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Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
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tomS
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Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 15. Dez 2009, 15:38

Hallo zusammen,

ich möchte insbs. die Neueinsteiger hier im Forum zu einer Diskussion über die Quantengravitation einladen.

Zunächst eine kurze Einführung zur Gravitation sowie zur Quantentheorie.

1) Die Gravitation wird heute durch die Allgemeine Relativitätstheorie beschrieben, derzufolge die Anwesendheit von Masse bzw. Energie die Raumzeit krümmt. Materieteilchen oder auch Licht folgen wiederum dieser Krümmung entlang der "kürzest möglichen" Wege durch die Raumzeit.

2) Alle Wechselwirkungen (z.B. der Elektromagnetismus) mit Ausnahme der Gravitation werden letztlich durch Quantentheorien beschrieben. Diesen Theorien zufolge ist ein "Quantenobjekt" nicht entweder ein Teilchen oder eine Welle, sondern es ist gewissermaßen immer sowohl Teilchen als auch Welle. Lediglich bei bestimmten Experimenten zeigt es nur jeweils einen Aspekt. Teilchenaspekte kennen wir vom Photoeffekt (Photon = Lichtteilchen löst Elektron aus Metalloberfläche heraus) Wellenaspekte u.a. von Intereferenzexperimenten (Interferenz von Lichtwellen, Beugung, ...). Im Rahmen unserer Alltagswelt erscheinen die beiden Aspekte als unverträglich bzw. widersprüchlich, sie lassen sich mathematisch, jedoch keinesfalls anschaulich kombinieren!

Warum benötigen wir nun eine Theorie der Quantengravitation?

Weil - wie unter 1) erwähnt - Materie die Ursache der Gravitation ist. Nachdem aber Materie - wie unter 2) erwähnt - durch Quantentheorien beschrieben wird, sollte der selbe Beschreibungsrahmen auch für die Gravitation selbst gelten.

Und warum scheitern bisher alle Versuche, eine geschlossene, konsistente Theorie der Quantengravitation zu formulieren?

Ohne auf die vielen mathematischen Komplikationen einzugehen, die die Gravitation von allen anderen Wechselwirkungen unterscheidet, soll hier eine einfache Erklärung versucht werden.

1) Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie existieren Schwarze Löcher. Diese entstehen dann, wenn Materie (z.B. eines Sternes) kollabiert und dabei in einem kleinen Raumbereich komprimiert wird. Die kritische Größe für diesen Raumbereich ist durch den Schwarzschildradius gegeben, der wiederum von der Masse abhängt. Wird also eine Masse M so weit komprimiert, dass das ausgefüllte Volumen kleiner ist als das durch den Schwarzschildradius R[down]S[/down] gegeben Volumen, dann kollabiert die Materie unaufhaltsam zu einem schwarzen Loch und bildet eine Singularität, d.h. einen "Punkt" in der Raumzeit, an dem die physikalischen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten zusammenbrechen.

Für Fortgeschrittene: Der Schwarzschildradius ist gegeben durch die Formel

R[down]S[/down] = 2GM/c[up]2[/up]

D.h. der Schwarzschildradius nimmt mit der Masse zu.

2) Nach der Quantentheorie hat ein Quantenobjekt sowohl Teilchen- als auch Wellenaspekte. Zu Ersteren gehört z.B. die Masse, zu letzteren die Wellenlänge. Nun kann man zu jeder Masse m die sogenannte Comptonwellenlänge λ[down]c[/down] definieren. Anschaulich ist dabei die Masse innerhalb eines Raumbereiches enthalten, dessen Abmessungen durch die Comptonwellenlänge gegeben ist.

Für Fortgeschrittene: Der Comptonwellenlänge ist gegeben durch die Formel

λ[down]C[/down] = h/mc

D.h. die Comptonwellenlänge nimmt mit steigender Masse ab!

Nun kann man sich überlegen, was passiert, wenn die Masse eines Teilchens in einem Raumbereich so stark komprimiert wird, dass ein schwarzes Loch entstehen müsste. Dies passiert, wenn die Comptonwellenlänge des Teilchens kleiner ist als sein Schwarzschildradius.

Für Fortgeschrittene: Man setzt dazu in den o.g. Formeln die Comptonwellenlänge gleich dem Schwarzschildradius; unter Vernachlässigung eines Faktors 2 (es geht nur um's Prinzip :-) gilt dann für die Masse

m[down]Pl[/down][up]2[/up] = hc/G

Diese Masse wird Planck-Masse genannt. Analog kann man aus den o.g. Formeln auch eine Planck-Länge berechnen.

Was bedeutet dies nun?

Kombiniert man Allgemeine Relativitätstheorie und Quantentheorie, ohne diese beiden Theorien geeignet zu modifizieren, so sagt diese Kombination voraus, dass
  • oberhalb der Planck-Masse (Planckenergie) Teilchen zu schwarzen Löchern kollabieren
  • unterhalb der Planck-Länge die Raumzeit aus schwarzen Löchern besteht
  • zur Planck-Zeit / bei der Planck-Temperatur = kurz nach dem Urknall derartige Effekte auftraten
Nun sind diese Massen- bzw. Energiebereiche sowie Längenskalen experimentell nicht zugänglich. Die Planck-Masse entspricht ca. 10[up]19[/up] Protonenmassen, die Planck-Länge dem 10[up]25[/up] Teil eines Atomdurchmessers. Aber kurz nach dem Urknall sollten tatsächlich derartige Energien aufgetreten sein! Man betrachtet dazu die sogenannte Planck-Temperatur, sie entspricht ca. 10[up]32[/up] Kelvin und sollte etwa zur Planck-Zeit geherrscht haben, d.h. 10[up]-44[/up] Sekunden nach dem Urknall.

Zum Vergleich: am LHC werden Massen (Energien) erreicht, die nur einigen tausend Protonenmassen entsprechen, also knapp 10[up]4[/up] - verglichen mit 10[up]19[/up] verschwindend wenig.

Tatsächlich aber glaubt heute kaum ein Physiker, dass die Raumzeit einfach so von Schwarzen Löchern wimmelt(e), sondern vielmehr, dass die naive Kombination der beiden Theorien falsch istund modifiziert werden muss. Dies ist nun genau die Aufgabe einer Quantengravitationstheorie ...
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von wilfried » 12. Jan 2010, 13:34

Liebe Forenmitglieder,

jetzt muss ich doch mal nachfragen:

Diese Gravitation macht uns doch jede Sekunde zu schaffen. Wir stehen auf der Erde, unsere Olympioniken täten höher, weiter etc hüpfen, wäre diese seltsame Anziehung nicht.

Wir diskutieren ganz komplizierte Dinge. Gravitation aus dem Quantenschaum usw, Gravitation von Photonen.

Aber wir erleben sie andauernd. Gerade ist mir eine Untertasse runtergefallen. Peng kaputt...Fraus guckt, aber hilft nichts, kaputt ist kaputt.

Fiel vom Tisch. Grund: ????

Raketen starten in den Weltraum Man redet von Schwerelosigkeit. Ja ist denn im Weltall keine Gravitation? Was macht die Atronauten, die Satelliten schwerelos?

Ist unser Mond etwa auch schwerelos, denn der düst doch ebenso wie ein Satellit um die Erde.
Wo ist denn der Unterschied zwsichen Astronaut, Satellit, Mond, Saturn ... bezüglich der Gravitation?


Was nun eigentlich ist diese Gravitation, wer kann dazu einige Dinge erzählen, einiges klarstellen?
Macht sie sich hier, auf dem Mont Blanc, dem Mont Everest, dem Marianengraben gleich bemerkbar?
Gibt es eventuell Untereschiede?

Läßt sich Gravitation beeinflussen?? Wodurch??

Ich hätte dazu gerne ein paar Antworten.

Netten Gruß

Wilfried
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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von PeterM » 12. Jan 2010, 15:17

Was die Beeinflussung der Gravitation betrifft, scheint hier auf der Erde doch durch die Parabelflüge die Gravitation zumindest für kurze Zeit außer Kraft gesetzt werden zu können.

Der Grund dafür scheint doch vorrangig in der Bewegung zu liegen, die das Flugzeug ausübt. Der Kraftaufwand, den das Flugzeug im Vorfeld leistet, lasse ich jetzt mal außen vor. Vielleicht sollte man grundsätzlich die Theorie in Bezug auf die Erdanziehung überdenken bzw. überprüfen.

Wenn wir Theorien strapazieren, die uns keine Antwort auf die einfachsten Dinge geben, liegt doch die Vermutung nahe, das diese Theorien nicht geeignet sind uns einfache Sachverhalte zu vermitteln.

Wenn man mal schaut wann Newton gelebt hat (1642-1727) und meines Wissens die Erdanziehungskraft bis heute nicht bewiesen ist, bleibt doch die Frage, ob diese Anziehungskraft überhaupt existiert. Newton war zweifellos ein genialer Mann, allerdings beschränkt sich der Beweis der Erdanziehungskraft lediglich auf den Apfel, der ihm angeblich auf den Kopf gefallen ist. Bei anderen sind es Untertassen. Bei mir war es sogar als Kind mal die Nase, die mit der Anziehungskraft Bekanntschaft gemacht hat. Seitdem trage ich die Krümmung des Raumes mitten im Gesicht, in Form einer noch krummeren Nase.

Soweit ich weiß, gibt es mittlerweile 8 Theorien bezüglich der Gravitation. Möglicherweise steckt die richtige Antwort verteilt auf alle Theorien.


Viele Grüße

Peter

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 12. Jan 2010, 17:23

Hallo Peter,

als Urheber dieses Threads zwei Dinge von meiner Seite:

1) meine Intention war es, eine der am weitesten entwickelten Theorien der Quantengravitation möglichst für den Laien verständlich aufzubereiten bzw. mit euch zu diskutieren. Ich hoffe, dass euch das interessiert.
2) falls es noch Fragen (und so interpretiere ich deinen letzten Beitrag) zur "klassischen Gravitation gibt, dann sollten wir diese separat diskutieren. Ich werde also deine Frage in einen neuen Thread rübernehmen und dort beantworten.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von seeker » 13. Jan 2010, 12:24

Hallo Tom!

Also, ich spiel dir mal den Ball zu, indem ich einfach mal ein paar (naive) Fragen stelle:
(Den Ball von wilfried sollten wir nach meiner Meinung in der neuen "Einsteigerdiskussion zur Gravitation" spielen -und dort hinschieben. Was meint ihr?)

Kann man sagen, dass die Theorien zur Quantengravitation geometrische Theorien, bzw. eine Kombination aus Geometrie(ART) und Statistik(QM), sind?
Wo ist der prinzipielle Unterschied im Ansatz zwischen den Stringtheorien und der LQG (und den restlichen vielversprechenden Theorien)?
Wie weit sind diese Theorien (im Ansatz) von der messbaren Realität entfernt -und wie wollen sie diese wieder erreichen?
Welche messbaren Erkenntnisse/Voraussagen würde man von einer vereinheitlichten Theorie erwarten?
Wie umgehen die QG-Theorien die SL-Probleme?
Bis zu welcher Masse kann die Comptonwellenlänge noch experimentell bestimmt werden - wie weit ist dieser Bezug gültig?

Meine spontane Idee wäre natürlich, dass die Lösung der Probleme etwas mit der Unschärfe zu tun haben müssen und/oder mit einer evtl. Quantelung der Raumzeit.
Man sollte die RZ wohl auch diskret beschreiben können - nicht als Kontinuum.

Die QM ist ja in gewisser Weise nur eine zur Hälfte gequantelte Theorie:

Z.B. sieht man das an E=h*f. (Energie = Planksches Wirkungsquantum mal Frequenz)
Die Formel gilt für die Emission und Absorption von Strahlung an Materie.
h ist (als Konstante) diskret, also sozusagen ein Quantum. Aber f? f (und damit auch E) ist doch kontinuierlich?
Nur wenn f konstant ist ergibt sich eine Quantelung der Strahlungsenergie für verschiedene Licht-"Mengen".
Nun ist f = Schwingungen / Zeit. Es steckt also die Zeit drin, die (bisher) kontinuierlich betrachtet wird.
Anders geschrieben: f = Ausbreitungsgeschwindigkeit/Wellenlänge. In der Wellenlänge (und in V) wiederum steckt ein (kontinuierlicher) Raum.
Ist so -oder?

Beste Grüße
seeker

P.S.: Ich erwarte jetzt nicht, dass du alle diese Fragen erschöpfend beantwortest - da hättest du wohl viel zu tun. Ich wollte nur mal den Stein ins rollen bringen... :wink:
Grüße
seeker


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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 15. Jan 2010, 15:22

Tja, nun geht's wohl los.

Ich nehme als erstes den Ball auf stelle eine (in einem anderen Beitrag begonnene) Liste an Theorien zur QG hier rein; diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber sie enthält doch die wesentlichen Kandidaten. Ich selbst kann einiges zur LQG beitragen, zu den Strings nur insofern als ich die (störungstheoretischen) Zugänge zur Elementarteilchenphysik kenne.
  • Loops - neue Formulierung: Spin-Foams = Pfadintegralzugang; vermeidet wohl einige der Schwierigkeiten des älteren Formalismus der LQG und erlaubt eine Ableitung der ART als Grenzfall. Die zentrale Idee der LQG ist die mathematische Neuformlierung der ART als Eichtheorie sowie deren Quantisierung. Letztere sind in den letzten Jahrzenten in fast allen wesentlichen Punkten verstanden und bilden das Fundament für das Standardmodell der Elementarteilchenphysik.
  • Strings - oder M?: Ursprünglich ein Zugang zur Elementarteilchenphysik, der dahingehend weiter geht, als er alle Wechselwirkungen zu vereinheitlichen sucht, der aber im nicht-störungstheoretischen Bereich / bei starker Gravitation / insbs. bei dynamischer Raumzeit noch unvollständig ist. Der gravitative Sektor der Theorie sollte über eine verallgemeinerte AdS/CFT Dualität (gauge - gravity duality) zugänglich sein.
  • Supergravitation - spezieller Grenzfall der Stringtheorie oder eigenständig?: Die SUGRA erweitert die ART um Supersymmetrie; letztere wird dann zu einer lokalen Eichtheorie erweitert, so dass automatisch die Einführung eines Spin-2 Gravitons und eines Spin 3/2-Gravitinos erzwungen wird. Im Gegensatz zur ART gibt es Hinweise, dass die ganz gewöhnliche störungstheoretische Quantisierung einer speziellen SUGRA tatsächlich konsistente, endliche Ergebnmisse liefern könnte.
  • CDT: Kausale dynamische Triangulation - hatten wir hier schön öfters.
  • Asymptotic safe gravity: Idee, dass die Störungsentwicklung = Feynmanintegrale der ART doch sinnvoll ist; aufgrund gewisser Symmetrien sollten nicht unendlich viele Sorten von Unendlichkeiten auftgreten,sondern nur endlich viele - und diese sollten ähnlich wie in der QCD einen konsistenten Limes für hohe Energien haben (nicht asymptrotisch frei, aber asymptotisch sicher = beweisbar endlich). Weinberg ist einer der Verfechter (Sorry - mehr weiß ich ggw, wirklich nicht)
  • Horava Gravity: Führt wohl ähnlich der asymptotischen Sicherheit zu einer im Hochenergiebereich stabilen Theorie. Ein Problem war immer, dass Terme höherer Ordnung im Krümmungsskalar zu höherer Ordnung in der Zeitableitung und damit zu schlimmeren Divergenzen führen. Horava lässt die Zeitableitungen weg und bricht dadurch im Hochenergiebereich die Lorentzinvarianz der Theorie! Die Hoffnung ist,dass sich eine konsistente, endliche und eindeutige Formulierung ergibt, und dass die Lorentzsymmetrie asymptotisch bei niedrigen Energien gültig bleibt. (Sorry - mehr weiß ich ggw, wirklich nicht)
  • Nichtkommutative Geometrie: Ein Ansatz von A. Connes, bei dem die Theorie von Beginn an in einer Hilbertraumquantisierung formuliert wird. Nicht-kommutativ deswegen, weil die entsprechenden Operatoren (z.B. für Koordinaten) eben quantenmechanische Operatoren sind und x*y = y*x nicht mehr gilt. In diesem Zugang ist die fundamentale Raumzeit nicht mehr existent, sondern sie entsteht erst als Beschreibung bestimmter Ergebnisse der Hilbertraumquantisierung. Zugrundeliegt das sogenannte "spectral action principle". Connes Wirkungsintegral ist im Wesentlichen eine Funktion aller Eigenwerte eines bestimmten Operators (des Spektrums des Operators). Dieser Operator ist nun formal ein Dirac-Operator, d.h. eine Differentialoperator mit fermionischen Transformationseigenschaften. Connes leitet (unter einigen Annahmen) eine "Blockdiagonalisierung" des Operators ab, wobei ertaunlicherweise die Blöcke soetwas wie Matrizen der Gruppenstruktur U(1)*SU(2)*SU(3) entsprechen!!! D.h. Connes reproduziert einige Symmetrien des Standardmodells einschließlich dem Higgs-Teilchen!!! Andere Aspekte fehlen, z.B. die Frage warum es gerade drei Fermiongenerationen gibt.
Wenn wir hier weiterkommen wollen, müssen wir uns zwangsläufig fokussieren! Ich schlage vor, dass wir uns auf LQG und Strings konzentrieren, da dies die am weitesten verbreiteten und am besten verstandenen Ansätze sind. Zu allen anderen Themen können wir hier - glaube ich - nicht mit ausreichendem Kenntnisstand diskutieren.

Dann stelle die Fragen nochmal unverändert hier rein
  • Kann man sagen, dass die Theorien zur Quantengravitation geometrische Theorien, bzw. eine Kombination aus Geometrie(ART) und Statistik(QM), sind?
  • Wo ist der prinzipielle Unterschied im Ansatz zwischen den Stringtheorien und der LQG (und den restlichen vielversprechenden Theorien)?
  • Wie weit sind diese Theorien (im Ansatz) von der messbaren Realität entfernt - und wie wollen sie diese wieder erreichen?
  • Welche messbaren Erkenntnisse/Voraussagen würde man von einer vereinheitlichten Theorie erwarten?
  • Wie umgehen die QG-Theorien die SL-Probleme?
  • Bis zu welcher Masse kann die Comptonwellenlänge noch experimentell bestimmt werden - wie weit ist dieser Bezug gültig?
Meine Antworten dazu:
  • Kann man sagen, dass die Theorien zur Quantengravitation geometrische Theorien, bzw. eine Kombination aus Geometrie(ART) und Statistik(QM), sind?
    Ich würde für QM nicht den Begriff "Statistik" verwenden. Grundsätzlich ist das richtig, der geometrische Aspekt der ART ist in allen mir bekannten Theorien sichtbar, auch wenn die Geometrie im Detail eine andere ist (höherdimensional, emergent, diskret, fraktal, nicht-kommutativ). Es gibt Abweichungen im Detail: in der Stringtheorie ist die zweidimensionale Geometrie der String-Weltfläche fundamental, nicht die 10-dimensionale Raumzeit. Ich denke, das ergibt sich bei der Diskussion der einzelnen Theorien.
  • Wo ist der prinzipielle Unterschied im Ansatz zwischen den Stringtheorien und der LQG (und den restlichen vielversprechenden Theorien)?
    Lass uns mal auf die ersten beiden fokussieren und diese Frage auf später verschieben.Ich habe dazu bereits einiges geschrieben und muss die entsprechenden Beiträge suchen.
  • Wie weit sind diese Theorien (im Ansatz) von der messbaren Realität entfernt - und wie wollen sie diese wieder erreichen?
    Das verstehe ich nicht so ganz. Meinst du, in wie weit die Theorien tatsächlich experimentell überprüfbare Vorhersagen produzieren? Direkte Messbarkeit ist ausgeschlossen. Die Planck-Energie 10[up]16[/up] TeV, die erreichbare Energie am LHC im TeV Bereich! Es sind also allenfalls indirekte Aussagen möglich, diese sind aber doch sehr Theoriespezifisch.
  • Welche messbaren Erkenntnisse/Voraussagen würde man von einer vereinheitlichten Theorie erwarten?
    Du verwendest den Begriff vereinheitlichte Theorie. Im strengen Sinne trifft dieser höchstens auf die Stringtheorie zu; alle anderen Theorien beschäftigen sich ausschließlich mit der QG, die nicht-kommutative Geometrie mag da eine Ausnahme sein. Es gibt keine Erwartungshaltung bzgl. experimenteller Vorhersagen, sondern den mathematischen Anspruch, dass die Theorie mathematisch vollständig und konsistent ist. Das ist aber eines der zentralen Probleme: man hat überhaupt keine direkten experimentellen Hinweise auf Effekte der QG. Die Theorie hängt hier gewissermaßen in der Luft.
  • Wie umgehen die QG-Theorien die SL-Probleme?
    Hängt von der Theorie ab. In der Stringtheorie erwartet man, dass Strings keine Singularitäten ausbilden können, bzw. dass eine "Version der Theorie", die in einem Bereich Singularitäten entwickelt, dual zu einer anderen Version ist, die sich hier mathematisch gutmütig verhält. In einer groben Approximation der LQG (der sogenannten LQC) führen Quanteneffekte in der Kopplung zwischen Materie und Geometrie zu einer Vermeidung der Singularitäten. Vereinfacht ausgedrückt ist das ähnlich
  • Bis zu welcher Masse kann die Comptonwellenlänge noch experimentell bestimmt werden - wie weit ist dieser Bezug gültig?
    Der Bereich ist durch die im Beschleuniger (oder der kosmischen Strahlung) zugänglichen Energiebereiche beschränkt. Man erwartet, dass der Begriff der Comptonwellenlänge oberhalb der Plancklänge gültig bleibt. In Energie ausgedrückt bedeutet dies, dass unterhalb der o.g. Planckenerie alles beimalten bleibt. Im Falle der LQC sollte nach dem Big Bounce ab einer Größe des Universums von etwa 100 Plancklängen die ART im wesentlichen wieder gültig sein, d.h. Quanteneffekte unwichtig werden.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 15. Jan 2010, 15:41

Zu der Frage
  • Wo ist der prinzipielle Unterschied im Ansatz zwischen den Stringtheorien und der LQG (und den restlichen vielversprechenden Theorien)?
stelle ich hier nochmal (in gekürzter Form) meinen allerersten Beitrag hier im Forum rein:

Mir ist aufgefallen, dass viel für und wieder Strings und Loops diskutiert wird, dass aber wenig über grundsätzlich verschiedene Ansätze und Ziele gechrieben wird:

Die ST möchte alle bekannten Wechselwirkungen in einer Beschreibung vereinheitlichen <==> die Loop-Quanten-Gravitation (LQG) möchte zunächst ausschließlich die Allgemeine Relativitätstheorie quantisieren.

Die ST sucht eine (aus Konsistenzgründen) eindeutige Theorie ohne Varianten und (möglicht) ohne freie Parameter <==> Die LQG kann um beliebige Theorien (z.B. das Standardmodell) erweitert werden, ohne dass sich der grundlegende Ansatz ändert. Sie kann z.B. auch in 2+1 oder >3+1 Dimensionen formuliert werden.

Die ST verwendet viele etablierte Formalismen aus der Quantenfeldtheorie (Störungstheorie, Regularisierung) und muss aus Konsistenzgründen (Unitarität, Anomalienfreiheit, Tachyonenfreiheit) neue mathematische Konstrukte einführen (Extradimensionen, Supersymmetrie) <==> die LQG verwendet die kanonische Quantisierung (nicht sonderlich verbreitet in der Quantenfeldtheorie) und kommt prinzipiell ohne derartige zusätzliche Konstrukte aus; sie könnten aber bei Bedarf eingebaut werden (z.B. LQG in mehr als vier Dimensionen).

Die ST geht von einer flachen (oder i.A. festen)Raumzeit aus, in der sich die Strings (oder auch Membranen) bewegen; die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie entstehen aus Konsistenzgründen; die flache Raumzeit (= der "Hintergrund") ist jedoch nicht dynamisch <==> die LQG geht immer von einer dynamischen Raumzeit aus, d.h. ist hintergrund-unabhängig bzw. invariant unter beliebigen Diffeomorphismen.

Die ST kann die Entropie für schwarze Löcher ableiten, allerdings nur für sogenannte extremale Schwarze Löcher, die keine praktische Bedeutung haben, d.h. man erwartet nicht, dass sie so tatsächlich existieren; es gibt jedoch mathematische Argumente, dass das Ergebnis auch für normale schwarze Löcher gilt <==> Die LQG kann die Entropie auch für "normale" schwarze Löcher - oder allgemein für relativ beliebige Raum-Zeit-Gebiete mit geschlossener "Oberfläche" - allerdings nur unter Einführung des Immirizi-Barbero Parameters, dessen Wert von der Theorie nicht festgelegt wird. Dieser Parameter geht auch in viele andere Berechnungen der Theorie ein; ein derartiger Parameter tritt bei der Quantisierung anderer Theorien, z.B. der QCD, ebenfalls auf.

Die wesentlichen Probleme der LQG sind die immer noch nicht vollständig verstandene Konstruktion des Hamiltonoperators sowie die noch nicht befriedigend verstandene Ableitung der ART als semiklassischer bzw. Niederenergie-Grenzfall. Die wesentlichen Probleme der SST sind die Landscape (= ca. 10[up]500[/up] oder mehr klassische Vakuumzustände, wobei jeder eine eigene Theorie mit Elementarteilchen, Wechselwirkungen etc. definiert und insgs. praktisch keine Vorhersagekraft hat), die noch unbekannte (lediglich vermutete) M-Theorie, über die die zueinander dualen verschiedenen Versionen der Stringtheorie vereinheitlicht werden sollten und zuletzt die noch nicht erfolgte exakte Ableitung des Standardmodells (und nicht nur einer ähnlich gelagerten Theorie).
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von seeker » 16. Jan 2010, 14:03

@Tom
Wow!
Gib mir Zeit. Ich muss die Fülle an Information jetzt erstmal verdauen.

Aufruf an die Anderen:

Hey, ich möchte das Thema nicht nur bilateral mit Tom bearbeiten!
Also macht doch bitte mit!
Und bedenkt alle, dass da ein :idea: in der Überschrift steht.
Also wollen wir versuchen auf einem möglichst einfachen poulärwissenschaftlichen Niveau bei diesem schwierigen Thema zu bleiben!
Einfache Fragen sind (glaube ich) erlaubt!

Beste Grüße
seeker
Grüße
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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 16. Jan 2010, 18:31

Ja, würde mich freuen, wenn wir hier noch mehr Teilnehmer hätten. Wobe wir natürlich in den letzten Jahren bereits einiges diskutiert haben und es nicht zu allen Themen wirklich neues zu sagen gibt. Der letzte Text ist ca. zwei Jahre alt und noch immer aktuell.

Ich habe noch einen weiteren Einsteigerbeitrag, den ich bei Gelegenheit (überarbeitet) hier reinstelle.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von wilfried » 16. Jan 2010, 18:41

Tag zusammen

ich möchte Euch einmal bitten nachzulesen:

wie groß ist der Durchmesser unserer Galaxis in m? Ja, ich meine Meter.

Wenn ihr dieses Ergebnis habt, dann teilt bitte einmal durch 10^(35).

Was kommt raus?

Was soll Euch dieses Experiment veranschaulichen?

Gruß

Wilfried
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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von seeker » 17. Jan 2010, 01:18

@wilfried
Also: Durchmesser (Milchstraße) ~ 100.000 Lj = 10^5 Lj
1Lj ~ 9,5*10^15 m
-> Durchmesser (Milchstraße) ~ 9,5*10^20 m ~ 10^21 m

10^21 m/10^35 = 10 * 10^-15 m ~ Durchmesser eines Atomkerns

Planck-Länge ~ 1,616*10^-35 m ~ 10^-35 m

Galaxis ~ 10^21 m
<->Unterschied: 35 Zehnerpotenzen
Atomkern ~ 10^-14 m
<->Unterschied: 21 Zehnerpotenzen
Planck-Länge ~ 10^-35 m

Hm, wenn man den Durchmesser der Milchstraße in etwa durch die Planck-Länge teilt, dann kommt man in etwa auf den Durchmesser eines Atomkerns. Die Planck-Länge ist sehr, seeehr klein! Etwa 21 Zehnerpotenzen kleiner wie ein Atomkern. Der Unterschied zwischen der handlichen Länge 1m und der Planck-Länge ist der gleiche, wie der Unterschied zwischen der Milchstraße und einem Atomkern!
Oder anders gesagt:
Wenn der Durchmesser eines Atomkerns so groß wäre, wie die Milchstraße, dann hätte die Planck-Länge gerade mal einen Meter.

Unvorstellbar klein! Wer will das jemals messen?
Wolltest du darauf hinaus?

Grüße
seeker
Grüße
seeker


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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von wilfried » 17. Jan 2010, 09:02

Lieber Seeker

wenn Quantengravitation wirksam wird, dann erst dort, wo wir in die unmittelbare Nähe der Planck Länge kommen.
Und um dieses größenmäßig zu veranschaulichen habe ich das als Längenaufgabe bezogen auf den Durchmesser der Galaxis gefragt.

Du siehst wie unvorstellbar winzig diese Planck Länge ist.

Gravitation für uns spielt sich nur im Makrogebiet ab:

Körper ziehen einander an, aber die Geschwindigkeiten zu einander sind recht gering: Newton gilt
Körper haben zueinander einen hoheen Geschwindigkeitsunterschied (Bsp. Erde, Raumschiff, Mond etc:
Relativität gilt

Damit beschreiben wir das gesamte Weltall und kommen prima klar, auch wenn es mathematisch mal schwierig wird.

Aber wenn wir die Ursache suchen, quasi den Faustschen Pudel sezieren, dann jedoch gehen wir ins unermesslich kleine, dann müssen eintauchen in diese ungeheuer winzige Welt der Quanten.

Nur: dadurch mögen wir die Ursache -den Kern des Pudels- finden, den lieben Pudel aber lassen wir brav Pudel sein.

Das ist der Unterschied der makrskopischen Sicht auf die Gravitation zur mikroskopischen:

Die makroskopische beschreibt alle Wirkungen der Gravi und läßt zu, daß wir Bahnen beschreiben können, Bewegungen von Körpern zueinander; uch schnelle während die mikroskopische Bestrachtungsweise die Anwendungen gar nicht tangiert, sonder sie fragt nach den Ursachen.

Gruß

Wilfried
Die Symmetrie ist der entscheidende Ansatz Dinge zu verstehen:
-rot E - dB / (c dt) = (4 pi k ) / c
rot B - dE/ / (c dt) = (4 pi j ) / c
div B = 4 pi rho_m
div E = 4 pi rho_e

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 18. Jan 2010, 00:05

Ich stelle hier nochmal einen (leicht modifizierten) Beitrag rein, den ich vor einiger Zeit geschrieben habe.

Ich versuche, mittels einiger anschaulicher Bilder die wesentlichen Ideen zu vermitteln, möchte jedoch auch gleichzeitig warnen, diese Bilder zu wörtlich zu nehmen! Es handelt sich um den Versuch, mathematische Modelle in die Alltagssprache zu übersetzen. Das bedeutet nicht, das die Natur dann so „ist“, wie es diese Bilder suggerieren, sondern lediglich, dass hier eine grobe, oft unvollkommene Analogie existiert (so wie wenn sich Blinde über Farbe unterhalten).

In der LQG ist das Bild einer klassischen Raumzeit zunächst vollständig verschwunden. Es gibt keine glatte Mannigfaltigkeit mehr, auf der sich die physikalischen Prozesse abspielen bzw. die sich im Rahmen dieser Prozesse krümmt und somit die Gravitation vermittelt. Stattdessen gibt es lediglich ein „Spinnetzwerk“, wobei die Spins an den Knoten des Netzes sitzen und die Verbindungslinien des Netzes mit Zahlenwerten versehen sind, die durch eine bestimmte mathematische Struktur definiert sind. Dieses Netz „lebt“ nicht in der Raumzeit, sondern es „ist“ das quantenmechanische Analogon zur Raumzeit.

Man vergleiche das mit dem mikroskopischen Bild einer Wasseroberfläche unter Einbeziehung der Atomphysik. Es gibt dann keine glatte Wasseroberfläche mehr, sondern lediglich wechselwirkende Atome, aus denen erst makroskopisch wieder das Bild einer Wasseroberfläche entsteht. Die Wasseroberfläche (bzw. das gesamte Wasser mit allen seine Eigenschaften wie Oberflächenspannung, Wellen, Dichte usw.) ist ein sekundäres Phänomen, fundamental sind lediglich die Atome. Damit soll nicht die Existenz der Wasseroberfläche wegdiskutiert werden, sondern es soll lediglich argumentiert werden, dass auf einem fundamentaleren Niveau die Natur eben durch Atome beschrieben werden muss.

Ebenso verhält es sich mit der Raumzeit in der LQG. Fundamental sind die Spinnetzwerke, d.h. die Spins an den Knoten, die Verbindungslinien zwischen den Knoten, sowie gewisse mathematische Regeln, die die Dynamik des Spinnetzwerkes beschreiben. Diese Dynamik besteht im Wesentlichen darin, dass innerhalb dieses Netzes neue Knoten entstehen können, die wiederum mit existierenden Knoten durch neue Verbindungslinien verknüpft sind. Das Entstehen dieser Knoten ist durch die mathematische Struktur SU(2) sowie ein Objekt namens Hamiltonoperator bestimmt.

Anmerkung: Ein Spin ist dabei zunächst ein mathematisches Gebilde, das eine bestimmte Art von Eigendrehimpuls beschreibt (bekannt aus der Atomphysik). Dabei treten z.B. nur quantisierte Drehimpulse auf. In unserem Fall handelt es sich nicht um echte Drehimpulse von irgendetwas, lediglich die mathematischen Formeln sind ähnlich zum Formalismus der Drehimpulse. Es gibt da also nichts, was sich irgendwie dreht!

Das Bild der uns bekannten Raumzeit entsteht nun ähnlich wie oben das Bild der Wasseroberfläche bzw. wie bei Schaum. Ein Knoten entspricht einer Zelle des Schaumes, d.h. er repräsentiert ein elementares Volumen. Benachbarte Volumina sind durch Grenzflächen getrennt; diese Grenzflächen werden durch eine Verbindungslinie zwischen den Knoten repräsentiert. Man bezeichnet dieses Bild als dual zu dem Bild des Schaumes. Es ist jedoch tatsächlich allgemeiner als das Bild des Schaumes, da z.B. auch Verbindungslinien zwischen „weit auseinander liegenden“ Knoten erlaubt sind, während im Schaum eben nur Grenzflächen zwischen direkt benachbarten Volumina auftreten.

Wichtig: man darf sich das Spinnetzwerk nicht „im Raum“ vorstellen, sondern es „ist“ der Raum selbst. Eliminiert man alle Spins, d.h. alle Knoten, so bleibt kein leerer Raum mehr übrig, sondern der Raum ist vollständig verschwunden! (zeichnet man ein derartiges Netzwerk auf ein Blatt Papier, so ist das Papier lediglich eine Hilfskonstruktion, keine reale physikalische Entität). Das Vakuum in der LQG ist also nicht „leerer Raum“, sondern tatsächlich „kein Raum“.

Über die Knoten und Verbindungslinien entstehen elementare Quanten des Raumes. Es gibt keine unendlich kleine Fläche bzw. kein unendlich kleines Volumen, sondern ein einzelner Knoten repräsentiert das minimal erlaubte Volumen. Das Volumen ist also diskret (kein Raum = Volumen Null, ein Knoten = minimales Volumenquant). Ähnlich verhält es sich mit Flächen, eine Verbindungslinie repräsentiert ein minimales Flächenquant. Für Längen gilt dies analog, allerdings ist die Beschreibung der Länge in der LQG wesentlich komplizierter.

So wie in der Atomphysik bzw. Quantenmechanik diskrete Energieniveaus auftreten, so treten in der LQG diskrete Volumina und Flächen auf. Diese Diskretheit ist auch der Grund, warum in der LQG Objekte wie schwarze Löcher und der Urknall keine unphysikalischen Singularitäten entwickeln können. Stattdessen entstehen fundamental diskrete Strukturen, die jedoch mathematisch wohldefiniert bleiben. Auch hier hilft wieder ein Vergleich mit der Atomphysik: betrachtet man ein Atom klassisch, so würde man erwarten, dass das Elektron in das „unendlich tiefe Coulomb-Potential“ fallen kann, wobei es unendlich negative Energie annehmen würde. Quanteneffekte sorgen nun dafür, dass es ein niedrigstes Energieniveau gibt, unterhalb dessen ein Elektron im Coulomb-Potential einfach nicht existieren kann. Ähnliche Mechanismen treten auch in der LQG auf.

Wie entsteht nun die makroskopische Raumzeit? Dies ist noch Gegenstand aktueller Forschung, da hier noch nicht alle mathematischen Probleme abschließend gelöst sind. Im Wesentlichen hat man dabei das Bild eines extrem großen Spinnetzwerkes vor Augen, das für größere Entfernungen in das Bild der klassischen Raumzeit übergeht (so wie man makroskopisch auch nur die Wasseroberfläche und nicht die einzelne Atome wahrnimmt). Wichtig ist dabei, dass diese so aus der LQG hervorgehende Raumzeit wieder die uns bekannten Eigenschaften aufweist (ART, Newtonsches Gravitationsgesetz als Näherung, …). In jüngster Zeit konnte hier ein wesentlicher Durchbruch erzielt werden: man konnte zeigen, dass ein physikalisches Objekt namens „Graviton-Propagator“ makroskopisch Eigenschaften entwickelt, die man aufgrund des 1/r Verhaltens des Gravitationspotentials erwartet.

Die Rolle der Zeit in der LQG (bzw. generell in allen Theorien der Gravitation) ist dabei ebenfalls noch Gegenstand der Forschung. Denn im Bild der Spinnetzwerke gibt es keine kontinuierlich verlaufende Zeit. Stattdessen gibt es nur „Ticks“ einer elementaren Uhr, ein Tick entspricht dabei z.B. dem Entstehen eines neuen Knotens im Spinnetzwerk. Ein makroskopischer Begriff von Zeit entsteht ebenfalls erst als abgeleitete Größe.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 19. Jan 2010, 20:53

Wie sieht's aus? Hab ich euch mit zu viel Text "überfahren" und müssen wir nochmal zurückrudern?
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von seeker » 21. Jan 2010, 00:39

Also jetzt!
Kann man sagen, dass die Theorien zur Quantengravitation geometrische Theorien, bzw. eine Kombination aus Geometrie(ART) und Statistik(QM), sind?
Ich wollte eigentlich Stochastik (und nicht Statistik) schreiben - also Wahrscheinlichkeitstheorie.
(Ja, ja, die Statistik gehört auch zur Stochastik, ich weiß.)
Ändert das was an der Antwort?
Du verwendest den Begriff vereinheitlichte Theorie. Im strengen Sinne trifft dieser höchstens auf die Stringtheorie zu; alle anderen Theorien beschäftigen sich ausschließlich mit der QG, die nicht-kommutative Geometrie mag da eine Ausnahme sein.
Aha! Wichtige Aussage! (... die auch im darauf folgenden Beitrag näher erläutert wird)

Ich muss doch zugeben, dass die dazugehörige Mathematik (selbst in Worte gefasst) so weit von mir weg ist, dass ich viele Aussagen zur Mathematik nur hinnehmen kann, aber nicht wirklich gedanklich prüfen. Da müsste ich erst Jahre lang Mathematik lernen. Mein Zugang wird also mehr logischer, grundsätzlicher und anschaulicher Natur sein müssen. Vielleicht ist diese Perspektive als Außenstehender aber auch an gewissen Punkten ein Vorteil(?): "Kindermund tut Wahrheit kund"!

Ich schlage vor zunächst noch bei dem Thema der ST und LQG zu bleiben, sonst verzetteln wir uns.

Aus meinem geringen Verständnis heraus frage ich mich gerade: Warum nimmt man ausgerechnet kleine Fäden bzw. kleine Schleifen an? Warum nicht kleine Dreiecke, oder Quadrate oder kleine Gismos oder was weiß ich?

Warum muss es überhaupt Geometrie sein? Ist vielleicht Geometrie immer noch zu anschaulich?

Bestimmt gibt es gute mathematische Gründe dafür. Aber kann sich in diesem Gebiet die Mathematik überhaupt selbst die Richtung geben? Vielleicht sollte man z.B. auch philosophische Orientierung suchen. Auf diese Idee bin ich auch aus einem anderen Grund gekommen: Die Sache mit dem Raum, der (mathematisch) geschlossen ist, ohne dass er in einen Hyperraum eingebettet ist. Das mag im Formalismus der Mathematik richtig sein - aber es ist doch einfach nicht logisch?! Ignoriert man da nicht einfach die Logik (außerhalb dieser Mathematik) um einfacher rechnen zu können?
Genauso ist es mit dem Licht: Was schwingt denn da?
Ich bin von dem Argument, dass das Forderungen nach Anschaulichkeit wären, die man fallen lassen muss, noch nicht wirklich überzeugt.

Ich habe das Gefühl, dass die Hauptschwierigkeit, wenn es um Gravitation geht, die folgende ist:

Bei den anderen 3 Wechselwirkungen haben wir es mit Feldern oder Kräften in der Raumzeit zu tun aus der heraus (mit dieser Basis, bezugnehmend auf diese) diese Felder beschreibbar sind.
Bei der Gravitation haben wir das Problem, dass sie in gewisser Weise die Raumzeit ist. Wie soll sich etwas selbst beschreiben können? Es müsste sich auf sich selbst beziehen, an sich selbst Maß nehmen. Ich glaube, das ist logisch nicht möglich - und das ist das Problem. Was macht man? Man nimmt abstrakte Mathematik als Maß. Diese schwebt aber so außerhalb der Physik und so geht der Bezug zur Physik verloren.
Vielleicht werden das deshalb immer Grenzbereiche bleiben.

Aber ich will wieder zurück von der Philosophie zur ST und SQG:

Es wird mir jetzt aber zu spät, ich schreibe morgen weiter...
Grüße
seeker


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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 21. Jan 2010, 01:51

Bzgl. deiner Anmerkung zur Statistik / Stochastik - das ändert nichts an der Antwort. Tatsache ist, dass man die QM teilweise nur statistisch interpretieren kann, dass sie aber gewisse Eigenarten hat, die über die der klassischen Statistik hinausgehen. So enthält sie sogenannte Wahrscheinlichkeitsamplituden, die Statisik dagegen Wahrscheinlichkeiten. Nur (komplexe) Wahrscheinlichkeitsamplituden erlauben es aber, Interferenzen zu erklären. Klassische Wahrscheinlichkeiten dagegen nicht. Das sind aber Feinheiten, die im Rahmen unserer Diskussion nicht relevant sind (wir können das gerne separat diskutieren; kennst du dich in Mathe mit komplexen Zahlen aus?)

Du wirfst viele Fragen auf, insbs. die nach Saiten (Strings), Schleifen (Loops) und Geometrie.

Fangen wir mit der Geometrie an: die klassische Raumzeit erlaubt eine relativ einfache geometrische Interpretation als sogenannte Mannigfaltigkeit, das ist eine (hier vierdimensionale) Verallgemeinerung einer glatten Fläche; darauf können Längen, Flächen, Winkel etc. definiert werden. Man stellt nun fest, dass sich daraus für viele Theorien u.a. auch für den naiven Ansatz einer Quantengravitation Unendlichkeiten ergeben; Ursache ist im Wesentlichen die Tatsache, dass auf so einer Mannigfaltigkeit unendlich kleine Abstände erlaubt sind. Daher geht man davon aus, dass eine Theorie der QG letztlich eine andere fundamentale Struktur einführen muss. Die versucht man nun zu ergründen. Ein Leitmotiv ist dabei die Vermeidung der Unendlichkeiten, ein zweites jedoch, dass sich die unterlagerte Struktur bei genügend großen Abständen doch wieder als Mannigfaltigkeit präsentiert. Ich vergleiche das gerne mit Wasser, dem man ja seine molekulare Struktur auch nicht ansieht.

Warum Strings? Weil man eine einfache Verallgemeinerung eines punktförmigen Teilchens konstruierte, in dem man das null-dimensionale Punktteilchen durch einen eindimensionalen String ersetzte. Die ursprüngliche Idee war gar nicht die Anwendung auf die Gravitation, allerdings zeigte sich, dass die Theorie ein Spin-2 Teilchen produzieren MUSS, das man mit dem Graviton identifizieren kann. Daraus entstand das Interesse an der Stringtheorie, die außerdem möglicherweise weitere Teilchen und Wechselwirkungen auf Schwingungsmuster dieses Strings zurückführen kann.

Warum Loops? Hier hat man sich stärker von der Mathematik leiten lassen, d.h. es handelt sich nicht um eine ad hoc Konstruktion wie bei den Strings. Ashtekar formulierte vor ca. 20 Jahren die ART in einer Sprache, die sehr stark den Eichtheorien ähnelt, jedoch klassisch der ART äquivalent ist. In diesen Eichtheorien existiert eine fundamentale Symmetrie, die sogenannte Eichsymmetrie, die einerseits auf überzählige Freiheitsgrade hinweist, allerdings gleichzeitig zeigt, wie diese zu eliminieren sind. Außerdem haben diese Theorien mathematisch sehr angenehme Eigenschaften - und sie stellen die Basis für das sehr erfolgreiche Standardmodell der Elementarteilchenphysik dar. In diesen Theorien kann man nun neue Variablen konstruieren, sogenannte Holonomien, die so etwas wie eine "elektrische Spannung" entlang einer geschlossenen Schleife bedeuten. Außerdem betrachtet man den "elektrischen Fluss" durch eine von der Schleife aufgespannte Fläche. Unter Verwendung dieser Variablen kann man einige der fundamentalen Gleichungen der Gravitation in der Formulierung von Ashtekar exakt lösen - was für eine derart komplexe Theorie ziemlich erstaunlich ist und einen gewaltigen Fortschritt darstellt. Abschließend sei gesagt, dass man die fundamentalen Strukturen inzwischen noch weiter vereinfachen konnte, und zwar zu sogenannten Spin-Netzwerken; mit diesen Spin-Netzwerken sind Raum und Zeit völlig verschwunden, in etwa so wie die Wasseroberfläche verschwindet, wenn man einzelne Moleküle betrachtet. In der Schleifenquantengravitation spielen Schleifen heute also gar keine Rolle mehr ...

Warum keine Dreiecke? Man benutzt tatsächlich Dreiecke, allerdings in einer vierdimensionalen Verallgemeinerung (in drei Dimensionen wäre das ein Tetraeder), und zwar in der Kausalen Dynamischen Triangulation.

Das Grundproblem der Gravitation (die Selbstbezüglichkeit) hast du übrigens gut erfasst, allerdings scheint man heute mathematische Methoden zu besitzen, mittels derer man diese Probleme angehen kann.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von seeker » 22. Jan 2010, 13:59

Aha! Soweit klar.

Nochmal zurück:
tomS hat geschrieben:Die ST möchte alle bekannten Wechselwirkungen in einer Beschreibung vereinheitlichen <==> die Loop-Quanten-Gravitation (LQG) möchte zunächst ausschließlich die Allgemeine Relativitätstheorie quantisieren.

Die ST sucht eine (aus Konsistenzgründen) eindeutige Theorie ohne Varianten und (möglicht) ohne freie Parameter <==> Die LQG kann um beliebige Theorien (z.B. das Standardmodell) erweitert werden, ohne dass sich der grundlegende Ansatz ändert. Sie kann z.B. auch in 2+1 oder >3+1 Dimensionen formuliert werden.
Also ist die LQG sozusagen ein Baukasten, mit dem man hofft unser Universum nachbauen zu können, während die ST sozusagen 10^500 große Zelte sind, von denen man erwartet, dass in deinem dieser Zelte unser Universum drin sein muss – man weiß aber noch nicht so recht welches das ist?

Hm, die LQG gefällt mir besser...

Viele Grüße
seeker
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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 22. Jan 2010, 14:09

Ich habe mich lange mit beiden Theorien beschäftigt und mir gefällt die LQG auch besser.

Sie ist nicht so ambitioniert ("nur" Quantengravitation), aber sie hat Potential. Die Stringtheirie bversucht gleich den ganz großen Wurf, aber sie scheitert meines erachtens. Du hast recht, die ST produziert sozusagen alle möglichen Lösungen, ohne zu sagen, welche denn nun die richtige ist, und warum. Aber das muss nicht anz katastrophal sein, denn auch die Quantenmechanik lässt verschiedene Lösungen zu (H[down]2[/down]O: Eis, Wasser, Dampf), und es hängt von weiteren Faktoren (hier: Temperatur, Druck) ab, welche Lösung realisiert ist. Bei einer "Theory of everything" sollte diese Freiheit aber entfallen bzw. es sollte das grundlegende Auswahlprinzip erkennbar sein - ist es aber nicht.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von PeterM » 22. Jan 2010, 18:48

Hallo Tom!

Ich kann zwar nicht viel zur Diskussion beitragen, aber ich kann Dir schildern, wie ich Deine Erklärungen verstanden habe. Bei mir bleiben aber in erster Linie Fragen.
Was mir allerdings aufgefallen ist, dass Du den Laien unter uns mit Deinen “abgespeckten“ Ausführungen sehr entgegenkommst. Auf die Mathematik verzichtest Du ganz. Das hilft schon sehr. Meinen Dank dafür.

Jetzt aber zum Thema:

Der “Raum“ hat demnach in seiner kleinsten Ebene eine Struktur. Diese Struktur bildet den Raum und ist hintergrundunabhängig.

Du hast geschrieben: eliminiert man alle Spins, d.h. alle Knoten, so bleibt kein leerer Raum mehr übrig, sondern der Raum ist vollständig verschwunden.
Wie soll aber diese Struktur entstanden sein? Nimmt man den Urknall hier als Beginn dieser Strukturen an?

So, jetzt kommt eine Frage, die ich eigentlich nach Deinen Ausführungen gar nicht stellen dürfte:
Was ist mit dem Raum, der eigentlich kein Raum ist, aber trotzdem “vorher“ da war. Ist mit dem Urknall der “Nicht-Raum“ in Raumquanten zerbröselt?

Wenn man ein Raumquant einzeln betrachtet, welche Wirkung geht von einem Raumquant aus? Wenn die Spins nur eine mathematische Größe sind und von dort tatsächlich kein Impuls ausgeht, was bewirkt dann die Bewegung?
Eigentlich müsste ja ein Raumquant das nächste anstoßen, damit entsteht aber nach meiner Vorstellung keine fließende Bewegung sondern so eine Art Erschütterung. Ich meine das deshalb, weil man für fließende Bewegungen einen Raum benötigt, genauer gesagt sogar einen Zwischenraum.

Mir ist schon klar, dass man die Rechenmodelle nicht unbedingt auf die Realität übertragen soll. Das ist aber das, was mir schwer fällt. Was ist irgendwie übertragbar, damit es für Nicht-Mathematiker und Nicht-Physiker verständlicher wird?

Du siehst an meinen Fragen, dass bei mir alles auf Anfang steht.


Viele Grüße

Peter

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 22. Jan 2010, 22:17

Hallo Peter,

freut mich, wenn ich das richtige Niveau getroffen habe. Das ist nicht einfach, denn als Physiker hat man immer Sorge, dass Vereinfachung auch Verfälschung bedeutet. Deswegen ist es wichtig, dass ihr nachfragt - so wie du das jetzt tust - damit man korrigieren kann. Wenn ich euch in die Irre geführt habe, dann liegt das jedenfalls an mir (und evtl. an der komplizierten Materie) und nicht an euch!

Zunächst hast du recht, man geht davon aus, dass sich in der Größenordnugn der Plancklämge bzw. -Zeit eine Struktur der Raumzeit zeigt. Welche "Form" diese hat und ob man überhaupt noch von "Form" sprechen kann, ist heute noch unklar. Interessant ist, dass sehr unterschiedliche Ansätze (die eingangs erwähnten Theorien haben zunächst strukturell praktisch nichts gemein) in vielen Fällen auf ähnliche Schlussfolgerungen führen. Man darf das als positives Zeichen werten.

Die "Hintergrundunabhängigkeit" muss man noch etwas näher beleuchten: Stell dir ein Gummituch vor, das sich z.B. durch Hitze verformt. Um nun diese Verformung zu beschreiben, kann man verschiedene Vorgehensweisen wählen:
1a) man betrachte das Gummituch und berechne Koordinaten bezogen auf den umgebenden Raum
1b) man betrachtet das verformte sowie das unverformte Gummituch und vergleicht z.B. darauf eingezeichnete Koordinatenlinien; dann kann man z.B. einem Punkt auf dem verformten Gummituch eine Koordinate bzgl. des Punktes auf dem unverformten Gummituches zuweisen
2) man vergesse das unverformte Gummituch, den umgebenden Raum sowie alle eingezeichneten Punkte und messe lediglich, wie sich Objekte auf dem Gummituch relativ zueinander verhalten, d.h. wie sich z.B. Abstände ändern
Letzteres, also 2) bedeutet "Hintergrundunabhängigkeit", denn man kommt ohen eine Referenzgeometrie aus. Das ist letztlich die Aussage Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie.

Die Eliminierung des Raumes = aller Knoten wäre kein physikalischer Vorgang oder gar der Beginn oder das Ende der Raumzeit im Sinne des Urknalls, sondern sie ist lediglich eine Erklärung, dass die Knoten nicht im Raum existieren, sondern der Raum sind! Ohne Knoten kein Raum. Es geht nicht darum, wie man dies erreicht, es geht lediglich darum, einem Missverständnis vorzubeugen, nämlich dem, dass das Spinnetzwerk im Raum existiert. Man kann es nur so zeichnen, man kann es sich auch nur so vorstellen, aber es ist nicht im Raum.

Auf die Frage nach dem Quantengravitationszustand des Urknalls selbst muss ich passen. Man muss wohl davon ausgehen, dass sich der Raum hier völlig anders darstellt als gewöhnlich. Wie sieht ein Atom aus, wenn man selbst nur die Größe eines Elektrons hat? Wir wissen es nicht, wir können uns allenfalls mathematische Modelle ausdenken, müssen jedoch auf die Anschauung verzichten. Man geht heute davon aus, dass gewisse Eigenschaften nahe des Urknalls regulär bleiben, also dass der Raum sich nicht völlig "pulverisiert", aber das ist noch ziemlich spekulativ.

Ein einzelnes Raumquant würde wohl so ziemlich nichts bewirken. Bei mehreren Raumquanten würde ich sagen, hilft evtl. das Bild von Schaum weiter. Jede Seifenhautzelle im Schaum repräsentiert ein Raum-Quant. Entsteht nun mehr Schaum (mit der selben Größe Seifenhautzellen), so entspricht dies in etwa der Expansion des Raumes. Allerdings entstehen die Raumquanten "aus sich selbst" und nicht deswegen, weil jemand Wasser in die Badewanne lässt. In diesem Sinne haben wir das erstemal etwas, das aus (fast) nichts entsteht.

Ich hoffe, das hilft weiter. Du stehst jedenfalls gar nicht am Anfang; deine Frage zeigen, dass du die Probleme erkennst, die diese Modelle aufwerfen.
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 23. Jan 2010, 09:29

Ich hatte mal anhand eines alten Artikels aus dem Bild der Wissenschaft eine Gegenüberstellung von Strings und Loops erarbeitet und diese vor einiger Zeit hier ins Forum gestellt. Ich denke sie passt ganz gut in diese Diskussion, deswegen hier nochmal eine (leicht erweiterte) Version
Eigenschaften und Merkmale String Theory Loop Quantum Gravity
grundlegende Objekte Raumzeit, Strings und p-Branen Spinnetzwerke (Spinschaum)
Zahl der Raumdimensionen 9 oder 10 3 (mehr möglich)
Zahl der Zeitdimensionenen 1 1
Raumzeit als (statischer) Hintergrund ja (evtl. nicht mehr in AdS/CFT) nein (voll dynamisch)
Modifikation von Quanten- bzw. Relativitätstheorie evtl. / ja nein / ja
konzeptionelle Vereinheitlichung von Quanten- und Relativitätstheorie teilweise ja
neue physikalische Prinzipien ja ja (Hilbertraumstruktur)
Natur der Materie Anregungen von Strings/Branen erweiterte Zustände des Spin-Netzwerkes (evtl. Verdrillungen der Links)
Erklärung des Standardmodells ansatzweise nicht beansprucht (evtl. über verdrillte Links)
neue Elementarteilchen ja nein
Erklärung der dunklen Materie vielleicht nein
Erklärung der dunklen Energie vielleicht (z.Zt. nein) vielleicht über nicht-lokale Links
Unendlichkeiten im Formalismus vermutlich nein (Beweis fehlt) ja; Regularisierung möglich
Vereinheitlichung aller Naturkräfte ja, wenn vollständig nicht beansprucht
Supersymmetrie erlaubt bzw. erforderlich ja / ja ja / nein
Eindeutigkeit nein (Stringvakua, Landscape) nein (Mehrdeutige Konstruktion des Hamiltonoperators; Immirzi-Parameter)
Erklärung der Dynamik schwarzer Löcher angestrebt (z.Zt. nur extremale BPS Zustände) ansatzweise (LQC)
Erklärung der Entropie schwarzer Löcher ansatzweise (nur extremale BPS-Zustände) ja (Mehrdeutigkeit im Immirzi-Parameter
Erklärungsmöglichkeiten für den Urknall mehrere (z.B. ekpyrotisches Modell) ansatzweise (LQC)
Erklärungsmöglichkeiten für das inflationäre Universum möglich ansatzweise (LQC)
Kontakt zur Niederenergiephysik nur ansatzweise (Standardmodell nicht ableitbar) ansatzweise (klassische Raumzeit als semiklassischer Limes noch nicht bewiesen)
überprüfbare Vorhersagen keine eindeutigen Vorhersagen (Landscape) nur ansatzweise (CMB?, GZK?, DSR?)
wesentliche Probleme nicht-perturbative Formulierung, dynamische Raumzeit, Landscape Hamiltonoperator, klassischer Grenzfall mit glatter Raumzeit
Gruß
Tom

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von RonnyRockel » 24. Jan 2010, 15:29

hallo!
so wie ich das verstehe ist die Gravitation nicht die Raumzeit. und das mit dem 4-dimensionalen raum und der Krümmung darf man wohl auch nicht zu wörtlich nehmen. Man denkt ja nun man lebt in einer 4-dimensionalen welt. tatsächlich ist das doch aber eher das mathematische modell, was gut funktioniert und gravitation beschreibt. Es gibt aber auch andere formulierungen der Gravitation (soviel ich weiss) sogar von albert einstein selber, die ohne gekrümmten raum auskommen (hiess glaube irgendwas mit parallel oder so, leider weiss ich nicht den namen sonst hätt ich selber googeln können). UNd man kann auch andere theorien z.b. die elektrostatik durch die krümmung eines raumes beschreiben. Bitte korregiert mich falls ich müll schreibe. Jedenfalls finde ich, dass das stark nach einer vereinheitlichungsmöglichkeit klingt. Die differentialgeometrie als Bindeglied. Man müsste quantenfeldtheorie und gravitation erstmal in der selben sprache formulieren, dann fällt es vielleicht einfacher sie zu verbinden. gibt es da ansätze in diese richtung?

die LQG versteh ich nciht ganz: warum sollte man die raum-zeit quanteln? was ist denn die motivation? wird der raum nicht gewissermassen durch materie bzw. durch abstände zw. materie aufgespannt? warum hört der raum bei einem bestimmten punkt (am rande des unversums) plötzlich auf? doch weil dahinter keine materie mehr vorhanden ist, weil der big bang die teilchen noch nciht soweit geschleudert hat. aber der abstand zwischen zwei teilchen im universum ist doch real. da exestiert doch jeder punkt. und was für folgen soll denn das überhaupt haben wenn ich eine bestimmte stelle im raum einfach rausnehme. angenommen ein teilchen fliegt durchs all, was soll denn das für eine auswirkung auf das teilchen haben wenn da ein bisschen raumzeit fehlt?

ich hab mir folgendes gedacht: betrachtet man ein freies teilchen so kann es sich mit einer gewissen aufenthaltswahrscheinlichkeit, gegeben durch eine Wellenfunktion mit einer bestimmten wellenlänge in einem bestimmten raumgebiet befinden, d.h. die Raumzeit wird an verschiedenen stellen mit bestimmmten wahrscheinlichkeiten gekrümmt (durch die masse des teilchens). gewissermaßen wird die Raumzeit genauso gekrümmt wie die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Teilchenortes aussieht. nun ist die masse des teilchens aber sooo extrem klein, das es eigentlich den raum fast gar nicht krümmt. nimmt man nun also immer mehr masse hinzu krümmt sich der raum immer mehr und die gravitation wird immer bedeutender. gleichzeitig wird aber die wellenlänge mit zunehmender masse immer kleiner, d.h. die quantenmechanischen effekte verschwinden, sobald die gravitation erscheint. d.h die gesuchte theorie der vereinheitlichung muss im grenzwert für große massen auf die gravitation kommen und für kleine massen auf die qft, oder? es scheint fast so als ob die qft, die ja beschreibt wie "leichte" teilchen sich zusammenfinden, und somit massereichere komplexe werden die gravitation "erzeugt", weil ja erst durch die elektromagnetische, schwache und starke WW die nötige masse entsteht damit gravitation überhaupt auftritt. wäre es dann nciht auch mal interessant die einsteinschen feldgleichung mit einem teilchen zu lösen was durch eine aufenthaltswahrscheinlichkeit gegeben ist, weil ja das (obwohl im endeffekt vernachlässigbar) der grenzwert in die eine richtung sein sollte, vielleicht sieht man dann etwas bekanntes...

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 24. Jan 2010, 23:20

RonnyRockel hat geschrieben:… so wie ich das verstehe ist die Gravitation nicht die Raumzeit. und das mit dem 4-dimensionalen raum und der Krümmung darf man wohl auch nicht zu wörtlich nehmen. Man denkt ja nun man lebt in einer 4-dimensionalen welt. tatsächlich ist das doch aber eher das mathematische modell, was gut funktioniert und gravitation beschreibt. Es gibt aber auch andere formulierungen der Gravitation (soviel ich weiss) sogar von albert einstein selber, die ohne gekrümmten raum auskommen.
Zunächst mal herzlich willkommen hier im Forum. Interessante Ideen, die du uns da präsentierst, das wird spannend!

Natürlich ist die Krümmung nur ein mathematisches Modell (wie so vieles in der Physik). Es ist richtig, dass Einstein (soweit in weiß in den zwanziger Jahren) eine alternative Theorie der Gravitation entwickelt hat, die als mathematische Grundlage nicht eine Riemannsche Mannigfaltigkeit mit Krümmung (und ohne Torsion) sondern eine sogenannte Weitzenböck-Mannigfaltigkeit ohne Krümmung und dafür mit Torsion entwickelt hat. Die physikalische Theorie wird als Fernparallelismus (engl. teleparallel gravity) bezeichnet. Haben wir hier im Forum ebenfalls schon (leider nur sehr kurz) diskutiert. Man kann übrigens zeigen, dass die beiden Formulierungen mathematisch streng äquivalent sind, wobei der Fernparallelismus sogar einige Vorzüge aufweist, insbs. erhält man wieder so etwas wie eine Kraft (statt einer Geodäte), d.h. die Bewegungsgleichungen wirken vertrauter. Außerdem lässt sich der (in der ART notorisch schwierige) Energiebegriff „retten“.
RonnyRockel hat geschrieben:Jedenfalls finde ich, dass das stark nach einer vereinheitlichungsmöglichkeit klingt. Die differentialgeometrie als Bindeglied. Man müsste quantenfeldtheorie und gravitation erstmal in der selben sprache formulieren, dann fällt es vielleicht einfacher sie zu verbinden. gibt es da ansätze in diese richtung?
Ja, die gibt es!

Man kann die Einsteinsche Relativitätstheorie zunächst so umformulieren, dass die Metrik der Mannigfaltigkeit nicht mehr als fundamentale Größe auftritt. Stattdessen betrachtet man in jedem Raumzeitpunkt einen (vierdimensionalen) Tangentialraum, auf dem man ein Koordinatensystem definiert. Dieses besteht aus vier Vektoren, die in m-Richtung zeigen und a-Komponenten haben, also e[down]m[/down][up]a[/up]. m bezeichnet dabei eine Richtung in der Raumzeitmannigfaltigkeit, a die Komponenten des jeweiligen Basisvektors im Tangentialraum. Man nennt e[down]m[/down][up]a[/up] Vierbein oder Tetrade. Die Metrik kann aus dem Vierbein berechnet werden. Diese Formulierung geht (wie so Vieles in der Diff.-Geo.) auf Cartan zurück. Sie ist zunächst äquivalent zu der von Einstein (und Riemann), jedoch insofern mächtiger, als sie die Einführung von Spinorfelder (Spin ½ Teilchen) erlaubt (bzw. umgekehrt erzwingt die Einführung von Spinorfeldern den Vierbein-Formalismus).

Ausgehend von dieser Cartanschen Formulierung (die unmittelbar eine Erweiterung auf Riemann-Cartansche Mannigfaltigkeiten mit Krümmung und Torsion nahelegt) kann man neue Variablen, die sogenannten Ashtekar-Barbero Variablen einführen, so dass ein bestimmter affiner Zusammenhang die Rolle eines Eichfeldes und eine aus dem Vierbein abgeleitete Größe die Rolle einer Feldstärke übernimmt. D.h. die Ashtekar-Barbero Variablen formulieren die Einstein-Cartan Theorie als Eichtheorie. Die Eichsymmetrie entspricht dabei der lokalen Lorentz-Invarianz, d.h. einer lokal definierten Drehung der Vierbeine.

Zwar unterscheidet sich die Theorie bzgl. ihrer Dynamik erheblich von der einer Eichtheorie, allerdings sind die fundamentalen Variablen mathematisch äquivalent.
RonnyRockel hat geschrieben:… warum sollte man die raum-zeit quanteln? was ist denn die motivation? wird der raum nicht gewissermassen durch materie bzw. durch abstände zw. materie aufgespannt?
Die Quantelung der Raumzeit ist das zentrale Ergebnis der Quantisierung der Ashtekar-Barbero Variablen; man hat hier keine Wahl, die Theorie fordert das (allerdings hast du recht, dass leerer Raum ohne Materie nicht wirklich physikalisch real ist). Wir sollten das demnächst mal genauer diskutieren
RonnyRockel hat geschrieben:warum hört der raum bei einem bestimmten punkt (am rande des unversums) plötzlich auf? …
Das ist ein Missverständnis. Stell dir unser Universum als zweidimensionale Oberfläche = Haut eines Ballons vor. Dabei geht uns zwar eine Dimension verloren, aber wir gewinnen ein Stück Anschaulichkeit zurück - auch für unser Universum: es hat keinen Rand (der Ballon hat ja auch keinen Rand). Der Urknall bzw. die Expansion des Universums entsprechen dem Aufblasen des Ballons. Unser Universum mit den Galaxien etc. entsteht auf der Oberfläche. Irreführend ist das Bild insofern, als es in der dritten Dimension ein Innen bzw. Außen des Ballons suggeriert; dies ist keine physikalische Wirklichkeit, sondern lediglich ein Artefakt (ein Fehler!) des Modells.
Gruß
Tom

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RonnyRockel
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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von RonnyRockel » 25. Jan 2010, 02:36

hallo! mann weisst du viel. wielange hast du denn gebaraucht um die das wissen anzueigene?

1. wie heisst den diese Lorentz-eichtheorie? wie gut funktioniert ise bzw. wo versagt sie?

2.kannst du noch genauer sagen warum nun die raumzeit gequantelt sein muss? ich versteh nicht was die quantelung des raumes für ein effekt für ein teilchen IN der raum zeit haben soll. woran soll man den den unterschied zwischen einer kontinuierliche raumzeit und einer gelochten raumzeit erkennen? die löcher die durch die quantelung entstehen exisitieren physikalisch doch gar nicht, die löcher sind orte die es gar nicht gibt, die man sich eigentlich gar nciht vorstellen darf/kann (das bild mit dem bierschaum ist dahingehend etwas irreführend finde ich...das ist so ähnlich wie die membran in der ART die dann gekrümmt wird: das kann man sich ja nur vorstellen indem man diese membran in einen 3-Dim Raum implementiert, aber das entspricht ja nciht der wirklichkeit, die raumzeit ist die einzige raumzeit). an diesen stellen findet ja keine physik statt, und nichts und niemand kann irgendwie feststellen ob es diese löcher gibts oder nicht.

3. das mit dem ballon: heisst das das universum ist geschlossen? ich komme irgendwann wieder dort an wo ich angefangen habe wenn ich immer gerade ausgehe? das ist doch höchstens eine möglichkeit. entweder die raumzeit ist geschlossen oder sie hat einen rand.

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Re: Einsteigerdiskussion zur Quantengravitation

Beitrag von tomS » 25. Jan 2010, 06:57

RonnyRockel hat geschrieben:hallo! mann weisst du viel. wielange hast du denn gebaraucht um die das wissen anzueigene?
Danke :-) Ich habe Physik studiert (Dipom: Quantenfeldtheorie / QCD) zu "hamiltonscher Quantisierung"; ungefähr zu der Zeit sind diese Ashtekar-Variablen entstanden (war teilweise ähnlich zu meinen Themen, daher habe ich das von Beginn an verfolgt). Im Anschluss war ich weiterhin noch an der Uni beschäftigt. Seit ca. 12 Jahren arbeite ich nicht mehr als Physiker, verfolge aber einige Themen immer noch, insbs. zu Theorien zur Quantengravitation versuche ich, weiter auf dem laufenden zu bleiben.
RonnyRockel hat geschrieben:1. wie heisst den diese Lorentz-eichtheorie? wie gut funktioniert ise bzw. wo versagt sie?
Die Einstein-Cartan-Theorie (als klassische = nicht-quantisierte Eichtheorie der Gravitation)macht im wesentliche dieselben Aussagen wie die Allgemeine Relativitätstheorie. Die Unterschiede sind auf die Spindichte der Materie zurückzuführen, deren Effekt aber unterhalb der Messgenauigkeit liegt., Daher ist es ggw. eine eher mathematische Frage, welche Theorie einem besser gefällt. Viele sind der Meinung, dass die Einstein-Cartan-Theorie die "natürlichere" Version ist, die Einschränkungen (wie z.B. Torsion = 0) empfinden sie als seltsam.
RonnyRockel hat geschrieben:2.kannst du noch genauer sagen warum nun die raumzeit gequantelt sein muss? ich versteh nicht was die quantelung des raumes für ein effekt für ein teilchen IN der raum zeit haben soll. woran soll man den den unterschied zwischen einer kontinuierliche raumzeit und einer gelochten raumzeit erkennen? die löcher die durch die quantelung entstehen exisitieren physikalisch doch gar nicht, die löcher sind orte die es gar nicht gibt, die man sich eigentlich gar nciht vorstellen darf/kann (das bild mit dem bierschaum ist dahingehend etwas irreführend finde ich...das ist so ähnlich wie die membran in der ART die dann gekrümmt wird: das kann man sich ja nur vorstellen indem man diese membran in einen 3-Dim Raum implementiert, aber das entspricht ja nciht der wirklichkeit, die raumzeit ist die einzige raumzeit). an diesen stellen findet ja keine physik statt, und nichts und niemand kann irgendwie feststellen ob es diese löcher gibts oder nicht.
Wenn ich mehr Zeit habe; ich habe aber auch schon einiges hier dazu geschrieben; darauf würde ich gerne verweisen.
RonnyRockel hat geschrieben:3. das mit dem ballon: heisst das das universum ist geschlossen? ich komme irgendwann wieder dort an wo ich angefangen habe wenn ich immer gerade ausgehe? das ist doch höchstens eine möglichkeit. entweder die raumzeit ist geschlossen oder sie hat einen rand.
Der Ballon ist nur eine Möglichkeit. UMrunden kannst du ihn wohl nicht, denn er bläht sich ggw. schneller auf, als du laufen kannst. Eine andere Möglichkeit wäre eine unendlich ausgedehnte (flache) Ebene, die aber (wie ein Gummituch) weiter expandiert. Eine dritte Möglichkeit wäre eine (ebenfalls unendlich ausgedehnte) Sattelfläche (mit negativer Krümmung). Letzteres dürfte zumindest auf großen Skalen (ab einige Milliarden Lichtljahren) zutreffend sein. Der Ballon ist aber einfacher vorstellbar.
Gruß
Tom

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