.
Bitte erkläre mir, wie Du zu Deiner Überzeugung kommst. Kannst Du vielleicht sogar ein konkretes Beispiel nennen?
Der Reduktionismus auch als Konzept und Arbeitsmodell ist ja schön und gut und auch sehr nützlich, aber ich erkenne auch seine Grenzen.
Weißt du, die allerwichtigste Grundanname des Reduktionismus ist ja die: Zuallererst muss man annehmen, dass überhaupt Teile eines Ganzen wirklich existieren! Denn wenn sie nicht existierten, würde die ganze Zerlegerei ja gar keinen Sinn machen...

Und wir haben hier ja zusätzlich zu den schon genanten Konzepten der Abwärtsverursachung auch noch die Quantenmechnik mit ihren nicht-reduzierbaren verschränkten Zuständen und den damit zusammenhängenden Holismus. Zuende gedacht kommt dabei heraus, dass das Universum nur als Ganzes existiert: Eine einzige, unteilbare Wellenfunktion, ein einziger reiner Zustand, wobei erst der Gesamtzustand dieser Funktion bestimmt, wie die Teile, die uns dann erscheinen, überhaupt genau aussehen! Und diese "Teile" sind dann demzufolge natürlich nur Pseudo-Teile, keine wirklichen Teile!
Ebenso sind ihre "Zustände" dann nur Pseudozustände, weil es nur einen einzigen, nicht-reduzierbaren Gesamtzustand des Universums gibt!



Und noch ein Beispiel aus ganz anderer Richtung, was man sich so unter "Abwärtsverursachung" jenseits der QM vorstellen kann:

Gegeben sei ein Computerprogramm, das komplexe Berechnungen ausführt und bei einem bestimmten Ergebnis ein Signal ausgibt, mithilfe dessen ein Lichtschalter betätigt wird und dann ein Licht angeht.

Gut! Nehmen wir an, wir beobachten das und sehen, dass das Licht angeht.
Was ist die Ursache davon?
Um das herauszufinden kann ich mir nun jedes einzelne Atom der Maschine anschauen. Finde ich so die Ursache? Liegt die Ursache auf der Ebene der Atome?

Und ich kann dasselbe Programm ja auch auf einem anderen Computer laufen lassen, diesmal mit AMD-CPU statt Intel-CPU oder gar auf einem Rechner, der Germanium-Transistoren statt Silizium-Transistoren hat.
Dasselbe: Das Licht geht an. Warum?

1. Ableitung: Die Ursache liegt nicht allein in der Hardware (und ihren Atomen) sondern auch in der Software!

Ok, schauen wir uns die Software an:
Wenn wir diese zerlegen, Programmzeile für Programmzeile, finden wir dann irgendwann die eine Zeile, die Ursache dafür ist, dass das Licht angegangen ist? Sicher auch nicht, denn es ist ein komplexes Programm mit vielen tausend verschachtelten und rückgekoppelten Programmzeilen, das erst als Ganzes funktioniert. Entferne oder verändere ich irgendeine Programmzeile, so läuft es nicht mehr und das Licht geht nicht an.
Daher:

2. Ableitung: Die Ursache für das Licht-angehen liegt nicht allein in den Teilen des Programms, sondern zusätzlich auch noch im Gesamtsystem "Programm"!

D.h. die einzig sinnvolle Antwort auf unsere Frage lautet: Die Ursache dafür, dass das Licht angegangen ist, liegt im nicht weiter reduzierbaren Gesamtsystem "Gesamtprogramm+Hardware+Lichtschalter+Licht" (plus eigentlich sogar noch + Umwelt incl. Mensch, der den Computer gebaut, mit dem Licht verbunden und dann das Programm programmiert und dann gestartet hat.)

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von positronium » 6. Apr 2016, 18:40

seeker hat geschrieben:...Ob es aber wirklich in einem objektiven Sinne so etwas wie "Raum", "Zeit", etc. gibt, ist notorisch unbekannt.
Ja, deshalb hatte ich "irgendwie repräsentiert sein" geschrieben.
seeker hat geschrieben:Existiert eine ideologiefreie Wissenschaft?
...
Meine Antwort: Nein!
...
Nur: Man begründet damit nicht, dass hier keine Ideologie vorliegt, sondern nur warum diese und nicht eine andere!!

Es läuft immer wieder darauf hinaus, dass die Wissenschaft in die Richtung geht, die uns (als Subjekte!) sinnvoll und nützlich und bewährt erscheint, nie darauf, was wirklich, objektiv, ohne uns Sache ist.
Das alles sehe ich auch so.
seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Wenn es keine vollständig objektive Realität gäbe, wäre eine endgültige Beschreibung der Natur unmöglich. Glaubst Du, das könnte der Fall sein?
Ich bin mir recht sicher, dass das letztlich der Fall ist. Zweifellos gibt es für mich dabei aber eine Realität, die so ist, wie sie eben ist.
Ich glaube nur nicht, dass diese zu 100% objektiv erfassbar/beschreibbar ist, schon gar nicht in einer endgültigen Form, aus einer 'alleinseligmachenden' Perspektive heraus. Und gerade im Subjekt ist sie z.B. eben nicht objektiv sondern subjektiv. Daher müsste eine wirklich vollständige Beschreibung das Subjekt notwendig miteinbeziehen, was nicht möglich ist, wenn die Beschreibung völlig objektiv sein soll.
Eine Grenze, die wahrscheinlich prinzipiell nicht aufgelöst werden kann...
Mit dieser Aussage machst Du das Subjekt zu etwas ausserhalb der Physik stehendem. Wenn das Subjekt tatsächlich dort anzusiedeln wäre, hättest Du Recht, aber ich glaube nicht, dass das der Fall ist. Ich kann nur Argumente dagegen erkennen - alle dafür sprechenden beruhen auf Spekulation, Unwissen und Religion.
seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Glaubst Du, es wäre möglich, dass es einen echten Zufall, wie Du ihn in Zusammenhang mit den Ableitungen in die Diskussion gebracht hast, gibt? Ein Zufall völlig aus dem Nichts, der sich sogar wie im Rahmen der QM nach gewissen Regeln verhält?
Ja, ich glaube, dass das möglich ist. Ich glaube aber auch, dass die beiden Möglichkeiten in unserer Beschreibung/Betrachtung der Welt (1. es gibt keinen Zufall, alles ist gesetzmäßig | 2. Es gibt Zufall, aus dem sich erst Gesetzmäßigkeiten ergeben/entwickeln) letztlich auf genau dasselbe hinauslaufen werden, wenn man sie nur weit genug verfolgen kann. "Zufall" bedarf jedenfalls weniger Grundannahmen als "Gesetzmäßigkeit", "reiner Zufall" bedürfte genaugenommen überhaupt keiner Grundannahme.
Das ist sehr problematisch.
Echter Zufall bedeutet Regellosigkeit. Und das wiederum bedeutet, dass irgend etwas zufällig auftreten könnte. Dann ist alles denkbar und möglich, nicht nur Zufall=ZahlElementR, sondern auch Zufall=nichtEinElektronSondernHaltMalZweiKommaAcht oder Zufall=MausStattPhoton.
seeker hat geschrieben:Weißt du, die allerwichtigste Grundanname des Reduktionismus ist ja die: Zuallererst muss man annehmen, dass überhaupt Teile eines Ganzen wirklich existieren! Denn wenn sie nicht existierten, würde die ganze Zerlegerei ja gar keinen Sinn machen...
Ja. Man darf aber nicht davon ausgehen, dass es keine unterste, nicht mehr zerlegbare Ebene gibt. Sonst landet man in einer endlosen Rekursion. Reduktion muss m.M.n. immer eine unterste Ebene haben.
seeker hat geschrieben:D.h. die einzig sinnvolle Antwort auf unsere Frage lautet: Die Ursache dafür, dass das Licht angegangen ist, liegt im nicht weiter reduzierbaren Gesamtsystem "Gesamtprogramm+Hardware+Lichtschalter+Licht" (plus eigentlich sogar noch + Umwelt incl. Mensch, der den Computer gebaut, mit dem Licht verbunden und dann das Programm programmiert und dann gestartet hat.)
Das ist leider falsch. Auch ein Computerprogramm oder, so meine Meinung, der man widersprechen könnte, der Mensch und alles weitere von Dir aufgezählte sind nichts anderes als speziell präparierte physikalische Systeme. Das lässt sich vollständig auf das Standardmodell reduzieren. Man bleibt nur dann in einer oberen Ebene hängen, wenn man einen nicht-physikalischen Zustand in seinem Formelwerk stehen haben möchte, aber damit verweigert man sich ja der Reduktion, anstatt festzustellen, sie sei nicht möglich.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von seeker » 6. Apr 2016, 23:33

positronium hat geschrieben:Mit dieser Aussage machst Du das Subjekt zu etwas ausserhalb der Physik stehendem.
Kommt darauf an, was du genau damit meinst.
Wenn du damit meinst: "der Naturwissenschaft 'Physik' zumindest nicht vollständig zugänglich", dann ja!
Wenn du meinst: "außerhalb der Natur stehend", dann ganz klar nein. Natürlich ist das Subjekt Teil der Natur!

Und das hat nichts mit Spekulation, Religion und dergleichen zu tun.
Das Gegenteil ist der Fall. Die gegenteilige Annahme ist nämlich ideologisch gefärbte Spekulation bzw. fromme Hoffnung a la "jaa, im Moment können wir das nicht, zumindest nicht vollständig, aber irgendwann wird es schon gehen". Eben nicht, denn dem stehen prinzipielle Gründe entgegen.
positronium hat geschrieben:Das ist sehr problematisch.
Echter Zufall bedeutet Regellosigkeit. Und das wiederum bedeutet, dass irgend etwas zufällig auftreten könnte. Dann ist alles denkbar und möglich, nicht nur Zufall=ZahlElementR, sondern auch Zufall=nichtEinElektronSondernHaltMalZweiKommaAcht oder Zufall=MausStattPhoton.
Dazu führt das aus meiner Sicht nicht, nicht in der Form, nicht bei uns, zumindest praktisch nie. Und das Gegenteil ist m. E. noch problematischer, denn es erfordert die ad hoc Einführung zumindest von Grundregeln/Grundstrukturen, deren Herkunft also nicht erklärt werden kann. Ich müsste jetzt weiter ausholen, um zu erklären, wie ich mir das genau mit dem Zufall und den Regeln vorstelle. Können wir gerne tun, aber ich glaube, es würde diesen Thread hier sprengen und sollte daher besser in einem anderen Thread besprochen werden.

Zu dem Ganzen und den Teilen, die im Reduktionismus als für sich existierend angenommen werden müssen:
positronium hat geschrieben:Ja. Man darf aber nicht davon ausgehen, dass es keine unterste, nicht mehr zerlegbare Ebene gibt. Sonst landet man in einer endlosen Rekursion. Reduktion muss m.M.n. immer eine unterste Ebene haben.
In unserer Anschauung ja. In unserer Anschauung bzw. unseren Theorien sind wir auf diesem Weg tatsächlich stets auf die oben genannte ad hoc Einführung von Grundregeln/Grundobjekten/Grundstrukturen angewiesen. Und das finde ich unbefriedigend, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es auch "die Natur so macht".
positronium hat geschrieben:Das ist leider falsch. Auch ein Computerprogramm oder, so meine Meinung, der man widersprechen könnte, der Mensch und alles weitere von Dir aufgezählte sind nichts anderes als speziell präparierte physikalische Systeme. Das lässt sich vollständig auf das Standardmodell reduzieren. Man bleibt nur dann in einer oberen Ebene hängen, wenn man einen nicht-physikalischen Zustand in seinem Formelwerk stehen haben möchte, aber damit verweigert man sich ja der Reduktion, anstatt festzustellen, sie sei nicht möglich.
Moment. Es geht mir nicht darum festzustellen, dass eine Reduktion nicht möglich wäre. Das ist nicht die Frage, Reduktionen kann man praktisch immer durchführen.
Die Frage ist: Ist das, was die Reduktion liefert, vollständig? Erhält man über den reduktiven Weg, über die Analyse der Teile eines Systems stets ein vollständiges Bild, eine vollständige Erklärung des betrachteten Systems oder fehlt zumindest manchmal Wesentliches?
Meiner Meinung nach ist offensichtlich oft das Letztere der Fall.

Und wie gesagt, wir haben es mit der QM mit dem Problem des Holismus zu tun. Das darf man nicht ignorieren.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von Skeltek » 7. Apr 2016, 10:29

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von positronium » 7. Apr 2016, 12:05

seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Mit dieser Aussage machst Du das Subjekt zu etwas ausserhalb der Physik stehendem.
Kommt darauf an, was du genau damit meinst.
Wenn du damit meinst: "der Naturwissenschaft 'Physik' zumindest nicht vollständig zugänglich", dann ja!
Wenn du meinst: "außerhalb der Natur stehend", dann ganz klar nein. Natürlich ist das Subjekt Teil der Natur!
Ich meinte ersteres. Allerdings denke ich auch in Richtung Deines zweites Punktes - hierfür muss man aber genau aufpassen, was Natur ist bzw. wie man sie definieren möchte. Für mich ist Natur erfahrbar und muss beschreibbar sein, und damit liegt sie bzw. kann sie vollständig unter der Überschrift "Physik" behandelt werden. Und so lande ich wieder bei der vollständig objektiven Realität.

Trotzdem kann ich Deinen Gedanken folgen, und will sie angesichts meiner Unwissenheit nicht vom Tisch wischen. Dennoch halte ich diese für rein philosophisch, und nicht der Natur entsprechend.
seeker hat geschrieben:Und das hat nichts mit Spekulation, Religion und dergleichen zu tun.
Das Gegenteil ist der Fall. Die gegenteilige Annahme ist nämlich ideologisch gefärbte Spekulation bzw. fromme Hoffnung a la "jaa, im Moment können wir das nicht, zumindest nicht vollständig, aber irgendwann wird es schon gehen".
Gut, kann man so sehen. Es gibt aber meines Wissens nach keinen Grund, anzunehmen Du hättest Recht, andererseits aber die vieltausendfache Bestätigung, das unbeschreibbar geglaubtes doch eines Tages beschrieben werden konnte. Deshalb denkst Du meiner Meinung nach ohne Not in diese Richtung.
seeker hat geschrieben:Eben nicht, denn dem stehen prinzipielle Gründe entgegen.
Welche?
seeker hat geschrieben:Moment. Es geht mir nicht darum festzustellen, dass eine Reduktion nicht möglich wäre. Das ist nicht die Frage, Reduktionen kann man praktisch immer durchführen.
Die Frage ist: Ist das, was die Reduktion liefert, vollständig? Erhält man über den reduktiven Weg, über die Analyse der Teile eines Systems stets ein vollständiges Bild, eine vollständige Erklärung des betrachteten Systems oder fehlt zumindest manchmal Wesentliches?
Meiner Meinung nach ist offensichtlich oft das Letztere der Fall.
Man erhält etwas vollständiges, aber nicht unbedingt direkt sichtbar/zugänglich. Das ist aber nur unser Problem als Mensch, weil wir als Input nicht Abermilliarden Quantenzustände brauchen, sondern unsere Schnittstelle es erfordert, hier Text zu lesen.
seeker hat geschrieben:Und wie gesagt, wir haben es mit der QM mit dem Problem des Holismus zu tun. Das darf man nicht ignorieren.
Hier kann ich kein Problem erkennen. Es ist immer alles voneinander abhängig. Da scheint es mir gleichgültig zu sein, ob diese Abhängigkeit in Software oder über EM-Kräfte beschrieben wird.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von seeker » 8. Apr 2016, 01:30

positronium hat geschrieben:Allerdings denke ich auch in Richtung Deines zweites Punktes - hierfür muss man aber genau aufpassen, was Natur ist bzw. wie man sie definieren möchte. Für mich ist Natur erfahrbar und muss beschreibbar sein, und damit liegt sie bzw. kann sie vollständig unter der Überschrift "Physik" behandelt werden. Und so lande ich wieder bei der vollständig objektiven Realität.
Du kannst natürlich einen strengen Physikalismus vertreten, da bist du bei weitem nicht alleine und das ist auch völlig legitim.

Allerdings solltest du hier aufpassen...
positronium hat geschrieben:Dennoch halte ich diese für rein philosophisch, und nicht der Natur entsprechend.
...nicht dass das in Richtung "das wird mir dann zu philosophisch und das interessiert mich dann weniger, muss ich mich nicht groß mit beschäftigen..." geht. Denn du vertrittst hier selbst einen philosophischen Standpunkt (Physikalismus), mit dem man sich auseinandersetzen muss. Ohne geht es eben nicht, wenn man nicht in einen reinen Glauben, eine reine Ideologie abdriften möchte.

Und das Grundproblem ist hier halt immer, dass deine objektive Weltsicht subjektiv in dir erscheint und von Subjekten ersonnen wurde, womit das Objektive doch wieder subjektiv wird. Und diesem Zirkel kann man leider nicht entkommen. Das ist eine unserer Erkenntnisgrenzen als Menschen: man kann das Subjekt bzw. das Subjektive nicht ganz loswerden.
positronium hat geschrieben:Es gibt aber meines Wissens nach keinen Grund, anzunehmen Du hättest Recht, andererseits aber die vieltausendfache Bestätigung, das unbeschreibbar geglaubtes doch eines Tages beschrieben werden konnte. Deshalb denkst Du meiner Meinung nach ohne Not in diese Richtung.
Erstens: Vorsicht vor der Induktionsfalle!
Das Induktionsproblem, auch: Humesches Problem oder Hume-Problem, ist ein Grundproblem der Erkenntnistheorie. Es bezieht sich auf die Frage, ob und wann ein Schluss durch Induktion von Einzelfällen auf ein allgemeingültiges Gesetz zulässig ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Induktionsproblem
Zweitens: s.u.
seeker hat geschrieben:Eben nicht, denn dem stehen prinzipielle Gründe entgegen.
positronium hat geschrieben:Welche?
Verschiedene...
Zunächst einmal stehen stets verschiedene Perspektiven und Methoden zur Verfügung, wenn man etwas betrachten möchte.
Warum soll die physikalische Methode überall die einzig Richtige und Relevante sein? Da der dazu notwendige Beweis nicht erbracht werden kann, beruht dieser Glaube rein auf einem bestimmten, erlernten Weltbild plus Erfahrungswerten und Prägungen, also letztlich auf pers. Vertrauen und Einstellung, nicht mehr, nicht weniger.
Ich selbst bin viel zu sehr Zweifler, um irgendeiner Methode/Perspektive allein mein 100%iges Vertrauen zu schenken.

Dann kommt hinzu, dass jede Methode/Perspektive/Disziplin eigene Begriffe hat. Nun ist es aber nicht sinnvoll auf alle Systeme rein nur physikalische Begriffe anwenden zu wollen. Es ist auch nicht sinnvoll die Begriffe anderer Perspektiven rein auf physikalische Begriffe zurückführen zu wollen. Beispiele wären: Ökonomie, Finanzwissenschaft, Biologie, Chemie, Philosophie, Soziologie, Politik, Ethik, Kunst, Ästhetik, Verhaltensforschung, Mathematik, etc. Es macht ganz einfach keinen Sinn z.B. Ökonomie rein in physikalischen Begriffen zu formulieren und von Schönheit und Liebe bleibt nicht viel übrig, wenn man nur die reduktiv gewinnbaren Strukturen betrachtet.

Dann haben wir ein prinzipielles Problem bei komplexen Systemen: Man kann zwar auch bei komplexen Systemen irgendwelche Grunbausteine und Kausalfäden in dem Gewirr identifizieren und reduktiv untersuchen, aber das reicht eben nicht, ist unvollständig, wenn das Gesamt-System Verhaltensweisen und Eigenschaften zeigt, die aus diesen Bausteinen/Fäden nicht deduziert werden können, die unerwartet sind, unvorhersehbar.
Genau das ist empirisch gesehen auch einer unserer Befunde, ein Erfahrungswert, ich könnte also auch hier genauso den induktiven Schluss ziehen, dass es deshalb wahrscheinlich grundsätzlich nicht möglich ist. Ich kenne kein einziges Beispiel, wo ein komplexes System vollständig reduktiv erklärbar/durchschaubar gemacht worden wäre.

Aber es gibt dafür auch direktere Argumente: Wie soll man denn z.B. aus der Betrachtung und Untersuchung der Eigenschaften von Elementarteilchen darauf schließen können, welche Eigenschaften ein daraus aufgebautes System wie ein Mensch oder eine Gesellschaft aus Menschen haben wird? Diese Systemeigenschaften existieren auf atomarer Ebene schlichtweg nicht. Es ist dabei nicht so, dass sie auf der Mikroebene nur sehr schwach existieren würden, nein, sie sind dort überhaupt nicht vorhanden.
Genau diese Deduktion aus der Mikroebene auf die Makroebene wäre aber zwingend notwendig für eine vollständige Beschreibung eines Systems, über den reduktiven Weg.

Es hilft hier m. E. auch nicht, wenn man dann behauptet, dass nur die Mikroeigenschaften 'wirklich' existieren würden, die Makroeigenschaften aber eigentlich nicht 'wirklich' wären.
Mit Verlaub, das halte ich dann für völligen Blödsinn und es führt in letzter Konsequenz sogar zur Selbstnegation und damit in einen logischen Zirkel: "Da ich selbst und mein lebendiges Dasein als denkender und beobachtender Mensch nur eine Makroeigenschaft ist, also eine unwirkliche Illusion ist, gibt es mich in Wahrheit gar nicht! Da es mich nicht wirklich gibt, kann ich aber auch nicht wirklich Wissenschaft betreiben oder irgendeine Erkenntnis gewinnen, auch nicht die des Physikalismus. Da somit der Physikalismus als mein geistiges Konstrukt auch nicht wirklich existiert, kann mein Ich als Makroeigenschaft doch wirklich sein, womit der Physikalismus doch wirklich sein kann, womit ich nicht existiere und er auch nicht, usw."

Dann haben wir die QM, bei der wir auch an prinzipielle Grenzen stoßen, wenn wir verschränkte Teilchen betrachten, denn das System verschränktes Teilchenpaar <A+B> trägt definitiv mehr Eigenschaften als die Summe aus den einzelnen Teilchen <A> + <B>. Ich halte es für vernünftig davon auszugehen, dass der Großteil des Universums miteinander verschränkt ist. Deshalb muss eine Betrachtung des Universums über die Aufsummierung von untersuchten Einzelteilen stets eine unvollständige Betrachtung bleiben.

In einem Satz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile!

Das ist das, was mir im Moment einfällt. Es gibt weitere Beispiele.
seeker hat geschrieben:Und wie gesagt, wir haben es mit der QM mit dem Problem des Holismus zu tun. Das darf man nicht ignorieren.
positronium hat geschrieben:Hier kann ich kein Problem erkennen. Es ist immer alles voneinander abhängig. Da scheint es mir gleichgültig zu sein, ob diese Abhängigkeit in Software oder über EM-Kräfte beschrieben wird.
Das Problem ergibt sich deshalb, weil die Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen eliminiert werden müssen, um reduktiv an eine Sache herangehen zu können.
Nicht reduktive Methoden untersuchen stattdessen das Ganze und seine Eigenschaften. Auch das hat natürlich Grenzen.

Schwieriges Thema...

Gruß
seeker
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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von positronium » 8. Apr 2016, 13:57

seeker hat geschrieben:...nicht dass das in Richtung "das wird mir dann zu philosophisch und das interessiert mich dann weniger, muss ich mich nicht groß mit beschäftigen..." geht.
Negativ meinte ich das nicht. Ich schätze das aber als reines Gedankenspiel ein.
Und ja, Du hast damit Recht, dass auch ich einen philosophischen Standpunkt vertrete, indem ich davon ausgehe, dass alles beschreibbar sein muss.
seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Es gibt aber meines Wissens nach keinen Grund, anzunehmen Du hättest Recht, andererseits aber die vieltausendfache Bestätigung, das unbeschreibbar geglaubtes doch eines Tages beschrieben werden konnte. Deshalb denkst Du meiner Meinung nach ohne Not in diese Richtung.
Erstens: Vorsicht vor der Induktionsfalle!
Es ist nicht sicher, dass prinzipiell alles beschreibbar ist, nur wahrscheinlich, ja.
seeker hat geschrieben:Zweitens: s.u.
seeker hat geschrieben:Eben nicht, denn dem stehen prinzipielle Gründe entgegen.
positronium hat geschrieben:Welche?
Verschiedene...
Zunächst einmal stehen stets verschiedene Perspektiven und Methoden zur Verfügung, wenn man etwas betrachten möchte.
Warum soll die physikalische Methode überall die einzig Richtige und Relevante sein?
Es gibt verschiedene Methoden der Betrachtung. Davon ist allerdings die physikalische diejenige, welche klare Aussagen trifft; sie ist als einzige durchgängig logisch, weil auf Mathematik beruhend.
seeker hat geschrieben:Da der dazu notwendige Beweis nicht erbracht werden kann, beruht dieser Glaube rein auf einem bestimmten, erlernten Weltbild plus Erfahrungswerten und Prägungen, also letztlich auf pers. Vertrauen und Einstellung, nicht mehr, nicht weniger.
Damit hast Du selbstverständlich Recht.
seeker hat geschrieben:Ich selbst bin viel zu sehr Zweifler, um irgendeiner Methode/Perspektive allein mein 100%iges Vertrauen zu schenken.
Natürlich kann und soll man, und ist es gut, offen bleiben!
seeker hat geschrieben:Dann kommt hinzu, dass jede Methode/Perspektive/Disziplin eigene Begriffe hat. Nun ist es aber nicht sinnvoll auf alle Systeme rein nur physikalische Begriffe anwenden zu wollen. Es ist auch nicht sinnvoll die Begriffe anderer Perspektiven rein auf physikalische Begriffe zurückführen zu wollen. Beispiele wären: Ökonomie, Finanzwissenschaft, Biologie, Chemie, Philosophie, Soziologie, Politik, Ethik, Kunst, Ästhetik, Verhaltensforschung, Mathematik, etc. Es macht ganz einfach keinen Sinn z.B. Ökonomie rein in physikalischen Begriffen zu formulieren und von Schönheit und Liebe bleibt nicht viel übrig, wenn man nur die reduktiv gewinnbaren Strukturen betrachtet.
Es ist möglich, die meisten der Begriffe dieser Bereiche auf physikalische zurück zu führen - bei manchen, z.B. aus der Mathematik, ist das natürlich sinnlos. Eine Rückführung auf physikalische Begriffe ist nur möglich, wenn die verwendeten auf natürlichem bzw. real existierendem beruhen. Ob eine Reduktion eines Begriffes auf physikalische sinnvoll ist, halte ich hier für irrelevant. - Wir diskutieren ja nicht darüber, wie man einen Bereich am optimalsten behandelt, sondern über die Natur der Natur.

Eine Reduktion kann zugegebenermassen zu extrem unschönen, nicht auswertbaren Ergebnissen führen, auch sind physikalische Begriffe in etlichen der o.g. Bereiche völlig unbrauchbar. Aber man muss festhalten, dass diese Begriffe nur zur Kommunikation auf höherer Ebene dienen. Vieles davon ist einfach nur Konvention, auch Abstraktion, Kategorisierung etc..
seeker hat geschrieben:Dann haben wir ein prinzipielles Problem bei komplexen Systemen: Man kann zwar auch bei komplexen Systemen irgendwelche Grunbausteine und Kausalfäden in dem Gewirr identifizieren und reduktiv untersuchen, aber das reicht eben nicht, ist unvollständig, wenn das Gesamt-System Verhaltensweisen und Eigenschaften zeigt, die aus diesen Bausteinen/Fäden nicht deduziert werden können, die unerwartet sind, unvorhersehbar.
Hier ist die Unterscheidung wichtig, zwischen prinzipieller und praktischer Herleitbarkeit. Praktische Grenzen sind uns immer wieder auf die eine oder andere Weise gesetzt; da sind wir uns sicher einig. In solchen Situationen muss man auf abstrahierende Begriffe zurück greifen. Auch sind abstrahierende Begriffe sehr oft nützlich. Es tritt natürlich auch oft unerwartetes und unvorhersehbares auf. All' das bedeutet aber nicht, dass die Herleitung prinzipiell unmöglich ist.
seeker hat geschrieben:Ich kenne kein einziges Beispiel, wo ein komplexes System vollständig reduktiv erklärbar/durchschaubar gemacht worden wäre.
Das ist doch nur unsere Unzulänglichkeit, weil wir nicht so weit und universell denken können.
seeker hat geschrieben:Aber es gibt dafür auch direktere Argumente: Wie soll man denn z.B. aus der Betrachtung und Untersuchung der Eigenschaften von Elementarteilchen darauf schließen können, welche Eigenschaften ein daraus aufgebautes System wie ein Mensch oder eine Gesellschaft aus Menschen haben wird?
Das sind praktische Beschränkungen. Was spräche dagegen, alle Eigenschaften eines Menschen, incl. seines Wissens, seines Charakters, seiner Emotionen zu ermitteln, wenn wir ihn vollständig untersuchen könnten, und die nötige Rechenleistung hätten? Ich denke: nichts! Leider gibt es solche Rechner nicht, und wird es möglicherweise nie geben.
Aus meinem jetzt aktuellen Zustand lässt sich ableiten, was ich als nächstes schreiben werde. Es ist auch theoretisch ableitbar, wie ich reagieren würde, wenn jetzt mein Computer abstürzen, und dieser Beitrag verloren wäre, usw. usf..
seeker hat geschrieben:Diese Systemeigenschaften existieren auf atomarer Ebene schlichtweg nicht. Es ist dabei nicht so, dass sie auf der Mikroebene nur sehr schwach existieren würden, nein, sie sind dort überhaupt nicht vorhanden.
Genau diese Deduktion aus der Mikroebene auf die Makroebene wäre aber zwingend notwendig für eine vollständige Beschreibung eines Systems, über den reduktiven Weg.
Sie sind nicht im z.B. einzelnen Atom oder Molekül vorhanden, soweit gebe ich Dir Recht. Sie sind aber im System vorhanden. Das System trägt alle seine Eigenschaften in seiner physikalischen Beschreibung.
seeker hat geschrieben:Es hilft hier m. E. auch nicht, wenn man dann behauptet, dass nur die Mikroeigenschaften 'wirklich' existieren würden, die Makroeigenschaften aber eigentlich nicht 'wirklich' wären.
Mit Verlaub, das halte ich dann für völligen Blödsinn und es führt in letzter Konsequenz sogar zur Selbstnegation und damit in einen logischen Zirkel: "Da ich selbst und mein lebendiges Dasein als denkender und beobachtender Mensch nur eine Makroeigenschaft ist, also eine unwirkliche Illusion ist, gibt es mich in Wahrheit gar nicht! Da es mich nicht wirklich gibt, kann ich aber auch nicht wirklich Wissenschaft betreiben oder irgendeine Erkenntnis gewinnen, auch nicht die des Physikalismus. ...
Das verstehe ich alles ganz, ganz anders. Wir sind als Summe unserer Bestandteile definiert. Wir sind das Byte, das sich aus Bits zusammen setzt. Selbstverständlich existieren wir, weil wir uns diese Bits einverleibt haben, sie zu einer Einheit zusammen gefasst haben, sie zusammen halten, sie gezielt, geordnet und aufeinander abgestimmt aufrecht erhalten und verändern. Wir sind der makroskopische Zustand Byte. Wir sind als Byte=8Bit real. Das sind nur verschiedene Begriffe; wir stellen uns nicht als 8Bit vor, sondern als das selbstorganisierte, sich selbst aufrecht erhaltende Byte.
seeker hat geschrieben:Dann haben wir die QM, bei der wir auch an prinzipielle Grenzen stoßen, wenn wir verschränkte Teilchen betrachten, denn das System verschränktes Teilchenpaar <A+B> trägt definitiv mehr Eigenschaften als die Summe aus den einzelnen Teilchen <A> + <B>.
Ein verschränktes Teilchenpaar kann nicht mehr Eigenschaften besitzen als seine Bestandteile. Diese besitzen nämlich schon die Eigenschaft verschränkbar zu sein.
Es besteht nur sehrwohl die Möglichkeit, aus den vorhandenen Eigenschaften von Einzelteilchen in zusammengesetzten Systemen immer mehr Eigenschaften zu extrahieren und zu definieren. Dabei handelt es sich allerdings nicht um fundamentale Eigenschaften, sondern um "künstliche", denen man einen neuen Namen gibt.
seeker hat geschrieben:
seeker hat geschrieben:Und wie gesagt, wir haben es mit der QM mit dem Problem des Holismus zu tun. Das darf man nicht ignorieren.
positronium hat geschrieben:Hier kann ich kein Problem erkennen. Es ist immer alles voneinander abhängig. Da scheint es mir gleichgültig zu sein, ob diese Abhängigkeit in Software oder über EM-Kräfte beschrieben wird.
Das Problem ergibt sich deshalb, weil die Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen eliminiert werden müssen, um reduktiv an eine Sache herangehen zu können.
Dann würde man nur ein idealisiertes Teil des Systems untersuchen, und damit tatsächlich Eigenschaften das Gesamtsystems verlieren. Das verstehe ich aber nicht unter Reduktion; für mich geht es dabei darum, die "künstlichen" Eigenschaften eines System zu erkennen, und durch fundamentalere Eigenschaften, die der Bestandteile des Systems, zu ersetzen.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von seeker » 8. Apr 2016, 23:53

positronium hat geschrieben:Es ist möglich, die meisten der Begriffe dieser Bereiche auf physikalische zurück zu führen
Vollständig? Wie kommst du zu diesem Glauben?
positronium hat geschrieben:Ob eine Reduktion eines Begriffes auf physikalische sinnvoll ist, halte ich hier für irrelevant. - Wir diskutieren ja nicht darüber, wie man einen Bereich am optimalsten behandelt, sondern über die Natur der Natur.
Nein, so wie ich das sehe reden wir hier über beides (und somit ist das sehr wohl relevant):

1. Was können wir wissen, beschreiben, sagen, erklären?
2. Was ist tatsächlich der Fall?

Was die Sache so schwierig macht, ist die Tatsache, dass wir über 2. nicht reden können, ohne zu reden, womit stets 1. mit hineinspielt.
Und wenn wir über 1. reden, dann stellt sich automatisch die Frage nach den angemessenen Begriffen und Methoden zur Beschreibung von 'irgendetwas':
positronium hat geschrieben:Es gibt verschiedene Methoden der Betrachtung. Davon ist allerdings die physikalische diejenige, welche klare Aussagen trifft; sie ist als einzige durchgängig logisch, weil auf Mathematik beruhend.
Hiermit hast du natürlich Recht. Deshalb ist das auch so ein vorzügliches und mächtiges Werkzeug.
Das heißt aber noch lange nicht, dass es das einzig sinnvolle und überall angemessene und sinnvolle Werkzeug wäre...
Wie sagte Mark Twain einmal so schön?
Wenn Dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, wirst Du jedes Problem als Nagel betrachten.
Man sollte das m. E. sehr ernst nehmen. Tut man es nicht, schränkt man sich unnötig ein und geht leicht in die Irre, indem man Idealbildern, Phantomen nachjagt. Daher finde ich es tollkühn optimistisch zu glauben, es gäbe irgendein dem Menschen zugängliches Werkzeug, das keine Grenzen hätte.

Und ein Hauptproblem bei mathematisch-physikalischen Beschreibungen ist ja nunmal, dass Gleichungen 'an sich' nichtssagend sind, im Sinne von: Die reinen Gleichungen auf dem Blatt Papier allein bringen uns einen Erkenntnisgewinn über die Natur, der Null ist. Sie wollen vom Menschen erst verstanden werden. Dazu ist es notwendig, dass sie in 'richtiger' Weise interpretiert und in einen Kontext und Bezug zur Natur gesetzt werden. Und diese Interpretation findet außerhalb der Mathematik bzw. mathematischen Physik statt, außerhalb der Gleichungen und ist normalerweise auch nicht eindeutig. D.h. ein-und-dieselbe Gleichung kann im Grunde immer in mehr als nur einer Weise interpretiert werden. Das wird gerne übersehen.
positronium hat geschrieben:Eine Reduktion kann zugegebenermassen zu extrem unschönen, nicht auswertbaren Ergebnissen führen, auch sind physikalische Begriffe in etlichen der o.g. Bereiche völlig unbrauchbar. Aber man muss festhalten, dass diese Begriffe nur zur Kommunikation auf höherer Ebene dienen. Vieles davon ist einfach nur Konvention, auch Abstraktion, Kategorisierung etc..
"Nur"? Das ist doch immer so, Physik und Mathematik sind da keine Ausnahme.

Zu den komplexen Systemen:
positronium hat geschrieben:Hier ist die Unterscheidung wichtig, zwischen prinzipieller und praktischer Herleitbarkeit.
Richtig.
positronium hat geschrieben:Es tritt natürlich auch oft unerwartetes und unvorhersehbares auf. All' das bedeutet aber nicht, dass die Herleitung prinzipiell unmöglich ist.
Ich denke doch. Eben dann, wenn bestimmte Phänomene/Eigenschaften, die auf der Makroebene identifiziert werden können auf der Mikroebene in keinster Weise sichtbar sind und die Makroeigenschaften daher auch nicht deduziert werden können. Insbesondere können oft verschiedene Systeme, die verschiedene Mikrozustände haben dieselben Makrozustände besitzen, woraus m. E. logisch zwingend folgt, dass disese Makrozustände unabhängig von den (austauschbaren) isolierten Mikrozuständen sind. Sie sind erst dadurch bestimmt, wie die Mikrozustände miteinander interagieren bzw. welche MIttelwerte sie bilden und welche übergeordnete Struktur sie bilden. Das ist ein Unterschied, denn die eigentliche Information/Makroeigenschaft liegt in dem Fall nicht in den Teilen (diese sind nur der Träger), sondern sozusagen zwischen den Teilen.
(Salopp: Du kannst ein Haus genauso aus Steinen wie aus Holz bauen. Die Eigenschaft eines Objekts 'Haus' zu sein ist nicht von einem ganz bestimmten Material abhängig, durch dieses determiniert.)
Und wenn diese Interaktionen rückgekoppelt sind, dann existiert meist keine analytische Lösung. Das kannst du schon an so einfachen Beispielen wie der logistischen Gleichung/Feigenbaumdiagramm sehen: Wenn du bei exakt bekannten Startwerten wissen willst, welcher Wert sich nach 10088976 Iterationen ergibt, so musst du schon die ganzen Iterationen durchlaufen lassen. D.h. es gibt hier keine Reduktion des Problems im Sinne einer analytischen 'Abkürzung'. D.h.: Die Methode 'Reduktion' versagt schon hier - und zwar nachweislich.
Was meinst du, wie es dann bei wirklich komplexen Systemen ausschaut? Nein, das ist ein prinzipielles Problem.
positronium hat geschrieben:Was spräche dagegen, alle Eigenschaften eines Menschen, incl. seines Wissens, seines Charakters, seiner Emotionen zu ermitteln, wenn wir ihn vollständig untersuchen könnten, und die nötige Rechenleistung hätten? Ich denke: nichts! Leider gibt es solche Rechner nicht, und wird es möglicherweise nie geben.
Aus meinem jetzt aktuellen Zustand lässt sich ableiten, was ich als nächstes schreiben werde. Es ist auch theoretisch ableitbar, wie ich reagieren würde, wenn jetzt mein Computer abstürzen, und dieser Beitrag verloren wäre, usw. usf..
Das weißt du doch, dass das definitiv nicht möglich ist.
Erstens kann man den exakten Zustand eines Makrosystems (z.B. Mensch) prinzipiell nicht beliebig exakt bestimmen, wegen der Unschärferealtion, schon gar nicht, ohne das System dabei zu verändern und zweitens wüsste man selbst bei vollständiger Kenntnis aller Mikrozustände nicht, wie die Makrozustände exakt ausschauen (s.o.) und drittens spielt der Zufall -VWI hin oder her- hier eine entscheidende Rolle:
Es muss nur 1s nach der Messung irgendein Elektron irgendwo im Körper hierhin statt dorthin (oder etwas später) seinen Quantensprung machen und das System kann sich wegen dem Schmetterlingseffekt in rel. kurzer Zeit völlig anders entwickeln.
Alles andere ist mechanistisches Denken aus dem 19. Jahrhundert. Das ist heute so nicht mehr haltbar, wirklich nicht!
positronium hat geschrieben:Ein verschränktes Teilchenpaar kann nicht mehr Eigenschaften besitzen als seine Bestandteile. Diese besitzen nämlich schon die Eigenschaft verschränkbar zu sein.
Es besteht nur sehrwohl die Möglichkeit, aus den vorhandenen Eigenschaften von Einzelteilchen in zusammengesetzten Systemen immer mehr Eigenschaften zu extrahieren und zu definieren. Dabei handelt es sich allerdings nicht um fundamentale Eigenschaften, sondern um "künstliche", denen man einen neuen Namen gibt.
Ein verschränktes Teilchenpaar ist definitiv etwas anderes als die Summe aus zwei isolierten Teilchen. Im Grunde ist ein verschränktes Paar gar kein Paar, sondern ein einziges Objekt.

Jetzt hast du die Wahl:
Entweder folgst du der KI und sagst, dass Verschränkungen per Reduktion im Kollaps wieder aufgehoben werden können, dann hast du echte Einzelteilchen, aber auch einen echten Zufall oder du folgst der VWI und bestreitest, dass es einen Kollaps, also eine echte Auftrennung von Verschränkungen gibt. Dann wirst du den Zufall in einem gewissen Sinne los, landest aber dafür in einem Holismus, in einem Universum, wo es gar keine echten Teilchen gibt, sondern nur ein einziges großes Ganzes, eine einzige, nicht teilbare Wellenfunktion, die das gesamte Universum ausmacht.

Was darf es sein, Teufel oder Beelzebub?

Gruß
seeker
Grüße
seeker


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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von positronium » 9. Apr 2016, 13:22

seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Es ist möglich, die meisten der Begriffe dieser Bereiche auf physikalische zurück zu führen
Vollständig? Wie kommst du zu diesem Glauben?
Ja, vollständig, aber wie geschrieben: "die meisten...". Nicht zurückführbar sind die nicht materiell unterlegbaren - die der Mathematik (Philosophie kann problematisch in der Einordnung sein). Es würde jetzt zu weit führen, all' diese Bereiche zu untersuchen.
Ich komme zu diesem Glauben, weil mir kein einziger emergierender ("starke Emergenz", wie ich von Dir gelernt habe) Begriff einfällt, der ohne Grundlage besteht.
Die von Dir genannten Bereiche gehen überwiegend direkt auf die Natur/Physik zurück, oder auf Lebewesen/den Menschen. Ich bin davon überzeugt, dass auch der Mensch vollständig auf die Physik reduziert werden kann. - Ja, darüber kann man streiten.
seeker hat geschrieben:Daher finde ich es tollkühn optimistisch zu glauben, es gäbe irgendein dem Menschen zugängliches Werkzeug, das keine Grenzen hätte.
Ja, das ist richtig.
seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Eine Reduktion kann zugegebenermassen zu extrem unschönen, nicht auswertbaren Ergebnissen führen, auch sind physikalische Begriffe in etlichen der o.g. Bereiche völlig unbrauchbar. Aber man muss festhalten, dass diese Begriffe nur zur Kommunikation auf höherer Ebene dienen. Vieles davon ist einfach nur Konvention, auch Abstraktion, Kategorisierung etc..
"Nur"? Das ist doch immer so, Physik und Mathematik sind da keine Ausnahme.
Natürlich gilt das auch für die Physik, aber mit ihr sind wir schon weiter auf dem Weg zum fundamentalen.
Reduktion offenbart die Essenz. Sie lässt uns vielleicht noch unbekanntes entdecken, und lehrt uns, was nur Erscheinungen sind.
seeker hat geschrieben:Zu den komplexen Systemen:
positronium hat geschrieben:Es tritt natürlich auch oft unerwartetes und unvorhersehbares auf. All' das bedeutet aber nicht, dass die Herleitung prinzipiell unmöglich ist.
Ich denke doch. Eben dann, wenn bestimmte Phänomene/Eigenschaften, die auf der Makroebene identifiziert werden können auf der Mikroebene in keinster Weise sichtbar sind und die Makroeigenschaften daher auch nicht deduziert werden können.
Ich fürchte, hier kommen wir nicht zusammen.
Du schreibst von isolierten "Mikrozuständen". Es gibt nichts isoliertes; eine Isolation würde Eigenschaften der "Mikrozustände" unterschlagen. Damit würde man nicht mehr z.B. über Elementarteilchen reden, sondern man würde sie zu Objekten verstümmeln, über die man nur philosophieren kann. Reduktion bedeutet nicht existente Eigenschaften abzuschlagen, sondern fundamentale Eigenschaften zu identifizieren, neue zu entdecken, und emergierte zu eliminieren.
seeker hat geschrieben:(Salopp: Du kannst ein Haus genauso aus Steinen wie aus Holz bauen. Die Eigenschaft eines Objekts 'Haus' zu sein ist nicht von einem ganz bestimmten Material abhängig, durch dieses determiniert.)
Das Haus ist definiert durch die Menge der Teilchenpositionen. Ich kann keine neue Eigenschaft erkennen, nur die Definition, dass eine Menge Teilchen mit bestimmten Positionen ein Haus darstellt.
seeker hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Was spräche dagegen, alle Eigenschaften eines Menschen, incl. seines Wissens, seines Charakters, seiner Emotionen zu ermitteln, wenn wir ihn vollständig untersuchen könnten, und die nötige Rechenleistung hätten? Ich denke: nichts! Leider gibt es solche Rechner nicht, und wird es möglicherweise nie geben.
Aus meinem jetzt aktuellen Zustand lässt sich ableiten, was ich als nächstes schreiben werde. Es ist auch theoretisch ableitbar, wie ich reagieren würde, wenn jetzt mein Computer abstürzen, und dieser Beitrag verloren wäre, usw. usf..
Das weißt du doch, dass das definitiv nicht möglich ist.
Erstens kann man den exakten Zustand eines Makrosystems (z.B. Mensch) prinzipiell nicht beliebig exakt bestimmen, wegen der Unschärferealtion, schon gar nicht, ohne das System dabei zu verändern und zweitens wüsste man selbst bei vollständiger Kenntnis aller Mikrozustände nicht, wie die Makrozustände exakt ausschauen (s.o.) und drittens spielt der Zufall -VWI hin oder her- hier eine entscheidende Rolle:
In der Form will ich das nicht sagen. Ich weiss nämlich nur, dass wir eine bzw. mehrere Theorien haben, die entsprechend unserem heutigen Wissensstand konstruiert wurden, und aus diesen Unschärferelation, Zufall etc. folgen, und auch Messungen auf deren Grundlage durchgeführt werden.
Hier würden wir aber bei einer Betrachtung und Kritik an der QM landen, was bei unserem Thema hier wieder zu weit gehen würde. Auf jeden Fall will ich aber festhalten, dass meine Eigenschaften als Lebewesen nicht oder nur völlig unbedeutend von Zufall bestimmt sind, und eine so tief gehende Messung gar nicht nötig wäre, um o.g. Eigenschaften zu bestimmen.
seeker hat geschrieben:Ein verschränktes Teilchenpaar ist definitiv etwas anderes als die Summe aus zwei isolierten Teilchen. Im Grunde ist ein verschränktes Paar gar kein Paar, sondern ein einziges Objekt.
Es ist (im Systemzustand) die Summe von Produkten.
Jedes Teilchen besitzt die Eigenschaft, dass sein Zustand aus mehreren (eigtl. unendlich vielen) Summanden besteht, und jeder Summand mit Summanden anderer Teilchen multipliziert werden kann. Ich will sogar so weit gehen, zu behaupten, dass im Rahmen der QM korrekterweise jedes Teilchen immer mit jedem anderen verschränkt ist, nur das jeweilige Gewicht bei als unverschränkt geltenden Teilchen nahe Null liegt. Ich kann nicht erkennen, wo durch Verschränkung eine neue Eigenschaft entstehen würde.

Ich entstelle den Sinn Deines Absatzes etwas:
seeker hat geschrieben:... landest aber dafür in einem Holismus, in einem Universum, wo es gar keine echten Teilchen gibt, sondern nur ein einziges großes Ganzes, eine einzige, nicht teilbare Wellenfunktion, die das gesamte Universum ausmacht.
Ja, das Universum ist ein unteilbares ganzes, und wird als eine ebensolche Wellenfunktion beschrieben. Trotzdem gibt es das Teilchen, was das alles ermöglicht.
Ich habe immer mehr den Eindruck, als würdest Du einen Kitt K zwischen den Teilchen T einführen, und so das Universum U erschaffen, also gewissermassen: U(T1, K, T2, ...). Ich sehe es so U=T1+T2+..., wobei jedes Teilchen auch Kitt ist.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von Skeltek » 9. Apr 2016, 20:40

Habe gerade nicht die Energie mich durch eure Texte komplett durchzuarbeiten, aber:
Top-Down Kausalität lässt sich sehr wohl als Summe von Einzelursachen verstehen. Allerdings benötigt man dafür Hypercomputing oder ähnliches (Die Summen sind nicht durch algebraische oder numerische Methoden beschreibbar), was physikalisch jedoch einfach unmöglich ist.
Die Entstehung komplexer Strukturen und die Mechanismen von DNA, Proteinfaltung bis hin zu komplexen Organismen hängt für mich auch stark mit der Thematik zusammen, der Zusammenhang lässt sich hier aber kaum kurz schildern, zumal ich durch Jahre langes überlegen erst zu meinen Rückschlüssen gekommen bin und erst während dem Lesen dieses threads die gemeinsamen Systematiken erkannt habe.

Letztlich entstehen komplexe Strukturen durch einfachere, ähnlich kann man sagen, dass der Inhalt des Universums nicht das Universum bildet, sondern das Universum erst durch Strukturbildung von einem ganzen in viele kleine Stückchen unterteilt wurde (Kürzere Formulierung würde was ich sagen will noch mehr entstellen).
Ich halte es jedenfalls für falsch intuitiv anzunehmen, dass die Summe kleiner Dinge emergente Phänomene hervorbringt, welche aus der Betrachtung der einzelnen Komponenten nicht ersichtlich oder vorhersehbar sind.
Für mich war es oft anders herum: Die Beschaffenheit des Ganzen erzwingt emergente Phänomene, welche sich dann in damit nicht in Zusammenhang bringbaren geclusterten Teilstücken erst zur Realisationbringen.
Sprich: Entropopie, Impulsfluss, Spannung, Strömungen und Differentiale bewirken erst die Genese komplexer untergeordneter Strukturen, welche wir als Teile des ganzen auffassen und von denen wir glauben, dass sie in der Summe dann "das Größere" verursachen.
Es ist eben genau anders herum: Das "Ganze" verursacht erst die Herausbildung von Teilstücken wie z.B. Atomen, Luftwirbeln, Entropie-Umsetzern und ähnlichem.
Gödel für Dummies:
  • Unentscheidbarkeit - Dieser Satz ist wahr.
  • Unvollständig - Aussage A: Es existiert nur ein Element A.
  • Widersprüchlich - Dieser Satz ist falsch.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von seeker » 10. Apr 2016, 13:55

positronium hat geschrieben:Ich fürchte, hier kommen wir nicht zusammen.
Das macht nichts, geschätzter positronium, wir müssen gar nicht zu einer einzigen Meinung kommen. :beer:
Wichtig scheint mir hier in der Diskussion zu sein, dass alle Teilnehmer zum Denken animiert werden und dazu, ihre eigenen Gedanken zu prüfen, zu konkretisieren und zu formulieren und eine Ideengenese, ein Ideenaustausch und eine Ideenprüfung erfolgt.
Und in dem Punkt bin ich mit dem Thread hier sehr zufrieden. :D

Ich möchte noch einmal meinen Fokus auf die Quantenwelt richten:
positronium hat geschrieben:
seeker hat geschrieben:Ein verschränktes Teilchenpaar ist definitiv etwas anderes als die Summe aus zwei isolierten Teilchen. Im Grunde ist ein verschränktes Paar gar kein Paar, sondern ein einziges Objekt.
Es ist (im Systemzustand) die Summe von Produkten.
Jedes Teilchen besitzt die Eigenschaft, dass sein Zustand aus mehreren (eigtl. unendlich vielen) Summanden besteht, und jeder Summand mit Summanden anderer Teilchen multipliziert werden kann. Ich will sogar so weit gehen, zu behaupten, dass im Rahmen der QM korrekterweise jedes Teilchen immer mit jedem anderen verschränkt ist, nur das jeweilige Gewicht bei als unverschränkt geltenden Teilchen nahe Null liegt. Ich kann nicht erkennen, wo durch Verschränkung eine neue Eigenschaft entstehen würde.
Die Sache ist die:
Das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung (selten Quantenkorrelation) liegt vor, wenn der Zustand eines Systems von zwei oder mehr Teilchen sich nicht als Kombination unabhängiger Ein-Teilchen-Zustände beschreiben lässt, sondern nur durch einen gemeinsamen Zustand.
https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenverschr%C3%A4nkung
Die Tatsache, dass die Verschränkung (im Gegensatz zur klassischen Physik) keine lokal-realistische Interpretation zulässt, bedeutet, dass entweder die Lokalität aufgegeben werden muss (etwa, wenn man der nichtlokalen Wellenfunktion selbst einen realen Charakter zubilligt – das geschieht insbesondere in Kollapstheorien, in der Viele-Welten-Interpretation oder der De-Broglie-Bohm-Theorie) oder das Konzept einer mikroskopischen Realitätoder aber beides; am radikalsten wird diese Abkehr vom klassischen Realismus in der Kopenhagener Deutung vertreten; nach dieser Interpretation, die bei den Physikern seit Jahrzehnten als Standard gilt, ist die Quantenmechanik weder real – da eine Messung den Zustand nicht feststellt, sondern präpariert – noch lokal – weil der Zustandsvektor die Wahrscheinlichkeitsamplituden gleichzeitig an allen Stellen festlegt, zum Beispiel .
https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenve ... 9Cberblick

Bitte genau durchdenken!
Die Aufgabe der Lokalität bedeutet in letzter Konsequenz die Annahme eines Quantenholismus ('Eigenschaft' ist stets auf das ganze Universum verteilt) und damit eine Einschränkung des Reduktionismus bzw. des alten mechanistischen Weltbildes.

Die Aufgabe einer mikroskopischen Realität, bedeutet, dass es in Wirklichkeit gar keine Teilchen gibt und und damit ebenso eine Einschränkung des Reduktionismus bzw. des alten mechanistischen Weltbildes, denn der braucht notwendig -wie schon erwähnt- die Annahme, dass es Teile wirklich gäbe.

Mindestens eines der beiden musst du aufgeben, wenn du die Erkenntnisse der modernen Physik nicht ablehnen/ignorieren willst!
Skeltek hat geschrieben:Letztlich entstehen komplexe Strukturen durch einfachere, ähnlich kann man sagen, dass der Inhalt des Universums nicht das Universum bildet, ...
Alle Strukturen bestehen aus zweierlei:
1. Die 'Bausubstanzen'
2. Die Art und Weise, wie diese Substanzen verknüpft sind/werden

Insofern besteht ein Stahlblechboot zwar auch aus Stahl (1.). Es ist aber falsch zu behaupten, dass deshalb gelten würde: Stahl = Stahlboot.
Ein Stahlboot hat z.B. die Eigenschaft auf dem Wasser zu schwimmen, Stahl 'an sich' oder ein Klumpen Stahl nicht.
Es ist auch falsch zu behaupten, dass ein Stahlblechboot aus Stahl entstehen würde (also nur aus 1.).
Tatsächlich entsteht es aus 1. und 2. Es macht keinen Sinn zu behaupten, 2. wäre nicht existent.

Und wenn man genauer hinschaut, dann kann man immer weiter unterteilen: DIe 'Bausubstanz Stahl' besteht wiederum aus tieferliegenden Grundsubstanzen (versch. chem. Elemente = 1') und der Grund-Struktur, wie diese verknüpft sind (2'), um einen bestimmten Stahl zu bilden. Usw.
Eines der Probleme dabei ist: Irgendwann kann man, wenn man immer tiefer geht, 1. von 2. nicht mehr unterscheiden.
Skeltek hat geschrieben:...sondern das Universum erst durch Strukturbildung von einem ganzen in viele kleine Stückchen unterteilt wurde
Dieser Teilsatz gefällt mir. Ich glaube diese Perspektive ist wichtig.


Mir ist noch ein Gedanke gekommen:
Eine unserer Grundannahmen besagt ja, dass die Naturgesetze überall im Universum gleichermaßen gelten.
Das ist also eine globale Eigenschaft des Gesamt-Universums.
Wie ist das zu erklären?
Eine lokale Betrachtung der Eigenschaften von isolierten Teilchen bzw. eine Betrachtung von Mikrozuständen kann diese Erklärung nicht liefern, weil sie ja alle Mikrozustände betreffen soll (warum sollen alle gleich sein?) .

Daher sehe ich hier nur zwei Auswege:
Entweder gibt es ein dem Universum übergeordnetes System, dass diese globalen Eigenschaften von außen her in unserem Universum festlegt
oder
die Naturgesetze sind eine globale innere Eigenschaft des Universums und daher durch seinen Makrozustand auf oberster Ebene bestimmt, also holistisch.

Ersteres führt dabei wohl in einen infiniten Regress (Universum-> Über-Universum -> Über-Über-Universum, usw.) und zweiteres in einen Zirkel (Makrozustand bestimmmt die Mikrozustände und die Gesamtheit der Mikrozustände bestimmt den Makrozustand).

Ja, so ist das: Schon wieder eine Grenze! Aber aus irgendeinem Grund erscheint mir der Zirkel gerade sympathischer...


Grüße
seeker
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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von positronium » 10. Apr 2016, 16:58

seeker hat geschrieben:...Und in dem Punkt bin ich mit dem Thread hier sehr zufrieden. :D
Ich auch!
seeker hat geschrieben:Ich möchte noch einmal meinen Fokus auf die Quantenwelt richten: ...
Wenn ich in Zusammenhang mit der QM von einem Teilchen schreibe, meine ich nichts, das wie ein Kügelchen an einem Ort schwebt und ein paar Eigenschaften besitzt, sondern immer die Gesamtheit aus Wellenfunktion als Zustandsbeschreibung (Der Zustand muss ja im Objekt "Teilchen" gespeichert sein.) und seiner weiteren Eigenschaften, die in einer Bewegungsgleichung kodiert sein können. Ein Teilchen sehe ich also als abstraktes Objekt, das mit unserer Erfahrungswelt gar nichts mehr zu tun hat; erst wenn man es aus der Entfernung betrachtet, seine Eigenschaften nur grob bestimmt etc. kann man zum Eindruck kommen, es sei ein Teilchen klassischer Vorstellung.
seeker hat geschrieben:...Die Aufgabe der Lokalität bedeutet in letzter Konsequenz die Annahme eines Quantenholismus ('Eigenschaft' ist stets auf das ganze Universum verteilt) und damit eine Einschränkung des Reduktionismus bzw. des alten mechanistischen Weltbildes.
Lokalität existiert für mich demnach sowieso nicht. Auch sehe ich überhaupt keine Möglichkeit, im Rahmen der QM von Lokalität zu sprechen; wir beobachten ja u.a. diese zwei verschiedenen Dinge:
1. Es existieren diskrete Einheiten - z.B. können nur ganze Ladungen existieren.
2. Diese Einheiten besitzen z.B. in Potentialen keine eindeutige Position - potentielle Energie ergibt sich als Raumintegral.
Ohne 1. könnten wir sagen, dass wir in einer kontinuierlichen Welt leben, in der es keine Einheiten Namens Teilchen gibt; ohne 2. könnten wir behaupten, es gäbe Kügelchen als Teilchen. Beide Punkte sind aber zumindest nach heutigem Wissensstand offensichtlich wahr. Deshalb müssen wir uns damit anfreunden, dass Teilchen nicht lokal existieren - sie sind verteilt. (Ob Teilchen über das ganze Universum verteilt sind, sei einmal dahin gestellt.)

Aber warum sollte das eine Einschränkung des Reduktionismus bedeuten? Dann ist halt von mir aus das fundamentalste Objekt ein "Tuch", das sich über das ganze Universum erstreckt. Macht nichts. Reduktion erfordert doch nicht, dass diese auf bestimmte Weise, so z.B. räumlich zu erfolgen hat.
seeker hat geschrieben:Die Aufgabe einer mikroskopischen Realität, bedeutet, dass es in Wirklichkeit gar keine Teilchen gibt und und damit ebenso eine Einschränkung des Reduktionismus bzw. des alten mechanistischen Weltbildes, denn der braucht notwendig -wie schon erwähnt- die Annahme, dass es Teile wirklich gäbe.
Das verstehe ich leider nicht.
Ich muss auch schreiben, dass ich mir noch nicht im Klaren darüber bin, ob es einen Kollaps der Wellenfunktion gibt oder ein anderer Mechanismus vorliegt.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von seeker » 10. Apr 2016, 22:51

positronium hat geschrieben:Aber warum sollte das eine Einschränkung des Reduktionismus bedeuten? Dann ist halt von mir aus das fundamentalste Objekt ein "Tuch", das sich über das ganze Universum erstreckt. Macht nichts. Reduktion erfordert doch nicht, dass diese auf bestimmte Weise, so z.B. räumlich zu erfolgen hat.
Mag sein, nicht unbedingt. Aber wie hier sonst? Und man möchte doch das 'Tuch' auch verstehen und 'Räumlichkeit' ist offenbar Teil seiner Eigenschaften. Wenn man es nicht räumlich zerlegen kann, kommt man an diesem Punkt an die Grenze der reduktiven Methode, an anderen Punkten kann man weiter kommen, ja. Aber das ist dann eben nicht vollständig, würde ich sagen.
Einziger Ausweg: Du musst "Räumlichkeit" als globale(!) Eigenschaft aus etwas anderem deduzieren können, das selbst wiederum zerlegbar sein muss. Aber selbst dann kommst irgendwann immer zu gleichen Elementen, deren Gleichheit erklärungsbedürftig ist und was so nicht erklärbar sein wird.

Zunächst:
Wie Reduktionen funktionieren
Das Hauptthema der wissenschaftstheoretischen Debatten ist die Methodik der Reduktion von Theorien. Hat man eine wahre Theorie A erfolgreich auf eine Theorie B reduziert, so hat man die in A beschriebenen Phänomene reduktiv erklärt. Das klassische Modell der Theorienreduktion wurde von Ernest Nagel in dem Buch The Structure of Science (1961) formuliert. Nagel machte den Vorschlag, folgende Anforderung an eine erfolgreiche Reduktion zu stellen:

Nagelreduktion: Eine Theorie A ist genau dann auf eine Theorie B reduziert, wenn sich alle Gesetze von A aus den Gesetzen von B ableiten lassen.

Es gibt populäre wissenschaftshistorische Beispiele für solche Gesetzesableitungen. So lässt sich etwa das Galileische Fallgesetz aus den Gesetzen der Newtonschen Mechanik ableiten. Allerdings scheint die Nagelsche Definition ungeeignet zu sein, wenn es um Reduktionen von Theorien geht, die aufgrund emergenter Phänomene verschiedene Vokabulare verwenden.

Will man etwa die gesamten Phänomene, die beim Umgang mit Wasser beobachtbar sind, auf die chemische Theorie von H2O reduzieren, so muss man nach Nagel alle aus dem Alltag bekannten Gesetze über Wasser aus chemischen Gesetzen ableiten können, also beispielsweise die Erfahrung, dass Wasser auf Meereshöhe bei 100 °C kocht. Allerdings kommt der Begriff „kochen“ in der chemischen Theorie nicht vor, weswegen eine Ableitung des Gesetzes aus der chemischen Theorie unmöglich erscheint. Nach Nagel braucht es für solche Fälle Brückenprinzipien, die das Vokabular der Theorie mit dem der Erfahrung verbinden. So müsste das Kochen etwa mit bestimmten molekularen Bewegungen identifiziert werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reduktion ... ktionieren

Mit meinen Worten:

Du hast z.B. ein Makro-Objekt O, das du untersuchen/verstehen/erklären möchtest.
Du kannst auch bei der 'ganzheitlichen' Beobachtung des Objekts schon einige Eigenschaften erkennen und diese in ein Schema einordnen, manche Eigenschaften bleiben dir aber dennoch rätselhaft, oft bist du auch überfordert das Ganze Objekt in manchen seiner Eigenschaften auf einmal zu begreifen, da zu kompliziert. Daher versuchst du den reduktiven Ansatz aus, auch damit es einfacher wird.
D.h.: Du zerlegst das Objekt "O" in seine Teile "t" und untersuchst diese Teile. Als nächstes versuchst du die Wechsel-Beziehungen "b" dieser Teile zu identifizieren und am Ende setzt du das Objekt aus den identifizierten Teilen + Beziehungen (gedanklich, theoretisch, per Simulation, ...) wieder zusammen (Rekonstruktion).
Wenn sich dieses rekonstruierte Objekt O(r) dann so verhält wie das Originalobjekt O und auch all seine EIgenschaften zeigt, war die Methode erfolgreich und du hast das Gefühl alles über O verstanden zu haben, was du verstehen wolltest.

Also, Objekt: O
Zerlegung in: t1, t2, t3, ...
Identifizierung der Beziehungen zwischen den t: b1, b2, b3, ...

Rekonstruktion: t1-b1-t2-b2-t3- ...

Wenn erfolgreich, dann: O = t1-b1-t2-b2-t3- ...

Der Punkt ist:
Wenn O nicht zerlegbar ist, weil t oder b nicht oder nicht separat existieren, dann funktioniert das alles nicht.
Wenn O auf das gesamte Universum verteilt ist und nicht zerlegbar ist, dann auch nicht.
Wenn O eingeschränkt zerlegbar ist, dann fuktioniert es eingeschränkt.

Zu beachten ist, dass auch die Rekonstruktion funktionieren muss und uns auch verständlich werden muss, was da genau passiert!
Auch das wird gerne übersehen.
So kann man z.B. Computerprogramme schreiben, wo man Bit für Bit genau weiß, wie sie ausschauen.
Viele solcher Programme tun auch genau das, was man aus dieser Kenntnis heraus erwartet.
Es gibt aber auch Programme, die auch Dinge tun, die völlig unerwartet und unvorhersehbar sind und die man trotz nochmaliger Analyse nicht ganz versteht.
Es kann durch die Analyse dabei (im Optimalfall) sogar Punkt für Punkt nachvollziehbar werden WAS da passiert, ohne dass man dabei ganz versteht WARUM es passiert, das ist die Krux dabei: Das schon bedeutet, dass die Methode nicht 100%ig erfolgreich war/teilweise versagt hat.
(Das kann bei Programmen der Fall sein, die einen bestimmten Komplexitätsgrad erreicht haben, besonders bei Rückkopplungen, etc.)
Hier versagt die reduktive Methode also auch (zumindest teilweise), weil die Rekonstruktion scheitert, indem sie nicht alles verständlich machen kann, was man verstehen möchte.

Gruß
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
Karl Popper

positronium
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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von positronium » 11. Apr 2016, 12:22

seeker hat geschrieben:Und man möchte doch das 'Tuch' auch verstehen und 'Räumlichkeit' ist offenbar Teil seiner Eigenschaften. Wenn man es nicht räumlich zerlegen kann, kommt man an diesem Punkt an die Grenze der reduktiven Methode, an anderen Punkten kann man weiter kommen, ja. Aber das ist dann eben nicht vollständig, würde ich sagen.
Das ist natürlich richtig; ich glaube aber nicht, dass man Reduktion bis ins Unendliche oder bis zur - naja - völligen Auflösung jeder Eigenschaft betreiben kann, denn "bis ins Unendliche" würde bedeuten, dass dann durch Reduktion in Wirklichkeit gar nichts reduziert werden könnte, weil ja selbst im Unendlichen noch reduzierbares vorhanden wäre, und die "völlige Auflösung" würde dazu führen, dass im Umkehrschluss gar nichts entstehen könnte. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass auf fundamentalster Ebene, also nach maximal möglicher Reduktion, irgend eine "saubere", in sich abgeschlossene Logik existieren muss.

Was der Herr Nagel hier schreibt
Nagelreduktion: Eine Theorie A ist genau dann auf eine Theorie B reduziert, wenn sich alle Gesetze von A aus den Gesetzen von B ableiten lassen.
halte ich für vollkommen richtig.
Selbstverständlich muss, wie der Herr Nagel das offenbar fordert, alles was man in seine Überlegungen einbezieht, vergleichbar sein. - Man berechne die Fläche von 1 Meter * 1 Fuss = 1 Meterfuss! ;a Kochen und Chemie muss man eben auf die gleiche Sprache, die Physik bringen.
seeker hat geschrieben:Mit meinen Worten:
...
Der Punkt ist:
Wenn O nicht zerlegbar ist, weil t oder b nicht oder nicht separat existieren, dann funktioniert das alles nicht.
Wenn O auf das gesamte Universum verteilt ist und nicht zerlegbar ist, dann auch nicht.
Wenn O eingeschränkt zerlegbar ist, dann fuktioniert es eingeschränkt.
Das ist natürlich alles richtig.
Auch was Du mit dem Beispiel des Programms schreibst, kann ich nachvollziehen. Ein Programm, also die Gesamtheit der Bedeutung des Begriffes, muss nicht reduzierbar sein; man reduziert es auf seine Sprachelemente und deren Ordnung.
Das Programm selbst ist nach Reduktion nicht mehr direkt sichtbar, bleibt aber rekonstruierbar.

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Re: Sind SL`s eine rund Kugel

Beitrag von Job » 27. Sep 2017, 16:55

Hallo Dares, Seeker, Positronium, Skeltek; Pippen. Tolle Diskussion. Habe den Thread erst jetzt gelesen und werde daher nur auf einige Aussagen von Seeker kurz eingehen.

seeker hat geschrieben:Nicht in diesem Sinne "real" zu sein ist eine eindeutige Qualitätsänderung. Eine ebensolche finden wir auch schon bei der normalen QM im Vergleich zu unserer gewohnten physikalisch-makroskopischen Welt.

Und wenn wir behaupten, dass auf einer Subebene alles dikret wäre, dann besagt das, dass es dort keine 'Zeit' und keinen 'Raum' in dem Sinne gäbe. Auch daraus folgt eine Qualitätsänderung hin zu unserer normalen Ebene/Welt.

Letzteres wäre m.E. nur dann so, wenn die Zeit kontinuierlich wäre und der Raum keine emergente Eigenschaft der diskreten Subebenen. Beides ist offen, da wir heute nicht wissen, was Raum und Zeit wirklich „sind“.
seeker hat geschrieben:Wie gesagt: Ich halte diese Geschichte mit der Qualitätsänderung für sehr, sehr wichtig. Und in diesen Qualitätsänderungen steckt eben gerade das drin, was wir als ‚Emergenz' bezeichnen.
Ja, das sehe ich auch so. Es gibt aus meiner Sicht aber zwei Arten von Emergenz. Zum einen ist es eine Eigenschaft endlich vieler Teilchen und ihrer Beziehungen. Dies kann man gut mit Convays Game of Life illustrieren. Wikipedia schreibt dazu:
Raumschiffe sind (zumeist oszillierende) Objekte, die eine feste Richtung verfolgen. Sie sind ein Beispiel der Emergenz-Erscheinungen des Spiels des Lebens; die wenigen Regeln des Spiels sagen nichts über Formen aus, die sich unendlich weit fortbewegen, und doch entstehen die Raumschiffe wegen dieser Regeln.
Diese Form der Emergenz können wir zu einem gewissen Teil noch verstehen und mit Computern simulieren, wenn die Anzahl der Teilchen noch nicht allzu groß ist. Wenn wir aber den Raum wesentlich vergrößern zum Beispiel 1020 Kästchen und die Anzahl der „Teilchen“ ebenfalls in diese Größenordnungen bringen, kann es Strukturen und Emergenzen geben, die wir nicht mehr berechnen können, da uns dazu die nötigen Ressourcen fehlen. Das Problem ist, dass wir diese (emergenten) Strukturen nicht mehr analytisch herleiten können (Vielkörperproblem), sondern entweder auf Näherungsverfahren oder aber Computersimulationen angewiesen sind. Wenn aber eine Struktur dann und nur dann neu entsteht, wenn genau 1020 Teilchen in einer ganz bestimmten Art und Weise zusammenkommen, können wir schon das nicht mehr berechnen. Und das ist peanuts zu dem, was insgesamt abläuft. Trotzdem kann es sein, dass wir das Ergebnis real erfahren. Das Elektron ist meiner Meinung nach ein Beispiel dafür. In der Natur ist das Problem m.E. noch wesentlich komplexer, da nicht nur die Schichten, aus denen wir hauptsächlich bestehen und die wir heute u.a. Materie nennen an diesem Prozess beteiligt sind, sondern weitere untergelagerte Schichten, die zum Beispiel die notwendigen Energien für diese Emergenzen bereitstellen.

Es gibt aber meiner Meinung nach noch eine weitere Form der Emergenz, wenn wir Unendlichkeiten betrachten. Die „Summe" aller Vakuumteilchen und ihrer Beziehungen hat meiner Meinung nach ebenfalls eine Emergenz zum Ergebnis, die wir heute „erfahren“ können. Es ist der Raum, in dem wir leben. Das können wir naturgemäß niemals simulieren, und wirklich begreifen, was da genau vor sich geht, kann ich es auch nicht.

Beide Formen der Emergenz spielen m.E. eine zentrale Rolle in der Natur. Forschungsmäßig stehen wir da aber noch ziemlich am Anfang, wie ich meine. Es ist aber ein äusserst spannender Themenkomplex.

seeker hat geschrieben:Die Krux ist:
Wenn wir die Existenz von Emergenzen akzepieren, dann geht das nur zu dem Preis, dass wird bereit sein müssen, die Annahme einer vollständigen Reduzierbarkeit der Dinge aufzugeben. D.h.: Wir müssen den Reduktionismus bzw. das reduktionistische Denken zumindest einschränken, als Methode wie auch als Erklärung aller Dinge! Das ist deshalb so, weil ‚Emergenz' ja gerade dadurch definiert ist, dass etwas nicht vollständig reduktionistisch erklärbar ist.
Ich bin kein Experte, was die genaue Bedeutung des Reduktionismus ist. Ich kann nur aus meiner Sicht sagen, dass man das Universum dann besser verstehen kann, wenn man seine Einzelteile und ihre Beziehungen unter einander kennt. Das hat aus meinem Verständnis heraus durchaus etwas mit Reduktionismus zu tun. Es ist aber auch so, dass obwohl man dann das Ganze besser verstehen kann, fast alle diese Prozesse nicht berechenbar sind und wir viele davon noch gar nicht kennen und eine vollständige Erklärung in obigem Sinne für uns eher ausgeschlossen ist. Es ist ähnlich wie bei Convay. Ich bin sicher, dass es noch viele Strukturen bei Convay gibt, die wir nie kennenlernen werden, weil wir sie ab einer bestimmten Größenordnung schlicht nicht mehr berechnen können. In der Physik haben wir aber die einmalige Chance, dass wir durch Messungen (Elektronen) und Beobachtungen (Universum) einige dieser Strukturen kennenlernen. Wir können die Entstehung zwar sehr oft nicht explizit berechnen, aber trotzdem verstehen wir diese Strukturen besser, wenn wir die Bausteine und den Mechanismus oder die Regeln wie Du sagen würdest, genau wie bei Convay, verstehen können. Die Bausteine und die Regeln sind ähnlich einfach wie bei Convay. Was daraus entstehen kann, kann aber beliebig komplex und vielfältig sein und ist uns nur zum Teil zugänglich. Man ist damit immer noch weit entfernt, das Ganze zu verstehen, aber man hat zumindest eine Ahnung davon, aus was es aufgebaut ist. Wenn man die Einzelteile kennt, kennt man nicht zwangsläufig das Ganze und ich glaube auch nicht, dass uns das jemals gelingen wird. Aber ohne die Einzelteile zu kennen, ist es meiner Meinung nach völlig aussichtslos. Die vielen Interpretationen der QM zeigen das sehr deutlich auf. Es gibt heute kein Kriterium, sie in Spreu und Weizen zu trennen. Und das wäre sehr wünschenswert, da sie sich zum Teil physikalisch widersprechen. Sie können obwohl mathematisch zum Teil äquivalent in der Natur nicht alle gleichzeitig realisiert sein.
seeker hat geschrieben:Zurück zu diskreten Strukturen, wie dem Spin-Schaum:
Wenn dort etwas zeitlich diskret taktet, dann stellt sich die Frage: Wo kommt der Takt auf dieser Subebene her?
Und: Liegt dieser Taktgeber auf derselben Ebene, ergibt er sich aus dieser Struktur selbst oder muss er vorausgesetzt werden?
Im letzteren Fall müsste m. E. zwingend geschlussfolgert werden, dass es dann eine noch tiefere Ebene geben muss, aus der heraus der Taktgeber die diskrete Ebene taktet.

Einverstanden?
Ja. Aus meiner Sicht ist es wie im letzteren Fall beschrieben genau so, wobei sich dabei eine unendliche (fraktale) Kette von Subebenen ergibt, wenn man den Grundsatz „keine Wirkung ohne Ursache“ stringent durchhalten will.

seeker hat geschrieben:Der Reduktionismus auch als Konzept und Arbeitsmodell ist ja schön und gut und auch sehr nützlich, aber ich erkenne auch seine Grenzen.
Weißt du, die allerwichtigste Grundanname des Reduktionismus ist ja die: Zuallererst muss man annehmen, dass überhaupt Teile eines Ganzen wirklich existieren! Denn wenn sie nicht existierten, würde die ganze Zerlegerei ja gar keinen Sinn machen…
Genau. Und das ist aus meiner Sicht das eigentliche Problem, warum es bei der Frage, was die QM eigentlich beschreibt, nicht wirklich weitergeht. Diese Annahme ist aus Gründen, die mir unbekannt sind, heute scheinbar kaum eine Option. Es gibt nur einige wenige Vorstösse in diese Richtung, die ich kenne (Renate Loll würde ich dazu zählen). Ihre Art, an die Sache heranzugehen gefällt mir sehr.
seeker hat geschrieben:Und wir haben hier ja zusätzlich zu den schon genanten Konzepten der Abwärtsverursachung auch noch die Quantenmechnik mit ihren nicht-reduzierbaren verschränkten Zuständen und den damit zusammenhängenden Holismus. Zuende gedacht kommt dabei heraus, dass das Universum nur als Ganzes existiert: Eine einzige, unteilbare Wellenfunktion, ein einziger reiner Zustand, wobei erst der Gesamtzustand dieser Funktion bestimmt, wie die Teile, die uns dann erscheinen, überhaupt genau aussehen! Und diese "Teile" sind dann demzufolge natürlich nur Pseudo-Teile, keine wirklichen Teile!
Ebenso sind ihre „ Zustände" dann nur Pseudozustände, weil es nur einen einzigen, nicht-reduzierbaren Gesamtzustand des Universums gibt!
Nun, das ist aus meiner Sicht ein Ansatz: Entweder oder. Entweder Teilchen, dann kein Holismus, oder Holismus, dann keine Teilchen (nur Pseudoteilchen). Das muss aber nicht so sein. Ich sehe es so. Es gibt diese Teilchen und Beziehungen unter allen diesen Teilchen. Die Wirkungen dieser Beziehungen breiten sich dabei zum großen Teil überlichtschnell aus und zwar umso schneller, je tiefer die Schicht ist, sprich umso kleiner die Teilchen der jeweiligen Schicht. Dies führt dazu, dass im Grunde alles mit allem zusammenhängt und etwas Ganzes (Holismus) emergiert, was wiederum als Ergebnis Einfluss auf die einzelnen Teilchen hat. Der mathematische Formalismus der QM verbietet dies aus meiner Sicht nicht.

seeker hat geschrieben:Aber es gibt dafür auch direktere Argumente: Wie soll man denn z.B. aus der Betrachtung und Untersuchung der Eigenschaften von Elementarteilchen darauf schließen können, welche Eigenschaften ein daraus aufgebautes System wie ein Mensch oder eine Gesellschaft aus Menschen haben wird? Diese Systemeigenschaften existieren auf atomarer Ebene schlichtweg nicht. Es ist dabei nicht so, dass sie auf der Mikroebene nur sehr schwach existieren würden, nein, sie sind dort überhaupt nicht vorhanden.
Genau diese Deduktion aus der Mikroebene auf die Makroebene wäre aber zwingend notwendig für eine vollständige Beschreibung eines Systems, über den reduktiven Weg.
Was wir vielleicht erreichen können, ist das, was weiter oben beschrieben einem Convay Ansatz ähnelt. Machen wir ein Beispiel. Nimm an, du kennst die Zusammensetzung von zwei Photonen und die Wechselwirkung unter den Bausteinen, aus denen sie bestehen. Trotzdem bist Du nicht in der Lage, allein aus diesem Wissen heraus definitiv vorherzusagen (zu komplex) , dass daraus unter bestimmten Bedingungen ein Elektron und ein Positron entstehen kann, auch wenn man auf diese Idee in diesem Fall aufgrund der Beziehungen kommen könnte. Dieser Prozess ist analytisch nicht lösbar und übersteigt unsere Möglichkeiten der Berechnung und Simulation um viele Größenordnungen. Wir wissen das nur, weil wir Experimente haben, die uns das jeweilige Ergebnis dieses Prozesses aufzeigen (Paarbildung). Den Prozess selber können wir im Nachhinein zwar nicht berechnen, aber zumindest verstehen, weil wir die beteiligten Teilchen und Wechselwirkungen kennen.
seeker hat geschrieben:Es hilft hier m. E. auch nicht, wenn man dann behauptet, dass nur die Mikroeigenschaften 'wirklich' existieren würden, die Makroeigenschaften aber eigentlich nicht 'wirklich' wären.
Mit Verlaub, das halte ich dann für völligen Blödsinn und es führt in letzter Konsequenz sogar zur Selbstnegation und damit in einen logischen Zirkel: "Da ich selbst und mein lebendiges Dasein als denkender und beobachtender Mensch nur eine Makroeigenschaft ist, also eine unwirkliche Illusion ist, gibt es mich in Wahrheit gar nicht! Da es mich nicht wirklich gibt, kann ich aber auch nicht wirklich Wissenschaft betreiben oder irgendeine Erkenntnis gewinnen, auch nicht die des Physikalismus. Da somit der Physikalismus als mein geistiges Konstrukt auch nicht wirklich existiert, kann mein Ich als Makroeigenschaft doch wirklich sein, womit der Physikalismus doch wirklich sein kann, womit ich nicht existiere und er auch nicht, usw.“
Genau. Die Emergenzen (ob nun endlicher oder unendlicher Herkunft) existieren m.E. tatsächlich, was auch bedeutet, dass es aus meiner Sicht aktual Unendlichkeiten bestimmter Natur tatsächlich gibt. Der Raum und vielleicht auch unser Bewusstsein könnten dazu gehören. Im letzteren Fall wäre es sehr anschaulich, was es bedeutet, dass unendliche Emergenzen aus einzelnen Teilchen auch wieder einen Einfluss auf einzelne Teile haben können. Wenn wir beschliessen, eine Pizza essen zu gehen, hat das Einfluss auf den zukünftigen Aufenthaltsort bestimmter Pilze, zumindest bei mir. Das ist aber auch für mich Neuland und ich habe nicht weiter darüber nachgedacht.

seeker hat geschrieben:
seeker hat geschrieben:Und wie gesagt, wir haben es mit der QM mit dem Problem des Holismus zu tun. Das darf man nicht ignorieren.
positronium hat geschrieben: Hier kann ich kein Problem erkennen. Es ist immer alles voneinander abhängig. Da scheint es mir gleichgültig zu sein, ob diese Abhängigkeit in Software oder über EM-Kräfte beschrieben wird.
Das Problem ergibt sich deshalb, weil die Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen eliminiert werden müssen, um reduktiv an eine Sache herangehen zu können.
Nicht reduktive Methoden untersuchen stattdessen das Ganze und seine Eigenschaften. Auch das hat natürlich Grenzen.
Beides zusammen ergibt einen Schuh. Wenn man die Einzelteile weglässt und nur das Ganze betrachtet, wird man nicht verstehen können, warum das Ganze nun diese Eigenschaften haben soll. Wenn man die Wechselwirkungen weglässt und nur die Teilchen betrachtet, kann man das Ganze nicht verstehen. Das Ganze ist ohne die Einzelteile m.E. nicht sinnvoll zu verstehen. Die Einzelteile ohne Wechselwirkungen können kein Ganzes ergeben.

Viele Grüße
Job
Alles ist einfacher, als man denken kann, zugleich verschränkter, als zu begreifen ist.
J.W. von Goethe

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