Skeltek hat geschrieben:Ich hoffe ich habe das alles so richtig verstanden?
Ja, zum Teil.
Ich finde nicht, dass Peter und ich streiten. Wir pflegen halt einen etwas laxeren Umgang miteinander, das ist alles, auch wenn man sich manchmal ein wenig hineinsteigert.
(Ist doch so Peter?
)
Skeltek hat geschrieben:Aber ich denke euer Streitpunkt ist doch, ob Kausalität(bzw Zeit) oder Veränderung das jeweils andere bewirkt(welches ist die Ursache?).
Na ja, hier war das zuerst so. Im Moment sind wir aber auf einer grunsätzlicheren, allgemeineren Ebene. Peter bringt ja öfters sein konstruktivistisches Gedankengut ins Spiel und das wollte ich noch näher erörtern (auch unabhängig von SRT, etc.). Wichtig dabei ist mir zu erörtern, wie weit man den Konstruktivismus treiben sollte.
Ich bin auch schon am Überlegen, ob ich die letzten Beiträge deshalb nicht abtrennen und in einen philosophischen Thread stecken soll.
Hab's aber noch nicht gemacht, weil es immer sehr schwierig ist etwas sauber abzutrennen und auch Arbeit bedeutet...
Wichtig ist mir auch dieser neue Gedanke, der mir gekommen ist:
seeker hat geschrieben:Relevanz und Begrifflichkeit ist dasselbe. Das relevante Universum ist automatisch genau das Universum, über das man prinzipiell auch reden kann.
Kurz: Es ist für uns als Menschen egal, was das Universum "an sich" , ohne den Menschen, außerhalb des Denkens unserer inneren Realität IST.
Krasser ausgedrückt: Das völlig objektive Universum ist für uns irrelevant! (Mit "völlig objektiv" ist "unabhängig von jeder menschlichen Begrifflichkeit" gemeint.)
Gefällt mir im Moment recht gut. Ich glaube damit kann ich einigen konstruktivistischen Beschränkungen entkommen, besonders extremen Positionen daraus, die mir dauernd sagen, dass ich nichts über das wirkliche Universum wissen und sagen kann. Ich kann dann sagen: "Ja, aber das ist egal!"
Das mit dem Gehirn ist wohl schon in etwa so wie du sagst. Es ist eh interessant, dass das Gehirn überhaupt Bewegung wahrnehmen kann, denn Einzelbilder bleiben Einzelbilder, egal wie schnell sie abgespielt werden. Unser Gehirn scheint im Gegensatz dazu Bewegung auf eine direkte Weise
als Bewegung wahrnehmen zu können, eben nicht wie eine Kamera, nicht wie eine Abfolge von Einzelbildern. Das geht nur, wenn sozusagen mehrere Einzelbilder (aus der unmittelbaren Vergangenheit, der Gegenwart und der berechneten unmittelbaren Zukunft) gleichzeitig im Bewusstsein gehalten und miteinander vermischt werden. Aber das ist eine andere Geschichte...
Skeltek hat geschrieben:Euren Streit um Veränderung/Wahrnehmung/Interpretation der Sinneseindrücke die Menschen auswerten kann keiner von euch gewinnen, da sich das zu interpretierende ausserhalb eures Bewusstseins abspielt und nicht innerhalb eines weniger mächtigen Systems. Wir sind nunmal Teil der Welt und schweben nicht darüber.
Da sind wir uns ja alle einig, dass es diese Trennung zwischen Sein und Bewusstsein gibt, zwischen Natur und Beschreibung bzw. Wahrnehmung bzw. Gedanken ÜBER die Natur.
Es geht m.E. im Moment eher darum, wie man damit umgehen/reagieren soll und was das für uns genau bedeutet? Was kann man bei diesem Hintergrund über die Natur sagen - und wie ist das Gesagte dann zu bewerten?
Hintergrund des Problems ist auch u.a., dass das, was wir über unser Bewusstsein wissen bzw. erfahren ein
unmittelbares, direktes Wissen ist (denn wir stecken ja selbst drin), während das, was wir über die Natur wissen ein
mittelbares, indirektes Wissen ist, vermittelt durch unsere Sinne und unser Gehirn.
Das mit der Starkstromleitung sehe ich genauso.
P.S:
Die konstruktivistische Position besagt halt nach meinem Verständnis, dass unsere Theorien und Beschreibungen der Welt nichts oder zumindest nicht viel mit der wirklichen Welt zu tun haben. Unsere Theorien funktionieren zwar in ihren Grenzen, aber das ist auch schon alles. Sie sind als Gedankenkonstrukte nicht "wahr", nicht einmal ein bißchen.
Sprachkritische Philsophie spielt da mit hinein: Sprache ist konstruiert und ist Begrenzung, schon deshalb weil sie sich begrenzter, erfundener Zeichen oder Begriffe bedienen muss, die nur innerhalb ebenfalls erfundener Vorstellungswelten der Menschen überhaupt eine Bedeutung haben.
Die Gegenposition (ich glaube das ist dann eher Platonismus oder in der Nähe davon) besagt, dass unsere Theorien von der Welt sehr wohl etwas mit der wirklichen Welt zu tun haben, schon deshalb, weil die Welt ja in unseren Gedanken wirkt und eben WEIL sie funktionieren. Sie gibt dabei auch zu, dass unsere Theorien unvollkommen und vorläufig sind.
Jedoch enthalten bzw. erfassen sie dabei dennoch immer einen Teil der Wahrheit dessen, wie die Welt wirklich ist. Eine perfekte Theorie in ferner Zukunft würde dabei sogar praktisch die gesamte Wahrheit der Natur richtig erfassen/einfangen können.
Das gilt auch für die Mathematik: Die Konstruktivisten sagen, dass mathematische Wahrheiten konstruiert werden (also nur
abhängig von uns existieren), die Platonisten sagen, dass sie vielmehr entdeckt werden (also
unabhängig von uns existieren).
Die Mehrheit der Leute (bes. der Mathematiker) hängt eher dem Platonismus an.
Um eine objektive Entscheidung zwischen den beiden Positionen treffen zu können, müsste man wissen (nachweisen!), was "Wahrheit" bzw. "Realität" bzw. "Existenz" genau ist.
Da das aber beide Lager nicht können, ist die Entscheidung welcher Position man eher den Vorzug gibt wohl eher eine Geschmacksfrage.
Ich halte beide Positionen für interessant. Man kann daraus lernen.
Grüße
seeker