tomS hat geschrieben: ↑30. Sep 2018, 20:51
Ein physisch realer Kollaps ist m.E. durchaus auch denkbar.
Nur um den Preis, dass die Quantenmechanik inkonsistent wäre und durch eine andere Theorie ersetzt werden müsste - wozu es ggw. weder die Notwendigkeit noch einen vernünftigen Kandidaten gibt.
Ein realer Kollaps im Sinne des Projektionspostulates widerspricht der unitären Zeitentwicklung der Quantenmechanik. D.h. wenn die unitäre Zeitentwicklung ein zutreffendes Modell der Realität darstellt, dann kann dies für den Kollaps - besser: das Projektionspostulat - nicht gelten. Wenn letzteres doch ein zutreffendes Modell sein soll, dann muss die Quantenmechanik im Kern verändert werden, oder die Gültigkeit der unitären Zeitentwicklung müsste eingeschränkt werden. Beides läuft darauf hinaus, dass die resultierende Theorie nicht mehr der Quantenmechanik entspräche.
Die Quantenmechanik sagt also rein logisch zumindest über die Realität aus, dass unitären Zeitentwicklung und Kollaps - letzterer entsprechend des Modells der Quantenmechanik - nicht beide gleichermaßen real sein können.
nicht beide gleichermaßen
Ja, das ist wohl so.
Frank hat geschrieben: ↑1. Okt 2018, 12:29
Tja, was sagt den nun die QT über die Realität aus?
Das ist genau die entscheidende Frage!
Und dabei stellt man fest, dass dazu zuerst einmal klar gewusst und exakt definiert werden müsste, was "Realität" überhaupt ist bzw. sein soll.
Und gerade darüber gibt es in Anbetracht der Quantenwelt heute keine Einigkeit und auch kein gesichertes Wissen.
Ich möchte an der Stelle auch einmal versuchen damit zu beginnen, die Dinge nach der Exaktheit und der Sicherheit unseres Wissens zu ordnen:
Was wir mich höchster Sicherheit sagen können, ist, dass die QM in ihren Ergebnissen sehr exakt und sehr effektiv funktioniert, insofern ist es sicher, dass die QM mindestens eine sehr gute effektive Theorie ist. Das dürfte auch der Minimalkonsens bei allen QM-Interpretationen sein: Dem werden alle zustimmen.
Ob sie
darüber hinaus etwas über "die Realität" oder irgendeine zu definierende Realität aussagt ist weniger sicher, deshalb gibt es ab dieser Stelle auch verschiedene Interpretationen.
Sicher ist außerdem, dass die QM in ihren Aussagen über die empirisch direkt prüfbare Welt, also über das, was uns
erscheint, nur probabilistische Aussagen (Wahrscheinlichkeitsaussagen) tätigt, d.h. sie gibt uns zu dem was wir sehen und messen können immer nur Wahrscheinlichkeitswerte an (geht auch nicht anders: die QM ist so konstruiert).
Deutlich unsicherer, da empirisch nicht entschieden, wiederum ist, ob dieses Zufallselement "unecht" ist, in dem Sinne, dass es uns nur zufällig
erscheint oder ob hier wirklich teilweise akausale, uneindeutige Kräfte am Wirken sind, wobei es sich in keinem Falle um einen "totalen Zufall" handelt, sondern um einen der durch die Regeln der QM in exakter Weise in die verschiedenen sich daraus ergebenden Wahrscheinlichkeiten eingeschränkt ist.
Wir wissen außerdem sicher, dass die QM in dem Sinne vollständig ist, dass sie nicht durch lokale verborgene Variablen ergänzt werden kann, die aus ihr prinzipiell eine klassische kausale Theorie (wie z.B. die newtonsche Mechanik) machen könnten: die Quantenwelt ist mit hoher Sicherheit nicht-klassisch und insofern auch nicht-klassisch-kausal.
Und wir wissen sicher, dass ein Quantensystem, über dessen Eigenschaften wir dieses oder jenes wissen, ein bereits verändertes QM-System ist, das veränderte Eigenschaften trägt und dass es keine Möglichkeit gibt, das zu umgehen, auch nicht durch noch so ausgefuchste indirekte Messungen: Das auch noch so vorsichtig beobachtete QM-Sytem ist vom unbeobachteten QM-System verschieden.
Außerdem ist die Reichweite der heute formulierten QM noch nicht gesichert: Gilt sie im Wesentlichen nur für die Mikrowelt oder gilt sie auch für beliebige große Makrowelten? Ab wann genau muss man die Gravitation berücksichtigen? Was genau ändert sich dadurch? usw.
Deshalb sind auch diese Experimente, wo man z.B. versucht immer noch größere Objekte in einen Verschränkungszustand zu bringen, interessant.