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Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 30. Mai 2017, 22:50
von Frank
Der Fortschritt wird immer schneller, behaupten Medien, Vordenker oder Unternehmensberater immer wieder. Doch eine Analyse von Technology Review zeigt: Es stimmt nicht.
Ich merke das auch immer mehr und ich bin wirklich sehr tief drin in der Materie. Die Jünger der Digitalisierung mausern sich wirklich langsam zur Ersatzreligion und ich kann diese Missionierung langsam nicht mehr ab.
Man sollte echt mal dazu übergehen den Ball flach zu halten und nicht hinter jeder elektronischen Entwicklung die Neuerfindung des Rades zu sehen.
"In der Regel kommt die Entwicklung nicht mit Lichtgeschwindigkeit", sagt Kai Goerlich, Chief Futurist des Softwarekonzerns SAP. "Ich als Biologe setze eher auf das Prinzip Evolution." Viele vermeintliche Umwälzungen seien entweder "technisch nicht wirklich verblüffend" – oder meist das Ergebnis einer langen Entwicklung. Man denke nur an den Übergang von der SMS zu WhatsApp. Die Kommunikationsfunktion sei die gleiche geblieben. "Wenn das als Revolution gesehen wird, ist das gutes Marketing von WhatsApp."
https://www.heise.de/newsticker/meldung ... 28493.html

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 31. Mai 2017, 07:31
von Dares
Naja, zunächst sollte der Begriff "Fortschritt" mal klar definiert werden. Fortschritt gibt es schon, aber im oben
verlinkten Artikel geht um den Fortschritt bei Konsumenten.

Der im Artikel genannte 50%-Haushalte-Index ist schon aufschlussreich aber er liefert aber er liefert nur wenig Gründe für diese Entwicklung.
Denn Fortschritt wird da sein nur in diesem Fall muss der Konsument das auch annehemen.
Beispiele gibt es in der Studie ja genug angefangen vom Radio, Fernseher, Auto, Waschmaschine usw. Das sind aber alles Dinge mit denen man
konkret etwas anfangen kann. Sie sind einfach zu bedienen, haben einen hohen Stellenwert in meinem Alltagsleben und erleichtern und
verschönern mir das Leben oder machen es einfacher. Wobei der vermarktbare akzetable Preis natürlich auch eine Rolle spielt.

Anders sieht es bei einem z.B. PC aus: Da fragt sich der Konsument erstmal was das ist und was ich damit positives anfangen kann. Also
mal platt gesagt eine Rechenmaschine, bringt mir das Ding was? Nein. Das war in den Anfängen schon etwas abstrakter weil man
nicht wusste was diese Maschine kann und welchen praktischen Nutzen diese im Alltagsleben hat da es damals auch noch keine
vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten gab. Das beschränkte sich auf Textverarbeitung oder Buchhaltungsprogramme oder einfache PC-Spiele.
Wer braucht sowas?

Darin liegt der Unterschied zum Fernseher oder der Waschmaschine. Ähnlich beim Handy/Smartphone. Diese Dinger waren teuer und wer
braucht sowas? .........Und heute scheint es zum Statussymbol mutiert zu sein.............. :sp:

Grüsse

Dares

PS.: Der obige verlinkte Artikel sagt also nicht etwas über den wirklichen Fortschritt aus sondern nur etwas über die Akzeptanz.

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 31. Mai 2017, 09:00
von ralfkannenberg
Frank hat geschrieben:
30. Mai 2017, 22:50
Der Fortschritt wird immer schneller, behaupten Medien, Vordenker oder Unternehmensberater immer wieder. Doch eine Analyse von Technology Review zeigt: Es stimmt nicht.
Ich merke das auch immer mehr und ich bin wirklich sehr tief drin in der Materie. Die Jünger der Digitalisierung mausern sich wirklich langsam zur Ersatzreligion und ich kann diese Missionierung langsam nicht mehr ab.
Hallo Frank,

es ist leider noch viel schlimmer: ich war kürzlich auf einer Fachkonferenz und da war das auch das Thema und wurde gleich von mehreren Speakern aufgegriffen. Mit der Ankündigung, dass das nicht in den nächsten 10-20 Jahren, sondern in den nächsten 2-3 Jahren komme und mit der Ankündigung, dass in meiner Berufsgruppe dann alle unseren Job verlieren.

Mit solchen Aussagen machen sie natürlich die Leute und auch anwesende Kader nervös, die keine Details kennen, aber befürchten, etwas zu verpassen und womöglich von der Konkurrenz abgehängt zu werden, wenn sie nicht auch auf diesen Zug aufspringen.

Wie auch immer, ich bin auch der Meinung, dass diese Art Polemik zu weit geht und es ist unschwer zu erkennen, was nun passiert: es wird nämlich tatsächlich passieren, aber nicht, weil es eine Notwendigkeit dafür gäbe, sondern weil man den Verantwortlichen nun einen Floh ins Ohr gesteckt hat und diese nun meinen, "geeignete" Massnahmen tätigen zu müssen.

Dass diese Speaker nicht selten aus Consulting-Firmen stammen, die diese jetzige Gelegenheit natürlich nutzen werden, für gutes Geld "Kurse" anzubieten, wird nicht verwundern, allerdings denke ich weniger, dass die das aus Kalkül gemacht haben, sondern vielmehr die Unsicherheit nutzen, um sich dann in 2-3 Jahren als "Experten" darzustellen, die das alles richtig vorhergesehen haben.

Da ich noch etwas zu jung für eine Pensionierung bin und zudem wenige Beitragsjahre habe, d.h. ohnehin hoffe, länger arbeiten zu können, bin ich natürlich voll betroffen. Eher zufällig hat es sich aber ergeben, dass ich aufgrund eines Projektes in die Position gekommen bin, dass ich dann immer noch gebraucht werde, denn den Umfang dieses Projektes kann ich nur mit Automatisierung bewältigen und das Thema wurde in der Firma in den vergangenen 12 Jahren in der QS völlig vernachlässigt. Ich kann also neben dem inhaltlichen Aspekt das ganze auch noch mit der Automatisierung kombinieren. Und genau in diese Richtung geht eben auch die Neuausrichtung, so dass ich dem mit grosser Gelassenheit entgegensehe.


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 31. Mai 2017, 09:06
von seeker
Zum Schlagwort "Disruption", um den es in dem verlinkten Heise-Artikel nicht zuletzt geht, empfielt sich vielleicht auch dieser Artikel hier zum weiterlesen:

Der Mythos Disruption
Ein Gespenst geht um in Europa – in der Ökonomie, der Politik, in der ganzen Welt, ganz besonders aber auf Wirtschaftskongressen. Sein Name: DISRUPTION.
https://www.zukunftsinstitut.de/artikel ... isruption/

Viel Rauch um nichts?

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 31. Mai 2017, 09:51
von Dares
@Seeker und @Ralf,
sorry, dann habe ich das Thema etwas fordergründig betrachtet.

Aber mal anders gesagt: Der Begriff "Disruption" ist neu und findet immer mehr Anwendung um Dinge zu erklären. Aber diese Probleme die
beschrieben werden existieren nicht erst seit heute. Das fing doch schon mit der Ölkrise in den 70er an.
Letztendlich geht es doch darum dass Arbeitsprozesse optimiert werden um Kosten einzusparen. Das höre ich nun schon seit meinem Eintritt ins
Berufsleben. Der Gedanke der dahintersteht ist doch dass Ängste geschürt werden sollen um mehr Produktivität zu erreichen.
Letztendlich kann man Veränderungen im Berufsleben auch nicht aufhalten und ich habe alle Veränderungen in unserer Firma immerhin
noch überstanden.
seeker hat geschrieben:
31. Mai 2017, 09:06
Viel Rauch um nichts?
Kann man generell nicht so sagen. Es gibt bestimmt Bereiche wo es hart hergeht und andere Bereiche wo man unterkommt.
Unsere alten Chef`s haben immer gesagt man muss flexibel sein um bestehen zu können. Da werden sie wohl recht haben.
Aber wie geagt das ist nicht neu. Es gibt ständig Veränderungen an welche wir uns anpassen müssen. Vlt. sind wir nur zu
bequem geworden um auf Veränderungen zu reagieren.

Mal nachdenklich

Dares

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 1. Jun 2017, 01:48
von Skeltek
Es ist nur immer mehr Arbeit notwendig um gleich viel Verbesserung zu erreichen.
Sehe da kaum Job-Probleme.
Man stelle sich Service-orientierte Strukturen vor (mal nach SOA - Service Oriented Architecture googeln) - das wird einen Haufen Arbeit erstmal machen. Die Rekombinationsmöglichkeiten bisheriger Technologien wachsen ja sicherlich auch fast logarithmisch.

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 2. Jun 2017, 11:00
von Frank
Skeltek hat geschrieben:
1. Jun 2017, 01:48
Es ist nur immer mehr Arbeit notwendig um gleich viel Verbesserung zu erreichen.
Sehe da kaum Job-Probleme.
Man stelle sich Service-orientierte Strukturen vor (mal nach SOA - Service Oriented Architecture googeln) - das wird einen Haufen Arbeit erstmal machen. Die Rekombinationsmöglichkeiten bisheriger Technologien wachsen ja sicherlich auch fast logarithmisch.
So sehe ich das ja auch. Allerdings verfallen immer mehr Konzerne/Firmen in panischen Aktionismus, sie könnten irgendwo etwas verpassen.
Leider sind solche Phasen auch die Geburtsstunden von Beratern, Analysten und sonstigem "Aufklärern", also Diggijünger, die zu unglaublichen Preisen von den Firmen gebucht werden. Mc Kinsey bekommt über 8000€ pro Tag von Firmen , sie ins gelobte Land zu führen.(um nur mal ein Beispiel zu nennen)
Hier wird viel alter Wein in neuen Schläuchen verpackt.
Natürlich wird es eine Umstruktuierung vieler Arbeistplätze geben, aber so wie du schon sagst Skeltek, dafür werden andere entstehen.

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 2. Jun 2017, 11:48
von ralfkannenberg
Frank hat geschrieben:
2. Jun 2017, 11:00
Natürlich wird es eine Umstruktuierung vieler Arbeistplätze geben, aber so wie du schon sagst Skeltek, dafür werden andere entstehen.
Hallo Frank,

bei uns werden es aber irgendwie trotz der Entsehung neuer Arbeitsplätze immer weniger.

Ok, es sind in etwa gleich viele wie vor 18 Jahren, aber ... - inzwischen gab es 4 Fusionen ! - Und wenn man die Vergleichszahlen vor den jeweiligen Fusionen heranzieht, so wurde rund die Hälfte aller Arbeitsplätze abgebaut.


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 2. Jun 2017, 12:01
von Frank
ralfkannenberg hat geschrieben:
2. Jun 2017, 11:48
Frank hat geschrieben:
2. Jun 2017, 11:00
Natürlich wird es eine Umstruktuierung vieler Arbeistplätze geben, aber so wie du schon sagst Skeltek, dafür werden andere entstehen.
Hallo Frank,

bei uns werden es aber irgendwie trotz der Entsehung neuer Arbeitsplätze immer weniger.

Ok, es sind in etwa gleich viele wie vor 18 Jahren, aber ... - inzwischen gab es 4 Fusionen ! - Und wenn man die Vergleichszahlen vor den jeweiligen Fusionen heranzieht, so wurde rund die Hälfte aller Arbeitsplätze abgebaut.


Freundliche Grüsse, Ralf
Nunja, bei einer Fusion gibt es immer etwas Schwund. :wink:
Wie man hier sieht wird bei der Fusion von zwei schwarzen Löchern.,,,,
Eine komplette Sonnenmasse wurde dabei in Energie umgewandelt und versetzte die Raumzeit in Schwingung.
http://www.spektrum.de/news/schon-wiede ... en/1461769

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 2. Jun 2017, 12:14
von ralfkannenberg
Frank hat geschrieben:
2. Jun 2017, 12:01
Nunja, bei einer Fusion gibt es immer etwas Schwund. :wink:
Hallo Frank,

in diesem Falle nicht, weil die Fusionspartner nicht in Konkurrenz zueinander standen, sondern verschiedene Dienstleitungen angeboten haben. Zudem war die Zusammenarbeit zwischen den vorherigen Firmen schon sehr gut. Das Ziel der Fusion war, dass man den Kunden gegenüber als nur ein Ansprechpartner auftreten wollte, was m.E. übrigens der richtige Weg war und auch nach wie vor ist.

Es waren dann auch nicht die Fusionen, die zum Abbau von Arbeitsplätzen geführt haben, ganz im Gegenteil: diese dienten der Stärkung der Firma und entsprechend der Sicherung der Arbeitsplätze.

Nein, es war "Mär vom rasenden Fortschritt", die uns das beschert hat !


Freundliche Grüsse, Ralf

Re: Die Mär vom rasenden Fortschritt

Verfasst: 2. Jun 2017, 13:32
von Frank
ralfkannenberg hat geschrieben:
2. Jun 2017, 12:14
Hallo Frank,

in diesem Falle nicht, weil die Fusionspartner nicht in Konkurrenz zueinander standen, sondern verschiedene Dienstleitungen angeboten haben. Zudem war die Zusammenarbeit zwischen den vorherigen Firmen schon sehr gut. Das Ziel der Fusion war, dass man den Kunden gegenüber als nur ein Ansprechpartner auftreten wollte, was m.E. übrigens der richtige Weg war und auch nach wie vor ist.

Leider ist es aber selten so, dass nur reine vertriebliche Aspekte der alleinige Grund für eine Fusion sind. Die kaufmännische Ausrichtung, die Standortoptimierung , oder auch einfach der Verwaltungsaufwand stehen hier zur Überprüfung.