Kephalopyr hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 19:02
Was genau meinst Du mit "scheints"? Schein, im Sinne einer Täuschung oder Einbildung, etwas subjektives?
Etwas Subjektives, ja. Aber nicht im negativen Sinne, auch nicht im Sinne von "nicht-echt" oder so etwas.
Ich schrieb "scheints" immer dann, wenn es sich um Aussagen handelte, denen ich mir nur weniger sicher sein kann, als dem Kern und Dreh- und Angelpunkt von "Wissen" überhaupt, von allem anderen, nämlich der Gwissheit zu sein, das "Ich bin!" (ganz egal, was "Ich" dabei wieder nun sein mag, das "bin" bzw. "Es ist!" bleibt immer).
Um gewiss zu sein, da zu sein, brauche ich auch die Welt um mich herum gar nicht - ich weiß es auch ohne sie:
Ich muss hier und jetzt nicht erst die Welt befragen, um zu wissen, dass ich da bin.
Ansonsten:
Ich denke, die teilweise Verwirrung entsteht durch Unklarheiten der verwendeten Begriffe "Raum" und "Zeit".
Ich denke außerdem, dass du hier schon nahe dran bist, diese Sache auflösen zu können:
Kephalopyr hat geschrieben: ↑19. Feb 2024, 01:11
so besitzt jedes Objekt doch eigentlich so gesehen seine ganz eigene Zeit
Lass einfach des "eigentlich" weg und ersetze es durch "wirklich"...
Der Sache kann man auf den Grund kommen, wenn man sich mit der Ausdehnung weiter beschäftigt.
Es ist doch so: Mein Körper ist im Raum ausgedehnt.
In welchem Raum?
Im physischen Raum, der sich durch den physikalischen Raum der Physik mathematisch beschreiben lässt.
Wie ist es mit meinem Bewusstsein bzw. meiner Psyche? Hat das auch Ausdehnung?
Antwort: Ja! Aber sicher nicht im physischen Raum. Mein Bewusstsein ist z.B. sicher nicht "2m breit".
Worin ist es dann ausgedehnt?
Im psychischen Raum! In meinem Bewusstsein gibt es meistens viele Objekte, die
in mir an unterschiedlichen "Orten" sind.
Wenn das nicht oder weniger der Fall ist (z.B. in der Meditation), dann zieht sich mein Bewusstsein sozusagen fast auf einen Punkt zusammen.
Mit der Zeit ist es dasselbe:
Physische / physikalische Zeit ist etwas anderes als psychologische Zeit!
Das Eine hat mit dem Anderen nur lose etwas zu tun.
Und mit dem "Ort" ist es auch dasselbe!
Ein Ort und ein Zeitpunkt im physikalischen Raum sind etwas
anderes als ein Ort und ein Zeitpunkt im psychischen Raum!
Wenn ich nach einem Ort oder einem Zeitpunkt frage, wie bei "Wo bin ich?" oder "Wann bin ich?" oder allgemeiner: "Wo ist A?", "Wann ist A?", dann fragt man in Wahrheit nach: "Wo ist A, relativ zu X"?, "Wann ist A, relativ zu X?"
Gretchenfrage: Was ist "X"?
X kann irgendetwas "nebendran" sein oder eine allgemeine Umgebung sein, aber es ist immer "etwas anderes":
"A ist 2m neben X!"
"A ist 5min nach X!"
So funktioniert das im physischen Universum:
"Der Baum ist 2m neben diesem Stein hier!", "Das Blatt erreichte den Boden 5s bevor ich draufgetreten bin!"
Aber was ist, wenn ich nach psychischen Objekten frage? Dann funktioniert das nicht mehr, der Maßstab ist auch ein anderer:
"Die Wahrnehmung A (z.B. ein Geruch oder Körpergefühl) befindet sich in meinem Bewusstsein irgendwo in einem Eck hinter der Wahrnehmung X (z.B. eine optische Wahrnehmung)!"
"Der Gedanke A war irgendwie kurz vor Gedanke B da."
Offensichtlich keinen Sinn machen hier Antworten wie:
"Mein aktuelles Körpergefühl befindet sich in 2m Entfernung von meiner aktuellen optischen Wahrnehmung."
Bei der Zeit ist es etwas schwerer einzusehen, aber es ist auch dort so, dass psychologische Zeit etwas anderes ist.
Innerhalb der Psyche ist hier auch eher wahr: "Das kommt mir wie gestern vor!" als "Es ist 5 Jahre her!"
Wir sagen dann zwar "objektiv gesehen ist das 5 Jahre her.", aber dass ändert überhaupt nichts daran, dass es das in der Psyche nicht ist und dass das dann nicht genauso wahr wäre.
Perspektiven, Kategorien...
Daraus folgt:
Wenn wir nun dieselben Wörter "Zeit" und "Raum" einerseits für das physikalische Universum und andererseits für Bewusstseinsräume verwenden, dann muss Verwirrung entstehen, weil die die dahinterstehenden Begriffe in den beiden Sphären
nicht die gleichen sind und nicht dasselbe meinen können. Wir haben es hier auch mit zwei verschiedenen Kategorien zu tun.
Es gibt anerkannterweise beides. Es gibt sogar einen physikalischen Zeitpfeil und zusätzlich noch einen psychologischen Zeitpfeil.
Das sind zwei verschiedene Dinge.
Kephalopyr hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 19:02
Wo sind wir, wenn wir träumen?
Die noch interessantere Frage ist vielleicht: Wo sind wir im Tiefschlaf? Wo sind wir, wenn wir bewusstlos sind, z.B. während einer Narkose?
Kephalopyr hat geschrieben: ↑18. Feb 2024, 19:02
Seiner Meinung nach, könnten wir innerhalb eines Traumes vielleicht wirklich bewusstseinstechnisch ganz woanders sein, wie Du es zum Schluss so interessant formuliert hast: vielleicht ist Dein Körper oder Bewusstsein so ausgedehnt, dass Du im gesamten Universum bist. Das ist natürlich nur ein Gedanke, aber wirklich spannend!
Ich denke das ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir uns hüten müssen, die Begriffe "physische Zeit und physischer Raum" mit "psychologische Zeit, psychologischer Raum" zu vermischen.
Um das tun zu dürfen, müssten wir beides gleichsetzen. Dafür bräuchten wir aber einige starke Grundannahmen, die uns möglicherweise nicht schmecken würden und die auch nicht beweisbar richtig (oder falsch) wären.