hallo Wilfried,
da die Diskussion weniger zu den Elementarteilchen passt, hier ein neuer Thread zur Formulierung der Gravitation als Eichtheorie:
Den Satz "Die Allgemeine Relativitätstheorie ist die Eichtheorie der Poincaré Gruppe" muss man noch etwas interpretieren, denn in der "gewöhnlichen" Formulierung der ART gibt es diese lokale Eichinvarianz nicht!
Gründe:
1) es gibt kein Eichfeld A
2) es gibt kein Gauß-Gesetz
3) es gibt keine lokale Poincare-Symmetrie!!!
4) es gibt "lediglich" die Diffeomorphismen-Invarianz
Der Einwand 1) ist ein formaler. Man muss eben ein Objekt A identifizieren, das in der adjungierten Darstellung der Gruppe "lebt", in der ART hat man aber nur die Metrik sowie die Christoffel-Symbole, die jeweils anders transformieren und die nicht zueinander konjugiert sind.
Der Einwand 2) ist schwerwiegender. Ohne dieses Gauß-Gesetz bist du nicht in der Lage, die Eichtransformation über eine kanonische Transformation einzuführen.
1+2) zusammen ergeben sich aus de Tatsache, dass du zwar einen Tangentialraum einführen kannst, dass du aber kein fundamentales Feld hast, das in diesem Tangentialraum lebt. Ein Tangentialraum existiert ja zu jeder Mannigfaltigkeit, unabhängig davon, welche Objekte in ihm leben.
3) ist der eigentliche Knackpunkt. Tatsächlich sind die Symmetrien der SRT i.A. keine Symmetrien der ART, da eine gekrümmte Raumzeit eben diese "globalen" Symmetrien gar nicht zulässt. Erst in speziellen Fällen, wenn du nämlich geeignete Killingvektorfelder hast, kann doe Poincare-Gruppe (bzw. eine geeignete Untergruppe als Symmetriegruppe auftreten)
4) Die Diffeomorphismen-Invarianz ist zunächst etwas völlig anderes. Am einfachsten betrachtest du eine ganz normale holomorphe Funktionen f(z). Diese vermittelt auf der komplexen Zahlenebene einen Diffeomorphismus. In zwei Dimensionen ist das etwas sehr spezielles, denn man kann die Dimension dieser Gruppe der Diffeomorphismen bestimmen und stellt fest, dass sie unendlichdimensional ist, also unendlich viele Generatoren hat (mehr dazu bei Gelegenheit - hat interessante Aspekte in der Stringtheorie). Dü würdest aber nicht behauoten, dass die
So, und warum hast du nun trotzdem recht???
Weil der Herr Ashtekar so findig war, uns eine neue Darstellung der ART zu liefern, in der die Eichsymmetrie tatsächlich zusätzlich zu der Diffeomorphismeninvarianz auftaucht. Dazu musste er aber neue Objekte nutzen, um diese Symmetrien aufzudecken.
Zunächst führt er die sogenannten Vierbeine ein. Am einfachsten stellt man sich eine gekrümmte Mannigfaltigkeit vor (z.B. eine Kugeloverfläche), definiert an einer Stelle den Tangentialraum (eine Ebene, die die Kugel berührt) und führt auf dieser Ebene ein Koordinatensystem ein (zwei Basisvektoren in der Ebene). Das sind die Vierbeine (hier: Zweibeine). Man kann nun betrachten, wie sich die Vierbeine ändern, wenn man den Berührpunkt verschiebt und damit in einem neuen Punkt der Mannkigfaltigkeit einen neuen Tangentialraum definiert (den gibt es nämlich in jedem Ounkt). Dabei gelangt man zu einer Art des Zusammenhangs, der mit den Christoffelsymbolen verwandt ist. Diese beiden Objekte, nämlich der Zusammenhang (der über eine Krümmunsgform definiert ist) und die Vierbeine definieren die fundamentalen Objekte der Eichgruppe.
Die Vierbeine haben die interessante Eigenschaft, dass sie quasi die "Wurzel" der Metrik sind. Umgekehrt lässt sich die Metrik als "Quadrat" der Vierbeine darstellen:
Dabei tritt nun eine zweite Metrik im Tangentialraum auf. Interessant ist, dass diese Metrik im "flachen Tangentialraum lebt, d.h. die Metrik lautet einfach
wie in der SRT!
Zu erklären, warum alle Gleichungen der ART - wenn man sie entsprechend formuliert, eine lokale Eichsymmetrie aufweisen - ist ziemlich mühsam. Ich suche dazu mal eine entsprechende Quelle. Hier nur soviel: Man kann die Vierbeine natürlich "in ihrem Tangentialraum" (Bsp. Kugel: in der gedachten Ebene) beliebig rotieren, ohne dass sich dadurch die Physik ändert. Im Beispiel oben sieht man das daran, dass die Metrik quadratisch in den Vierbeinen ist. Man kann die Vierbeine rotieren, wobei das Skalarprodukt der Vierbeine (definiert im Tangentialraum) unverändert bleibt. Man denke sich dazu einfach vier Vektoren, jeder griechische Index der Vierbeine definiert einen Vektor, jeder lateinische Index numeriert die Komponenten dieses Vektors.
Dann sieht man, dass die Symmetriegruppe (die Rotation) der SO(1,3) entspricht. Das ist eine vierdimensionale Rotation, wobei die (1,3) auf die unterschiedlichen Vorzeichen der Metrik Bezug nimmt. Aus bestimmten mathematischen Gründen gelangt man dann jedoch zur SL(2,C) bzw. SU(2)*SU(2), aber das soll hier nicht interessieren.
Warum tatsächlich eine lokale und nicht nur eine globale SO(1,3) vorliegt, führt hier zu weit.
Man stellt schlussendlich also fest:
1) das Eichfeld A findet man über eine Krümmungsform im Tangentialraum
2) das Gauß-Gesetz entsteht dann in den Variablen A und e (letzteres sind die Vierbeine)
3) es gibt keine lokale Poincare-Symmetrie, sondern lediglich eine lokale SO(1,3)-Symmetrie
4) die Diffeomorphismen-Invarianz existiert zusätzlich" zur SO(1,3), sie ist jedoch mit ihr verwoben, d.h. nicht unabhängig
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Mein Gedankengang ist folgender: Ashtekar benötigt zwei wesentliche Elemente, um zu einer vernünftigen Quantisierung zu gelangen:
A) kanonischer bzw. Hamiltonformalismus mit vorheriger Zerlegung der Raumzeit in eine räumliche Richtung plus raumartigen, dreidimensionalen Mannigfaltigkeiten
B) neue Koordinatenwahl, d.h. im Wesentlichen Vierbeine plus eine spezielle Art des Zusammenhangs / der Krümmungsform
Insgs. ist der Formalismus mathematisch wohldefiniert, jedoch insgs. relativ komplex.
Meine zentrale Behauptung ist, dass man lediglich B) benötigt, um zu zeigen, dass die ART analog zu klassischen Eichtheorien formulierbar ist. A) ist dafür überflüssiger Ballast (nicht für die Quantisierung, aber für die klassische Theorie)
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Zu Wilfrieds Bemerkung, dass dies ein neuer Forschungssansatz wäre:
Dieser Weg ist wahrscheinlich nicht neu; ich gehe davon aus, dass er ansatzweise bereits untersucht wurde bzw. wird. Er führt nur bzgl. der kanonischen Quantisierung nicht weiter ...
... denn da wird ja eben eine Zeitkoordinate ausgezeichnet. Dies führt zu der von mir genannten "Blätterung der Raumzeit mit einer raumartigen Dreiermannigfaltigkeit"; die Verwendung der temporalen Eichung A[up]0[/up]=0 ist ebenfalls Standard für die kanonische Quantisierung von Eichtheorien (kenne ich aus meiner Arbeit zur QCD Anfang der 90iger Jahre).
Das gesamte Programm (zu dem ich sicher nicht die Zeit habe :-) würde wie folgt aussehen: Man verwendet explizit keine kanonische Formulierung mit Hamiltonoperator und temporaler Eichung sondern eine kovariante Formulierung, z.B. über die BRST-Quantisierung. Auch in dieser Quantisierung tritt eine Art Eichinvarianz, allerdings in Form der BRST-Symmetrie auf. Damit entfällt die "Blätterung der Raumzeit mit einer raumartigen Dreiermannigfaltigkeit". Nach der Implementierung der BRST-Symmetrie (entspricht der Lösung des Gauss-Gesetzes im kanonischen Formalismus) hat man jedoch immer noch nicht den physikalischen Hilbertraum. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Eichtheorie gibt es ja noch den Diffeomorphismus-Constraint; erst dessen Lösung führt auf den physikalischen Hilbertraum, insbs. die Spin-Netzwerke.
Ich behaupte mal, das man den ersten Teil, nämlich die kovariante Formulierung der Theorie und die Ableitung der klassischen Eichsymmetrie im Vierbein-Formalismus (statt Dreibein bei Ashtekar) in einigen Wochen hinbekommt (bzw. in einigen Tagen, wenn man geeignete Literatur findet). Dies wäre der Teil, den ich hier vorstellen könnte (wenn ich geeignete Literatur finde :-). Dieser erste Teil ist sicher einfacher als die entsporechende Formulierung bei Ashtekar, da eben die "Blätterung der Raumzeit" einschließlich Lapse- und Shift-Funktion entfällt.
Der zweite Teil, nämlich die BRST-Quantisierung der so erhaltenen Eichtheorie ist Standard, wenn man wiederum zweistufig vorgeht, also erst BRST-Symmetrie, dann Diffeomorphismus implementieren. Ich weiß jedoch nicht, ob das funktioniert, oder ob die BRST-Quantisierung selbst aufgrund der Existenz des Diffeomorphismus-Constraints geändert werden muss. Falls der BRST-Mechanismus durchgeht, bleibt also noch als dritter Schritt die Konstruktion des physikalischen Hilbertraumes mittels Implementierung des Diffeomorphismus-Constraints. Egal wie diese Schritte zwei und drei im Detail aussehen, das ist sicher ein echtes Forschungsprogramm, ich schätze mindestens auf dem Niveau einer Dissertation - also nichts für einen Freizeit-Physiker.
Wie gesagt, der erste Schritt für sich alleine ist nutzlos ohne die beiden folgenden Schritte; er hätte allenfalls pädagogischen Charakter, um zu zeigen, dass die ART als klassische Eichtheorie kovariant formuliert werden kann. Man würde sehr gut die Gemeinsamkeiten aber auch die Unterschiede (Diffeomorphismen-Constraint) sehen. Ich gehe aber davon aus, dass die wesentlichen Unterschiede (wie beim kanonischen Formalismus auch) sich erst während der Quantisierung zeigen. Aber das ist extrem technisch und kann einem Laien (und dazu gehören alle, die nicht mehrere Quantisierungsverfahren von gewöhnlichen Eichtheorien kennen) nicht erläutert werden.
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Ein paar Stichworte (anhand der LQG), wo sich Unterschiede bei der Quantisierung ergeben
- die klassischen kanonischen Variablen existieren nicht als Operatoren
- statt des "Eichfeldes" muss die Holonomie des Eichfeldes / der Weyl-Kommutator betrachtet werden
- das von-Neumann Theorem ist nicht anwendbar
- an die Stelle der Eindeutigkeitsaussage resultierend aus dem von-Neumann-Theorem tritt die GNS-Projektion
- der Hilbertraum ist (zunächst) nicht separabel
- trotzdem sind die Wilson-Loops geeignete Variablen zur Quantisierung
- man eliminiert die zunächst existierenden Probleme über den Diffeomorphismus-Constraint (funktioniert nicht in klassischen Eichtheorien)
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Ich versuche mal klarzumachen, wo die Probleme liegen:
In der Standard-Quantenmechanik geht man aus von den Operatoren x und p sowie den Vertauschungsrelationen [x,p] = i. In der LQG entspräche der Operator x dem Eichfeld A. Dieses Eichfeld ist als Operator einfach nicht definierbar! Man stelle sich vor, dass man die Standard-Quantenmechanik für ein Teilchen auf einem Kreis formulieren möchte. Dann ist x beschränkt auf das Intervall [0,L] mit L = Umfang des Kreises. Dies entspricht einer Periodizität in x sowie einem geänderten Impulsoperator (ebene Wellen mit Periodizitätsbedingung). Mathematisch sauber müsste man nicht x sondern den Winkel des Kreises quantisieren. Dies führt letztlich dazu, dass statt des Operators x nur mehr der Operator exp(ix/L) existiert.
Das von-Neumann-Theorem besagt im wesentlichen, dass unter bestimmten Voraussetzungen alle aus der Quantisierung abgeleiteten Formulierungen in ggf. unterschiedlichen Hilberträumen dennoch unitär äquivalent sind, d.h. dass sich alle Zustände, Operatoren, Eigenwerte etc. unitär ineinander transformieren lassen und dass schlussendlich die selbe Physik beschrieben wird.
Bekanntes Beispielist der harmonische Oszillator, einmal in der Darstellung über Ortsraum-Wellenfunktionen (Hermite-Funktionen) und einmal über die Energieeigenzustände |n). Beide beschreiben die selbe Physik, sind also unitär äquivalent.
Die LQG verletzt nun eine der Voraussetzungen des von-Neumann-Theorems, sie enthält jedoch ein neues Theorem, das ebenfalls eine Eindeutigkeitsaussage (GNS-Projektion) zulässt.
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Dies ist die wesentliche Neuerung der Ashtekar-Formulierung bei der Quantisierung. Dies ist auch der Grund, warum die LQG anmdere Ergebnisse produziert als die Wheeler-deWitt-Theorie (WdW). Letztere beachtet diesen Übergang von x zu exp(ix/L) nicht und ist daher wohl einfach falsch. Deshalb wird auch in der WdW-Theorie keine der klassisch bekannten Singularitäten (Urknall) eliminiert; die WdW-Theorie leidet unter der selben Krankheit wie die ART. Erst die LQG löst diese Probleme, im wesentlichen aufgrund der nicht-äquivalenten Quantisierung.
Ich fasse die wesentlichen mathematischen Aspekte nochmals zusammen:
- kanonischer bzw. Hamiltonformalismus
- n-Bein plus eine Zusammenhang / Krümmungsform
- inäquivalente Quantisierung auf Basis der Holonomie; GNS-Projektion
- Diffeomorphismen-Invarianz
- Spin-Netzwerke