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Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Jenseits des etablierten Standardmodells der Elementarteilchenphysik und der Allgemeinen Relativitätstheorie, d.h. Quantengravitation, Supersymmetrie und Supergravitation, Stringtheorien...
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Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 16. Apr 2009, 13:55

Hallo zusammen,
hallo Wilfried,

da die Diskussion weniger zu den Elementarteilchen passt, hier ein neuer Thread zur Formulierung der Gravitation als Eichtheorie:

Den Satz "Die Allgemeine Relativitätstheorie ist die Eichtheorie der Poincaré Gruppe" muss man noch etwas interpretieren, denn in der "gewöhnlichen" Formulierung der ART gibt es diese lokale Eichinvarianz nicht!

Gründe:
1) es gibt kein Eichfeld A
2) es gibt kein Gauß-Gesetz
3) es gibt keine lokale Poincare-Symmetrie!!!
4) es gibt "lediglich" die Diffeomorphismen-Invarianz

Der Einwand 1) ist ein formaler. Man muss eben ein Objekt A identifizieren, das in der adjungierten Darstellung der Gruppe "lebt", in der ART hat man aber nur die Metrik sowie die Christoffel-Symbole, die jeweils anders transformieren und die nicht zueinander konjugiert sind.

Der Einwand 2) ist schwerwiegender. Ohne dieses Gauß-Gesetz bist du nicht in der Lage, die Eichtransformation über eine kanonische Transformation einzuführen.

1+2) zusammen ergeben sich aus de Tatsache, dass du zwar einen Tangentialraum einführen kannst, dass du aber kein fundamentales Feld hast, das in diesem Tangentialraum lebt. Ein Tangentialraum existiert ja zu jeder Mannigfaltigkeit, unabhängig davon, welche Objekte in ihm leben.

3) ist der eigentliche Knackpunkt. Tatsächlich sind die Symmetrien der SRT i.A. keine Symmetrien der ART, da eine gekrümmte Raumzeit eben diese "globalen" Symmetrien gar nicht zulässt. Erst in speziellen Fällen, wenn du nämlich geeignete Killingvektorfelder hast, kann doe Poincare-Gruppe (bzw. eine geeignete Untergruppe als Symmetriegruppe auftreten)

4) Die Diffeomorphismen-Invarianz ist zunächst etwas völlig anderes. Am einfachsten betrachtest du eine ganz normale holomorphe Funktionen f(z). Diese vermittelt auf der komplexen Zahlenebene einen Diffeomorphismus. In zwei Dimensionen ist das etwas sehr spezielles, denn man kann die Dimension dieser Gruppe der Diffeomorphismen bestimmen und stellt fest, dass sie unendlichdimensional ist, also unendlich viele Generatoren hat (mehr dazu bei Gelegenheit - hat interessante Aspekte in der Stringtheorie). Dü würdest aber nicht behauoten, dass die

So, und warum hast du nun trotzdem recht???

Weil der Herr Ashtekar so findig war, uns eine neue Darstellung der ART zu liefern, in der die Eichsymmetrie tatsächlich zusätzlich zu der Diffeomorphismeninvarianz auftaucht. Dazu musste er aber neue Objekte nutzen, um diese Symmetrien aufzudecken.

Zunächst führt er die sogenannten Vierbeine ein. Am einfachsten stellt man sich eine gekrümmte Mannigfaltigkeit vor (z.B. eine Kugeloverfläche), definiert an einer Stelle den Tangentialraum (eine Ebene, die die Kugel berührt) und führt auf dieser Ebene ein Koordinatensystem ein (zwei Basisvektoren in der Ebene). Das sind die Vierbeine (hier: Zweibeine). Man kann nun betrachten, wie sich die Vierbeine ändern, wenn man den Berührpunkt verschiebt und damit in einem neuen Punkt der Mannkigfaltigkeit einen neuen Tangentialraum definiert (den gibt es nämlich in jedem Ounkt). Dabei gelangt man zu einer Art des Zusammenhangs, der mit den Christoffelsymbolen verwandt ist. Diese beiden Objekte, nämlich der Zusammenhang (der über eine Krümmunsgform definiert ist) und die Vierbeine definieren die fundamentalen Objekte der Eichgruppe.

Die Vierbeine haben die interessante Eigenschaft, dass sie quasi die "Wurzel" der Metrik sind. Umgekehrt lässt sich die Metrik als "Quadrat" der Vierbeine darstellen:



Dabei tritt nun eine zweite Metrik im Tangentialraum auf. Interessant ist, dass diese Metrik im "flachen Tangentialraum lebt, d.h. die Metrik lautet einfach



wie in der SRT!

Zu erklären, warum alle Gleichungen der ART - wenn man sie entsprechend formuliert, eine lokale Eichsymmetrie aufweisen - ist ziemlich mühsam. Ich suche dazu mal eine entsprechende Quelle. Hier nur soviel: Man kann die Vierbeine natürlich "in ihrem Tangentialraum" (Bsp. Kugel: in der gedachten Ebene) beliebig rotieren, ohne dass sich dadurch die Physik ändert. Im Beispiel oben sieht man das daran, dass die Metrik quadratisch in den Vierbeinen ist. Man kann die Vierbeine rotieren, wobei das Skalarprodukt der Vierbeine (definiert im Tangentialraum) unverändert bleibt. Man denke sich dazu einfach vier Vektoren, jeder griechische Index der Vierbeine definiert einen Vektor, jeder lateinische Index numeriert die Komponenten dieses Vektors.

Dann sieht man, dass die Symmetriegruppe (die Rotation) der SO(1,3) entspricht. Das ist eine vierdimensionale Rotation, wobei die (1,3) auf die unterschiedlichen Vorzeichen der Metrik Bezug nimmt. Aus bestimmten mathematischen Gründen gelangt man dann jedoch zur SL(2,C) bzw. SU(2)*SU(2), aber das soll hier nicht interessieren.

Warum tatsächlich eine lokale und nicht nur eine globale SO(1,3) vorliegt, führt hier zu weit.

Man stellt schlussendlich also fest:
1) das Eichfeld A findet man über eine Krümmungsform im Tangentialraum
2) das Gauß-Gesetz entsteht dann in den Variablen A und e (letzteres sind die Vierbeine)
3) es gibt keine lokale Poincare-Symmetrie, sondern lediglich eine lokale SO(1,3)-Symmetrie
4) die Diffeomorphismen-Invarianz existiert zusätzlich" zur SO(1,3), sie ist jedoch mit ihr verwoben, d.h. nicht unabhängig

------------------------------------------------------------------

Mein Gedankengang ist folgender: Ashtekar benötigt zwei wesentliche Elemente, um zu einer vernünftigen Quantisierung zu gelangen:
A) kanonischer bzw. Hamiltonformalismus mit vorheriger Zerlegung der Raumzeit in eine räumliche Richtung plus raumartigen, dreidimensionalen Mannigfaltigkeiten
B) neue Koordinatenwahl, d.h. im Wesentlichen Vierbeine plus eine spezielle Art des Zusammenhangs / der Krümmungsform
Insgs. ist der Formalismus mathematisch wohldefiniert, jedoch insgs. relativ komplex.

Meine zentrale Behauptung ist, dass man lediglich B) benötigt, um zu zeigen, dass die ART analog zu klassischen Eichtheorien formulierbar ist. A) ist dafür überflüssiger Ballast (nicht für die Quantisierung, aber für die klassische Theorie)

------------------------------------------------------------------

Zu Wilfrieds Bemerkung, dass dies ein neuer Forschungssansatz wäre:

Dieser Weg ist wahrscheinlich nicht neu; ich gehe davon aus, dass er ansatzweise bereits untersucht wurde bzw. wird. Er führt nur bzgl. der kanonischen Quantisierung nicht weiter ...
... denn da wird ja eben eine Zeitkoordinate ausgezeichnet. Dies führt zu der von mir genannten "Blätterung der Raumzeit mit einer raumartigen Dreiermannigfaltigkeit"; die Verwendung der temporalen Eichung A[up]0[/up]=0 ist ebenfalls Standard für die kanonische Quantisierung von Eichtheorien (kenne ich aus meiner Arbeit zur QCD Anfang der 90iger Jahre).

Das gesamte Programm (zu dem ich sicher nicht die Zeit habe :-) würde wie folgt aussehen: Man verwendet explizit keine kanonische Formulierung mit Hamiltonoperator und temporaler Eichung sondern eine kovariante Formulierung, z.B. über die BRST-Quantisierung. Auch in dieser Quantisierung tritt eine Art Eichinvarianz, allerdings in Form der BRST-Symmetrie auf. Damit entfällt die "Blätterung der Raumzeit mit einer raumartigen Dreiermannigfaltigkeit". Nach der Implementierung der BRST-Symmetrie (entspricht der Lösung des Gauss-Gesetzes im kanonischen Formalismus) hat man jedoch immer noch nicht den physikalischen Hilbertraum. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Eichtheorie gibt es ja noch den Diffeomorphismus-Constraint; erst dessen Lösung führt auf den physikalischen Hilbertraum, insbs. die Spin-Netzwerke.

Ich behaupte mal, das man den ersten Teil, nämlich die kovariante Formulierung der Theorie und die Ableitung der klassischen Eichsymmetrie im Vierbein-Formalismus (statt Dreibein bei Ashtekar) in einigen Wochen hinbekommt (bzw. in einigen Tagen, wenn man geeignete Literatur findet). Dies wäre der Teil, den ich hier vorstellen könnte (wenn ich geeignete Literatur finde :-). Dieser erste Teil ist sicher einfacher als die entsporechende Formulierung bei Ashtekar, da eben die "Blätterung der Raumzeit" einschließlich Lapse- und Shift-Funktion entfällt.

Der zweite Teil, nämlich die BRST-Quantisierung der so erhaltenen Eichtheorie ist Standard, wenn man wiederum zweistufig vorgeht, also erst BRST-Symmetrie, dann Diffeomorphismus implementieren. Ich weiß jedoch nicht, ob das funktioniert, oder ob die BRST-Quantisierung selbst aufgrund der Existenz des Diffeomorphismus-Constraints geändert werden muss. Falls der BRST-Mechanismus durchgeht, bleibt also noch als dritter Schritt die Konstruktion des physikalischen Hilbertraumes mittels Implementierung des Diffeomorphismus-Constraints. Egal wie diese Schritte zwei und drei im Detail aussehen, das ist sicher ein echtes Forschungsprogramm, ich schätze mindestens auf dem Niveau einer Dissertation - also nichts für einen Freizeit-Physiker.

Wie gesagt, der erste Schritt für sich alleine ist nutzlos ohne die beiden folgenden Schritte; er hätte allenfalls pädagogischen Charakter, um zu zeigen, dass die ART als klassische Eichtheorie kovariant formuliert werden kann. Man würde sehr gut die Gemeinsamkeiten aber auch die Unterschiede (Diffeomorphismen-Constraint) sehen. Ich gehe aber davon aus, dass die wesentlichen Unterschiede (wie beim kanonischen Formalismus auch) sich erst während der Quantisierung zeigen. Aber das ist extrem technisch und kann einem Laien (und dazu gehören alle, die nicht mehrere Quantisierungsverfahren von gewöhnlichen Eichtheorien kennen) nicht erläutert werden.

------------------------------------------------------------------

Ein paar Stichworte (anhand der LQG), wo sich Unterschiede bei der Quantisierung ergeben
- die klassischen kanonischen Variablen existieren nicht als Operatoren
- statt des "Eichfeldes" muss die Holonomie des Eichfeldes / der Weyl-Kommutator betrachtet werden
- das von-Neumann Theorem ist nicht anwendbar
- an die Stelle der Eindeutigkeitsaussage resultierend aus dem von-Neumann-Theorem tritt die GNS-Projektion
- der Hilbertraum ist (zunächst) nicht separabel
- trotzdem sind die Wilson-Loops geeignete Variablen zur Quantisierung
- man eliminiert die zunächst existierenden Probleme über den Diffeomorphismus-Constraint (funktioniert nicht in klassischen Eichtheorien)

------------------------------------------------------------------

Ich versuche mal klarzumachen, wo die Probleme liegen:

In der Standard-Quantenmechanik geht man aus von den Operatoren x und p sowie den Vertauschungsrelationen [x,p] = i. In der LQG entspräche der Operator x dem Eichfeld A. Dieses Eichfeld ist als Operator einfach nicht definierbar! Man stelle sich vor, dass man die Standard-Quantenmechanik für ein Teilchen auf einem Kreis formulieren möchte. Dann ist x beschränkt auf das Intervall [0,L] mit L = Umfang des Kreises. Dies entspricht einer Periodizität in x sowie einem geänderten Impulsoperator (ebene Wellen mit Periodizitätsbedingung). Mathematisch sauber müsste man nicht x sondern den Winkel des Kreises quantisieren. Dies führt letztlich dazu, dass statt des Operators x nur mehr der Operator exp(ix/L) existiert.

Das von-Neumann-Theorem besagt im wesentlichen, dass unter bestimmten Voraussetzungen alle aus der Quantisierung abgeleiteten Formulierungen in ggf. unterschiedlichen Hilberträumen dennoch unitär äquivalent sind, d.h. dass sich alle Zustände, Operatoren, Eigenwerte etc. unitär ineinander transformieren lassen und dass schlussendlich die selbe Physik beschrieben wird.

Bekanntes Beispielist der harmonische Oszillator, einmal in der Darstellung über Ortsraum-Wellenfunktionen (Hermite-Funktionen) und einmal über die Energieeigenzustände |n). Beide beschreiben die selbe Physik, sind also unitär äquivalent.

Die LQG verletzt nun eine der Voraussetzungen des von-Neumann-Theorems, sie enthält jedoch ein neues Theorem, das ebenfalls eine Eindeutigkeitsaussage (GNS-Projektion) zulässt.

------------------------------------------------------------------

Dies ist die wesentliche Neuerung der Ashtekar-Formulierung bei der Quantisierung. Dies ist auch der Grund, warum die LQG anmdere Ergebnisse produziert als die Wheeler-deWitt-Theorie (WdW). Letztere beachtet diesen Übergang von x zu exp(ix/L) nicht und ist daher wohl einfach falsch. Deshalb wird auch in der WdW-Theorie keine der klassisch bekannten Singularitäten (Urknall) eliminiert; die WdW-Theorie leidet unter der selben Krankheit wie die ART. Erst die LQG löst diese Probleme, im wesentlichen aufgrund der nicht-äquivalenten Quantisierung.

Ich fasse die wesentlichen mathematischen Aspekte nochmals zusammen:
  • kanonischer bzw. Hamiltonformalismus
  • n-Bein plus eine Zusammenhang / Krümmungsform
  • inäquivalente Quantisierung auf Basis der Holonomie; GNS-Projektion
  • Diffeomorphismen-Invarianz
  • Spin-Netzwerke
[/b][/color]
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von wilfried » 17. Apr 2009, 10:24

Tag Tom

als allererstes:
ich behaupte mal, das man den ersten Teil, nämlich die kovariante Formulierung der Theorie und die Ableitung der klassischen Eichsymmetrie im Vierbein-Formalismus (statt Dreibein bei Ashtekar) in einigen Wochen hinbekommt (bzw. in einigen Tagen, wenn man geeignete Literatur findet). Dies wäre der Teil, den ich hier vorstellen könnte (wenn ich geeignete Literatur finde :-). Dieser erste Teil ist sicher einfacher als die entsporechende Formulierung bei Ashtekar, da eben die "Blätterung der Raumzeit" einschließlich Lapse- und Shift-Funktion entfällt.
Ich schick Dir per email Literatur zu, die Dir eventuell weiterhilft.

Dann:

eine Diskussion Deines Beitrags halte ich jetzt (wörtlich zu nehmen und auf mich bezogen) für unmöglich. Deine Aussagen müssen erst einmal begriffen, soll heißen studiert und zumindest ansatzweise verstanden und nachhvollziehbar werden.

Schlicht: das dauert seine Zeit. Somit ist diese Diskussion nicht beendet, sie wird aber zu einem sehr langzeitlichen Part.

Aber: Dieses Thema wird wohl eines der intressantesten Themen dieses Forums. Ich hoffe, daß sich dazu noch mehr als nur wir beide gesellen werden.

Gruß und Danke für die Details in Deinen Antworten

Wilfried
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 17. Apr 2009, 11:24

Ich hab inzwischen auch in den ganzen Papieren nachgeforscht, die sich bei mir so angehäuft haben. Ergebnis: eine kompakte Darstellung der Äquivalenz zu einer Eichsymmetrie ist auch dann möglich und sinnvoll, wenn man die Hamiltonsche Formulierung Ashtekars nutzt.

Gründe:
1)dazu gibt es bei weitem am meisten Literatur; für eine alternative Formulierung (spezialisiert auf den Aspekt „klassische Eichtheorie“) wäre der Einarbeitungsaufwand sicher höher (sowohl meiner als auch der des Lesers)
2) der Vorteil der alternativen Formulierung wäre, dass man den Lagrange- statt des Hamiltonformalismus verwenden kann; dieser führt aber möglicherweise in diese äußerst komplexe BRST-Thematik und damit evtl. in eine Sackgasse
3) die Formulierung einer Eichtheorie im Hamiltonformalismus ist soviel komplizierter auch nicht; man kann dies u.a. bei uns im Forum nachlesen - siehe z..B. mein Beitrag bei den „Elementarteilchen“
4) es gibt ein technisches Problem, nämlich die Tatsache, dass der Zusammenhang A des Vierbeins E nicht den Zusammenhang des Dreibeins auf der raumartigen Mannigfaltigkeit definiert (Stichwort: kein Pull-Back!); in dem Sinne wäre eine Formulierung als vierdimensionale Eichtheorie inäquivalent zu der dreidimensionalen Formulierung und damit evtl. wieder eine Sackgasse

Ich habe mich entschieden, die Formulierung LGQ als Eichtheorie kurz zu skizzieren (folgt in Kürze), um das Thema vernünftig abzuschließen.

Zum Abschluss: Ich behaupte inzwischen, dass die SO(3) bzw. SU(2) Rotationssymmetrie des Dreibeins nichts mit der Lorentz-Symmetrie zu tun hat. Ich gehe sogar noch weiter und behaupte, dass die Poincare-Symmetrie keine Symmetrie der ART sowie der LQG ist!

Damit meine ich folgendes: Es gibt zwar Zustände bzw. Lösungen, die die entsprechenden Symmetrien realisieren, aber i.A. werden die Zustände diese Symmetrie nicht zwingend erfüllen. Einfaches Beispiel: die Schwarzschildmetrik ist zwar eine Lösung der ART, aber eben nicht invariant unter Translationen. Lediglich im Sinne der Diffeomorphismeninvarianz sind derartige Koordinatentransformationen sinnvoll.
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von wilfried » 17. Apr 2009, 16:15

Tag Tom
Zum Abschluss: Ich behaupte inzwischen, dass die SO(3) bzw. SU(2) Rotationssymmetrie des Dreibeins nichts mit der Lorentz-Symmetrie zu tun hat. Ich gehe sogar noch weiter und behaupte, dass die Poincare-Symmetrie keine Symmetrie der ART sowie der LQG ist!
hoijoijoi!!! Da hast Du aber einen starken Tobak in Deiner Pfeife!!!

Das klingt ja wirklich nach einer Forschungsarbeit, die sich anschlissend sehen lassen kann. Willst Du nicht hingehen und über diese Ansätze promovieren, statt diese -sorry, wenn ich hier so sage- im Forum einfach niederzuschreiben??

Für das Forum ist natürlich grandios! Aber Du verlierst eventuell Meriten, die wissenschaftlich für Dich nutzbar wären. Ich meine das im Ernst. Denk mal in Ruhe darüber nach, Deine Ideen, die ja offensichtlich auf sehr fundiertem Wissen und bedachter sowie profunder Kritiken Deinerseits fußen sind m.E. einer Promotionsarbeit würdig. Also ich tät das so machen!

Wir können das ja mal per "normaler" mail oder per skype bereden.

Gruß

Wilfried
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 17. Apr 2009, 16:32

normale Mail - gerne :-)
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 30. Mai 2009, 13:49

Hallo,

eine hervorragende Darstellung zur Formulierung der ART und u.a. ECT als Eichtheorien. Es wird die Eichung verschiedener Symmetrien betrachtet: Lorentz, Poincare, einschließlich Torsion, metrisch-affin, ... Nicht gerade einfach, aber sehr umfassend.

http://arxiv.org/abs/gr-qc/9602013

On the Gauge Aspects of Gravity
F. Gronwald, F.W. Hehl
We give a short outline, in Sec.\ 2, of the historical development of the gauge idea as applied to internal ($U(1),\, SU(2),\dots$) and external ($R^4,\,SO(1,3),\dots$) symmetries and stress the fundamental importance of the corresponding conserved currents. In Sec.\ 3, experimental results with neutron interferometers in the gravitational field of the earth, as inter- preted by means of the equivalence principle, can be predicted by means of the Dirac equation in an accelerated and rotating reference frame. Using the Dirac equation in such a non-inertial frame, we describe how in a gauge- theoretical approach (see Table 1) the Einstein-Cartan theory, residing in a Riemann-Cartan spacetime encompassing torsion and curvature, arises as the simplest gravitational theory. This is set in contrast to the Einsteinian approach yielding general relativity in a Riemannian spacetime. In Secs.\ 4 and 5 we consider the conserved energy-momentum current of matter and gauge the associated translation subgroup. The Einsteinian teleparallelism theory which emerges is shown to be equivalent, for spinless matter and for electromagnetism, to general relativity. Having successfully gauged the translations, it is straightforward to gauge the four-dimensional affine group $R^4 \semidirect GL(4,R)$ or its Poincar\'e subgroup $R^4\semidirect SO(1,3)$. We briefly report on these results in Sec.\ 6 (metric-affine geometry) and in Sec.\ 7 (metric-affine field equations (\ref{zeroth}, \ref{first}, \ref{second})). Finally, in Sec.\ 8, we collect some models, currently under discussion, which bring life into the metric-affine gauge framework developed.
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von wilfried » 3. Jun 2009, 12:46

Tag zusammen

Danke Tom, diese Arbeit kenne ich auch. Die ist wirklich sehr gut, eignet sich sogar als Nachschlagewerk. Wie Du aber schon sagst: ganz leicht lesbar ist das Werk nicht


Gruß

Wilfried
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 3. Jun 2009, 20:51

Was ich interessant finde sind die Gegenüberstellungen verschiedener Eichgruppen und Symmetrien. Man sieht, dass die ART einer der "einfacheren" Zugänge ist und dass i.A. kompliziertere Eichungen mit weniger Einschränkungen möglich sind.
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 9. Jun 2009, 12:58

Hallo,

ich versuche mal, den ggw. Status zusammenzufassen:
(1) die ART kann generell als Eichtheorie formuliert werden; es gibt dazu unterschiedliche Ansätze; dabei treten jedoch immer ungewöhnliche Aspekte auf!
(2) es handelt sich (nach ggw.Kenntnisstand) nicht um eine Eichtheorie der vollen Poincaregruppe = Lorentzgruppe SO(3,1) * Translationen R(4)
(3) man kann die ART insbs. als Eichtheorie der lokalen (!) Translationsinvarianz auffassen; damit erreicht man sofort Äquivalenz zur ART
(4) man kann die ART insbs. als Eichtheorie der lokalen (!) Lorentzsymmetrie auffassen
(5) in allen Fällen sind Nebenbedingungen zu erfüllen, z.B. die Metrik-Kompatibilität der Zusammenhangsform, das Verschwinden von Torsion etc.
(6) die natürlichste Verallgemeinerung der ART stellt die Einstein-Cartan-Theorie mit nichtverschwindender Torsion dar; die Torsion wird i.A. durch Spinorfelder induziert
(7) im Gegensatz zur Krümmung ist die Torsion nicht-dynamisch; sie existiert nur da, wo nicht-verschwindene fermionische Spindichten existieren; außerhalb ist sie Null
(8) d.h. es existieren keine Torsionswellen; dies ist ein unnatürlicher Zug der EC-Theorie, so dass man dazu geneigt ist, weitere Verallgemeinerungen zu suchen
(9) die Kleinheit der Torsion und die Tatsache, dass sie nur innerhalb von Materiefeldern vorkommt bedeutet, dass sie nicht separat messbar ist
(10) insbs. ist die EC-Theorie verträglich mit allen experimentellen Ergebnissen zur ART
(11) die EC-Theorie ist die wesentliche Basis für die Quantisierung der GRavitation insbs. in der LQG
(12) die wesentlichen Unterschiede zu einer gewöhnlichen Eichtheorie sind a) die o.g. Nebenbedingungen, b) die unterschiedliche Form der Lagrangedichte, c) künstlich einzuführende Freiheitsgrade
(13) i.A. wird der Lorentz-Zusammenhang als Eichfeld eingeführt; über die Cartansche Strukturgleichung kann diese jedoch (rein algebraisch) vollständig durch die Vierbeine und die Materiefelder ausgdrückt werden
(14) insbs. die Invarianz unter Diffeomorphismen unterscheidet die ART sowie alle verwandten Theorien von herkömmlichen Eichtheorien
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von Maclane » 9. Jun 2009, 22:48

Das ist wirklich ein interessanter Gedanke.

Aber dann müsste man auch erklären, warum sich die Raumzeit auf so kleinen Skalen so leicht verbiegen lässt, während es in der makroskopischen Welt schon sehr viel Masse braucht, um eine nennenswerte Krümmung zu erreichen.

Außerdem... wie soll man denn einem Stückchen verdrillter Raumzeit z.B. eine elektrische Ladung zuweisen?

Gruß
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 9. Jun 2009, 22:57

Also die Geometrisierung scheint vollständig zu sein, sobald man Krümmung und Torsion betrachtet; die Quellen sind ebenfalls vorhanden, nämlich der Energie-Impuls-Tensor und die Spindichte. Letztere stellt die QUelle für die Torsion dar, allerdings nicht in Form einer (dynamischen) Wellengleichung sonder in rein algebraischer Form. D.h. man kann die Torsion T direkt als "Funktion" der Spindichte S schreiben T=T. Damit ist die Torsion eben nicht dynamisch.

Ich weiß nicht, was man tun muss, um eine dynamische Torsion zu erhalten und ob das überhaupt funktionieren kann. Ich weiß auch nicht, wie weit man sich dann von der ART entfernen muss.
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 10. Jun 2009, 08:27

Schau doch mal kurz in unsere Diskussion zur Einstein-Cartan-Theorie
Gruß
Tom

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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 11. Jun 2009, 20:55

Das hängt damit zusammen, dass es in der EC-Theorie auch zwei zunächst unabhängige Variablen gibt, nämlich zum einen die Metrik und zum anderen den Lorentz-Zusammenhang. Dadurch erhält man über das Variationsprinzip auch zwei Gleichungssysteme.

Bereits in der entsprechenden "first-order" Formulierung der ART zeigt sich, dass die Metrik-Gleichungen dynamische Gleichungen (Differentialgleichungssystem) sind, während der Lorentz-Zusammenhang nur eine Hilfsgröße ist, die auf eine rein algebraische Gleichung (erste Cartansche Strukturgleichung) führt. Diese erlaubt es, den Lorentz-Zusammenhang vollständig aus den Gleichungen zu eliminieren. Im Falle der Formulierung mit Torsion kann man diese eben vollständig durch den Spinstrom der Materie ausdrücken. D.h. dass die Verbeine (bzw. die Metrik) sowie der Lorentz-Zusammenhang physikalisch unterschiedlich zu behandeln sind. Daher ist die Torsion auch nicht dynamisch, d.h. es gibt keine Torsionswellen.

Letztlich ist das nicht überraschend, da man ja eben keine zusätzlichen Freiheitsgrade in die Theorie einführt bzw. einführen möchte.

Ich habe übrigens keine Ahnung, ob man wirklich über diese Ansätze hinausgehen kann bzw. ob dies auf eine Vereinfachung oder Vereinheitlichung führen. Ich gebe dir recht, dass Krümmung und Torsion irgendwie unverbunden nebeneinander stehen. Erstere ist dynamisch, letztere nicht. Die zugrundeliegenden Symmetrien sind mathematisch recht unterschiedlich: die Rotation (die auf die Torsion führt) ist eine kompakte, nicht-abelsche Liegruppe, die Translation dagegen eine nicht-kompakte, jedoch abelsche Gruppe. Die Poincaregruppe ist das direkte Produkt der Lorentzgruppe mit der Translationsgruppe, wobei der Boost-Anteil der Lorentzgruppe nicht geeicht wird. Insgs. erscheint die mathematische Struktur der Eichgruppe immer irgendwie "künstlich" zu sein.
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 12. Jun 2009, 09:35

Die fundamentalen Variablen sind die Vierbeine sowie der Zusammenhang. Sowohl Krümmung als auch Torsion sind daraus abgeleitete Größen. Daher würde ich nicht sagen, dass die Krümmung Torsion "enthält", sondern dass beide tatsächlich verschieden von der ART sind, aber eben aufgrund des unterschiedlcihen ZUsammenhangs.

Tatsache ist aber, dass dies auch etwas damit zu tun hat, welche Materie du in die Theorie einbringst, denn du kannst auch Lösungen ohne Torsion konstruieren, die dann mit der ART übereinstimmen. Anders ausgedrückt: die ECT erzwingt nicht die Existenz von Torsion, sie lässt sie lediglich zu. Erzwungen wird sie durch bestimmte Felder, z.B. Fermionen.
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 12. Jun 2009, 23:07

Der wesentliche Punkt ist doch, dass die Krümmung dynamisch ist und sich über Gravitationswellen in den materiefreien Raum ausbreiten kann. Die Torsion ist dagegen auf exakt die Raumbereiche beschränkt, in denen die Spindichte ungleich Null ist. Torsion existiert nicht im materiefreien Raum und kann daher auch nicht nachgewiesen werden da
- entweder Materie vorhanden ist und diese die Effekte der Torsion selbst überdeckt
- oder keine Maerie vorhanden ist (Vakuum) und dort die Torsion exakt Null ist

D.h. beide Größen haben deutlich unterschiedliche Eigenschaften in der ECT.

Ich bin mir übrigens nicht sicher, was du mit "metrischem Zusammenhang" meinst. Dies bedeutet nämlich, dass die kovariante Ableitung der Metrik verschwindet, also (Dg)[up]ab[/up] = 0. Es bedeutet nicht, dass der Zusammenhang durch die Metrik ausgedrückt werden kann; dies wäre der Spezialfall der Levi-Cevita-Symbole. Die Gleichung (Dg)[up]ab[/up] = 0 gilt in der ECT, obwohl der Zusammenhang nicht über die Metrik definiert werden kann. D.h. in der ECT ist der Zusammenhang zunächst unabhängig von der Metrik, aber dennoch kovariant konstant.
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 15. Jun 2009, 20:14

Im Kontext der LQG sehe ich immer den metrik-kompatiblen Zusammenhang



Rechts steht der Christoffelzusammenhang sowie die Contorsion.

Tatsächlich wird aber der Zusammenhang durch den Lorentz-Zusammenhang ausgedrückt, wobei dieser sich wieder durch die Vierbeine ausdrücken lässt. Diese Auflösung betreibt man jedoch nur klassisch. Bei der Quantisierung bleiben diese Freiheitsgrade zunächst erhalten und werden erst später durch die entsprechenden Constraints eliminiert.

Im Ashtekar-Formalismus entspricht die Variation nach dem "Eichfeld" A der Variation nach dem Lorentz-Zusammenhang und führt auf das "Gauß-Gesetz". A ist dabei eine Linearkombination, die den Lorentz-Zusammenhang enthält.
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 16. Jun 2009, 08:23

Was du bzgl. der ART sagst ist richtig. Aber in der ECT ist nicht die Torsion fundamental, sondern der Lorentz-Zusammenhang. Die Torsion wird aus der Metrik und dem Zusammenhang abgeleitet, so wie die Krümmung auch.

Ich habe den den Zusammenhang zunächst auch für nicht fundamental gehalten, aber aus einem anderen Grund als du: vergleiche doch mal mit dem Zusammenhang - also dem Eichfeld A - in einer gewöhnlichen Eichtheorie. Auch dieses ist kein Tensor bzgl. der Eichgruppe; erst die Feldstärke hat tensoriellen Charakter (Vorsicht: Tensor bzgl. SU(N)-Trafo, nicht bzgl. Lorentz-Trafo). Also dieses Argument lasse ich so einfach nicht gelten.

Der Lorentz-Zusammenhang wird in einem Wirkungsfunktional erster Ordnung eingeführt. Die Einstein-Hilbert-Wirkung ist statt dessen von zweiter Ordnung. Die Feldgleichungen erlauben es, diesen Zusammenhang vollständig über die Vierbeine zu eliminieren. Ursache dafür ist die Cartansche Strukturgleichung, die mit den Bianchi-Identitäten verwandt ist. In der LQG wird diese Eliminierung jedoch nicht vorgenommen, man quantisiert damit eine Theorie mit mehr Freiheitsgraden als die klassische ART; die überzähligen Freiheitsgrade werden statt dessen durch das Gauß-Gesetz eliminiert; das funktioniert analog zur QED bzw. QCD. In der QED und QCD sind die longitudinalen Photonen bzw. Gluonen die zu eliminierenden unphysikalischen Freiheitsgrade. Deren Eliminierung führt in der QED bei geeigneter Eichung zum (statischen) Coulombpotential, in der QCD zu einem wesentlich komplizierteren, nichtlokalen Term mit A-Abhängigkeit.

Trotz dieser Eliminierung würdest du doch aber die Gluonen als fundamentale Freiheitsgrade betrachten, oder?

Genauso verhält es sich nun im Ashtekar-Formalismus. Die physikalischen Variablen sind eine Art Zusammenhang, in dem der ursprüngliche Lorentz-Zusammenhang steckt. Die konjugierten Impulse entsprechen den Dreibeinen. Damit hast du eine Formulierung analog zu einer Eichtheorie.

In diesem Formalismus ist die Metrik nicht mehr fundamental, sondern aus den Dreibeinen abgeleitet, also hat sich das Verhältnis bzgl. fundamentaler und abhängiger Freiheitsgrade gedreht! Das Ergebnis gilt natürlcih auch dann, wenn man nicht quantisiert, d.h. wenn man den Ashtekar-Formalismus rein klassisch betrachtet.
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 16. Jun 2009, 18:08

Du bringst hier mehrere Punkte zusammen, die ich lieber getrennt kommentiere:

Über die frequenzabhängige Lichtgeschwindigkeit habe ich schon länger nichts mehr gelesen; ich muss mal nachforschen, ob diese Vorhersage tatsächlich aufrechterhalten wird. Ob dann tatsächlich ein aiusgezeichnetes Bezugssystem existiert, muss ich mir noch überlegen. Jedenfalls geht man davon aus, dass die Lorentz-Invarianz in der LQG nicht gebrochen, sondern nicht-linear realisiert ist. Das ist mathematisch ein Unterschied, den ich physikalisch aber nicht rüberbringen kann. Leider werfen das vieleLeute in einen Topf - ist aber nicht korrekt.

Zum nicht-tensoriellen Charakter des Zusammenhangs: wie gesagt, das Eichfeld in der SU(N) transformiert auch nicht als Vektor oder Tensor unter der Eichgruppe, sondern als Zusammenhang. Das ist aber genau der Fortschritt des Barbero-Ashtekar Zusammenhangs ggü. der metrischen Formulierung. Klassisch sind die Theorien sowieso exakt identisch (d.h. man kann alle Objekte, Gleichungen und Lösungen bijektiv ineinander übersetzen); quantenmechanisch ist offensichtloch die eichtheoretische Formulierung der metrischen überlegen.

Ob die ART oder die LQG einfacher oder schöner sind, möchte ich nicht kommentieren. Jedenfalls ist die ECT in der Ashtekar-Formulierung mathematisch nahe verwandt mit einer gewöhnlichen Eichtheorie - das halte ich für ästhetisch ebenfalls sehr wertvoll.
Gruß
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Re: Gravitation, Eichtheorien und Quantisierung

Beitrag von tomS » 17. Jun 2009, 23:28

ich habe zu diesen Themen mal in ein etwas äteres Review-Paper reingeschaut:

http://arxiv.org/abs/gr-qc/0409061v3
Introduction to Loop Quantum Gravity and Spin Foams
Alejandro Perez (15 Sep 2004)

These notes are a didactic overview of the non perturbative and background independent approach to a quantum theory of gravity known as loop quantum gravity. The definition of real connection variables for general relativity, used as a starting point in the program, is described in a simple manner. The main ideas leading to the definition of the quantum theory are naturally introduced and the basic mathematics involved is described. The main predictions of the theory such as the discovery of Planck scale discreteness of geometry and the computation of black hole entropy are reviewed. The quantization and solution of the constraints is explained by drawing analogies with simpler systems. Difficulties associated with the quantization of the scalar constraint are discussed.In a second part of the notes, the basic ideas behind the spin foam approach are presented in detail for the simple solvable case of 2+1 gravity. Some results and ideas for four dimensional spin foams are reviewed.

Zur Einführung des Barbero-Ashtekar-Formalismus hier die wesentlichen Gleichungen sowie die Analogie zu anderen nichtabelschen Eichtheorien

(15) Gauß-Gesetz
(17) Poissonklammern
(19) Spin-Zusammenhang dargestellt durch die Dreibeine
(21) der neue Zusammenhang = das Eichfeld!
(22) Poissonklammern
(26) Gauß-Gesetz -- identisch zu gewöhnlichen (nichtabelschen) Eichtheorien
(27) Gauß-Gesetz als Generator von Eichtransformationen -- identisch zu gewöhnlichen (nichtabelschen) Eichtheorien
(28) Eichtransformationen -- identisch zu gewöhnlichen (nichtabelschen) Eichtheorien
(36) Gauß-Gesetz und Constraint-Algebra -- identisch zu gewöhnlichen (nichtabelschen) Eichtheorien
(47) ursprünglicher (komplexer) Ashtekar-Zusammenhang (nicht geeignet für die Quantisierung)
(63a) Gauß-Gesetz als Constraint -- identisch zu gewöhnlichen (nichtabelschen) Eichtheorien

Es ist für einen Nicht-Insider sicher schwer, dies alles im Detail nachzuvollziehen. Ich habe nun aber zufällig an der kanonischen Quantisierung nichtabelscher Eichtheorien gearbeitet und erkenne die wesentliche Gleichungen praktisch unverändert wieder. Es gibt subtile Argumente, warum die SO(3) Formulierung mit reellem Zusammenhang doch zu keiner echte Eichtheorie führt, ich kann dies jedoch im Detail so nicht nachvollziehen.

Neuere Arbeiten zum Immirzi-Parameter zeigen, dass auch hier eine fast vollständige Analogie zum Theta-Winkel der QCD existiert.

Ich gehe also davon aus, dass die eichtheoretische Formulierung die fundamentalere ist und daher die metrische Formulierung nur als abgeleitete Variante ihre Berechtigung hat.
Gruß
Tom

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