Ich liebäugle mit deiner angedachten Richtung und ich wünschte es wäre so. Ich sehe aber leider bis heute keine hinreichenden Beweise, die diese These genügend stützen (oder widerlegen) würden. Deine Schlussfolgerung ist auch nicht zwingend (dazu später mehr). Da der Wunsch nicht Vater des Gedankens werden darf muss ich daher immer noch sagen: "Ich weiß es nicht!" Auch die andere Möglichkeit kann wahr sein und sie hat genügend gute Argumente für sich.
Aber um es auf den Punkt zu bringen:
Es gibt m. E. zwei Möglichkeiten wie das Gehirn mit dem Bewusstsein zusammenhängt.
1. Das Gehirn produziert das Bewusstsein.
2. Das Gehirn empfängt das Bewusstsein. (D.h. es arbeitet im Prinzip wie ein Sender/Empfänger)
Dabei sind beide Möglichkeiten sehr interessant!
"1." bedeutet nämlich zumindest eines: Materie hat, zumindest wenn sie komplex genug und richtig verschaltet ist, ein Bewusstsein!
Das bedeutet aber, dass Bewusstsein eine Eigenschaft der Materie ist, dass Materie also geistige Eigenschaften hat oder zumindest haben kann.
Schon diese Aussage ist eigentlich völlig überraschend und rätselhaft, wenn man rein materialistisch denkt.
Folgende Frage ist dabei höchst interessant: Ist "Geist" (oder besser: das Vorhandensein einer Innenseite) immer eine Eigenschaft, also ein Teil der Materie (also auch schon z.B. bei Atomen)?
Nur: Was ist damit genau gemeint und wie sollen wir das herausfinden können?
Im Grunde tendiere ich zu der Vermutung, dass beide Aussagen 1. und 2. irgendwann, wenn genügend weit verfolgt, zu demselben Ergebnis kommen werden, dass sie also nur scheinbar widersprüchlich sind. Damit kommen wir doch noch zu einer Möglichkeit Nr. 3:
3. Das Gehirn IST Bewusstsein, das Bewusstsein IST Gehirn!
... wobei ich die Möglichkeit zwar formulieren kann, obgleich ich noch gar nicht wirklich verstehe, was das bedeutet.
Zum "Ich":
Ich vermute, dass das "persönliche Ich" eine Illusion ist. (Falls ein echtes "Ich" existiert, dann kann es nur eines geben und es muss global existieren.) Deshalb ist es mir lieber, wenn man sich in der Diskussion zunächst davon zurückzieht und lieber über das Phänomen Wahrnehmung nachdenkt. Das "Ich" ist ja auch nur eine Wahrnehmung, nämlich die Selbst-Wahrnehmung... Jedenfalls ist es viel schwieriger (m. E. unmöglich) zu bezweifeln, dass da wirklich Wahrnehmung IST. "Wahrnehmung" bedeutet dabei als Minimalannahme zwangsläufig: Es existiert eine Innenseite!
Dem muss ich widersprechen. Diese Schlussfolgerung ist möglich aber leider nicht zwingend.pepr hat geschrieben:Also wir klonen einen Menschen einfach in unserer Vorstellung. Alles wird exakt dupliziert, jede Zelle, jedes Molekül, jegliche chemische Verbindungen, die ganzen Synapsen, Erinnerungen - einfach alles. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung wird es zumindest für kurze Zeit 2 exakt gleiche Menschen geben - nennen wir ihn mal Seeker1 und den exakten Klon Seeker2. Jetzt die Frage direkt an Seeker? In welchem Körper wirst Du Dich gerade "bewußt" wiederfinden? Die Antwort lautet: Seeker1!
Obwohl alles genau gleich geklont worden ist, gibt es einen kleinen nicht materiellen Unterschied - muss es geben - und der ist das Selbstbewußtsein.
Nochmal, ich sage: Obwohl es objektiv gesehen keinen Unterschied gibt, gibt es sehr wohl von innen gesehen einen Unterschied, denn das Gleiche ist nicht das Selbe, genau gleich ist nicht identisch! Daran muss nicht Geheimnisvolles sein. Das ist auch auf rein materieller Ebene schon so.
Daher werde ich nach wie vor Seeker1 sein, denn meine Atome existieren ja weiterhin unverändert. Es ist ihnen völlig egal, ob eine Kopie von ihnen existiert.
Denk dir einen Stein. Der Stein wird auch noch er selbst sein, egal wie viele exakte Kopien von ihm gemacht werden. Dass wir ihn nicht mehr von seinen Kopien unterscheiden können ist doch dem Stein egal!
Einzige Ausnahme von dieser Regel: Quantenverschränkung.
Dort haben wir es aber auch nicht mehr mit zwei Objekten zu tun, sondern in Wahrheit mit genau einem Objekt (so lange die Verschränkung besteht).
Um eine indentische (und nicht nur exakt gleiche) Kopie von einem Menschen herzustellen, müsstest du die Kopie mit dem Original zumindest für einen kurzen Augenblick komplett verschränken. Während diesem Augenblick wüsste ich nicht mehr, ob ich Seeker1 oder Seeker2 bin (die Frage wäre auch sinnlos). Nach der Verschränkung hätte keiner der Seekers mehr ein größeres Recht zu behaupen, er wäre Seeker1 und nicht der andere, egal ob von den Innenseiten oder von der Außenseite her betrachtet. Eine solche Verschränkung ist allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit unmöglich.
Deine weiteren Beispiele, die du anbringst, sind zwar als Hinweise in eine gewisse Richtung wertbar (und sie stimmen nachdenklich) - man muss das aber zum heutigen Zeitpunkt so nicht tun.
Ich habe sogar von noch verrückteren (dennoch glaubhaften) Sachen gehört, bei Nahtoderfahrungen: Bewusstseinsinhalte ohne messbare Gehirnaktivität zum nachweislichen Zeitpunkt.
Dennoch:
All das ist bis heute im Gesamtbild immer noch genauso gut oder -schlecht auf materieller bzw. konventioneller Basis erklärbar.
Es fehlen eindeutige Beweise und es ist sogar fraglich, ob es die überhaupt geben kann.
Es fragt sich auch: Was wäre denn erklärt, wenn wir deiner These folgen würden? Ich denke, das ist genau das Problem: Wir stünden weiterhin vor etwas, das sich einer weiteren Erklärung und nachweisbaren Schlussfolgerungen vollständig entzieht. Da beschränken sich viele Menschen dann doch lieber auf die messbare materielle Welt...
Das bedeutet nicht, dass man sagen sollte: "Das ist Quatsch!". Man sollte lieber sagen: "Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich weiß es (noch?) nicht!"
Grüße
seeker