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Forderungen an bzw. Grundlagen einer ToE

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
positronium
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Forderungen an bzw. Grundlagen einer ToE

Beitrag von positronium » 15. Apr 2011, 19:14

Hallo allerseits,

wenn ich über das Thema "Weltformel" u.a. auch in wikipedia lese, habe ich den Eindruck, es würde sich alles darum drehen, vorhandene Theorien zu vereinigen, neue Aspekte in diesen zu finden, zu bestätigen und zu verwerfen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht unbedingt. - Immerhin ist es denkbar, dass eine Theorie nur für einen experimentell überprüfbaren Bereich Gültigkeit hat, also lokal richtig, aber gleichzeitig global falsch ist. Man könnte also meiner Meinung nach sogar sagen: Es ist möglich, dass zwei Theorien zwei nicht überlappende Teile einer grossen Theorie korrekt beschreiben, aber nicht vereinigbar sind, weil sie eben nicht global richtig sind und keine Schnittmenge aufweisen. Sollte das zutreffen, können Theorien wie die der Grundkräfte beim Entwickeln einer ToE nicht als Grundlage dienen, sondern dürfen "nur" im Hinterkopf behalten werden, mit dem Vermerk: Für diesen und jenen Bereich muss die ToE Ergebnisse liefern, welche sich mit jenen dieser Theorien decken.

Möchte man also so weit gehen, stellt sich die Frage danach, wo man bei der Entwicklung einer ToE ansetzen sollte. Es geht mir in diesem Thread darum: Welche grundlegenden Phänomene muss eine ToE korrekt beschreiben? Also, die Forderungen an eine ToE. Und nicht die quasi "willkürliche" Festlegung von Grundlagen (Teilchen, WW, Zerfälle usw.) für diese.

Vielleicht können wir (ich bin leider alles andere als fit genug dafür) hier Phänomene zusammentragen und am Ende eine Liste aufstellen, was eine ToE auf welche Art auch immer (also, evtl. auch ohne bekannte Theorien) erklären können muss? Ausgenommen sollen natürlich solche Erscheinungen sein, welche auf niedrigerer Ebene durch andere erklärt werden können.

Ich möchte einen Vorschlag zur Gliederung einer solchen Liste machen:
Auf erster Ebene, in welcher "Grössenordnung" sich das Phänomen abspielt, weil davon ganz wesentlich die Beobachtbarkeit und Zuverlässigkeit der Messwerte abhängt.
Jeden dieser Punkte würde ich danach unterteilen, wie wichtig/fundamental und wie sicher die jeweilige Erscheinung bestätigt ist, sodass man eine Reihenfolge dieser hat, nach der man die ToE prüfen kann.

A) Mikrokosmos
1. grundlegend/wichtig
2. bedeutsam
3. nebensächlich/unsicher
B) Mesokosmos
1. grundlegend/wichtig
2. bedeutsam
3. nebensächlich/unsicher
C) Makrokosmos
1. grundlegend/wichtig
2. bedeutsam
3. nebensächlich/unsicher

Ich versuche schon einmal, ein paar Dinge grob einzutragen:

A) Mikrokosmos
1. grundlegend/wichtig
- Können die für uns wichtigen Teilchen (Elektron, Proton, Neutron und Photon) beschrieben werden, sodass andere an sie geknüpfte Bedingungen erfüllt werden?
- Wird der Zusammenhalt des Atomkerns erklärt?
- Lassen sich Elektronenorbitale im Atom und deren Bindung an den Kern berechnen?
- Ergeben sich Teilchen, welche Eigenschaften haben, die sich mit den Erscheinungen des Elektromagnetismus decken? (Anziehung/Abstossung etc.)
- Decken sich berechnete Absorbtions- und Emissionsspektren mit Messwerten?
- Erklärt die Theorie Teilchenumwandlungen/-zerfälle? (Welche sind wichtig?)
2. bedeutsam
- Bilden sich nach der Theorie Elektronenorbitale im Molekül?
3. nebensächlich/unsicher
- Wie sind Nukleonen aufgebaut und entspricht dieser Aufbau dem laut der QCD? (Ich weiss: die Einordnung an dieser Stelle ist gewagt, aber man ist sich doch bezüglich deren Aufbau noch nicht wirklich sicher, man vermutet nur, oder?)
B) Mesokosmos
1. grundlegend/wichtig
- Wird das Verhalten des Lichts (Interferenz, Lichtgeschwindigkeit) erklärt?
- Können die Erscheinungen der Optik (Brechung, Spiegelung etc.) hergeleitet werden?
2. bedeutsam
3. nebensächlich/unsicher
C) Makrokosmos
1. grundlegend/wichtig
- Wird die Anzieheung massebehafteter Teilchen erklärt?
- Können Aussagen über die Entstehung des Universums getroffen werden und decken sich diese mit der Beobachtung der Expansion?
2. bedeutsam
3. nebensächlich/unsicher

Änderungen und Ergänzungen sind herzlich willkommen!
Oder gibt es so etwas vielleicht schon irgendwo?

Gruss

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von gravi » 15. Apr 2011, 19:53

Ich persönlich glaube nicht, dass es jemals eine ToE geben wird - aber meine Meinuing ist ja unwichtig.

Einfügen müsstest Du sicherlich noch die Quantenwelt, denn was sich unterhalb des Mikrokosmows abspielt, sollte in eine ToE miteinbezogen sein.

Gruß
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 15. Apr 2011, 20:44

gravi hat geschrieben:Einfügen müsstest Du sicherlich noch die Quantenwelt, denn was sich unterhalb des Mikrokosmows abspielt, sollte in eine ToE miteinbezogen sein.
Was meinst Du damit genau? Quantenzustände sind ja in meiner obigen Liste schon vorhanden - Orbitale, damit Energieniveaus, Photonen ... . Oder beziehst Du Dich auf die drei Kategorien? Die sollen eigentlich nur gruppieren.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von Gepakulix » 15. Apr 2011, 22:06

positronium hat geschrieben:Können die für uns wichtigen Teilchen ... beschrieben werden ...?
...Wird das Verhalten des Lichts ... erklärt?
Man müsste vielleicht bereits jetzt auch auf den Unterschied zwischen "Beschreiben" und "Erklären" eingehen:
Welche Phänomene müssten von einer TOE erklärt werden, und bei welchen Fragen genügt eine Beschreibung.

==> Den Spin zu beschreiben scheint wesentlich einfacher als ihn zu erklären.

Gruss, Gepakulix

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 15. Apr 2011, 22:17

Gepakulix hat geschrieben:Welche Phänomene müssten von einer TOE erklärt werden, und bei welchen Fragen genügt eine Beschreibung.

==> Den Spin zu beschreiben scheint wesentlich einfacher als ihn zu erklären.
Ja, Du hast Recht.
Eigentlich wäre eine Beschreibung ausreichend, wenn nicht sogar zwingend, weil die Vorstellungskraft des Menschen recht beschränkt ist.
Man könnte also sagen, dass es nur um eine mathematische oder logische Beschreibung geht, und nicht um eine dem Menschen verständliche Erklärung.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 16. Apr 2011, 09:17

Danke für die gute Idee, diesen Thread zu starten.

Ein paar Anmerkungen: nach den heutigen Theoriegebäuden wäre eine Vewreinheitlichung im Mikokosmos unter Einbezehung von Quantenphänomenen gefordert. Dabei sind diese kein gesonderter Aspekt, sondern die Basis für die ToE. Phänomene auf größeren Längenskalen würden sich nur Näherungen (effektve Theorien) ergeben. So kann man z.B das Wasserstoffatom im Rahmen der relativistischen QM als Näherung an die QED berechnen, und man kann Festkörperphysik mit effektiven Vielteilchentheorien betreiben, ohne die starke Kernkraft in Betracht ziehen zu müssen.

Sehr interessant ist deine Anmerkung, dass es denkbar wäre, dass eine Theorie nur "lokal richtig, aber gleichzeitig global falsch ist"; ... dass zwei Theorien zwei nicht überlappende Teile einer grossen Theorie korrekt beschreiben, aber nicht vereinigbar sind.. Zumindest nach heutigem Wissenstand ist das in der Stringtheorie der Fall. Sie besteht aus mehreren "Theorien", die teilweise dual zueinander sind, d.h. z.B. durch eine Transformation starke Kopplung - schwache Kopplung auseinander hervorgehen aber eben nur lokal "in einem bestimmten Bereich eines Parameterraumes gültig sind. Eine Vervollständigung ist heute nicht in Aussicht.

Wenn man also den Anspruch, eine eindeutige und umfassende Theorie zu konstruieren, fallen lässt, dann gibt es wenig Gründe, die Stringtheorie abzulehnen.
Gruß
Tom

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von gravi » 16. Apr 2011, 20:04

Tom hat's viel besser beschrieben als ich es darstellen könnte: Was ich meinte, dass es unterhalb der atomaren Ebene denn von uns wohl nur theoretisch fassbaren Quantenbereich gibt. Also all die Dinge, die sich im Planckbereich abspielen.

Denkbar finde ich es auch, dass evtl. eine Zweiteilung erforderlich ist, so wie momentan die Relativitätstheorien und ie Quantenphysik (noch) nicht miteinander vereinbar sind.

Gruß
gravi
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 16. Apr 2011, 23:36

Relativität und Quantenphysik sind im Rahmen der Stringtheorie (besser: allen Stringtheorien) durchaus miteinander verträglich (wenn dies auch noch nicht vollständig gezeigt ist, gibt es doch praktisch eindeutige Hinweise).

Der Punkt ist der: Eine Stringtheorie setzt immer einen geometrischen Hintergrund voraus (eine bestimmte Dimension und Form einer Kompaktifizierung mit bestimmten klassischen Feldkonfigurationen darauf). Dieser Hintergrund ist festgelegt durch bestimmte Parameter, sogenannte Moduli. Diese können zunächst statisch sein, dann ist dieser Aspekt der Geometrie klassisch fixiert, oder dynamisch, d.h. sie können sich kontinuierlich ändern. Im ersten Fall sind mit den Änderungen dieser Parameter quantisierte Anregungen verbunden, deren Energien üblicherweise im Bereich der Planckenergie liegen. Im zweiten Fall sind Änderungen mit masselosen "Anregungen", d.h. masselosen Teilchen verbunden. Die Moduli (also deren Geometrie, d.h. die Stärke bestimmter Felder) bestimmt nun physikalische Parameter wie die Anzahl der Fermionengenerationen, Massen und Kopplungskonstanten. Ein Beispiel könnte das Higgsfeld sein, dessen Vakuumerwartungswert seine Kopplung an andere Felder und damit deren Massen festlegt.

Nun ist es evtl. so, dass es keine Darstellung der Stringtheorie gibt, die für beliebige Moduliräume gilt, sondern die nur für eine bestimmte Klasse gültig ist. Es gibt dann zwischen verschiedenen Theorien Beziehungen, z.B. dass im Falle des Grenzfalls der Dekompaktifizierung einer Dimension diese Theorie mit einer anderen im Grenzfall der punktförmigen Kompaktifizierung übereinstimmt. D.h. dass eine Theorie für R gegen Unendlich mit einer anderen Theorie im Grenzfall r gegen Null übereinstimmt. Eine weitere Entsprechung existiert zwischen verschiedenen Theorien, wobei die eine für den Grenzfall verschwindender Kopplung in die andere im Grenzfall unendlicher Kopplung übergeht. Diese sogenannten Dualitäten existieren also nicht zwischen den Theorien selbst (zumindest ist das heute nicht beweisbar) sondern nur zwischen bestimmten Grenzfällen dieser Theorien. Insgs. sind dabei die Typ-I, Typ-IIA, Typ-IIB, HE, HO, 11-dim. SUGRA (mit punktförmigen Teilchen) sowie die 11-dim M-Theorie (mit ihren 2- und 5-Branen) miteinander verwoben, wobei keine Darstellung global gültig ist.

Um nun von den Stringtheorien wegzukommen betrachten wir ein einfaches Beispiel, eine zweidimensionale Kugeloberfläche wie die Erde. In einem bestimmten Bereich können wir ein näherungsweise kartesisches Koordinatensystem definieren (die Krümmung macht sich auf einem Stadtplan praktisch nicht bemerkbar), allerdings könne wir dies nicht global tun, wie man z.B. den Längen- und Breitengraden ansieht, die ein an den Polen singuläres Koordinatensystem definieren. Der Nordpol hat keine definierte geographische Länge! Wenn man nun darauf besteht, die Erde (oder eine beliebige Kugelfläche) mit einem zweidimensionalen Koordinatensystem zu überziehen, dann stellt man fest, dass es ein solchen global nicht geben kann. Man muss also mehrere derartige Systeme einführen, die sich auch überlappen dürfen (sogar müssen), und zwischen denen man bestimmte Umrechnungen durchführen muss. D.h. es gibt keinen globalen Begriff von Länge und Breite mehr!

In demselben Sinne könnte es sein, das in bestimmten Bereichen des physikalischen Parameterraumes bestimmte Darstellungen der Physik singulär werden und durch andere ersetzt werden müssen. In einem gewissen Überlapp existiert dann möglicherweise auch eine Dualität, d.h. beide Darstellungen sind gleichwertig, aber keine davon ist global gültig. Wenn dem so wäre, dann wäre z.B. ein Begriff wie "Elektron" oder „Quark“ nur in einem bestimmten Parameterbereich gültig, in einem anderen dagegen sinnlos.

Machen wir ein konkretes Beispiel: Im Niederenergiebereich ist es praktisch sinnlos, von Quarks zu sprechen; sie sind nicht sichtbar und schon gar nicht isolierbar, außer indirekt in der Symmetrie der Hadronenzustände (Stichwort: „eightfold way“). Im Niederenergiebereich werden die physikalischen Phänomene durch sogenannte effektive Theorien bestens beschrieben, z.B. durch die chirale Störungstheorie, nichtlineare Sigmamodelle, effektive Mesonmodelle u.ä. Quarks finden in diesen Modellen keine Verwendung. Diese Modelle verlieren iher Gültigkeit bei höheren Energien, sobald Quarks „sichtbar“ werden. Die effektiven Theoruen müssen immer mehr „fundamentale“ Felder einführen (Vektormesonen, Nukleonen, Nukleon-Resonanzen, …), sie sind nicht-renormierbar, d.h. ihre Quantisierung ist nicht wirklich sinnvoll möglich usw. Bei höheren Energien kommt dann tatsächlich die QCD zur Anwendung, und insbs. in Bereichen der tiefinelastischen Streuung von quasi-freien Quarks sowie dem Quarks-Gluon-Plasma ist es sinnlos, Niederenergie-Freiheitsgrade wie Pionen und Nukleonen zu betrachten – sie existieren hier schlichtweg nicht mehr.

Nun ist es in der QCD so, dass auch die Niederenergiephysik der Hadronen immer besser durch elementare Freiheitsgrade der QCD beschrieben wird, d.h. dass man letztlich doch die fundamentalen Freiheitsgrade (Quarks, Gluonen) identifizieren kann. Im Rahmen der Stringtheorien scheint es (zumindest heute) so zu sein, dass es DIE fundamentalen Freiheitsgrade letztlich nicht gibt, dass letztlich nur ein Patchwork von zueinander dualen Theorien existiert, die jeweils für sich betrachtet eben nur lokale Gültigkeit haben. Dennoch ist es natürlich noch zu früh, hier abschließend zu einem Urteil zu kommen; nur weil man etwas heute nicht besser weiß, ist ja nicht bereits gesagt, dass es auch tatsächlich so ist.
Gruß
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 17. Apr 2011, 12:23

@gravi: Ich sehe es schon auch so, dass man im grösseren Bereich auf dem kleineren aufbaut, also damit auf jeder Betrachtungsebene die darüber und darunter liegenden Ebenen an Relevanz einbüssen. So verlieren natürlich auch die oben von mir in der Liste angesprochenen Theorien irgendwo ihre Gültigkeit. Aber im Zusammenhang mit einer ToE, genauer: der Entwicklung einer ToE ist es natürlich wichtig, sich nur auf bestätigte/als sicher geltende Phänomene zu stützen. Gerade im sehr kleinen Bereich der Quantenwelt ist es doch dagegen so, dass vieles nur mathematische Schlussfolgerungen sind, welche gut aufgehen. Ich halte es deshalb für möglich, dass man statt in einer ToE Phänomene abzubilden, Schlussfolgerungen zu implementieren versucht. Das würde zwangsläufig in eine Sackgasse führen.

@tomS: Wie oben gerade angeschnitten, stellt sich mir die Frage, welche Quanteneffekte mit Sicherheit als auf diese Weise real angenommen werden können. In meinem Eingangsposting hatte ich angesprochen, dass die Energieniveaus und Orbitale von Elektronen im Atom beschrieben werden können müssen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die Quantenzahlen irgendwo/-wie Niederschlag finden müssen. Und soweit ich weiss, hat man die Orbitale vermessen, was bedeutet, dass es sich bei den Quantenzahlen um ein reales Phänomen handelt. (Wenn ich jetzt einmal die grundsätzliche theoretische Möglichkeit von falschen Messergebnissen aufgrund des Messvorgangs als solchem und/oder der Messmethode unberücksichtigt lasse.) Aber, um an diesem Punkt zu bleiben: Wie sieht es mit der Unschärfe aus? Man sagt, es gibt eine Wellenfunktion, in der sich das Elektron befindet, und der tatsächliche Ort und Impuls sei unbekannt. Das geht mathematisch auf, wenngleich man für die Atomgrösse und Atomabstände in Molekülen zu Annahmen gezwungen ist. Kann man auch hier davon ausgehen, dass das real ist? Ist es nicht auch denkbar, dass das Elektron überall in diesem Bereich/Orbital gleichzeitig ist? (Eine Vorstellung, welche mir persönlich besser gefällt. Bildlich: Es "verliert" einfach die Zeit und bewegt sich folglich so schnell, dass es überall ist.)

Das läuft auf die Frage hinaus: Welche Quanteneffekte kann man (auch: in ihrer Beschreibung, wenn sie nicht "direkt" beobachtbar sind) als so gesichert ansehen, dass man sie als feste Forderung an eine ToE mit aufnehmen muss?

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 17. Apr 2011, 13:57

Generell zu meinem Beitrag: es geht nicht darum, zu behaupten, die Stringtheore wäre bereits die ToE; es geht auch nicht darum, sie als Beweis dafür herzunehmen, dass es nicht die ToE geben könnte sondern nur eine Sammlung von lose gekoppelten Theorien ohne einheitliche fundamentae Basis, dazu sind zu viele Konstruktionsmängel in der Stringtheorie enthalten. Es geht nur darum, zu zeigen, dass es schon so sein könnte, dass man das in Betracht ziehen muss.
Gruß
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 17. Apr 2011, 14:07

@positronium: ich glaube schon, dass man heute guten Gewissens sagen kann, dass all diese setsamen Quanteneffekte real sind, und zwar in folgendem Sinne: man hat sie zum größten Teil direkt oder indirekt vermessen, und damit sind sie so real wie etwas in der Physik nur sein kann; jeder Versuch, eine tiefere, bessere Realität dahinter zu finden, ist gescheitert bzw. führt auf Widersprüche. Wir müssen die Quantenmechanik (und damit haben wir die Quantenfeldtheorie noch gar nicht betrachtet) also akzeptieren.

Nun glaube ich nicht, dass wir damit schon die letztgültige Naturerkenntnis besitzen - warum sollten wir - nur glaube ich ebensowenig, dass wenn wir noch tiefer in die Geheimnisse der Natur vordringen, wir wieder auf einfachere, vertrautere Strukturen stoßen. Im Gegenteil, ich bin davon überzeugt, dass die Naturerklärungen in gewisser Weise zwar strukturell einfacher werden (die jetzige Phyik insbs. mit dem Standardmodell der Elementarteilchen ist strukturell eher komplizert, und die spezielle Struktur ist in keiner Weise motivierbar), dass sie dadurch aber nicht realistischer vertrauter werden.

Wir werden uns von Begriffen wie Raum und Dimension, Zeit, Materie verabschieden müssen.
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 18. Apr 2011, 12:09

Gut. Das heisst also, Dein Standpunkt ist, dass alles, was die Stringtheorien bzw. die M-Theorie im Bereich ihrer jeweiligen Gültigkeiten beschreiben und voraus sagen, in ihrer Erscheinung auch in einer ToE Einzug finden muss, nur dass in dieser eben allgemeiner zu formulieren ist.
Siehst Du auf das Threadthema bezogen, zumindest eine Reihenfolge der Phänomene, worin man manche als essenzieller als andere einstufen könnte? - Sozusagen, dass dieser und jener Effekt wahrscheinlich näher am Grundgerüst liegt als ein anderer und deshalb grössere Aufmerksamkeit verdient; sich bei der Entwicklung einer Theorie die übrigen also möglicherweise dann von selbst ergeben. Man könnte vielleicht auch sagen: Effekte an den Grenz(wert)en.

Deine letzten beiden Absätze sind spannend und aus meiner als philosophisch zu bezeichnenden Sicht halte ich das in der Form durchaus für möglich. Der Gedanke ist sogar aufregend. Aber so ganz will ich nicht daran gleuben. Alltagsbegriffe können an dem Punkt zwar wohl nicht mehr angewandt werden, aber ich glaube, oder würde mir wünschen, dass eine ToE nicht mehr nur mathematisch zu formulieren ist, sondern auch die menschliche Logik dafür noch ausreicht. So widerstrebt mir beispielsweise das Zufallsprinzip. Ich will nicht einsehen, dass in letzter Konsequenz unsere Art zu denken, also unsere Logik ungenügend ist, nur dass unsere Leistungsfähigkeit nicht ausreicht. Der Gedanke an "versteckte" Parameter kommt mir da schon entgegen.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 18. Apr 2011, 13:33

positronium hat geschrieben:Das heisst also, Dein Standpunkt ist, dass alles, was die Stringtheorien bzw. die M-Theorie im Bereich ihrer jeweiligen Gültigkeiten beschreiben und voraus sagen, in ihrer Erscheinung auch in einer ToE Einzug finden muss, nur dass in dieser eben allgemeiner zu formulieren ist.
Nein. Der Rahmen der Stringtheorien ist zu groß (SUSY, Extradimensionen, ...); beschreibbar muss das sein, was experimentell nachweisbar ist; dazu sollte die Theorie vollständig, konsistent und widerspruchsfrei sein. Letzteres führt evtl. zu einem größeren Rahmen als phänomenologisch notwendig, aber die Stringtheorie leistet an dafür an andere Stelle zu wenig.

Ich habe die Stringtheorie nur deswegen ins Spiel gebracht, weil sie in ihrer ggw. Form zeigt, dass es evtl. nicht genau eine fundamentale Theorie geben muss, sondern dass eine ganze Klasse an Theorien möglich ist, wobei keine davon als "fundamentaler" bezeichnet werden kann.
positronium hat geschrieben:Siehst Du auf das Threadthema bezogen, zumindest eine Reihenfolge der Phänomene, worin man manche als essenzieller als andere einstufen könnte? - Sozusagen, dass dieser und jener Effekt wahrscheinlich näher am Grundgerüst liegt als ein anderer und deshalb grössere Aufmerksamkeit verdient; sich bei der Entwicklung einer Theorie die übrigen also möglicherweise dann von selbst ergeben. Man könnte vielleicht auch sagen: Effekte an den Grenz(wert)en.
Siehe unten.
positronium hat geschrieben:Deine letzten beiden Absätze sind spannend und aus meiner als philosophisch zu bezeichnenden Sicht halte ich das in der Form durchaus für möglich. Der Gedanke ist sogar aufregend. Aber so ganz will ich nicht daran gleuben. Alltagsbegriffe können an dem Punkt zwar wohl nicht mehr angewandt werden, aber ich glaube, oder würde mir wünschen, dass eine ToE nicht mehr nur mathematisch zu formulieren ist, sondern auch die menschliche Logik dafür noch ausreicht. So widerstrebt mir beispielsweise das Zufallsprinzip. Ich will nicht einsehen, dass in letzter Konsequenz unsere Art zu denken, also unsere Logik ungenügend ist, nur dass unsere Leistungsfähigkeit nicht ausreicht. Der Gedanke an "versteckte" Parameter kommt mir da schon entgegen.
Ich setze auch Logik und Mathematik voraus, allerdings sehe ich nicht, warum eine "menschliche Art des Denkens" irgendeine Präferenz genießen sollte. Ich glaube, dass wir bei der Suche nach einer ToE weniger an der Komplexität schreitern, als daran, dass sie evtl. unserem Denken nicht zugängliche Strukturen aufweist.
Gruß
Tom

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 18. Apr 2011, 13:42

Grundlegende Fragen für eine ToE sind m.E.:
- Basis o. Erklärung für das Auftreten von Feldtheorien
- Basis o. generelle Erklärung für das Auftreten von Eichsymmetrien
- einheitliche Formulierung aller WWs einschließlich der Gravitation als Eichtheorie (oder im Sinne einer erweiterten fundamentalen Struktur - s.o.)
- Basis o. Erklärung für die Mikrokausalität sowie die Symmetriestruktur SO(3,1) ~ SU(2)*SU(2) der Raumzeit
- Formulierung aller beobachteten WWs in einem Rahmen "aller möglichen WWs"; warum gerade diese WW? und warum gerade diese spezielle Struktur der WW?
- tieferliegende (ggf. diskrete) Struktur als Basis der o.g. Theorien; Erklärung wie kontinuierliche Feldtheorien daraus hervorgehen
Gruß
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 18. Apr 2011, 15:05

tomS hat geschrieben:...beschreibbar muss das sein, was experimentell nachweisbar ist; dazu sollte die Theorie vollständig, konsistent und widerspruchsfrei sein. Letzteres führt evtl. zu einem größeren Rahmen als phänomenologisch notwendig...
Das sehe ich genau so und steckt den äusseren Rahmen ab.
Gleichzeitig folgen daraus bezogen auf alle existenten Theorien:
- selbst in ihrem jeweiligen Teilgebiet beschreiben sie nur einen bestimmten Parameterraum (das ist ohnehin klar) und
- auch dieser Parameterraum kann nicht gezwungenermassen als lückenlos angenommen werden, weil ein Experiment nie für einen kontinuierlichen Bereich, sondern nur punktuell durchgeführt werden kann. Zwar ist es möglich, zu interpolieren, aber das Ergebnis sagt dennoch nichts über den ganz grossen und den ganz kleinen Massstab und ebenfalls noch nichts darüber aus, welchen Zahlenmengen die Parameter angehören oder ob diese evtl. sogar in ihrer Form abweichen können - nicht kontinuierlich, mehrdimensional, Abhängigkeit von experimentellen Gegebenheiten wie Eigenbewegung, Kräfte...

Streng genommen dürfte man sich also einzig und allein auf Experimente verlassen. Erschwerend kommt hinzu, dass man bei etlichen der beobachteten Phänomene nicht sicher sein kann, auf welcher Ebene sie "erzeugt" werden - man weiss also im Vorhinein nicht, ob es sich um einen Scheineffekt handelt.
tomS hat geschrieben:Ich setze auch Logik und Mathematik voraus, allerdings sehe ich nicht, warum eine "menschliche Art des Denkens" irgendeine Präferenz genießen sollte. Ich glaube, dass wir bei der Suche nach einer ToE weniger an der Komplexität schreitern, als daran, dass sie evtl. unserem Denken nicht zugängliche Strukturen aufweist.
Ich sehe in unserer Art des Denkens nichts spezielles. Wenn es andere Intelligenz auf unserem Niveau gibt, glaube ich sogar, dass diese eine sehr ähnliche Denkweise hat. Wir sind, und so wäre auch diese durch die Natur und damit durch die Physik geprägt; deshalb bin ich der Meinung, dass ein physikalisches Urprinzip gar nicht so weit von unserer normalen Denkwese entfernt ist. Die Frage ist m.M.n. vielmehr, ob wir die Komplexität bis zu diesem Punkt, die oft zahllosen Kombinationsmöglichkeiten einfachster Dinge durchschauen können, um an den Kern der Sache zu kommen.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 18. Apr 2011, 20:27

Wir sollten vielleicht klarstellen, dass man eine ToE auf unterschiedlichen Ebene betrachten kann. Man kann zum einen fordern, dass sie mit einem Minimum an Input bekannte Phänomene (konsistent, widerspruchsfrei usw.) reproduziert; man kann aber auch fordern, dass sie bestimmte Grundannahmen "erklärt werden". Dieser Anspruch geht über den ersten hinaus.
Gruß
Tom

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 19. Apr 2011, 17:56

tomS hat geschrieben:Wir sollten vielleicht klarstellen, dass man eine ToE auf unterschiedlichen Ebene betrachten kann. Man kann zum einen fordern, dass sie mit einem Minimum an Input bekannte Phänomene (konsistent, widerspruchsfrei usw.) reproduziert; man kann aber auch fordern, dass sie bestimmte Grundannahmen "erklärt werden". Dieser Anspruch geht über den ersten hinaus.
Es dürfte wohl beides möglich sein, obwohl es auch sein könnte, dass man beim Versuch nach ersterer Art zu formulieren, gleich bei einer ToE zweitgenannter Art landet. Ich denke, eine ToE sollte auf unterster Ebene ansetzen und dort nur einfachste Annahmen treffen, welche sich gegenseitig bedingen - soz. ein geschlossenes logisches System. Träten in einer ToE Annahmen auf, welche völlig frei, also unerklärt sind, stünde sie nicht auf unterster Ebene und ist vielleicht noch gar keine korrekte Theorie, sondern man hat nur noch nicht das Experiment durchgeführt, welche sie als falsch erkennbar macht.

Ich möchte gerne versuchen, Deine Liste auf meinen Wissensstand zu übersetzen:

"- Basis o. Erklärung für das Auftreten von Feldtheorien"
"- Basis o. generelle Erklärung für das Auftreten von Eichsymmetrien"
"- Formulierung aller beobachteten WWs in einem Rahmen "aller möglichen WWs"; warum gerade diese WW? und warum gerade diese spezielle Struktur der WW?"
Also, einfach ausgedrückt: Warum gibt es Wechselwirkungen? Wenn man diese Frage beantworten kann, sollte sich doch in einer ToE auch erschliessen, warum diese die in der Physik bekannten Wirkungen zeigen und warum es keine weiteren Wechselwirkungen gibt?

"- einheitliche Formulierung aller WWs einschließlich der Gravitation als Eichtheorie (oder im Sinne einer erweiterten fundamentalen Struktur - s.o.)"
Der Teil in Klammern müsste gehen, aber kann man den ersten als zwangsläufig erreichbar annehmen? Die Gravitation unterscheidet sich ja grundlegend von anderen Wechselwirkungen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Gravitation gar keine Wechselwirkung ist, sondern eine Nebenerscheinung.
Ich "beschuldige" jetzt einfach einmal willkürlich das elektromagnetische Feld, und sagen wir, jedes massebehaftete Teilchen schwingt in sich und diese Schwingung erfolgt unter einer gewissen "Reibung" zu diesem Feld, mit einem klitzekleinen Unterschied zwischen der parallelen und antiparallelen Ausrichtung der Feldvektoren zur Schwingungsrichtung. Hätte man dann nicht die Gravitation als Scheinkraft erklärt, sie wäre keine Wechselwirkung und bedürfte keines eigenen Feldes bzw. Teilchens?

"- Basis o. Erklärung für die Mikrokausalität sowie die Symmetriestruktur SO(3,1) ~ SU(2)*SU(2) der Raumzeit"
Das verstehe ich leider überhaupt nicht. :(

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 19. Apr 2011, 19:23

positronium hat geschrieben:"- Basis o. Erklärung für das Auftreten von Feldtheorien"
"- Basis o. generelle Erklärung für das Auftreten von Eichsymmetrien"
"- Formulierung aller beobachteten WWs in einem Rahmen "aller möglichen WWs"; warum gerade diese WW? und warum gerade diese spezielle Struktur der WW?"
Also, einfach ausgedrückt: Warum gibt es Wechselwirkungen? Wenn man diese Frage beantworten kann, sollte sich doch in einer ToE auch erschliessen, warum diese die in der Physik bekannten Wirkungen zeigen und warum es keine weiteren Wechselwirkungen gibt?
Vielleicht sollte man das Thema "Wechselwirkungen" gar nicht in dcen Vordergrund stellen. Historisch und in gewissen Näherungen betrachtet man immer eine "freie Theorie", in die man dann eine WW "einbaut". Das ist wahrscheinlich falsch. Z.B. existiert die Gravitation nicht als freie Theorie, auch nicht als Näherung an eine solche. Gemeint ist: warum existieren gerade die beobachteten Wechselwirkungen, Symmetrien usw. - und keine anderen?
positronium hat geschrieben:"- einheitliche Formulierung aller WWs einschließlich der Gravitation als Eichtheorie (oder im Sinne einer erweiterten fundamentalen Struktur - s.o.)"
... Die Gravitation unterscheidet sich ja grundlegend von anderen Wechselwirkungen.
Inwiefern?
positronium hat geschrieben:Ich könnte mir vorstellen, dass die Gravitation gar keine Wechselwirkung ist, sondern eine Nebenerscheinung.
Ja, aber warum?
Gruß
Tom

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 19. Apr 2011, 19:29

Zur "Erklärung für die Mikrokausalität sowie die Symmetriestruktur SO(3,1) ~ SU(2)*SU(2) der Raumzeit": Die Raumzeit ist vierdimensional mit einer zeitartigen Richtung, was letztlich im sog. Lichtkegel resultiert. Dieser Lichtkegel gilt bzw. existiert auf beliebig kleinen Längenskalen. Jede WW breitet sich sozusagen entlang (ggf. innerhalb) des Lichtkegels aus und beeinflusst immer nur Punkte "in der Zulunft"; anders gesagt, der Lichtkegel definiert erst die Begriffe "Zukunft" und "Vergangenheit". Ist dies ein universelles Prinzip? Genügt dieses Prinzip alleine, um daraus den Begriff "Raumzeit" sowie die Struktur abzuleiten? Warum beobachten wir das gerade in vier Dimensionen, wo es doch mathematsich auch in höheren Dimensionen möglich wäre? Welches Prinzip sorgt dafür, dass es eben gerade vier Dimensionen sind?
Gruß
Tom

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 19. Apr 2011, 22:04

tomS hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:"- einheitliche Formulierung aller WWs einschließlich der Gravitation als Eichtheorie (oder im Sinne einer erweiterten fundamentalen Struktur - s.o.)"
... Die Gravitation unterscheidet sich ja grundlegend von anderen Wechselwirkungen.
Inwiefern?
Insofern, dass sie nur einen Pol hat und: siehe unten.
Wenn ich mir eine Geometrie vorstelle, welche ein einpoliges Verhalten erklären könnte (Im Prinzip wie oben veranschaulicht; ganz gleich ob gerade eine solche Form der Vorstellung richtig oder falsch ist.), dann reicht bereits eine Dimension. Im Gegensatz dazu komme ich beim Elektromagnetismus sofort zu einer mindestens 2+1-dimensionalen Vorstellung. Mit der starken WW wird es dann aber richtig kompliziert - für mich zu sehr, aber unter 3 Dimenionen dürfte bei dieser nichts möglich sein. Die Gravitation erscheint mir deshalb im Vergleich zu anderen WW als äusserst einfach gestrickt; sie ist "ganz unten" angesiedelt. Sie könnte geometrisch problemlos auf eine andere, gut möglich auch eine fundamentalere WW aufgesetzt sein. Vielleicht könnte man sie sogar als statistischen Effekt bezeichnen.
tomS hat geschrieben:
positronium hat geschrieben:Ich könnte mir vorstellen, dass die Gravitation gar keine Wechselwirkung ist, sondern eine Nebenerscheinung.
Ja, aber warum?
Ihre "Ladungsmenge" bzw. Masse pro Teilchen ist so extrem unterschiedlich (Das stellt sie meiner Meinung nach auch aus der Reihe anderer WW.) und offenbar völlig frei. Es erscheint doch so, dass die Masse es nicht erlaubt, Teilchen zu klassifizieren, was die anderen WW schon erlauben. Die Masse sagt also höchstwahrscheinlich nichts über die innere Struktur von Teilchen aus, sondern definiert eher so etwas wie eine innere Schwingungsfrequenz, eine Spannung oder so etwas. Wie sollte aber eine solche Eigenschaft eine ähnliche Wirkung nach aussen haben, wie das fundamentale, der innere Aufbau eines Teilchens?
Gerade die Vorstellung einer Schwingung würde, wie ich glaube, gut auf die Annahme des oben erwähnten statistischen Effekts oder des Modells mit der "Reibung" in einem anderen Feld passen.

Das ist aber natürlich nur eine Idee ohne wissenschaftliche Grundlage, meine Vorstellung eben und berechnen kann ich das noch nicht.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von tomS » 20. Apr 2011, 07:13

Die Sorte der WWs und die Dimensionalität des Raumes haben praktisch nichts miteinander zu tun. Bzgl. der Masse gebe ich dir recht; ihr Ursprung ist sicher eines der zentralen Rätsel der Physik (auch das Higgsfeld erklärt das letztlich nicht befriedigend)
Gruß
Tom

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 20. Apr 2011, 11:24

tomS hat geschrieben:Die Sorte der WWs und die Dimensionalität des Raumes haben praktisch nichts miteinander zu tun.
Die Dimensionalität des Raumes meinte ich damit nicht. Was ich schrieb, ging in die Richtung einer geometrischen Vorstellung der Wirkung, also in der Art: Zum Schleifen braucht man eine Dimension (vor/zurück), zum Drechseln braucht man zwei (Rotation) usw..

Auch: Weil die Gravitation nur einen Pol aufweist, hat dieser kein Gegenstück und kann nicht neutralisiert werden, was wiederum auf die Entstehung der Ladung Rückschlüsse zulässt. Es ist nichts in der Form vorstellen: 0 = -1 + +1 oder eben 0 = r + g + b. Für die Gravitation würde gelten: 0 = g. Das lässt darauf schliessen, dass bei der Gravitation irgend etwas ganz anders läuft.

Vielen Dank für die Erklärung zu dem Punkt "Erklärung für die Mikrokausalität sowie die Symmetriestruktur SO(3,1) ~ SU(2)*SU(2) der Raumzeit".

Demnach bleiben eigentlich gar nicht viele Fragen für eine ToE, und diese drehen sich nur um die Punkte Feld und Raum, und vor allem darum, wie die bekannten Phänomene darin einzuordnen sind.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von deltaxp » 20. Apr 2011, 12:27

positronium hat geschrieben: Der Gedanke an "versteckte" Parameter kommt mir da schon entgegen.
das ist etwas anthropisch. was uns "entgegenkommt" ist letzlich nur die folge unserers evolutionären erfahrungsbereiches in der ich sag mal meter-sekunden skala.

von einer toe, die effekte im bereich von nanometer&sekunden bis hin zu milliarden lichtjahren und jahren gemeinsam beschreiben soll, erwarte ich ehrlich gesagt sogar ein aussehen, das sich unserem anschaulichen verständnis entzieht. alles andere würd mich ziemlich verwundern. in der tat stimme ich da mit tom sehr überein, dass ich mir so eine theorie auch nur ohne raum und zeit als fundamentgrössen vorstellen kann, sondern sie ein folge sind. falls es eine toe gibt, wird sie dann eventuell wie tom sagt wirklich einfach, aber sehr sehr abstrakt sein und mit hoher wahrscheinlichkeit für praktische berechnung und lösungen auch recht untauglich. da wird man dann wieder grenz und spezialfälle betrachten muessen. eben um von einer globalen alles und nichts sagenden ToE auf lokale messbare aussagen zu kommen. jedenfalls ist die tendenz bei verallgemeinerungen von theorien bisher so.

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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von positronium » 20. Apr 2011, 13:10

deltaxp hat geschrieben:
positronium hat geschrieben: Der Gedanke an "versteckte" Parameter kommt mir da schon entgegen.
das ist etwas anthropisch. was uns "entgegenkommt" ist letzlich nur die folge unserers evolutionären erfahrungsbereiches in der ich sag mal meter-sekunden skala.
Das stimmt natürlich.
deltaxp hat geschrieben:von einer toe, die effekte im bereich von nanometer&sekunden bis hin zu milliarden lichtjahren und jahren gemeinsam beschreiben soll, erwarte ich ehrlich gesagt sogar ein aussehen, das sich unserem anschaulichen verständnis entzieht. alles andere würd mich ziemlich verwundern. in der tat stimme ich da mit tom sehr überein, dass ich mir so eine theorie auch nur ohne raum und zeit als fundamentgrössen vorstellen kann, sondern sie ein folge sind.
Ich wollte mehr in die Richtung, dass die Mechanismen vorstellbar und nicht ausschliesslich formulierbar sind. Ob darin Raum und Zeit vorkommen müssen, will ich mich gar nicht festlegen; bei der Zeit zweifle ich sogar - zumindest im einsteinschen Sinn.
deltaxp hat geschrieben:falls es eine toe gibt, wird sie dann eventuell wie tom sagt wirklich einfach, aber sehr sehr abstrakt sein...
Das ginge mir persönlich zu weit - ich hatte es weiter oben schon angesprochen: Unser Denken ist ein Produkt der Physik. Aber mir ist auch klar, dass Ihr dank Eueres Wissens mehr Weitblick habt.
deltaxp hat geschrieben:...und mit hoher wahrscheinlichkeit für praktische berechnung und lösungen auch recht untauglich. da wird man dann wieder grenz und spezialfälle betrachten muessen. eben um von einer globalen alles und nichts sagenden ToE auf lokale messbare aussagen zu kommen.
Ja, das stelle ich mir auch als gut möglich vor.

Gepakulix
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Re: Forderungen an eine ToE

Beitrag von Gepakulix » 8. Mai 2011, 13:45

Nachdem es um diesen Thread etwas ruhiger geworden ist, möchte ich eine andere Sichtweise anhängen.

Konkret geht es um:
positronium hat geschrieben:
Gepakulix hat geschrieben:Welche Phänomene müssten von einer TOE erklärt werden, und bei welchen Fragen genügt eine Beschreibung. ...
...Eigentlich wäre eine Beschreibung ausreichend, wenn nicht sogar zwingend, weil die Vorstellungskraft des Menschen recht beschränkt ist...
Wenn dereinst vielleicht wirklich eine TOE vorhanden sein wird, dann müsste es eigentlich auch das Ende der Forschung im betreffenden Gebiet bedeuten.
Ich frage mich aber, ob die dann jungen Generationen so etwas akzeptieren würden:
- eine Theorie, welche die Physik nur beschreiben kann, aber in wichtigen Gebieten nicht verstehbar erklärt
(von unserem Verstand nicht erfasst werden kann)
- Eine Theorie, welche eventuell erst nach vielen Jahren Einarbeiten und Nachlesen von hochkomplizierten Berechnungen
von einer handverlesenen Anzahl Personen noch überprüft werden kann.

Warum bezweifle ich dies?
Weil wir das schon einmal hatten.
Im Mittelalter ging man davon aus, dass der menschliche Verstand nicht fähig ist unsere Umwelt zu verstehen. Die damaligen Theorien waren eine rein beschreibende Art: Blitz und Donner wurden beschrieben als göttliche Einflussnahme.
Es enstanden recht komplexe theologische Theorien, welche von den besten Köpfen der besten damaligen Schulen (kirchlich) hergeleitet wurden. Köpfe von ausserhalb wurde eine Mitredefähigkeit schon gar nicht zugetraut.
Um diesen Theorien folgen zu können musste man selber Jahre damit verbracht haben (was man heute auch als Gehirnwäsche bezeichnen könnte).

Erst mit der Zeit der Aufklärung kam die Gegenbewegung, mit dem Glauben an den Menschen: Der Mensch ist mündig und kann seine Umwelt verstehen.
Es war das Ende mit der Idee: "der Verstand des Menschen reicht dafür nicht aus*.
Entsprechend auch der Grundgedanke von Immanuel Kant: "„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“
Selbstverschuldet deshalb, weil der Mensch sich selber eingeredet hatte, etwas nicht verstehen zu können.

Zusammengefasst:
Von einer TOE erwarte ich, dass sie so einfach ist, dass
- der Mensch sie nachvollziehen kann ohne sich viele entscheidende Jahre des Lebens darin einarbeiten zu müssen (und somit sich einem Risiko der Gehirnwäsche auszusetzen: Es ist ja auffallend wie z.B. die Anhänger von String-Theorie und LQG heute in eigenen Gedankengebäuden leben und dabei das gegenseitige ablehnen)
- also eine recht grosse Zahl von Menschen sie nachvollzogen hat
- dass praktisch alle Details verstehbar sind, und nicht einfach nur beschreibbar sind

Gruss, Gepakulix

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