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Das mathematische Universum

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Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 11:16

Nachdem sich zu einem Artikel unter "News" eine längere Diskussion entwickelt hat, die nun wieder auflebt, möchte ich hier einen eigenen Thread einrichten.
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 15:34

http://arxiv.org/abs/0704.0646
The Mathematical Universe
Authors: Max Tegmark (MIT)
(Submitted on 5 Apr 2007 (v1), last revised 8 Oct 2007 (this version, v2))
Abstract: I explore physics implications of the External Reality Hypothesis (ERH) that there exists an external physical reality completely independent of us humans. I argue that with a sufficiently broad definition of mathematics, it implies the Mathematical Universe Hypothesis (MUH) that our physical world is an abstract mathematical structure. I discuss various implications of the ERH and MUH, ranging from standard physics topics like symmetries, irreducible representations, units, free parameters, randomness and initial conditions to broader issues like consciousness, parallel universes and Godel incompleteness. I hypothesize that only computable and decidable (in Godel's sense) structures exist, which alleviates the cosmological measure problem and help explain why our physical laws appear so simple. I also comment on the intimate relation between mathematical structures, computations, simulations and physical systems.

Der Autor stellt zunächst die These auf, dass eine ToE keine Begriffe, Wörter, Bedeutungen oder Erläuterungen mehr enthalten darf, sondern dass sie sich ausschließlich rein matehmatisch durch abstrakte Symbole und Relationen formulieren lässt. Er nennt dies eine mathematisches Struktur (deren Formulierung er in einem Anhang erläutert).

Im weiteren Verlauf folgert er, dass dann nicht mehr nur eine ToE (= mathematische Struktur) existiert, die unser Universum vollständig beschreibt, sondern dass zu jeder widerspruchsfreien mathematischen Struktur ein Universum existiert. Er ist damit sofort bei einem nochmals erweiterten Begriff eines Multiversums.

Und jetzt kommt's knüppeldick: da laut seiner These eine ToE eben keine Begriffe, Interpretationen oder Regeln mehr enthalten darf - da die ToE ja vollständig als mathematische Struktur existiert ohne Sätze wie "x bedeutet ..." oder "die Formel f(x) ist dann anzuwenden wenn ...." oder "einem Quark entspricht dabei ein Feldoperator q ..." - gibt es auch nicht mehr die Notwendigkeit zu erklären, in welcher Form die mathematische Struktur der Realität ENTSPRICHT bzw. sie BESCHREIBT oder ABBILDET. Tegmark folgert, dass jede konsistente mathematische Struktur einfach eine Realität IST ...
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 15:46

Ich bin mir nicht sicher, wie diese Sätze "ein Universum IST eine mathematische Struktur" zu interpretieren sind. Ich denke aber, da er ja immer die Vollständigkeit der mathematischen Struktur betont, dass er wirklich meitn, es gäbe NICHTS außer der Mathematik.

D.h. dass gerade eine "mathematische Subtruktur" auf einer anderen "mathematische Substruktur" "tippt" - und dass da nichts weiter IST.

Lies das Paper - es enthält praktisch keine Formeln - und ist schon ziemlich schockierend ...
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 23. Jan 2010, 15:48

Ich habe das paper gelesen. Ich finde es nicht schockierend. Es ist nur das "alte" Lied der philosophischen Denkarten.

Tegmark hat einen gewissen eigenen Schreibstil, der unserereins etwas seltsam anmutet. Er macht sich völlig frei von irgendwelchen physikalischen Gegebenheiten udn sagt aufs Einfache reduzeirt:

naja, wenn die Physik existiert und die Physik sich mathematisch beschreiben läßt, dann muss andererseits auch eine amthematische Struktur auffindbar sein, die eben das gleiche beschreibt ohne auf die Physik einzugehen. Eventuell mag man mutmaßen, er sucht so etwas wie eine mathematische Affinität physikalischer Gesetzmäßigkeiten. Vergleichbar damit, daß Du durchaus den scheifen Wurf auch ohne Masse und Gravitation beschreiben kannst, eben nur als DGL einer Kurve. Wie diese Kurve zustande kommt ist dann völlig unerheblich.

Ich denke, daß dies der Punkt ist, wo er sich von unserereins unterscheidet:

seine Abstraktionsidee -die er, wie Du ja bereits sagtest leider nicht ausführt, sondern nur verbal darstellt- macht sich frei von Erklärungen des wieso und weshalb. Er sucht halt nach einem rein mathematisch beschreibbaren Strukturzusammenhang.

Klar daß dieses polarisiert, man muß ja auch nicht unbedingt damit konform gehen, aber dürfen tut er das. Warum nicht? Was spricht dagegen?

Gruß

Wilfried
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 15:50

Ich habe schon ein paar Einwände:

Wenn du einen Videofilm deines Lebens auf einer Videokassette hast, dann musst du ihn prinzipiell auch abspielen (können), damit dein Leben überhaupt stattfindet. Seiner Meinung nach reicht aber der grundsätzliche Entwurf deines Lebens aus, eine darüberhinausgehende Realität lehnt er ab.

Darüberhinaus setzt die Videokassette automatisch eine umgreifendere Realität voraus, die die Videokassette als solche erkennt. Eine Videokassette ohne Videorekorder und ohne Kenntnisse über die Funktion eines solchen ist in keinem Sinne eine Videokassette. Damit will ich sagen, dass zumindest diese Analgogie dahingehend hinkt, dass ich für die volle Realität eben auf mehr als nur die Struktur = Beschreibung angewiesen bin.

Wenn du dich abends in Bett legst, dann unterscheidet sich ganz ganz deutlich von der mathematischen Beschreibung, dass du dich ins Bett legst. Wenn aber die Realität und ihre Beschreibung (mathematiasche Struktur) identisch sind, dann ist nicht einsehbar, warum sie mir wesentlich verschieden erscheinen.

Im informationstechnischen Sinne mag es einfacher sein, dass strukturell alle mathematsichen Strukturen = alle Universen existieren (im Vergleich dazu, dass nur ein Universum existiert). Die Beschreibung einer bestimmten reellen Zahl erfordert viel mehr Information als die Beschreibung der Struktur (der Axiome) aller reellen Zahlen. Insofern ist das mathematische Multiversum tatsächlich "einfacher".
Im ontologischen Sinne ist aber nur unser Universum ein gesichertes Faktum, alles darüber hinaus ist eben nicht einfacher. D.h. dass diese spezielle Form des Multiversums sowohl metaphysischen Ballast mit sich herumschleift (nämlich die grundsätzlich unbeobachtbare Existenz unendlich vieler weiterer Universen), als auch dass sie nicht erklären kann, warum wir gerade unser Univesum beobachten und kein anderes. Dieser Einwand trifft generell Idee des Multiversums: immer dann, wenn ich nicht erklären kann, ob entweder A oder B real ist, dann behaupte ich der Bequemlichkeit halber A und B sind real - und eines davon ist unbeobachtbar - das ist aber nicht Wissenschaft sondern nur eine Ausflucht. DIe THeorie immunisiert sich selbst gegen ihre Widerlegung.

Ich bin nicht überzeugt von dem Argument,. dass die Entdeckung neuer mathematische Strukturen ein guter Beleg für die These des mathematischen Multiversums ist. Man hätte ja auch vor 1000 Jahren behaupten können, die Erde sei unendlich ausgedehnt und hätte die Entdeckung neuer Inseln als Beweis anführen können. Ohne Beobachtung des Himmels wäre diese falsche Behauptung einige Jahrhunderte nicht als solche entlarvt worden.
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 23. Jan 2010, 15:52

Tag Tom

hmmm, ja ich kann Deine Argumente verstehen, nur ist das nicht etwas zu vereinfachend ausgedrückt?

Lass mich mal Beispiele aus meinem Fachbereich bringen:

Ich kann ein Modell eines MOS Transistors sehr eng an diePhysik anlehnen. Ich kann -und habe es auch getan- ein Modell solch eines Transistors auch rein mathematisch beschreiben. Das hat keinerlei physikalische Parameter, basiert nur darauf, daß die Eigenschaften des Kurvenbüschels mathematisch nachgebildet werden.

Zweites Beispiel

Ich kann einen Verstärker physilalish nachbilden. Kirchhoff und Bauelementegleichungen ... lösen schwupps da ist es. Aber ich kann es auch rein mathematisch darstellen und dabei ist es äußerst präzise.

Was ist passiert? Ich nutze beispielsweise die Eigenschaften des Tangens Hyperbolicus aus, um Sättigung zu beschreiben. Und so weiter ...muss ich hier nicht im Deteil weiter ausfhren.

Was ist der Zewck dazu?

Sagen wir es ist ein Fehler passiert..irgendwo z.B. in einer Anwendung. Die Eletroniker haben mit ihren physikalischen Ansätzen nichts herausgefunden. Ratlosigkeit. Nun fragt man mich, ob die Mathematik eventuell helfen kann. Ich bilde das Fehlergeschehen amtheatisch nach und schaue zu, daß ich recht exakt an die Messkurven anschmiegen kann. Das erreiche ich. Dann habe ich einen Formalismus und den kann ich auf verwandtschaftliche Strukturen untersuchen: Filter, Überschwinger, was weiß ich...
Das hilft um das Problem zu finden.

habe ich duzende Male so gemacht und war stets damit erfolgreich. Aber diese Analytik hatte keinerlei Bezug zur Physil. Der Bezug zur Physik kam erst später, wenn der eigentliche Ort des fehler eizukreisen war.

Und was bitte ist an einer solchen Vorgehensweise falsch? Es ist ein anderer Weg, aber durchaus ein probater.

Ich bin mir da nicht so sicher, ob das Beispiel mit dem Abspielen des Lebensvideos so in diesem Sinne richtig interpretiert wird.

Es geht nicht ums Abspielen, es geht um den Aufbau eines verständnisses, der helfen mag Dinge verstehen zu können, Mechanismen beschreibend zum Zwecke des späteren Aufbaus eines Verständnisses.

Ich habe keinen Satz gefunden, worin Tegmak die Physik anprangert, sie wegdiskutiert!

Auch redet er nicht davon, daß sein Ansatz eine neuartige Theorie ist, es ist eine andere, eine modifizierte Art einer denkabaren Beschreibung: ein Teil, der helfen mag auf Grund einer schärfernen Analytik -Interpretation von mir- zu einem späternen Zeitpunkt oder auch von anderen Teams, die dazu notwendigen Gesetzmäßigkeiten der reinen Physik zu verstehen.

Er versucht halt der Schwierigkeit der Physiker eine geschlossene Theorie aufzubauen eine andere Hand zu reichen, nicht aber die Ideen der Physiker zu zerreißen.

So sehe ich das.

Auch glaube ich nicht, daß es Ziel seines Aufsatzes ist, die Entdeckung mathematischer Strukturen als These eines mathematischen Multiversums zu verstehen. Ich sehe das als Idee, als Möglichkeit, als Hilfsmittel an, vieleicht besser als Ergänzung zur Physik.

Aber ich muss auch sagen, der Aufsatz ist sehr unglücklich verfasst. Tatsächlich ist Dein Gedankengang der, den man automatisch bekommt, liest man dieses paper ohne eigene Erfahrungen in Modelliertechniken.

Bitte verstehe diesen letzten Satz jetzt nicht falsch!!! Ich sage nicht, daß Du darin keine Ahnung hast oder sonst irgendetwas negatives. Nur auf Grund der von mir über so viele Jahre verfolgten Methodik physikalische Vorgänge (in der Elektronik, aber darin tief in der Physik eingetaucht) erst einmal mathematisch phänomenologisch zu beschreiben, um zu sehen, zu verstehen, was eigentlich passiert ist oder passieren kann, diese eigene Erfahrung leitete mich zu diesem Verständnis.

Aber leider ist dieser Aufsatz wenig aussagefähig, ob der diese Philosophie dahinter steckt oder nicht. Es bleiben viele Fragezeichen offen, das sehe ich auch. Insofern kann ich Deine Gedankengänge voll nachvollziehen und kann sie verstehen und akzeptieren.

netten Gruß

Wilfried
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 23. Jan 2010, 15:54

Tag tensor
Es ist möglich, die ganze Physik zu mathematisieren, aber nicht alles was mathematisch ist, muss auch physikalisch sein. Denkt man in allgemeineren Kategorien, so sehe ich die Physik als Teilmenge der Mathematik an. Nicht alle Lösungen von Gleichungen sind physikalisch und manchmal sind Gleichungen einfach nicht lösbar.
volle Zustimmung!
Definitiv ist alles eine Frage der Definition.
Sehe ich in diesem speziellen Fall so: die mathematik wird hier angewandt um eine von der Physik völlig gelöste Beschreibung erreichbar zu machen. Das ist keine Frage der Definition, sondern eine Frage der mathematischen Korrektheit der Ansätze.

Gruß

Wilfried
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 15:55

Hallo zusammen,

ich kann ja schlecht für Tegmark sprechen, da ich nur das Papier sowie Diskussionen über das Papier (ohne ihn!), nicht aber seine eigentliche Intention kenne.

Im Kern geht es um Sätze der Form

... x DESCRIBES X ...
und

... x IS X ...

Dabei ist x ein mathematisches Gebilde (framework, structure, ...) und X eine physikalisch existierende Entität (Element der Wirklichkeit, Teilchen, Universum, ...).

Die eigentliche Diskussion ist die über das kleine Wörtchen "IS". Tegmark verwendet nicht viel Energie darauf, zu sagen, wie er dies philosophisch (ontologisch, ...) meint. Er stellt dies auch nicht in den Kontext eines oder mehrerer philosophischer Systeme. Die Frage ist doch die:

Nehmen wir an, es gäbe eine absolut 100%-ige Entsprechung zwischen zwei mathematischen Strukturen, d.h. ein Isomorphismus zwischen Elementen und Relationen. Würden wir dann diese beiden Strukturen als identisch bezeichnen? Beispiel U(1) und SO(2). U(1) ist die Rotation von komplexen Zahlen, SO(2) die von zweidimensionalen Vektoren. Würden wir U(1) = SO(2) schreiben und ab sofort nur noch eine davon verwenden? Ich denke nein - aber das liegt laut Tegmark daran, dass wir noch "Ballast" mit uns herumschleppen. Sobald dieser Ballast = nicht formalisierte Bedeutungen, Sätze, ... vollständig axiomatisiert wäre, würde er mit dem unscheinbaren "=" bzw. dem "IS" eine vollständige Identität verbinden.

Nun weiter: Nehmen wir an, es gäbe eine absolut 100%-ige Entsprechung zwischen einer mathematischen Struktur und dem Universum, d.h. ebenfalls einen Isomorphismus. Würden wir dann das Universum und die mathematische Struktur als identisch bezeichnen? Also nicht identisch im Sinne einer Abbildung, einer Entsprechung, einer Beschreibung, sondern in jeder Hinsicht, ontologisch,vollständig.

Ist es so, dass ich mich abends in eine mathematische Struktur lege - oder lege ich mich ins Bett, wobei ich alles das zusammen (das Bett, den Vorgang, mich, ...) vollständig als mathematische Struktur beschreiben kann?

Was ist die Welt? Ein Axiomensystem? Gibt es noch etwas "hinter" bzw. "über" dem Axiomensystem?
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 23. Jan 2010, 18:08

Ich will mich jetzt auch mal hier einschalten.
(Bezugnehmend auf die Beiträge von Seite 1 dieses Threads.)

Die Grundüberzeugung, die hinter all diesem Denken steht, scheint mir ein unbedingter (und naiver) Glaube an den Reduktionismus zu sein.

Im Extrem führt das zu folgender Vorstellung:
Die Physik ist ein Teil der Mathematik. Die Chemie ist ein Teil der Physik. Die Biologie ist ein Teil der Chemie. Die Psychologie ist ein Teil der Biologie. etc.
Also ist alles im Grunde Mathematik.
... was aber erstmal zu beweisen wäre! So einfach ist das nicht!

Ich habe vor einiger Zeit einen Text zum Körper-Geist Problem mit einem kritischen Absatz zum Reduktionismus geschrieben.
Den stelle ich hier einfach mal unverändert rein:


Zum Schluss noch ein Wort zum Reduktionismus:

Wenn man ein Ding nimmt und es immer weiter teilt, dann gehen dabei mehr und mehr Eigenschaften verloren bis – wenn man es übertreibt – gar keine Eigenschaften mehr übrig sind. Die Ebene zu der man dabei herabsteigt, bis man die gesuchte Essenz, das gesuchte Prinzip im Ding findet ist dabei nicht a priori festgelegt, ist stark von der Fragestellung abhängig, womöglich sogar mehr oder weniger willkürlich, bzw. vom Fragesteller, seinen Gedankenstrukturen und der vorausgesetzten Theorie abhängig – und natürlich auch von den technischen, zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten. Man nimmt also beim Reduzieren (wie das Wort schon sagt) immer etwas weg. Danach folgt die Konstruktion: Man setzt die gefundenen Abstraktionen wieder zusammen, bis man wieder ein Ganzes erhält – dabei wird allzu gern vergessen, dass dieses erhaltene Ganze ja nicht nur aus den Abstraktionen besteht, sondern dass man beim Akt des Zusammensetzens notwendigerweise wieder etwas hinzugefügt hat, das nicht Abstraktion ist, das zusätzliche Information, Struktur ist. Das neue Ganze ist also wieder mehr als die Summe seiner Abstraktionen, nämlich das Zusammenspiel aus Abstraktion und Struktur.

Beispiel:
Man nehme einen Iglu aus Eis. Er hat gewisse Eigenschaften, wie z.B. Maße, Form (halbkugelschalenförmig mit Eingang und Rauchabzugsloch), Farbe, Alter, Wärmedämmwert, statische Festigkeit, die Tatsache, dass man darin wohnen kann, dass er aus Eis ist, an einem bestimmten Ort steht, von jemandem bestimmten gebaut wurde, jemand darin gelebt hat, usw.

Für den Physiker fallen alle nichtphysikalischen Eigenschaften a priori weg, damit fehlen schon einmal sehr viele Eigenschaften.
Wenn man den Iglu nun zerlegt, dann findet man, dass er aus Eisquadern gefertigt wurde: Gesamtstatik, Gesamtform und Funktion als Wohnhaus – wegreduziert.

Die Eisquader bestehen aus Wasser, Wasser besteht aus Molekülen, welche temperaturabhängig über Wasserstoffbrücken verbunden sind. Ein einzelnes Wassermolekül besteht aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom:
Spätestens jetzt sind folgende Eigenschaften weg: Wärmeleitfähigkeit, Temperatur, Dampfdruck, Aggregatszustand usw. (Es ist sinnlos bei einem einzelnen Molekül z.B. von einem Aggregatszustand zu sprechen.)

Ein Sauerstoffatom besteht aus 8 Protonen, 8 Neutronen und 8 Elektronen. Ein Proton besteht aus drei Quarks, die durch Gluonen verbunden sind.
Zack: Die ganze Chemie – wegreduziert

Ein einzelnes Quark besteht aus – ja was? Einzelne Quarks sind nicht existenzfähig. Man könnte sagen, ein einzelnes Quark besteht aus Wahrscheinlichkeit, Struktur und Energie/Masse. Man kann es aber nicht mehr direkt sehen, da es u.a. auf dieser Ebene sogar gerade die Eigenschaft Ort/Impuls verliert.

Wenn man noch weiter geht, bleibt scheinbar nur noch Mathematik übrig.

Auf jeder der Ebenen kann man gewisse Regeln, physikalische Gesetze gewinnen.

So! Man kann doch aber nicht ernsthaft glauben, dass man aus dem Quark-Gluon-Verbund + Elektronen (selbst wenn man auf dieser Ebene alles weiß, was es zu wissen gibt) vollständig auf den Iglu schließen kann! Natürlich kann man viele Eigenschaften des Iglus aus der Kenntnis des Elementaren ableiten – aber doch nicht alle!

Wenn man jetzt den umgekehrten Weg geht, dann versucht man aus den gewonnenen Erkenntnissen eine Theorie zu erstellen, was denn ein Iglu im Allgemeinen ist, bzw. welche Eigenschaften ein Iglu im Allgemeinen hat. Man muss nun vom Allerkleinsten aufsteigend, die gewonnen Erkenntnisse jeder Ebene wieder zum Gesamtbild zusammenfügen, weil die Eigenschaften der höheren Ebenen auf der untersten schlichtweg nicht existent sind. Das ist aber nicht eine vollständige Konstruktion aus dem letztendlich erhaltenen Abstrakt im Allerkleinsten sondern es sind mehrere schrittweise aufeinanderfolgende Konstruktionen von Ebene zu Ebene.

Ergo: Die „Reichweite“ einer jeden Reduktion ist begrenzt – und damit auch die „Reichweite“ einer jeden vollständig-kausalen Kette.

Außerdem reicht es bei der Konstruktion nicht aus alle gewonnenen Erkenntnisse in einen Topf zu werfen und kräftig herumzurühren. Man muss alles in einer sinnvollen Weise zusammenfügen. Durch diesen kreativen Akt fügt man aber zusätzliche Strukturelemente ein, die in den Abstraktionen nicht enthalten sind. Insofern beschreibt eine Theorie zwangsläufig nicht nur ihr Objekt, sondern auch die Kreativität ihrer Schöpfer, deren Weltbild und Fragestellung.

Wie kommt man denn dann aber nur auf die Idee, dass die Eigenschaften eines Makroskopischen Körpers vollständig auf seine atomaren Eigenschaften zurückführbar seien, durch diese vollständig bestimmt wären?

Wenn man nun ein System hat, dass nicht so einfach wie ein Iglu ist, das komplex ist (z.B. das Wetter, ein Organismus, ein Mensch, eine Population, etc.), werden die o.g. Probleme noch sehr viel ausgeprägter.
Und wie ist es z.B. bei einem Buch? Eine Analyse würde doch nur ergeben, aus was die Druckerschwärze und das Papier bestehen, die Seitenzahl, das Gewicht und dass die Druckerschwärze in bestimmten geometrischen Formen aufgetragen wurde; je nach Herangehensweise vielleicht sogar noch etwas über die statistische Verteilung der Zeichen, und dass die Zeichen in Wörter und Sätze und Kapitel strukturiert sind.
Über den Inhalt aber käme nichts heraus, schon gar nicht über das, was zwischen den Zeilen steht oder was der Autor aussagen will. Es fehlt die Information, die Innenseite, der Geist – sie werden ignoriert. Wie wäre es bei einem Musikstück, wie bei einem Gemälde, wie bei einer Statue, wie bei einem Gedicht, wie bei einem Gedanken? Wie will man so etwas ernsthaft auf Physik reduzieren? Sollen diese Dinge alle nichtexistent oder Epiphänomene sein?


[siehe zu diesem Thema auch die Standpunkte des Holismus und der Abwärtskausalität, z.B. Wikipedia: Holismus, Abwärtskausalität]

Beste Grüße
seeker
Grüße
seeker


Wissenschaft ... ist die Methode, kühne Hypothesen aufstellen und sie der schärfsten Kritik auszusetzen, um herauszufinden, wo wir uns geirrt haben.
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 23. Jan 2010, 18:09

Nachtrag:

Ist euch eigentlich klar, wo das hinführt, wenn man sagt, dass die Natur in ihrem Innersten reine Mathematik sei?

Um es auf den Punkt zu bringen:

Mathematik ist etwas Geistiges.
Es würde bedeuten, dass die Natur in ihrem Innersten nicht aus Materie sondern aus Geist bestünde!
Das wäre ein Paradigmenwechsel bezüglich unseres Weltbildes auf grundlegendster Ebene. Eine Revolution!

...und vielleicht ist aber genau das der richtige Weg?

Grüße
seeker
Zuletzt geändert von seeker am 24. Jan 2010, 14:04, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße
seeker


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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 19:42

Also zunächst sollten wir mal die Diskussion über den Reduktionismus und die Diskussion über das mathematische Universum trennen; ich denke, es handelt sich um zwei paar Schuhe.

Ich bin mir nicht sicher, ob Reduktionismus letztlich so dramatisch ist. Betrachten wir die Eigenschaften von Festkörpern, so stellen wir fest, dass die Gesamtheit dieser Eigenschaften aus den grundlegenden Gleichungen der QED ableitbar ist. Allerdings ist die Mathematisierung nicht vollständig, da die Regeln, wie diese Gleichungen anzuwenden sind, eben nicht im Sinne Tegmarks mathematisiert sind (wozu sonst Bücher, Skripte und Diskussionen wie diese hier?). Natürlich treten auf gewissen Skalen neue Eigenschaften auf. Diese sind nicht auf die der Elektronen und Photonen reduzierbar, sie sind qualitativ anders und neu, aber sie sind nicht insofern neu, als man eine neue Theorie bräuchte. Quantenelektrodynamik ist eben auf den uns vertrauten Längenskalen anders, als auf den atomaren oder gar subatomaren - aber es ist doch immer noch Quantenelektrodynamik.

Also zumindest innerhalb der Physik halte ich den reduktionistischen Ansatz im wesentlichen für richtig, da erfolgreich.
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 24. Jan 2010, 12:29

Lieber Tom,

ich gebe zu, dass ich leider manchmal dazu neige meine Texte zu emotional und dramatisch zu schreiben. Ich hoffe, ihr könnt mir das verzeihen (und ich kann auch Kritik vertragen).

Es liegt mir fern, den Reduktionismus abzulehnen. Besonders in der Physik haben wir damit unglaubliche Fortschritte erzielt. Ich bin jeden Tag Nutznießer und Anwender dieses sehr erfolgreichen Denkens.
Es ging mir auch gar nicht darum, ob dieser Ansatz richtig oder falsch ist, sondern ob er in seinen Ergebnissen vollständig beschreibend und vollständig objektiv sein kann oder nicht. Es ging mir (wieder einmal) um Grenzen. Die sind m.E. einfach wichtig! Man sollte sie nie aus den Augen verlieren. Besonders komplexe Systeme stellen so eine Grenze dar und wenn man es genauer betrachtet, dann scheinen mir praktisch alle Systeme am Ende komplex zu sein.

Der Laplacesche Dämon ist tot! Das völlig mechanische Universum gibt es nicht. Es ist nicht möglich die Zukunft des Universums exakt zu berechnen. Selbst wenn man alle Naturgesetze vollständig kennen würde, zu einem bestimmten Zeitpunkt den Zustand des Universums vollständig und exakt bestimmen könnte und unendlich schnell rechnen könnte (beides absolut unmöglich), so könnte man wegen dem Schmetterlingseffekt (Chaostheorie) in Verbindung mit der Unschärferelation (QM) die Zukunft des Universums doch nur mit „schnell“ (relativ) anwachsendem Fehler berechnen, wobei der Fehler bald genauso groß wie der Messwert würde. Unter diesen Bedingungen kann man sich deshalb immer nur einen kleinen Aspekt der Wirklichkeit heraussuchen und verfolgen, der dann befriedigend beschreibbar und vorhersagbar wird. Man muss immer vereinfachen und nähern. Man muss sich eine sinnvoll erscheinende Perspektive heraussuchen (auf welcher „objektiven“ Basis?).
Deshalb kann alles was Physik aussagt letztendlich immer nur nähernder Art sein. Nie ganz exakt, nie völlig objektiv, nie ganz vollständig. Die (aktuelle) physikalische Perspektive ist nicht die einzig mögliche Perspektive – nicht mal wenn es „nur“ um Physik geht.

Das ist eine klare Grenze.

Deshalb kann es keine Mathematik geben (die wir finden könnten), welche in der Lage wäre die Wirklichkeit/das Universum in all seinen Aspekten wirklich vollständig zu beschreiben.
Man kann sich diesem Ziel annähern, es aber nie erreichen.

So sehe ich das.
tomS hat geschrieben:Diese sind nicht auf die der Elektronen und Photonen reduzierbar, sie sind qualitativ anders und neu, aber sie sind nicht insofern neu, als man eine neue Theorie bräuchte.
Mag sein. Aber die Theorie muss an diesem Punkt doch wohl erweitert werden? Also muss man neue Elemente in die Theorie einfügen.
Wo sollen diese aus einem rein reduktionistischen Ansatz heraus herkommen?
Das erscheint mir rätselhaft.


Beste Grüße & nicht böse sein
seeker
Grüße
seeker


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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 24. Jan 2010, 19:55

Also umes mal ganz klar zu sagen: ich lehne die These des mathematischen Universums ebenfalls ab!

Ich halte die These aber deswegen für interessant,weil sie
a) die Frage beantwortet, warum sich das Universum mathematisch beschreiben lässt - weil es reine Mathematik ist.
b) nicht widerlegbar ist
c) weil sie m.E. philosophisch ähnlcih zu bewerten ist wie die These, dass wir mittels mathematischer Modelle nur eine an sich unerreichbare "Realität" bechreiben

Anstelle der Froschperspektive des Physikers nehmen wir die Adlerperspektive ein.

An einer Stelle möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass du die These evtl. nicht vollständig in ihrer Tragweite verstanden hast: es geht nicht darum, das Universum in all seinen Aspekten wirklich vollständig [rein mathematisch] zu beschreiben. Es geht nicht darum sich diesem Ziel anzunähern bzw. es zu erreichen. Es geht darum, dass das Universum Mathematik ist. Stell dir einen Pudding vor. Es geht nicht darum, ein Bild, Modell, ... des Pudding zu entwickeln, sondern darum, dass der Pudding eben ein Puding und damit nicht mehr erklärungsbedürftig ist. Anstatt eine Realität zu vermuten, an die man sich sukzessive (mathematisch) annähert, dreht man die Argumenattion eben einfach um.

M.E. ist diese These nicht wiederlegbar (ich habe es selbst in einem amerikanischen Internetforum versucht :-) Sie kann uns aber provozieren und zur Diskussion anregen.
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 24. Jan 2010, 20:55

OK!

Gibst du mir recht, dass dann unter dieser These meine Aussage in meinem obigen Beitrag "Nachtrag" so oder so ähnlich gilt - oder siehst du das anders?
Widerlegbar sind solche Thesen natürlich nicht. Das Interessante daran ist aber ob sie wahrscheinlich, nützlich oder einleuchtend sind und ob sich Hinweise darauf finden lassen, ob sich daran vernünftig und mit welchen Schlussfolgerungen glauben lässt. Es ergeben sich zum Großteil eindeutig philosophische und weitreichende Fragen.
Ich finde die These u.a. auch deshalb sehr interessant und der (auch manchmal hitzigen) Diskussion wert.

Beste Grüße
seeker
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 24. Jan 2010, 22:30

Du meinst:
Mathematik ist etwas Geistiges.
Es würde bedeuten, dass die Natur in ihrem Innersten nicht aus Materie sondern aus Geist bestünde!
Das wäre ein Paradigmenwechsel bezüglich unseres Weltbildes auf grundlegendster Ebene. Eine Revolution!

... und vielleicht ist aber genau das der richtige Weg?
Ja, das sehe ich letztlich genauso; Auf die letzte Frage weiß ich keine Antwort ....
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 15. Jan 2011, 15:10

Ich habe die Fragestellung in einen neuen Thread verschoben: viewtopic.php?f=15&t=1747
Gruß
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 25. Jan 2011, 08:20

Nachdem wir in der Zwischenzeit Einiges zur Mathematik selbst diskutiert haben, könnten wir eigtl. in diesem Thread zum Mathematischen Universum weitermachen ...
Gruß
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 25. Jan 2011, 11:41

Ich sehe im Moment zwei grundsätzliche Probleme dieser zugegebenermaßen verlockenden Sichtweise:

1. Den (echten) Zufall
2. Die Emergenz

Wie passen diese beiden in ein solches Bild? Lassen sie sich vernünftig einfügen und falls ja, wie?

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 25. Jan 2011, 11:46

Das müsstest du nochmal im Detail erklären. Wenn alles Mathematik IST und wenn gleichzeitig jedes mathematische Modell realisiert IST, dann sind doch mathematische Details wie Zufall etc. kein Problem mehr?
Gruß
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 25. Jan 2011, 13:33

Na ja, das mit der Emergenz macht mir weniger Sorgen. Da stellt sich mir nur die Frage, wo die zusätzlichen Eigenschaften denn herkommen, wenn sie nicht vollständig aus ihren Abstrakten herleitbar sind und ob diese Emergenzphänomene dann noch als "Mathematik" betitelt werden dürfen. Das haben wir schon angesprochen und würde ich erst einmal zurückstellen.

Was mich im Moment eher interessiert:

Ist denn echter Zufall Teil der Mathematik? Kann man das sagen? Das ist mir unklar.
Es existiert ja kein mathematisches Verfahren, welches echte Zufallszahlen zu produzieren vermag...
Allgemeiner: Wenn wir von einer platonischen Ideenwelt ausgehen... können wir dann sagen, dass diese vollständig "aus Mathematik sein kann" -oder nicht?

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von seeker » 27. Jan 2011, 00:33

wilfried hat geschrieben: Zufallszahlen sind ein Teil der Mathematik. Zufall heisst nichts anderes als "beste Willkür". Das ist schwierig zu erreichen. Deshalb gibt es Spezialisten, welche sich damit beschäftigen. Krypotgraphie nutzt das.
tomS hat geschrieben:Zu 1.: die Mathematik kann natürlich nicht beantworten, ob etwas nicht mittels Mathematik beschrieben werden kann; die Zufallszahlen sind evtl. kein gutes Beispiel, denn der Zufall kann ja (in Grenzen) doch mathematisch formalisiert werden.

Zu 2.: ja, die Mathematik ist nach Auffassung vieler Mathematiker eine "Platonische Welt der Ideen"; das ist das, was ich mit "außerzeitlich" meine. Die Frage, inwieweit und warum die Natur dann mathematisch "IST" bzw. sich so verhält bzw. so beschriebene werden kann, kann dieser Ansatz jedoch nicht lösen. Platon spricht von einer gewissen "Teilhabe" der Dinge an diesen Ideen. Aristoteles kritisiert dies ... Man befindet sich hier im Bereich der Philosophie.
Also: Kryptographie hilft uns nur scheinbar weiter, denn sie produziert nicht echte Zufallszahlen, sondern nur scheinbare. Deshalb will "Truecrypt" von mir auch "zufällige" Mausbewegungen haben, wenn es einen Schlüssel erstellt... denn Zahlen, die per Definition zufällig sein sollen, also durch keinen Rechenvorgang erzeugt werden können und damit nicht deterministisch sind, können natürlich auch durch keinen Algorithmus erzeugt werden.

Auch dass man etwas "so in etwa" formalisieren kann hilft nicht zufriedenstellend aus diesem Problem heraus, so lange man den Anspruch hat, dass die Mathematik exakt und völlig deterministisch sein soll. Wir dürfen zwar feststellen, dass die Zahlen Teil der Mathematik sind und auch die Stochastik, aber darum geht es nicht. Es geht um die Existenz eines (zumindest teilweise) echt-zufälligen Auswahlprozesses, der eben von der Mathematik naturgemäß nicht exakt erfasst werden kann, sondern nur "im Durchschnitt", also stochastisch. Genau deshalb waren doch die Physiker vor bald 100 Jahren so entsetzt von der QM...

Meine Schlussfolgerung:

Wenn man an ein mathematisches Universum glauben will, dann muss man es notwendigerweise ablehnen, dass es in der QM einen echten Zufall gibt. Nicht-lokale verborgene Variablen?

Alternative: Man muss zugeben, dass die Mathematik nicht vollständig deterministisch ist, bzw. den Begriff "Mathematik" auf diesen Bereich ausdehnen. Geht das? Wie?

Vielleicht hilft es auch weiter, wenn wir trennen zwischen unserer (erreichbaren) Mathematik und der Mathematik "an sich". Dann würden wir aber das, was Platon mit der Welt der Erfahrungen und der Ideenwelt gemacht hat, einfach noch einmal machen und zwischen Ideenwelt und Ideen-Ideenwelt unterscheiden. Das scheint zu nichts zu führen.

Hat dies alles etwas mit Gödel zu tun? (Ist nur so ein Gefühl, das ich gedanklich noch nicht recht fassen kann...)

Zu meiner 2. Frage mit der Ideenwelt und der Mathematik:
Es geht im Kern um das Wörtchen "vollständig". Mag sein, dass das nicht die Mathematik beantworten kann - aber vielleicht können wir es, jedoch nur dann, falls wir außerhalb der Mathematik stehen? Ein eindeutig beweisbar nicht-mathematischer Gedanke würde genügen... Ich vermute aber, dass wir uns in Zirkelschlüssen verlieren.


Grüße
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 27. Jan 2011, 09:17

Tag zusammen

zum Punkt:
schön dass ich wieder dabei bin
muss ich sagen:

ich kann zur Zeit nur temporär mitmachen. Ich bin beruflich gerade stark eingespannt, habe gerade mal ein kleines Zeitfenster fürs Forum.

Seid bitte nicht bös, wenn ich auf Fragen nicht mehr prompt antworte.

So, nun zum Thema Mathe und mathematisches Universum:

seeker sagt:

Code: Alles auswählen

... damit nicht deterministisch sind, können natürlich auch durch keinen Algorithmus erzeugt werden. 
nicht deterministisch: das stimmt. Die zuständige Fachrichtung der Mathematik ist in diesem Fall die Zufalls- oder Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Verfahren darin werden unter dem Namen Stochastik geführt.

Algorithmus: So ist das nicht ganz, denn für Zufallszahlen gibt es Algorithmen. Ein Algorithmus ist eine Rechenprozedur, etwas was einem Schema folgend abläuft, in ein Programm gegossen werden kann. Zufallsgeneratoren folgen solchen Algorithmen.

Die Mathematik kann nicht überall deterministisch arbeiten, da viele Fragestellung einfach viel zu viele Parameter enthalten. Heisst:

Im Grunde ist das System deterministisch lösbar. Wir können uns vorstellen, wir hätten eine sehr grosse Matrix, in wecher alle Kantenbeziehungen aller beteiligten Knoten untergebracht sind. Damit postuliere ich:
Das System ist lösbar, wenn die Matrix invertierbar ist.

Die Invertierbarkeit der Matrix verlangt ein System ohne Singularitäten bzw. mit hebbaren Singularitäten.

Nehmen wir auch an, wir könnten so eine Gigenten Matrix lösen. Dann bräuchten wir "nur" noch die Kanten zu beschreiben.

Frage: woher wissen wir, wieviel Kanten benötigt werden, woher wissen wir, wieviel Parameter beteiligt sind, woher wissen wir wie Singularitäten lösbar werden?

Nächste Frage: zunächst haben wir eine Jacobi Matrix. woher kennen wir deren Ableitungen, woher kennen wir die Randbedingungen zur Lösung des DGL Systems, wie können wir -wenn die vorherige Frage nicht gelöst werden kann- aus der Unmenge an Lösungen (Lösungsbüschel) sagen, welche Lösungen sind die richtigen, wie können wir aus der Unmenge an Lösungen die daraus folgnede Unmenge an Varianten specihern, begutachten????

Antwort: gar nicht, selbst in tausend Jahren nicht! Das kann nur die natur selber, da diese keine Algorithmen kennt und keine Mathematik kennt und keine Physik kennt.....denn: Sie ist Mathematik, sie ich Physik, sie ist Chemie

Alles, was wir Wissenschaftler tun und lassen ist nur ein schnöder Versuch die Natur ein ganz ganz klein wenig verstehen zu können.

Ergo: wir müssen die Mathematik mit gewissen Zufällen belegen können. Zufälle, deren Charakter durch Beobachtung einigermaßen vertrauenswürdig bestimmbar ist. Das ist die Aufgabe der Stochastik.

Zum mathematischen Universum

Wie bereits gesagt: zunächst ist das Universum mathematisch gesehen eine unüberblickbar große Matrix. Jeder Großklumpen (Galaxienhaufen), jeder Klumpen (Galaxis) jeder Stein (Sonnensystem) jedes Atom (Planetensystem) jedes Elementarteilchen (Art und Struktur des Himmelskörpers) usw bis hinunter zu den "wirklichen" Elemetarteilchen und darüber hinaus ist in dieser Matrix enthalten.
Vereinfachen wir das durch einen hierachischen Aufbau dieser Matrix, so können wir uns ans Werk machen:

- Wir müssen jetzt diese Untermatrizen vereinfachen, damit wir diese in ein Rechensystem hineinbringen. Diese Vereinfachung wird durch Beobachtungen gestützt, die Theorien, welche erstellt wurden recht gut beweisen.
Damit werden "Makros" ermöglicht. Diese Makros stellen Teile dieser Gigantenmatrix dar, diese Makros sind ein Abbild der Theorie und damit limitiert bezüglich deren (Theorie) Mannigfaltigkeiten.

Natürlich sind diese Makros zum Teil sehr abstrakt. Tom hat solche ja mehrfach angesprochen hier im Forum. Ich lieg mit Tom immer wieder im "Clinch" da ich solche Makrobildungen manchmal bzgl. ihrer Art der Entstehung anzweifel -ich reflektiere hier auf "unser" Streitthema: Eichtheorien-.

Aber im Großenund Ganzen fährt die Wissenschaft mit diesen von mir mal so genannten Makros sehr sehr gut. So ist das Standardmodell oder auch das erweiterte Standardmodell sehr ausgereift. Die SQT oder auch die Stringtheorien sind so tiefgehend bearbeitet, dass deren mathematische Präzision anerkannt ist.
-Ob deren Aussagen richtig sind, steht dabei auf einem völlig anderen Blatt!!-

Die goßen Punkte hinter all diesen Modellbildungen sind immer die:

1. ist das Modell ein genügend großes Abbild der Wirklichkeit?
2. Ist das Modell durch Beobachtungen genügend abgesichert?
3. Zeigt das Modell die Abstraktion, welche wir verstehen können, mit welcher wir weiterarbeiten können?
4. Ist das Modell erweiterungsfähig?

Entscheidend dabei ist stets das Bewusstsein, dass die Natur -ich habe die Natur durch "meine" Gigantenmatrix" vollständig beschrieben- mit handhabbarer Abstrkation genügend genau nachgebildet wird. Dann ist das mathematische Modell zufriedenstellend.

Netten Gruß

Wilfried
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rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 27. Jan 2011, 09:47

Hallo Wilfried,

ich bin da teilweise anderer Ansicht.

Es gibt keine Algorithmen für Zufallszahlen, nur für Pseudo-Zufallszahen, die hinreichend schwierig (für das jeweilige Problem) von echten Zufallszahlen zu unterscheiden sind.

Zu deinem Beispiel mit der Matrixinvertierung bzw. der DGL-Lösung: das Problem ist natürlich prinzipiell algorithmisch lösbar, denn man kann ja mittels eines endlichen Algorithmus eine genügend genaue Lösung (wobei genügend genau exakt angegeben werden kann) angeben.

Zum mathematischen Universum und deiner Fragestellung „ist das Modell ein genügend … Abbild der Wirklichkeit?“ So ist das Modell des mathematischen Universums nicht gemeint. Es geht im Kern um die Umkehrung der Frage, warum sich die Wirklichkeit so gut mathematisch modellieren lässt. Die Idee ist, dass die Mathematik (und zwar jede mathematische Struktur) zugleich physikalisch existiert und dass wir uns eben zufällig in einer davon befinden. Das Universum ist dann genau deswegen mathematisch modellierbar, weil es eben reine Mathematik ist. Die Frage ist dann nicht mehr,

warum die physikalische Realität mathematisch modellierbar ist

sondern

wieso eine mathematische Struktur physikalisch real existiert.
Gruß
Tom

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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von wilfried » 27. Jan 2011, 10:07

Tag Tom

mit der Präzisierung Pseudo Zufallszahlen: voll einverstanden. War ich ein wenig zu ungenau in meiner Erläuterung.
wieso eine mathematische Struktur physikalisch real existiert.
Aha, diese Fragenstellung stößt bei mir auf Widerstand, denn:

eine mathematische Struktur kann niemals physikalisch real existieren.

Grund: Die Mathematik ist zwar eine exakte Wissenscahft, sie bleibt aber trotz allem ein Hilfsmittel. Die Mathematik besitzt die Mächtigkeit Dinge beschreibbar und auch berechenbar zu getsalten, aber sie besitzt nicht die Mächtigkeit sich über die Natur zu erheben!!

Ich meine doch, dass ich mit meiner Interpretation richtig gelegen habe:

Wir suchen ein Abbild der Natur, um eine Möglichkeit zu schaffen und zu nutzen die Natur erklären und begreifen zu können.

Die Mathematik leistet das.

Mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Gruß

Wilfried
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Re: Das mathematische Universum

Beitrag von tomS » 27. Jan 2011, 10:26

Bevor wir uns hier im Kreis drehen: lies dir bitte mal meinen Post #2 durch, den ich der Einfachheit halber nochmal reinstelle, sowie den Wikipedia-Artikel http://en.wikipedia.org/wiki/Mathematic ... hypothesis

Falls du Zugriff auf das Spektrum der Wissenschaft hast: Max Tegmarkt hat die Idee in der Ausgabe 08/2003 detaliert erläutert:
Parallel-Universen
Max Tegmark
Nicht nur in Science-Fiction-Romanen ist unser Uni­versum bloß eines unter vielen. Auch ernst zu nehmende kosmologische Theorien und Interpretationen der ­Quantentheorie postulieren parallele Welten.
http://www.spektrum.de/artikel/830044

-----------------------------------

http://arxiv.org/abs/0704.0646
The Mathematical Universe
Authors: Max Tegmark (MIT)
(Submitted on 5 Apr 2007 (v1), last revised 8 Oct 2007 (this version, v2))
Abstract: I explore physics implications of the External Reality Hypothesis (ERH) that there exists an external physical reality completely independent of us humans. I argue that with a sufficiently broad definition of mathematics, it implies the Mathematical Universe Hypothesis (MUH) that our physical world is an abstract mathematical structure. I discuss various implications of the ERH and MUH, ranging from standard physics topics like symmetries, irreducible representations, units, free parameters, randomness and initial conditions to broader issues like consciousness, parallel universes and Godel incompleteness. I hypothesize that only computable and decidable (in Godel's sense) structures exist, which alleviates the cosmological measure problem and help explain why our physical laws appear so simple. I also comment on the intimate relation between mathematical structures, computations, simulations and physical systems.

Der Autor stellt zunächst die These auf, dass eine ToE keine Begriffe, Wörter, Bedeutungen oder Erläuterungen mehr enthalten darf, sondern dass sie sich ausschließlich rein matehmatisch durch abstrakte Symbole und Relationen formulieren lässt. Er nennt dies eine mathematisches Struktur (deren Formulierung er in einem Anhang erläutert).

Im weiteren Verlauf folgert er, dass dann nicht mehr nur eine ToE (= mathematische Struktur) existiert, die unser Universum vollständig beschreibt, sondern dass zu jeder widerspruchsfreien mathematischen Struktur ein Universum existiert. Er ist damit sofort bei einem nochmals erweiterten Begriff eines Multiversums.

Und jetzt kommt's knüppeldick: da laut seiner These eine ToE eben keine Begriffe, Interpretationen oder Regeln mehr enthalten darf - da die ToE ja vollständig als mathematische Struktur existiert ohne Sätze wie "x bedeutet ..." oder "die Formel f(x) ist dann anzuwenden wenn ...." oder "einem Quark entspricht dabei ein Feldoperator q ..." - gibt es auch nicht mehr die Notwendigkeit zu erklären, in welcher Form die mathematische Struktur der Realität ENTSPRICHT bzw. sie BESCHREIBT oder ABBILDET. Tegmark folgert, dass jede konsistente mathematische Struktur einfach eine Realität IST ...
Gruß
Tom

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