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Aktueller Status der Stringtheorie ???

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
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Beitrag von wilfried » 17. Jun 2008, 20:43

Liebe Freunde

ich habe Anwort von Prof. Bojowald bekommen und zitiere hier seine Post an mich:
Lieber Herr Tenten,

Grundsaetzlich klingt Ihr Projekt natuerlich interessant, es erscheint mir aber auch zeitaufwaendig, da abgesehen von den beiden genannten tatsaechlich zur Zeit keine vergleichenden Review-Artikel existieren. (Einige Diskussionen finden aber doch zwischen den Comminities statt, so dass vielleicht irgendwann etwas brauchbares resultiert.) Aus Zeitgruenden erwarte ich nicht, dass ich substantiell beitragen kann. Ich bin aber gerne bereit, konkrete Fragen anzugehen, sofern es mir moeglich ist.

Viele Gruesse,

Martin Bojowald
Ihr seht, welche hochkarätige leute unserem Forum wohlgesonnen sind
Netten Gruß

Wilfried
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Beitrag von gravi » 30. Jun 2008, 20:02

Kleine Zwischenfrage:

Haben wir denn nun schon einen ersten Fragenkatalog zusammen bekommen, den wir den entsprechenden Experten unterbreiten könnten (ich meine jetzt nicht Toms umfangreiche Liste, sondern eine eher etwas auf die wichtigsten Punkte reduzierte)?

Wilfrieds Kontakt ist ja schon mal Klasse!

Gruß
gravi
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Beitrag von tomS » 30. Jun 2008, 20:08

Ich hab inzwischen mal eine grundsätzliche Anfrage an die Herrn Nicolai, Thiemann und Louis geschickt (noch ohne Fragenkatalog), aber leider noch keine Antwort erhalten.
Gruß
Tom

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Beitrag von wilfried » 30. Jun 2008, 23:06

Tag zusammen,

ich bin zur Zeit etwas im Dauerstress, die Klausuren stehen an und ich muss meine Studis trainieren. Habe wenig Zeit mich um irgendwas detailliertes hier zu kümmern und kann grad nur "Kleckerkram" tun.

Netten Gruß

Wilfried
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Beitrag von gravi » 1. Jul 2008, 19:50

Danke Euch,

es ist allerdings auch verständlich. Klausurenstress (meine Tochter büffelt auch gerade wie irre) und dann noch Sommer - die einen pauken, die anderen sind im Urlaub.

Nun, warten wir einfach noch ab.

Schönen Gruß
gravi
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Beitrag von tomS » 1. Aug 2008, 22:16

So, nach einigen Wochen und Diskussionen hier ein reduzierter Fragenkatalog.

Ziel war und ist es, diesen Fragenkatalog Experten auf dem Gebiet der Stringtheorie vorzulegen und (optimistisch!) mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Dazu hat insbs. Rays privat Input geliefert; er ist auch bereit, seine Kollegen dazu anzusprechen - herzlichen Dank!

Ich hoffe also, dass Umfang und Inhalt der Fragen so passen und wir uns nicht verzetteln.

Ich würde mich freuen, wenn wir neben der Rückmeldung von Experten auch hier im Forum diesen nun reduzierten Fragenkatalog sowie mögliche Antworten diskutieren würden.



1. Generelle Fragestellungen
1.1 was sind die fundamentalen Konzepte bzw. Gleichungen der Stringtheorie? (und M-Theorie – gilt ggf. auch für alle weiteren Fragestellungen)
1.2 was sind die fundamentalen, konzeptionellen Probleme sowie zentrale offene Fragestellungen?

2. Experimentelle Überprüfbarkeit
2.1 welche experimentellen, nicht aus anderen Theorien (SM, MSSM, SuGra) ableitbaren Vorhersagen, macht die Stringtheorie? was sind die „Top-5 Experimente“ zur Bestätigung / Widerlegung?

3. (Vierdimensionale) Raumzeit, Gravitation, Singularitäten
3.1 was ist die Ursache für die Vierdimensionalität der Raumzeit in einem Universum mit 10 (11, 12) Dimensionen? warum sind gerade sechs Dimensionen kompaktifiziert bzw. anderweitig unsichtbar?
3.2 Stichwort Singularitätentheoreme (Hawking, Penrose): haben diese Bestand in der Stringtheorie, d.h. in mehr als 4 Dimensionen? oder gibt es einen Beweis für die Singularitätenfreiheit der Stringtheorie?
3.3 wie kann das Konzept der Hintergrundabhängigkeit (Stichwort: Diffeomorphismeninvarianz der ART) mit dynamischer Raumzeit in die Stringtheorie integriert werden?

4. Dualitäten
4.1 was ist der aktuelle Status (theor. + exp.) bzgl. der Dualitäten (S-, T-, AdS/CFT, allg. Gauge/Gravity) ?
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
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Ray Light
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Beitrag von Ray Light » 4. Aug 2008, 23:35

Hallo zusammen,

wir bitten hier die Community im Forum um Rückmeldungen: Sind die Fragen gut oder nicht gut? Bitte positiv oder negativ antworten - jede Antwort, jeder Kommentar hilft.

Fehlt etwas Wesentliches? Schlagt bitte weitere/andere Fragen vor, falls notwendig.

Ist der Fragenkatalog allerdings konensfähig, dann kommt der nächste Schritt: Vorlage bei Experten.

Gruß,
Ray
Wir haben verlernt uns zu wundern.

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tomS
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Beitrag von tomS » 4. Aug 2008, 23:37

Ich wollte mal ein paar Erklärungen dazu loswerden, was hinter den Fragen steckt:

1.1 was sind die fundamentalen Konzepte bzw. Gleichungen der Stringtheorie? (und M-Theorie – gilt ggf. auch für alle weiteren Fragestellungen)

Normalerweise geht man davon aius, dass eine physikalische Theorie einige wenige grundlegende Formeln enthält (z.B. die Lagrangedichte, Pfadintegral sowie einige Symmetrien, z.B. Eichsymmetrien). Dann gibt es einen Satz von Regeln (Quantisierung, Störunstheorie, ...), die man darauf anwendet und man gelangt schließlich zu mathematischen Strukturen, die ein mathematisches Modell der Wirklichkeit liefern, sowie einen Werkzeugkasten, der es erlaubt, Vorhersagen bzgl. Experimenten zu machen. Bei dser String- und insbs., der angeblich fundamentaleren M-Theorie scheint es nun so zu sein, dass es diese wenigen fundamentalen Konzepte so nicht gibt und man immer wieder neue Formeln findet, die zusammen eine Art Puzzle geben. Man kennt aber nicht das Gesamtbild z.B. "Berg", sondern nur viele einzelne Puzzlestückchen, auf jedem davon ein nettes Bildchen, aber eben noch kein "Berg".

1.2 was sind die fundamentalen, konzeptionellen Probleme sowie zentrale offene Fragestellungen?

Wir hatten ja bereits eine erweiterte Version des Fragenkatalogs. Wichtig wäre es hier, zu wissen, welche Fragen fundamentaler Natur sind, und welche eher zweitrangig sind. Evtl. haben wir ja nicht die richtigen ausgewählt.

2.1 welche experimentellen, nicht aus anderen Theorien (SM, MSSM, SuGra) ableitbaren Vorhersagen, macht die Stringtheorie? was sind die „Top-5 Experimente“ zur Bestätigung / Widerlegung?

Hier geht es zunächst um experimentelle Vorhersagen. D.h. z.B. die Aussage "die Raumzeit half 10 Dimensionen" zählt nicht dazu - solange man diese Aussage nicht experimentell überprüfen kann (schlimmer, man könnte sie natürlich als experimentelle Vorhersage werten, aber dann wäre sie nach heutuger Erkenntnis einfach falsch, denn wir sehen eben nur drei Raumdimensionen und keine neun).
Sogar die Entdeckung von zusätzlichen Raumdimensionen wäre kein Beweis für die Stringtheorie, denn man kann durchaus mehr Raumdimensionen haben, ohne Strings zu benötigen. Die erste derartige Theorie von Kaluza und Klein vor ca. 80 Jahren vereinheitlichte Gravitation und Elektromagnetismus in 4 Raumdimensionen (eine davon war zu einem kleinen Kreis aufgerollt) - ohne Strings.
Auch die Aussage "Teilchen sind keine punktförmigen Objekte sondern Strings" zählt nicht dazu, denn die Stringatrtigkeit ist schlichtweg nicht messbar.
Die Aussage "die Entdeckung supersymmetrischer Teilchen bestätigt die Stringtheorie" ist falsch, denn es kann sehr wohl Supersymmetrie ohne Strings geben, aber eben nicht umgekehrt Strings ohne Supersymmetrie. Im einfachsten Fall z.B. das Minimal-erweiterte Supersymmetrische Standard-Modell (MSSM)
Also: was ist das Experiment für oder gegen die Stringtheorie???

3.1 was ist die Ursache für die Vierdimensionalität der Raumzeit in einem Universum mit 10 (11, 12) Dimensionen? warum sind gerade sechs Dimensionen kompaktifiziert bzw. anderweitig unsichtbar?

Die Stringtheoirie liefert ein Modell, wie die überzähligen Raumdimensionen verschwinden könnten, aber sie liefert kein Argument, warum gerade drei übrigbleiben. Warum nicht fünf oder alle neun??? In neun Raumdimensionen würde unsere Welt völlig anders aussehen, aber irgendeine fremdartige Welt wäre - nach allem was wir wissen - möglich.
Was ist nun mit den 10 oder 11 Dimensionen? Interessanterweise kann man eine verallgemeinerte Version der Stringtheorie finden, in der ein dynamisches Feld (das Dilaton), das normalerweise die Stärke der Grabvitation beeinflusst, sich auch als Ausdehnung in einer weiteren Dimension interpretieren lässt. Man kann also zum einen sagen, die Theorie inklusive Dilaton lebt in 9 Raumdimensionen = 10 Raumzeitdimensionen, man kann aber anscheinend auch eine andere, äquivalente Theorie finden, die eine Raumdimension mehr hat und wo die Größe dieser Dimension von Punkt zu Punkt variiert.

3.2 Stichwort Singularitätentheoreme (Hawking, Penrose): haben diese Bestand in der Stringtheorie, d.h. in mehr als 4 Dimensionen? oder gibt es einen Beweis für die Singularitätenfreiheit der Stringtheorie?

Stichwort Singularitätentheoreme: sie besagen, dass unter sehr allgemeinen Voraussetzungen praktisch alle Raumzeiten (egal welche Form im Detail) Singularitäten entwickeln (oder besser: Gebiete, die sich vom Rest des Universums abschnüren und unzugänglich werden - so erhebt Ray hoffentlich keine Einspruch). Penrose und Hawking wollten ursprünglich zeigen, dass die bekannten Singularitäten wie der Urknall nur in ganz ausgewählten Szenarien mit viel Symmetrien auftreten. Statt dessen fanden sie, dass es in praktisch jedem Universum auch ohne spezielle Symmetrien immer diese Singularitäten gibt.

Die Stringtheorie will nun ein vollständig konsistentes Bild des Universums zeichnen, das nict an bestimmten Stellen (Singularitäten) zusammenbricht. Penrose äußert aber die Befürchtung, dass auch in der zehndimensionalen Raumzeit mit den kompaktifizierten Dimensionen wieder Singularitäten entstehen und dass die Theoirie wiederum zusammenbricht.

3.3 wie kann das Konzept der Hintergrundabhängigkeit (Stichwort: Diffeomorphismeninvarianz der ART) mit dynamischer Raumzeit in die Stringtheorie integriert werden?

Die Stringtheorie entstand aus der Elementarteilchenphysik. Dort wird die Dynamik der Raumzeit immer vernachlässigt (man nimmt einen flachen Minkowskiraum an) und nur die Bewegung der Teilchen und Felder auf diesem Raum betrachtet.

In der Stringtheoirie ist nun die Raumzeit fest vorgegeben und man betrachtet die Dynamik von
Teilchen auf dieser Raumzeit. Eines davon soll das Graviton sein. Und irgendwie soll die gesamte Theorie (also flacher Raumzeithintergrund + Gravitonen) auch dynamische Geometrien wie unser Universum erzeugen - nur wie??? Problem sit, dass eine Grundvoraussetzung der Theorie ist, dass die Teilchen bzw. ihre Dynamik nur kleine Störungen (quasi winzige Wellen) des Raumzeithintergrundes sind. Aber um vom flachen Minkowskiraum zu einem realistischen Modell des Universums zu kommen, genügen kleine Störungen nicht - man baucht große. Aber die Voraussetzung ist gerade, dass die Störungen klein bleiben, sonst wird die Theorie inkonsistent.

Das ist vergleichbar mit einer Gleichung für die Planetenbewegung. Löst man die Gleichung für einen einzelnen Planeten zunächst ohne Sonne, so erhält man eine Gerade. Macht man nun einen Ansatz, der den Einfluss der Sonne als kleine Störung zur Gerade beschreibt, so wird man scheitern. Man bekommt nie die Keplerellipsen, sondern einfach Blödsinn.

Die Auftrennung in Hintergrund und dynamische Gravitonen ist nach der ART schlichtweg falsch, denn dadurch wird eine Beziehung (Entfernung, Kausalität) zwischen Raumzeitpunkten fest vorgegeben, die erst aus der Lösung der Theorie entstehen sollte.

Mathematisch noch wesentlich tiefgründiger ist die sogenannte Diffeomorphismeninvarianz. Sie besagt, dass BELIEBIGE Koordinatensysteme auf DERSELBEN Raumzeit IDENTISCHE Physik beschreiben. Die Koordinatensysteme können dabei lokal beliebig definiert werden - es sind nur Koordinatensysteme ohne direkte physikalische Bedeutung. Nach der Wahl eines festen Hintergrundes = Koordinatensystems werden aber nun viele darauf mögliche UMDEFINITIONEN des Koordinatensystems als PHYSIKALISCHE VERZERRUNGEN interpretiert.

Also das, was in der ART zwei unterschiedlichen Koordinatensystemen auf ein und der selben Raumzeit entspricht und somit IDENTSICH DAS SELBE IST, wird in der Stringtheorie zu ZWEI VERSCHIEDENEN THEORIEN. Der triviale Wechsel des Koordinatensystems wird plötzlich dynamisch aufgewertet.

Die Stringtheorie bricht also die sogenannte Diffeomorphismeninvarianz der ART und somit eines der grundlegenden Axiome de ART. Meiner Meinung nach ist die zentrale Fragestellung der Stringtheorie, wie sie diesen Fehler wieder kuriert. Evtl. ist der Fehler jedoch so grundlegend, dass er grundsätzlich nicht behoben werden kann.

4.1 was ist der aktuelle Status (theor. + exp.) bzgl. der Dualitäten (S-, T-, AdS/CFT, allg. Gauge/Gravity) ?

Interessanterweise gibt es nicht eine sondern fünf Varianten von Stringtheorien, die zunächst völlig unterschiedlich aussehen. Nun kann man zeigen, dass bestimmte Versionen zueinander dual sind, also grundsätzlich das selbe beschreiben, jedoch mit unterschiedlichen Mitteln. Zwei wesentliche Dualitäten sind dabei die R - 1/R sowie die g - 1/g Dualität. Erstere besagt, dass eine bestimmte Version, in der eine Dimension die Abmessung R hat, zu einer anderen Version mit Abmessung 1/R äquivalent = dual ist. Letztere besagt das selbe nicht für Abmessungen R sondern für Wechselwirkungsstärken g und 1/g.
Außerdem gibt es eine sogenannte konforme Feldtheorie CFT, die zu einer Stringtheorie in einer sehr speziellen zehndimensionalen Raumzeit AdS dual ist, d.h. dass man zwei völliug verschiedene Sprachen und Räume verwenden kann, um die selbe Realität zu beschreiben.
Es ist m.W.n. jedoch immer noch unklar, ob diese Dualitäten tatsächlich streng gültig sind, oder ob es sich dabei nur um teils unzulässige Näherungen handelt. Insbs. die g - 1/g Dualität ist hier kritisch zu sehen.

Andererseits gibt es jedoch Experimente zur QCD, die sich unter Benutzung dieser Dualitäten in eine völlig andere Sprache übersetzen und dann sogar relativ einfach und präzise lösen lassen.
Gruß
Tom

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Beitrag von Maclane » 5. Aug 2008, 02:04

Ich find die Frageliste gut. :well:

Okay, Fragen 1.1 und 1.2 kann man sich auch bei Ray durchlesen. Ich nehme nicht an, dass da irgendwas neues kommt. Aber ist schon okay. man braucht ja immer was "zum warm werden". ;)

Frage 2 zusammen mit deiner Erläuterung ist für mich DIE zentrale Frage schlechthin. Eigentlich würd's mir sogar reichen, wenn nur diese Frage beantwortet werden würde. Wird bei diesem Punkt dagegen nur rumgeeiert, wäre ich ziemlich enttäuscht.

Und zu den restlichen Fragen werd ich mir die Antworten durchlesen, fürchte aber, dass sie jenseits meines Horizontes liegen werden. Aber was soll's? Ich kann ja nachhaken, wenn mir danach ist. ;)

Gruß Mac
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Beitrag von tomS » 5. Aug 2008, 07:30

Wir hatten mal folgende Frage auf der Liste:

ist das Problem der schwierigen Überprüfbarkeit ein grundsätzliches Merkmal einer Quantengravitationstheorie, oder liegt es nur insbesondere bei der Stringtheorie vor?

Bisher war es normalerweise so, dass die Experimentalphysiker Effekte entdeckt haben, für die es keine theoretische Erklärung gab (Beispiel: Atomphysik, Anregungsspektren). Dann mussten die Theoretiker nachziehen und eine Theorie abliefern. Eine "gute Theorie" zeichnet sich dadurch aus, dass sie (möglichst viele und präzise) Vorhesagen macht, die prinzipiell widerlegbar sind; mit jeder gescheiterten Widerlegung wird die Theorie gestärkt. Zum zweiten sollte die Theorie auch Effekte jenseits der bereits bekannten voraussagen (Quantenmechanik: das Positron aus der Dirac-Gleichung), die dann wiederum einer experimentellen Bestätigung - oder Widerlegung bedürfen.

Das Problem mit Gravitation (ART) und Quantenphysik (Standardmodell) ist nun, dass beide für ihren jeweiligen Anwendungsbereich hervorragende Vorhersagen liefern, die noch nie widerlegt wurden! Trotzdem zeigt eine mathematische Analyse, dass beide Theorien mathematisch (sowohl für sich als auch erst recht in einer Kombination) inkonsistent sind. Der Bereich, in dem dies geschieht, ist jedoch experimentell nicht zugänglich.

Es gibt also gute Gründe - aber eben nur rein theoretische - dass die beiden Theorien grundsätzlichen modifiziert werden müssen, um kompatibel zu werden. Damit versagt aber das Wechselspiel der Theoretiker und der Experimentalphysiker. Beide müssen lernen, mit dieser neuen Art der Theorienfindung umzugehen.

Es kann also durchaus sein, dass man nur indirekte Bestätigungen findet. Machen wir mal ein Gedankenexperiment: Angenommen, aus der Stringtheorie lassen sich in den nächsten Jahren eindeutig folgende "Vorhersagen" ableiten:
- das Universum hat drei Raumdimensionen, die anderen müssen zwingend kompaktifiziert sein
- das Teilchenspektrum und die Wechselwirkungen des Standardmodells werden reproduziert
- es gibt konkrete Aussagen zum Urknall, schwarzen Löcher, Hawkingstrahlung usw.
Nehmen wir weiterhin an, die Supersymmetrie wird gefunden.
Man könnte von einem sensationellen und einzigartigen Duchbruch sprechen, aber die Theorie wäre im obigen Sinne immer noch nicht "verifiziert", denn:
- die Aussagen auf der Skala der Plancklänge sind weiterhin nicht experimentell nachprüfbar
- manche Aussagen sind weiterhin keine predictions sondern post-dictions
- MSSM und SuGra sind zum einen Näherungen zur Stringtheorie, zum anderen jedoch auch eigenständige Theorien.

Ich will damit sagen, dass sich im Bereich der Quantengravitation die Entstehung und Verifizierung / Falsifizierung von Theorien grundsätzlich von der altbekannten Art und Weise unterscheidet.

Ich erwarte also auf unsere Frage eine im eigentlichern Sinne negative Antwort, und zwar aufgrund der unterstrichenen Passage:

welche experimentellen, nicht aus anderen Theorien (SM, MSSM, SuGra) ableitbaren Vorhersagen, macht die Stringtheorie? was sind die „Top-5 Experimente“ zur Bestätigung / Widerlegung?
Gruß
Tom

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Beitrag von tomS » 15. Nov 2008, 14:37

Hallo zusammen,

hier eine kurze Info: leider haben wir von den Experten noch keine Rückmeldung bekommen. Evtl. kann Ray uns mal Bescheid geben, was aus seiner Sicht der Status ist.

Grüße
Tom
Gruß
Tom

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Beitrag von tomS » 26. Dez 2008, 12:18

Ich habe nach einiger Suche einen recht gute Übersiuchtsartikel zur Stringtheorie gefunden:

Status of Superstring and M-Theory

von John H. Schwarz, einem der "Erfinder" der Theorie.

Schwarz präsentiert zunächst einen Überblick über einige Ideen sowie die Entstehung der Theorie als alternative Beschreibung von Hadronen. Er zeigt dann, welche Wendung die Theorie nahm, als man sie (zusammen mit der Supersymmetrie) auf die Elementarteilchen selbst anzuwenden begann.

Im Rahmen der ersten "Superstringrevolution" wurde gezeigt, dass nur eine bestimmte endliche Klasse von Stringtheorien überhaupt mathematisch konistent ist, und somit statt einer unendlichen Klasse herkömmlicher Quantenfeldtheorien lediglich fünf konsistente Stringtheorien verbleiben. Außerdem wurde die sogenannte Calabi-Yau Kompaktifizierung gefunden, die es erlaubt, 10 auf 4 Raumzeit-Dimensionen zu reduzieren. Darüberhinaus wurden String-Symmetrien entdeckt, die die Symmetrien des Standardmodells als Untergruppe enthalten.

Die Entwicklung der Theorie kam zum Stocken, da zum einen fünf (statt einer) möglichen Stringtheorien existierten und zum anderen keine realistische Lösung gefunden werden konnte, die das Standardmodell tatsächlich reproduzierte.

Im Rahmen der zweiten "Superstringrevolution" konnte dann gezeigt werden, dass aufgrund einiger Dualitäten diese fünf Theorien (plus eine sechse Supergravitationstheorie) in gewisser Weise nur verschiedene Facetten einer eindeutigen, zugrundeliegenden Theorie - der sog. M-Theorie - waren. Diese ist jedoch bis heute nicht eindeutig bestimmt, es gibt eben lediglich Indizien, die auf ihre Existenz hindeuten.

Während bisher die Stringtheorien nur störungstheoretisch betrachtet wurden, konnte jetzt gezeigt werden, dass bei nicht-störungstheoretischer Betrachtung höherdimensionale Objekte, sogenannte Branen eine Rolle spielen. Branen sind gewissermaßen die Mannigfaltigkeiten, auf denen die Endpunkte offener Strings liegen. Diese Brannen haben eine eigenen Dynamik. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, weitere Modelle zu konstruieren, aus denen man schlussendlich die Symmetrien des Standardmodells ableiten möchte.

Im Rahmen der AdS/CFT Dualität war es dann möglich, exakt zu zeigen, dass eine bestimmte (leider unrealistische) Stringhtheorie exakt dual zu einer gewöhnlichen, supersymmerischen konformen Feldtheorie ist. Man erwartet, dass diese Art der Dualität mathematisch exakt für eine größere Klasse von Theorien bewiesen werden kann und dass dadurch die exakte Ableitung von gewöhnlichen Eichtheorien (z.B. der QCD) aus Stringtheorien möglich wird. Träfe dies zu, dann wären Stringtheorien nicht die Verallgemeinerung bzw. eine umfassende Theorie, sondern lediglich eine duale Darstellung der erfolgreichen Eichtheorien. Ein wesentliches, bisher in der Natur fehlendes, Bindeglied ist dabei die Supersymmetrie (jede Superstringtheorie produziert - wenn überhaupt - dann supersymmetrische Eichtheorien; die Brechung bzw. das Verstecken der Supersymmetrieist bis heute nicht wirklich verstanden).

So - das war's erst mal. Ich werde die Zusammenfassung des Artikels bald weiterführen.

------------------------------------------------

So, weiter geht's:

Zurück zu den Branen: diese spielen eine Rolle in Theorien mit offenen und geschlossenen Strings. Eine Idee ist z.B., dass die Gravitation durch geschlossene Strings vermittelt wird. GEschlossene Strinmgs "leben" in dem gesamten höherdimensionalen Raum, während andere Wechselwirkungen durch offene Strings vermittelt werden, deren Endpunkte auf der 3-Bran fixiert sind. Durch dieses unterschiedliche Verhalten wäre auch die unterschiedliche Stärke der Wechselwirkung erklärbar. Unterschiedliche Branenkonfigurationen (z.B. mehrere parallel Branen, wobei die Endpunkte der Strings auf verschiedenen Branen fixiert sind) führen zu unterschiedlichen Symmetrien, die sich als Eichsymmetrien manifestieren. Zudem können sich Branen in komplizierter Weise aufrollen. Um diese aufgerollten Branen können dann Flussschläuche (wie magnetische Feldlinien) der Eichfelder liegen und die Form dieser Branen so gegen das Abwickeln fixieren. Die Eichfelder sind dabei Verallgemeinerungem der bekannten Eichfelder aus der QED oder QCD (je nach Dimensionalität der Branenkonfiguration).

Dies könnte auch eine Lösung für ein wesentliches Problem der Stringtheorie, das sogenannte Moduli-Problem sein. Grundsätzlich müssen in jeder Stringtheorie die Extradimensionen irgendwie kompaktifiziert bzw. aufgerollt sein. Die dadurch entstehenden Geometrien werden durhc zwei Sorten von Parametern beschrieben, zum einen die Zahl und Dimensionalität der dadurch entstehenden "Löcher" in der aufgerollten Geometrie, zum andere Größe bzw. Ausdehnung; dies entspricht den sog. Moduli. Diese können (im Gegensatz zu den diskreten Löchern) kontinuierlich variieren. Häufig ist der Grundzustand der Theorie invariant gegenüber einer derartigen Deformation, was dazu führt, dass Änderungen der Moduli als masselose (d.h. energetisch neutrale) Moduli-Felder (mit Spin 0) erscheien.

Nun sieht man aber diese masselosen Moduli-Felder in unserer Welt nicht, d.h. sie müssen irgendwie zum verschwinden gebracht werden. Ein Ansatz ist die o.g. Kompaktifizierung mit den Flussschläuchen, durch die die Deformationen eingeschränkt werden. Jede Deformation arbeitet gewissermaßem gegen einen Flussschlauch, d.h. es wird Energie zur Deformation benötigt, der Grundzustand ist nicht mehr invariant, die Moduli-Felder erhalten eine Masse.

Eine weitere mögliche Konfiguration besteht in sogenannten "warped configurations" demnach ist die Geometrie in unserer bekannten vierdimensionalen Raumzeiot davon abhängig, wo genau man sich in den Extradimensionen "befindet". Üblicherweise nimmt man an, dass unser Universum homogen und isotrop ist, d.h. kein Punkt und keine Richtung ist ausgezeichnet. Diese Annahme ist bezüglich der Extradimensionen nicht länger gültig, d.h. die Strutur unserers Universums unterscheidet sich je nach Position innerhalb der Extradimension. Dies führt dazu, dass unsere 3-Bran sozusagen ein ausgezeichneter Unterraum wird; das Entfernen von der 3-Bran in Richtung der Extradiemnsionen ist exponentiell unterdrückt. Dadurch werden die Extradimensionen quasi dynamisch unsichtbar, da Teilchen bzw. Felder nicht mehr dorthin vordringen. Das Phänomen ist vergleichbar mit der Totalreflexion von Licht an einer Wasseroberfläche; das Medium hinter der Grenzfläche wird unsichtbar.

Die neuen Branenkonfigurationen sind die Grundlage für die Diskussion großer Extradimensien. Sie erlauben es, dass die Extradimensionen zwar nicht auf Plancklänge zusammengerollt sind, aber trotzdem unsichtbar bleiben.

------------------------------------------------

Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere Kollege hier den Artikel (auszugsweise) liest und wir einige Details diskutieren könnten. Evtl. können wir dann auch auf unseren Fragenkatalog zurückkommen und seine Relevanz bzw. "Beantwortung" diskutieren.

Meine Einladung an Euch: diskutieren wir zunächst den Abschnitt 2, den ich oben versucht habe zusammenzufassen. Ich bin gerne bereit, Fragen dazu zu beantworten, der Inhalt ist mir einigermaßen klar.

Grüße
Tom
Gruß
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Beitrag von tomS » 8. Jan 2009, 01:11

Im weiteren Verlauf des Artikels geht Schwarz auf phänomenologische Aspekte der Stringtheorie ein. Ziel ist es, realistische Modelle für die Teilchenphysik bzw. das Standardmodell aus der Stringtheorie abzuleiten. Im Wesentlichen gibt er dazu einige "Kochrezepte" an, wie man in den verschiedenen o.g. Stringtheorien Konfigurationen, Branen, Vakua etc. identifizieren kann, die zumindest ansatzweise das Potential haben, das Standardmodell zu reproduzieren. D.h. man benötigt Fermionen, Eichtheorien, Supersymmetriebrechung etc.

Ab hier zeigt sich das eigentliche Dilemma der Stringtheorie: Sie hat durchaus das Potential (in einigen Jahren ?) realitätsnahe Modelle hervorzubringen, jedoch kann sie nicht zeigen, warum genau dieses Modell und kein anderes.

Zunächst geht Schwarz auf den heterotischen String ein, eine der fünf o.g. Stringtheorien aus der ersten Superstringrevolution. Er kombiniert einen 26-dimensionalen rein bosonischen mit einem 10-dimensionalen supersymmetrischen String (daher heterotisch). Die 16 überzähligen bosonischen Dimensionen werden kompaktifiziert, d.h. auf eine bestimmte Art und Weise zusammengerollt. Die dazu verwendete 16-dimensionale Mannigfaltigkeit weist eine Art "Kristallgittersymmetrie" auf, die als E(8)*E(8) klassifiziert wird. E(8) ist dabei eine spezielle, exceptionelle Lie-Algebra. Das Ergebnis dieser Kompaktifizierung ist dass der String eine Eichsymmetrie E(8)*E(8) erhält, wobei eine der beiden E(8) Algebren die SU(3)*SU(2)*U(1) Symmetrie des Standardmodells enthalten kann. Von den verbleibenden 10 Dimensionen werden weitere 6 auf einem Calaby-Yau Raum kompaktifiziert, so dass zuetzt die sichtbare 4 Dimensionen übrigbleiben.

In der heterotischen Stringtheorie gibt es zunächst keine Branenkonfiguration o.ä.; dies liegt daran, dass diese Stringtheorie rein störungstheoretisch formuliert wird und die Branen höhere Masse hätten, was sie quasi "zu schwer macht", um als physikalische Freiheitsgrade sichtbar zu werden.

Im Sinne der o.g. Dualitäten ist der heterotische String mit E(8)*E(8) dual zu einem zweiten heterotischen String mit SO(32) Symmetrie. Die beiden Symmetriegruppen sind dadurch ausgezeichnet, dass sie die einzigen sind, für die bestimmte Quantisierungsanomalien des Strings verschwinden (andernfalls wäre die resultierende Quantentheorie inkonsistent).

Der heterotische String mit E(8)*E(8) Symmetrie wurde lange Zeit bevorzugt, da er als einzige Theorie galt, die das Potential hat, das Standardmodell zu reproduzieren. Einige Eigenschaften:

Im Niederenergielimes erhält man vereinheitlichte Theorien (GUTs) mit Supersymmetrie (SUSY). Die entsprechenden (zu großen) Symmetrien können in einem E(8) Faktor dynamisch gebrochen werden und in den anderen ("unseren") E(8) Faktor "kommuniziert" werden. D.h. unser Standardmodell ist nur die eine Hälfte der Theorie, die andere ist jedoch nur schwach gekoppelt.

E(8) kann dynamisch zu SU(3)*SU(2)*U(1) gebrochen werden. Es entstehen dabei jedoch zusätzliche masselose U(1) Felder, die wir so nicht beobachten. Außerdem ist nicht klar, wieso die Symmetriebrechung ausgerechnet zu SU(3)*SU(2)*U(1) führen muss; es gäbe auch andere Möglichkeiten.

Die Geometrie des kompaktifizierenden Calabi-Yau Raumes definiert die Eigenschaft der Leptonen uns insbs. auch der Anzahl der Familien (wir beobachten drei Lepton-Familien).

Durch die Brechung der Supersymmetrie gibt es einige gute Kandidaten für die Dunkle Materie (insbs. das Neutralino).

Der große Optimismus in den 80iger Jahren kam wurde gedämpft, da sich mit der Zeit herausstellte, dass die Theorie sehr viele Fragen offen lässt:

Es gibt mindestens einige Tausend Calabi-Yau Räume. Keiner der untersuchten reproduziert das Standardmodell und es gibt keine Möglichkeit herauszufinden, welcher davon der "richtige" sein könnte. Selbst wenn man ihn gefunden hätte, wüsste man immer noch nicht, warum der und kein anderer.

Die Formulierung der Theorie ist rein störungstheoretisch und daher unvollständig. Es ist auch bis heute nicht endgültig bewiesen, ob die Störungstheorie für diese Stringtheorie tatsächlich mathematisch wohldefiniert ist.

Das bereits oben angesprochene Moduli-Problem ist zunächst nicht lösbar, d.h. die Theorie produziert typischerweise zu viele masselose Felder.

Es ist schwierig, die exakt richtige Anzahl an Fermion-Familien (3) zu erhalten und zu erklären.

Die Vakuumenergie ist nicht berechenbar, d.h. der Wert für die kosmologische Konstante ist nicht bestimmbar. Naive Ansätze könnten auf Null führen (was ja, wie wir heute wissen, falsch ist), andere Ansätze führen auf Werte, die um ca. 60 Zehnerpotenzen falsch sind :-(

Das Hierarchie-Problem ist nicht lösbar. Das Hierarchie-Problem ist die Fragestellung, warum die Energieskala, auf der die el.-mag. Symmetriebrechung erfolgt, soviele Größenordnungen unterhalb der Planck-Skala liegt. Aufgrund bestimmter Effekte fürdas Higgs tendiert dieses nämlich theoretisch dazu, dass seine Masse sich ebenfalls in der Größenordnung der Planck-Masse bewegen müsste - was experimentell sicher ausgeschlossen werden kann. Die Frage, warum diese Hierarchie der Energieskalen existiert, ist eines der zentralen Probleme und kann im Modell des heterotischen Strings nicht erklärt werden.

Insgs. steckt man bei der Modellbildung viele Annahmen rein, wobei etliche davon eben auch anders getroffen werden könnten.

Im Zuge der zweiten Superstringrevolution wurde eine Fülle neuer Möglichkeiten entdeckt, die zur Modellbildung herangezogen werden können und die wohl bessere Chancen haben als der heterotische String, realistische Theorien hervorzubringen.

Grüße
Tom
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Beitrag von tomS » 10. Jan 2009, 23:19

Um die zweite Superstringrevolution würdigen zu können, muss man den Begriff der Dualitäten besser verstehen.

Betrachten wir das Beispiel der T-Dualität in der Stringtheorie. Man stelle sich ein Gummiband vor, das ein-oder mehrfach um ein Poster gewickelt werden kann, um letzteres zusammenzuhalten.

Das Gummiband ist mehr oder weniger gespannt und hat nun zweierlei "Sorten" Energie gespeichert. Die Spannung hängt von der Dicke der Posterrolle und von der Anzahl der Windungen um die Posterrolle ab. Außerdem kann das Gummiband noch vibrieren, wobei verschiedene Eigenfrequenzen entstehen. Zum einen hat man also die Windungszahl m und zum anderen die Vibrationszahl n (n zählt die Eigenfrequenzen).

In der Stringtheorie ist die Windungsenergie ~R und die Vibratonsenergie ~1/R, wobei R der Radius des Posters (in der Stringtheorie: einer eingerollten Dimension) ist. Betrachtet man nun die Gesamtenergie, so erhält man
E(m, n, R) ~ mR + n/R.
Man erhält dieselbe Energie, wenn man R gegen 1/R und m mit n vertauscht, also
E(n, m, 1/R) ~ n/R + mR.
D.h. dass zwei Stringtheorien (eine mit kompakter Dimension ~R und eine mit ~1/R) das selbe Spektrum haben. D.h. dass eine Dualität zwischen kleiner und großer Dimension unter gleichzeitigem Austausch von Windungs- und Vibrationsmoden existiert.

Interessanterweise gibt es noch eine weitere Dualität, nämlich die S-Dualität, die starke und schwache Kopplung, also die Kopplungskonstante g mit 1/g vertauscht. Dies ist besonders hilfreich, da man damit eine Theorie starker Kopplung in eine andere Theorie schwacher Kopplung überführen kann. Für letztere existiert eine vernünftige Störungstheorie, die einfach zu berechnen ist, während der Fall der starken Kopplung normalerweise mathematische Probleme bereitet.
(Tatsächlich existiert hier das Problem, dass man diese Dualität nicht streng beweisen kann, da eben der Bereich, in dem beide Theorien "mittelstark" wechselwirken nicht zugänglich ist; es handelt sich damit lediglich um Indizien!)

Als ein Beispiel für Dualitäten sei die Supraleitung genannt. Zunächst hat man stark-gebundene Elektronen, die sogenannte Cooperpaare formen. Die Bindung zwichen den Elektronen kommt durch den Austausch von sogenannten Phononen = Gitterschwingungen zustande (die die Abstoßung der gleichnamigen Ladungen überkompensieren!). Die Cooperpaare sind nun schwach wechselwirkende Bosonen (die weder untereinander noch mit den Phononen stark wechselwirken), während die Elektronen (stark wechselwirkende) Fermionen sind. In diesem Fall ist die Theorie der Cooperpaare eine sogenannte effektive Theorie (sie ist nicht in den fundamentaklen Freiheitsgraden formuliert), aber sie erlaubt eine quantitative Erklärung der Theorie der Supraleitung (BCS = Bardeen, Cooper, Schriefer, 1957; Nobelpreis 1972). Man kann die beiden Theorien gewissermaßen als dual zueinander bezeichnen.

Im Falle der Stringtheorie sind die verschiedenen o.g. Typen der Stringtheorie durch diese Dualitäten miteinander verbunden. Dabei zeigt sich, dass die T-Dualität einem der vorher diskutierten Moduli entspricht. Der Radius R kann nämlich dynamisch variieren und entspricht dann dem Erwartungswert eines Moduli-Feldes (die ja die Form und Ausdehnung der kompaktifizierten Dimension bestimmen)

Außerdem existieren noch weitere, effektive Theorien, nämlich vier Supergravitationstheorien, die sich als Niederenergie-Limes der Stringtheorien interpretieren lassen. Man erhält diese Theorien, indem man ausschließlich die nullten = masselosen Eigenmoden der Stringtheorien betrachtet und die höheren Anregungen mit Masse ~ Planckmasse vernachlässigt.

Außerdem existiert der Hinweis auf eine umfassende, sogenannte M-Theorie in 11 Dimensionen! Hinweise auf diese Theorie ergeben sich, wenn man zwei Stringtheorien im Limes (unendlich) starker Kopplung betrachtet. In diesem Fall zeigt sich nämlich, dass diese 11. Dimension eigentlich wiederum der Erwartungswert eine Feldes ist. D.h. dass die 10-dimensionale Theorie eigentlich wiederum nur der Limes schwacher Kopplung dieser M-Theorie ist. Dies ist auch der Grund, warum diese 11. Dimension zunächst übersehen wurde; sie zeigt sich in der Störungstheorie nicht, da diese ja eine Näherung für schwache Kopplung ist. Betrachtet man die Strings in 11 Dimensionen, so wird aus den eindimensionalen Fäden eine zweidimensionale Fläche.

Diese M-Theorie (für die es heute immer noch lediglich Indizien gibt) hat wiederum einen Niederenergie-Limes, eine weitere (diesmal 11-dimensionale) Supergravitationstheorie.

Ich habe versucht, die Beziehungen zwischen diesen Theorien durch eine Graphik zu veranschaulichen:

Bild

So, das war der erste Teil zum Thema "zweite Superstringrevolution". Ist etwas ausführlicher geworden als gedacht, aber ohne diese Hintergrund-Info versteht man - denke ich - nicht, was die Theorie heute ausmacht. Es folgt noch ein zweiter, etwas kürzerer Teil über die sogenannten Branen, bevor ich dann das Papier von Schwarz zu Ende diskutiere. Es lohnt sich, dabei zu bleiben, denn es wird auch noch eine zwölfte Dimension auftauchen!!!
Gruß
Tom

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Beitrag von tomS » 12. Jan 2009, 20:51

Hab die Graphik im letzten Beitrag nochmal hochgeladen; ist jetzt größer und besser lesbar.

Danke an Gravi.

Gruß
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Beitrag von tomS » 12. Jan 2009, 23:46

Schwarz beschreibt einige Ansätze, von denen man sich heute verspricht, realistische und evtl. sogar testbare Voraussagen aus der vollen Theorie ableiten zu können. Dabei spielen die Dualitäten und Branen eine wesentliche Rolle.

Aufgrund der rein störungstheoretischen Betrachtung hatte man lange Zeit die für die M-Theorie wichtigen Branen (= höherdimensionale Konfigurationen, später mehr) übersehen. Im Rahmen der heterotischen Stringtheorien ergeben sich die 11-dimensionalen Konfigurationen wie folgt: In beiden Theorien existieren geschlossene Strings, also eindimensionale Schleifen in einer 10-dimensionalen Raumzeit. Die elfte zusätzliche Dimension sieht man nur, wenn man „nahe genug“ herangeht, also genügend hohe Energie einsetzt.
Im Falle der SO(32) Symmetrie sieht die 11-dimensionale Konfiguration (statt wie eine eindimensionale Schleife) wie ein zweidimensionaler, in sich geschlossener Schlauch (Torus) aus.
Im Falle der E(8)*E(8) Symmetrie sieht die 11-dimensionale Konfiguration wie ein zweidimensionales, in sich geschlossenes Band aus. Die beiden E(8)-Symmetrien leben dabei auf den beiden Rändern des Bandes. Die Breite des Bandes entspricht dem Wert eines dynamischen Feldes in der Theorie (ist also nicht fest).

Im Rahmen des E(8)*E(8) Modells ergeben sich tatsächlich einige ziemlich realitätsnahe Modelle, die in Richtung des minimal supersymmetrisch erweiterten Standardmodells (MSSM) weisen. Die Modelle haben die richtige Eichgruppe des Standardmodells (wobei eine zugrundeliegende SO(10) Symmetrie spontan gebrochen wird), drei Leptonfamilien mit jeweils rechtshändigen Neutrinos (die Händigkeit = P-Perletzung ist im Rahmen von Stringtheorien und SUSY grundsätzlich schwierig zu konstruieren), ein Higgs-Paar,
Es gibt aber auch Probleme: so existierten z.B. weiterhin masselose Moduli-Felder (die man so in der Natur nicht sieht).
Das größte Problem ist jedoch, warum genau dieses Modell aus der zugrundeliegenden E(8)*E(8) entstehen sollte. Man benötigt dazu zunächst einen ganz bestimmten Calabi-Yau Raum mit einer speziellen geometrischen Eigenschaft (Fundamentalgruppe Z³*Z³, d.h. eine spezielle Art, Windungen durch Löcher der 6-dimensionalen Mannigfaltigkeit konstruieren zu können; vgl. einen Torus). Außerdem benötigt man eine bestimmte Eichfeld-Instanton-Konfiguration sowie eine genau abgestimmte Brechung der SO(10) Symmetrie.
Die Theorie bietet keinen Hinweis, warum nun genau diese und keine andere Konfiguration auftreten sollen.

Für die IIA Theorie ergibt sich eine 11-dimensionale Theorie, die man auf einer G(2) Mannigfaltigkeit statt auf einem Calabi-Yau Raum kompaktifiziert. Diese Vorgehensweise hatten wir schon mal bei der Kompaktifizierung der 16 bosonischen Dimensionen der E(8)*E(8) Theorie von 26 zu 10 Dimensionen. G(2) ist dabei die kleinste der exzeptionellen Lie-Gruppen. Sie hat Dimension 14, der zu kompaktifizierende Raum Dimension 7 (man muss von 11 auf vier Dimensionen kommen)
Einer Lie-Gruppe (bzw. der Algebra) entspricht eine kristallgitter-ähnlichen Struktur. Man stelle sich nun ein derartiges (hochdimensionales) Kristallgitter im Raum vor. Dann nehme man die durch das Gitter definierte Einheitszelle und verklebe nach einem bestimmten Muster die „Flächen“ der Einheitszelle. (zweidimensionales Beispiel: man nehme ein Quadrat und verklebe gegenüberliegende Seiten; beim ersten Verkleben erhält man einen Zylinder, beim zweiten dann einen Torus - Biegsamkeit des Materials vorausgesetzt).
Die resultierende Mannigfaltigkeit „kennt“ noch die zugrundeliegende Struktur des Gitters, das zu ihrer Konstruktion genutzt wurde.
Die so konstruierten Theorien sind nicht so weit entwickelt wie die o.g. heterotische M-Theorie für E(8)*E(8) und daher noch nicht wirklich realistisch.

So, jetzt fehlen uns noch die Branen sowie insbs. die Randall-Sundrum Modelle. Letztere liefern den Ansatz, wie man die überzähligen Dimensionen „versteckt“, wobei sie jedoch nicht klein sondern „groß“ bleiben (aber dennoch dynamisch unsichtbar werden). Diese Modelle waren Auslöser für die Spekulationen über schwarze Löcher am LHC (da die effektive Planck-Masse vom Radius der kompaktifizierten Dimensionen abhängen sollte und bei großen Extradimensionen die Erzeugung von leichten SLs ermöglichen sollte).

Aber das kommt heute nicht mehr ...
Gruß
Tom

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Beitrag von gravi » 13. Jan 2009, 18:51

Besten Dank für Deine Fleißarbeit, Tom!

Ich meine, dieser Beitrag wäre es sicherlich wert, ins Archiv übernommen zu werden!

Im übrigen freue ich mich schon besonders auf die Beschreibung der Branen. Schön wäre in diesem Zusammenhang auch, wenn Du einen Bogen spannen könntest von diesem Sub- Quantenbereich zu den Branen Steinhardt's in dessem ekpyrotischen Modell. In dieser Hinsicht fehlt es mir vielleicht noch ein wenig an Vorstellungskraft :wink:

Netten Gruß

gravi
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Beitrag von tomS » 13. Jan 2009, 22:00

Schau mer mal - wie der Kaiser zu sagen pflegt ...

Ja, den Beitrag können wir gerne so verwenden. Ist auch eine ziemlich effiziente Vorgehensweise: man nehme einen guten Review-Artikel (endlich gibt es mal einen!) und fülle die Lücken auf.

Trotzdem sehe ich noch zwei Probleme:
- das Gebiet ist so breit, dass man eigentlich nur die Oberfläche ankratzen kann
- es kommen hier kaum kritische Nachfragen; das kann doch eigentlich nicht sein, oder?

Gruß
Tom
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Beitrag von tomS » 14. Jan 2009, 00:03

Also, ich versuch' mal eine Überblick über die Branen zu geben:

"Branen" ist ein Kurzwort, abgeleitet von "Membranen"; statt zweidimensionalen Membranen diskutiert man i.A. p-dimensionale p-Branen oder eben kurz "Branen".

Zunächst betrachten wir eine Theorie mit offenen und geschlossenen Strings. Für die offenen Strings muss man Randbedingungen spezifizieren, also festlegen, wie sich Vibrationen an den Endpunkten verhalten sollen. Man kennt das von der Violinsaite: die hat einen Knoten (und eben keinen Bauch am Ende, da sie eingespannt ist). Es gibt verschiedenen Arten von Randbedingungen, eine davon führt auf die häufig diskutierten D-Branen.

Eine D-Bran (besser: Dp-Bran) ist eine p-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Randbedingungen vom D-Typ, in der die Stringenden sitzen. D.h. die Endpunkte können sich statt in den vollen 9 (allg.: d)nur in den p Raum-Dimensionen frei bewegen. Später sieht man dann jedoch, das sich die gesamte p-Bran in den verbleibenden (d-p) Raumdimensionen bewegen kann. Spezialfälle sind D0-Branen, die so etwas ähnliches wie punktförmige Teilchen beschreiben, und D1-Branen, nämlich die Strings selbst (p=1).

Die Enden der Strings können nun auf diesen Branen sitzen. Dabei sind eine oder mehrere Branen erlaubt, die z.B. parallel oder auch überscheidend angeordnet sein können. D.h. aber dass die beiden Endpunkte der Strings nicht notwendigerweise auf der selben Bran sitzen müssen.

Betrachtet man zwei parallel Branen, auf denen die Endpunkte eines Strings sitzen, dann entsteht durch die räumliche Separation der Branen eine Stringspannung, d.h. der Abstand der Branen kontroliert die fundamentale Masse des Strings. Sitzen die Endpunkte des Strings auf der selben Bran, so ist die nullte Anregung masselos und hat Photon-Eigenschaften mit U(1) Eichsymmetrie (die zwei Polarisationen entsprechen den beiden Ausbreitunsgrichtungen von Schwingungen entlang des Strings, von Bran A zu Bran B bzw. von Bran B zu Bran A).

Ordnet man nun n p-Branen parallel an, so kann man die Strings durch zwei Indizes kennzeichnen, die die Nummer der Bran beschreiben, auf denen der String beginnt bzw. endet. Ein String mit Index [1,2] kann z.B. mit einem anderen String [2,3] wechselwirken, indem sich die beiden Strings an den Endpunkten auf Bran 2 verbinden. Eine Wechselwirkung mit einem [3,4] String ist nicht möglich, da sich die Endpunkte auf unterschiedlichen Branen befinden. Liegen nun die Branen alle unendlich dicht beieinander, haben also Abstand Null, so erhält man masselose Anregungen (s.o.: der Abstand kontrolliert die Masse), allerdings behält man immer noch die unterschiedlichen Branen. Das Ergebnis ist statt der U(1) Symmetrie der Photonen eine U(n) Symmetrie. Es gilt jedoch U(n) = U(1) * SU(n), d.h. man erhält eine nichtabelsche Eichtheorie ähnlich wie im Standardmodell - aber eben nur ähnlich, denn der U(1) Faktor ist hier unerwünscht.

-----------------

Außerdem führt die Existenz eine Bran zu einer Brechung der räumlichen Symmetrie; es gibt nun p Richtungen innerhalb der Bran sowie d-p Richtungen senkrecht zur Bran (d=9 üblicherweise). Die Festlegung der genauen Lage der Bran entspricht der Wahl eines Vakuumzustandes. Die d-p Möglichkeiten dieser Symmetriebrechung führen zu d-p masselosen Anregungen, den sogenannten Goldstonebosonen (s. Goldstone Theorem). Dieser Effekt ist seit langem bekannt, z.B. für die bekannten Pionen; im Higgs-Fall führt die Existenz einer zusätzlichen Eichsymmetrie dazu, dass die Eichbosonen zusammen mit den Goldstonebosonen zu massebehafteten Eichbosonen kombinieren. Ohne die Eichsymmetrie bleiben die Goldstonebosonen masselos.

-----------------

Photonen werden durch ein Vektorpotential A, in der Differentialgeometrie ist das eine sog. 1-Form, beschrieben. Dies entspricht dem 1-dimensionalen String mit D0-Branen (= Punkten!) als Endpunkten.
Erläuterungeine 1-Form kann entlang einer 1-dimensionalen Kurve integriert werden: man kann z.B. den magnetischen Fluss durch eine Fläche S auch als Linienintegral über das Vektorpotential entlang der Berandung dieser Fläche = einer eindimensionalen gechlossenen Kurve darstellen

Entsprechend "leben" auf einer p-Bran sogenannte k-Formen mit k=p+1 (p=0 entspricht dem D0 Fall), die wiederum verallgemeinerten Vektorpotentialen mit verallgemeinerten Eichsymmetrien entsprechen.

Man kann nun diese p-Branen mit den k-Formen ähnlich wie Feldlinien um die Calabi-Yau Räume herumwickeln. Genauer sind die Flusslinien nicht die Eichfelder (k-Formen) selbst, sondern die ihnen zugeordneten E- und B-Feldstärken (k+1 - Formen). Man stelle sich vereinfacht einen Torus vor (entspr. dem kompaktifizierte Calabi-Yau Raum), um den herum eine oder mehrere Flächen (entspr. den Branen) gewickelt werden, auf denen wiederum Flusslinien (die k+1 - Formen) leben. Das Integral entlang dieser k+1 - Formen ist quantisiert.

Die Tatsache der Quantisierung bedeutet, dass diese Flüsse topologische Invarianten sind. D.h. einmal existent, gibt es keine zulässige Änderung der Geometrie des Calabi-Yau Raumes oder des Feldes A selbst, das den Wert des Flusses ändert. Vereinfacht ausgedrückt entspricht die topologische Invariante einer Art Windungszahl, die zählt, wie oft eine Flusslinie um den Calabi-Yau Raum herumläuft, bis er wieder in sich selbst zurückkehrt.
ErläuterungStellt euch der Einfachheit halber einen Torus vor. Er hat zwei "Moduli", nämlich die beiden Radien. Der Torus kann nun vibrieren, die erste Eigenschwingung wäre praktisch eine Schwingung in einem dieser Radien ohne lokale Wellen, d.h. der Torus wird einfach global größer oder kleiner (insgs. haben wir also zwei dieser Schwingungsmoden entsprechend der beiden Radien). Wie immer in der QM entspricht einer Schwingung ein Teilchen. Aufgrund bestimmter Symmetrien kostet es nun keine Energie, diese Schwingung anzuregen, sie hat Energie Null, also ist das Teilchen masselos.

Nun winden wir ein Gummiband um den Torus, das ist unser Flussschlauch (eine Eichfeldkonfiguration, also Feldlinien). Die Schwingung müsste nun gegen das Gummiband Arbeit verrichten und somit ist das dieser Schwingung zugeordnete Teilchen eben nicht mehr masselos.
-----------------

Diese beiden Zutaten, D-Branen und Fluss-Kompaktifizierung erlauben die "Lösung" zweier Probleme: zum einen kann man durch geeignete Wahl der Branenkonfiguration (unbegrenzt ?) viele verschiedene Eichtheorien konstruieren, zum anderen kann man durch die Wahl der Calabi-Yau Räume und ihrer Stabilisierung durch die einwickelnden Flüsse verschiedene Verformungen dieser Räume verhindern (im Bild oben kann sich der Torus nicht gegen die einwickelnde Feldlinie ausdehnen oder zusammenziehen - eine entsprechende Schwingung wäre mit einer Masse von der Größenordnung der Planck-Masse verknüpft.)

Bisher war immer nur von Eichfeldern die Rede. Man kann mittels komplizierterer Branenkonfigurationen auch Fermionen erzeugen, die in den Eichsymmetrie-Multipletts liegen, also z.B. Quarks mit Farbladung. Wiederum erreicht man durch geeignete Wahl der Geometrie der Calabi-Yau Räume die richtige Anzahl der Fermion-Familien (3).

Problematisch ist, dass die Fluss-Kompaktifizierung zusammen mit der Geometrie der Calabi-Yau Räume auf (grob geschätzt) 10^500 oder mehr verschiedene Vakuumkonfigurationen führt. Diese Vakua haben aber typischerweise noch Reste der Supersymmetrie, überzählige U(1) Symmetrien (s.o.), zumindest teilweise doch noch masselose Moduli-Felder bzw. Goldstonebosonen. Alles zusammen richtig hinzubekommen ist noch niemandem gelungen. Außerdem: selbst wenn man ein einigermaßen realistisches Vakuum mit uns bekannten Feldern (und ohne überzählige Felder) findet, kann man noch nicht erklären, wieso sich die Theorie gerade dieses und kein anderes Vakuum ausgesucht hat. Also alles in allem noch keine realistische Theorie.

Diese verschiedenen Vakua werden als die "Landscape der Stringtheorie" bezeichnet. Es gibt Physiker, die der Meinung sind, dass tatsächlich alle diese Vakua realisierbar sind und wir uns eben mehr oder weniger zufällig in einem davon befinden - und zwar genau in dem, das unsere Existenz ermöglich. Diese Argumentation entspricht einer der Versionen des "anthropischen Prinzips".

Schwarz (ich bin immer noch bei seinem Artikel) hält dies für negatives Denken und ist tatsächlich der Meinung, dass doch genauere und insbs. realisitischere Aussagen möglich sein werden.

-----------------

So, als nächstes geht's dann weiter mit den Fragen, wie man "warped Geometries" erzeugt und wie man mittels der Branen "große Extradimensionen" konstruiert. Daraus folgen dann die Randall-Sundrum Modelle sowie z.B.das ekpyrotischer Szenario des Urknalls, in dem die Singularität durch kollidierende Branen ersetzt wird - aber jetzt ist erst mal gut!

Gruß
Tom
Zuletzt geändert von tomS am 19. Feb 2009, 07:32, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitrag von gravi » 14. Jan 2009, 18:39

Puuh, das ist ja auch schon Tobak, an dem man länger zu rauchen hat... :wink:

Alles habe ich noch nicht verstanden, ich muss es wohl noch 3 mal lesen.
Aber Fragen habe ich doch:

Gibt es inzwischen reelle Hinweise auf die Goldstonebosonen, oder sind die auch nur rein hypothetisch?
Wieso führt die Existenz einer Bran zur Brechung der räumlichen Symmetrie?
Und muss ein String immer an eine Bran ankoppeln? Ich habe bisher beide eigentlich als zwei verschiedene Paar Schuhe betrachtet, die unabhängig voneinander, aber doch nebeneinander existieren könn(t)en.

Gruß
gravi
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Beitrag von tomS » 14. Jan 2009, 20:11

Zu den Frage (danke, dass welche kommen - sonst macht das nur halb so vioel Spaß!)
Gibt es inzwischen reelle Hinweise auf die Goldstonebosonen, oder sind die auch nur rein hypothetisch?
Goldstpone-Bosonen gibt es. Z.B: als Phänomen in der Festkörperphysdik, aber auch dioe Pionen sind Goldstone-Bosonen. In diesem Fall ist es die spontane Brechung der chiralen Symmetrie der QCD, denen diese Bosonen entsprechen. Da die chirale Symmetrie nur eine näherunsgweise gültige Symmetrie ist (die Quarks haben eine kleine, aber eben nicht verschwindende Masse), sind die Pionen auch nur näherungsweise Goldstonebosonen, also leicht aber eben nicht masselos.
Die Goldstonebosonen der M-Theorie sind dagegen hypothetische Konstrukte, d.h. es gibt keine bekannten, masselosen Spin-0 Teilchen, die diesen Goldstonebosonen entsprechen könnten. Diese müssten ja Kräfte unendlicher Reichweite vermitteln.
Wieso führt die Existenz einer Bran zur Brechung der räumlichen Symmetrie?
Weil die Translationsinvarianz gebrochen wird und weil räumliche Richtingen ausgezeichnet werden (Brechung der Isotropie) Es gibt Richtungen in der Bran und Richtungen senkrecht dazu. Nach dem Goldstone-Theorem führt die Brechung einer globalen, kontinuierlichen Symmetrie zur Existenz von masselosen Bosonen. http://de.wikipedia.org/wiki/Goldstonetheorem
Und muss ein String immer an eine Bran ankoppeln?
Ein offener String ja! Ein geschlossener String nein!
In der Stringtheorie wurde über Jahre ausschließlich Störunsgtheorie betrieben - und da treten die Branen nicht in Erscheinung (die Näherung eliminiert sie von vorneherein). Aber grundsätzlich müssen sie in Theorien mit offenen Strings auftreten.
Gruß
Tom

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Beitrag von gravi » 15. Jan 2009, 19:28

Danke zunächst für die Erläuterungen!

Ich habe aber noch etwas. Weiter oben schreibst Du:
Dies könnte auch eine Lösung für ein wesentliches Problem der Stringtheorie, das sogenannte Moduli-Problem sein. Grundsätzlich müssen in jeder Stringtheorie die Extradimensionen irgendwie kompaktifiziert bzw. aufgerollt sein. Die dadurch entstehenden Geometrien werden durhc zwei Sorten von Parametern beschrieben, zum einen die Zahl und Dimensionalität der dadurch entstehenden "Löcher" in der aufgerollten Geometrie, zum andere Größe bzw. Ausdehnung; dies entspricht den sog. Moduli. Diese können (im Gegensatz zu den diskreten Löchern) kontinuierlich variieren. Häufig ist der Grundzustand der Theorie invariant gegenüber einer derartigen Deformation, was dazu führt, dass Änderungen der Moduli als masselose (d.h. energetisch neutrale) Moduli-Felder (mit Spin 0) erscheien.

Nun sieht man aber diese masselosen Moduli-Felder in unserer Welt nicht, d.h. sie müssen irgendwie zum verschwinden gebracht werden. Ein Ansatz ist die o.g. Kompaktifizierung mit den Flussschläuchen, durch die die Deformationen eingeschränkt werden. Jede Deformation arbeitet gewissermaßem gegen einen Flussschlauch, d.h. es wird Energie zur Deformation benötigt, der Grundzustand ist nicht mehr invariant, die Moduli-Felder erhalten eine Masse.
Warum müssen eigentlich zwangsweise die Extradimensionen kompaktifiziert sein? Wir sind doch hier im Quantenbereich und es könnte doch hier auch wie z.B. bei den Quarks sein, die gar nicht auf Dauer beständig sind, sondern hin und wieder zum Gluon werden, während Gluonen zu Quarks werden. So könnte doch hier auch hin und wieder sich die eine oder andere Dimension "entpellen" (Unschärferelation)?

Desweiteren bringst Du hier die Flussschläuche zur Sprache, welche die masselosen Modulifelder kompaktifizieren sollen. Was kann man sich nun unter denen vorstellen?

Hilfreich wäre vielleicht, wenn man zum einen oder anderen Begriff eine kleine Grafik hätte. Wenn wir z.B. von den Calabi- Yau- Räumen sprechen, ist solch ein kleines Bildchen für manchen sicher aussagekräftiger als 100 Worte. Ich wäre auch gerne behilflich, Grafiken zu suchen oder zu erstellen - ich muss nur selbst eine Vorstellung haben :wink:

Schönen Gruß
gravi
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Beitrag von tomS » 15. Jan 2009, 23:09

Ja Graphiken wären hier echt hilfreich - mal sehen, ob ich kopierbare finde.


Zu meiner Aussage, dass die Extradimensionen kompaktifiziert sein müssen: wir werden sehen, dass es bestimmte Branenmodelle gibt, wo dies nicht gilt. Da ist ein anderer Effekt dafür verantwortlich, dass sie unsichtbar weren (Randall-Sundrum Modelle).


Zur "Quantisierung" der Extradimenionen: wie soll ich mir das vorstellen? Die Extradimensionen erhält man einfach dadurch, dass man an ein Objekt X einen Index µ hinschreibt, der von 1 bis 10 läuft. In der Stringtheorie ist so manches merkwürdig, aber ein Index bleibt ein Index :-)


Zu den masselosen Moduli und den Flussschläuchen hab ich doch was geschrieben, oder?

Stellt euch der Einfachheit halber einen Torus vor. Er hat zwei "Moduli", nämlich die beiden Radien. Der Torus kann nun vibrieren, die erste Eigenschwingung wäre praktisch eine Schwingung in einem dieser Radien ohne lokale Wellen, d.h. der Torus wird einfach global größer oder kleiner (insgs. haben wir also zwei dieser Schwingungsmoden entsprechend der beiden Radien). Wie immer in der QM entspricht einer Schwingung ein Teilchen. Aufgrund bestimmter Symmetrien kostet es nun keine Energie, diese Schwingung anzuregen, sie hat Energie Null, also ist das Teilchen masselos.

Nun winden wir ein Gummiband um den Torus, das ist unser Flussschlauch (eine Eichfeldkonfiguration, also Feldlinien). Die Schwingung müsste nun gegen das Gummiband Arbeit verrichten und somit ist das dieser Schwingung zugeordnete Teilchen eben nicht mehr masselos.

In der Stringtheorie bedeutet "nicht masselos" praktisch immer "ca. gleich der Planckmasse". Damit sind die Schwingungen zwar nicht verschwunden, aber eben zu hochenergetisch, um angeregt zu werden.

Gruß
Tom
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Beitrag von gravi » 16. Jan 2009, 17:30

Hey, Danke Tom, das hast Du prima erklärt!
Jetzt kann ich mir das viel besser vorstellen.

Nun, ich freu mich dann auf die Branenmodelle!

Gruß
gravi
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Re: Aktueller Status der Stringtheorie ???

Beitrag von tomS » 26. Jan 2009, 22:05

So, nachdem einige Zeit rum ist, geht's jetzt weiter - und noch dazu in einem neuen Forum!

Ich habe ja bereits einiges zu den Branen und der Flux-Kompaktifizierung geschrieben. Leider ergeben diese Ansätze keine realistischen Modelle. Einige Grundprobleme sind:
1) in der Natur beobachtet man chirale Fermionen (Brechung der P-Invarianz); die Modelle ergeben jedoch P-erhaltende Theorien
2) das Hirarchieproblem wird nicht gelöst, d.h. es ist weiterhin unklar, warum die Massen der Elementarteilchen und insbs. des Higgs kaum Strahlungskorrekturen erfahren und "leicht" im Vergleich zur Planck-Masse bleiben.
3) Die Moduli-Felder bleiben ganz oder teilweise masselos.
4) N=2 Supersymmetrie erlaubt keine Einbettung des Standardmodells in die Symmetriegruppe, U(1)*SU(2)*SU(3) "passt" nicht in die resultierenden Symmetrien.

Die Idee ist nun, nicht unbedingt die Extradimensionen wie bisher auf Ebene der Planck-Länge zu kompaktifizieren, sondern statt dessen "große" Extradimensionen zuzulassen.Dabei erhält man eine neue "effektive" Planck-Masse bzw. GUT-Masse (das ist die Massenskala, die in der vierdimensionalen Physik an Stelle der ursprünglichen Planck-Masse auftritt). Diese Masse hängt von der Zahl und der Ausdehnung der Extradimensionen ab. Im Falle von großen Extradimensionen erwarte man ein großes Verhältnus von Planck-Masse zu GUT-Masse, d.h.letztere bleibt "klein".

Man geht nun von einer globalen zu einer lokalen Betrachtung über, d.h.man betrachtet eine Brane sowie die senkrecht dazu stehenden Extradimensionen, jedoch nur in Umgebung der Brane. Dann ermittelt man daraus die Eigenschaften der GUT-Physik auf der Brane, vernachlässigt jedoch Gravitationsphysik nahe der Planck-Skala. Die Idee dabei ist, dass man zunächst diese wesentlich einfacheren Betrachtungen durchführt und nur im Falle von phänomenologisch akzeptablen lokalen Modellen eine globale Vervollständigung sucht - von der man dann wieder die vollständige Einbeziehung der Gravitation erwartet.

Die aus der IIB Theorie entstehende lokale Theorie heißt F-Theorie.

Man betrachtet dabei 7-Branen, die sich um "Kreise" wickeln, die wiederum die kompaktifizierten 6 Dimensionen definieren. Man erhält zwei masselose Felder, ein Dilaton und ein Axion-ähnliches Feld. Auf dem komapkten 6-dimensionalen Raum existiert eine diskrete SL(2,Z) Symmetrie. Dies entspricht einem Kristallgitter. Einfaches Beispiel dafür ist ein Würfel, bei dem man gegenüberliegende Seiten identifiziert bzw. "verklebt", was einen 3-Torus ergibt. Man kann jedoch auch vor dem Verkleben noch Verdrehungen durchführen, was dazu führt, dass sich Linien, die sich um den Torus winden, nicht nach einem sondern erst nach n Umläufen schließen.

Interessanterweise erhält man aus einer speziellen Tranformation auf diesem Gitter die Transformation Dilaton => - Dilaton und Stringkopplung => 1 / Stringkopplung. Dies ist die o.g. S-Dualität. Ein interessanter Effekt ist,dass eine mathematische Struktur auftaucht, die sich ähnlich wie eine 12. Dimension verhält. Dies findet man teilweise auch in der Literatur, nach Schwarz handelt es sich dabei jedoch sicher nicht um eine echte neue Dimension (die 11 Dimensionen aus der M-Theorie gelten trotzdem).

Im Grenzfall, wo die Gravitation vernachlässigt wird, erhält man E(n) Eichsymmetrie. E(n) sind die sog. exzeptionellen Lie-Algebras; nur n=6, 7, 8 ist erlaubt. Interessanterweise kennt man E(8) bereits aus der heterotischen Stringtheorie. Diese ist wiederum "groß" genug, um eine SU(5) oder eine SO(10) einzubetten, die wiederum das Standardmodell U(1)*SU(2)*SU(3) enthalten kann. Es gibt einen kleinen Satz von Regeln, der es erlaubt, Konfigurationen auszuwählen, aus denen lokale, realistische Modelle folgen. Es bleibt dann zwar unklar, warum diese und nicht die nicht-realistischen Modelle auftreten, allerdings hat man eben den Vorteil, dass man sich von Beginn an nur um die realistischen Modelle und deren physikalische Konsequenzem kümmern muss (spart Arbeit :-)

Aus dem "einfachen" Satz von Regeln, kann man tatsächlich exakt die gewünschten Symmetrien des Standardmodels konstruieren.
- Wahl eines sog. U(1) Hyperflux, der genau die richtige Symmetriebrechung induziert
- Anti-5 und 10-Multipletts für die Fermionen (enstpr. GUT)
- Higgs-Dubletts (keine Tripletts aus 5=2+3); Triplets würden Protonenzerfall induzieren, den man so nicht beobachtet
- starke Yukawa-Top Kopplung; dadurch Erklärung der vergleichsweise hohen Top-Quark Masse
- SUSY und el.-schw. Symmetriebrechung
- Eichtheorie-induzierte SUSY-Brechung
Letztere vermeidet die (im Standardmodell stark unterdrückten) "Flavor-changing neutral currents". Im Standardmodell ist ein Zerfall
Tau => Elektron unter Aussendung eines Eichbosons (Z° o.ä.) unterdrückt; dies ist eine Forderung an von der Stringtheorie inspirierten Modelle.

Weitere noch nicht vollständig verstandene Folgen der F.-Theorie sind (bzw. könnten sein)
- R-Parity Erhaltung; d.h. dass die leichtesten SUSY-Partner (evtl. Neutralinos) wie erwartet stabil sind und DM Kandidaten darstellen.
- Erklärung der Kleinheit der Neutrino-Massen
- Größenordnung des Protonzerfalls
- Hierarchie der Yukawa-Kopplung = Massen der Fermionen

So, jetzt fehlen noch einige für uns hier interessanten Konsequenzen aus den Theorien mit "großen" Extradimensionen, z.B. Randall-Sundrum Modelle. Leider schreibt Schwarz darüber nichts, allerdings kann ich dazu sicher noch einige Orginalarbeiten auftreiben.

Um das ganze besser einordnen zu können, schließe ich mit einem Zitat von Schwarz:

The understanding of string theory continues to progress on many fronts at an impressive
rate. Many challenges remain, and it will undoubtedly require many decades to answer
some of the deepest questions. However, there is no reason to be pessimistic. The subject
is already proving useful for various purposes ranging from fundamental mathematics to
particle physics phenomenology and cosmology. New experimental and observational results
will be very helpful in stimulating further progress.
Gruß
Tom

Der Wert eines Dialogs hängt vor allem von der Vielfalt der konkurrierenden Meinungen ab.
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