Das ist ein interessanter Punkt. Nehmen wir mal kurz umgekehrt an, die Zeitentwicklung wäre diskret, dann würde das auch diskrete Wahrscheinlichketen erzeugen...tomS hat geschrieben: ↑25. Mai 2017, 22:23Man postuliert lediglich einen bestimmten Formalismus sowie die Bornsche Regel. Daraus ergeben sich dann die Wahrscheinlichkeiten. Man postuliert diese nicht explizit als diskret oder kontinuierlich (allerdings ist offensichtlich klar, dass eine kontinuierliche Zeitentwicklung zwingen kontinuierliche Wahrscheinlichkeiten erzeugt)Nur ein Gedanke dazu: Was wäre eigentlich, wenn die Wahrscheinlichkeiten selbst diskret wären? Dass Wahrscheinlichkeiten kontinuierlich sind, ist ein Postulat …
Würde sich daraus nicht vielleicht auf natürliche Weise ein ganz realer Kollaps ableiten lassen? Vielleicht gibt es doch eine natürliche Grenze zwischen Quantenwelt und makroskopischer Welt, vielleicht erst recht spät, erst bei schon rel. großen Objekten, Zeitspannen; es käme darauf an, wie fein die Diskretheit aufgelöst wäre.
Ist also das Grundpostulat hinter all dem vielleicht das Kontinuum, das auch einmal zu prüfen wäre?
Du hast Recht, wenn man z.B. ein Digitalmessgerät hat, dann wird der völlig scharfe digitale Ausgabewert dadurch erzeugt, dass das Gerät rundet, auch bei rein klassischen Messungen.tomS hat geschrieben: ↑25. Mai 2017, 22:23Tut er das?Ich hätte genauer schreiben sollen: "Ein Messwert "10" erscheint uns völlig exakt und für alle Zeit 10 und nicht ein bißchen "11" und ein wenig "9"."
Die Messungen, die ich früher im Labor durchgeführt habe, waren immer mit Unsicherheiten behaftet.
Darum ging es mir aber nicht. Wenn ich heute mit meinem Detektor 10 Ereignisse (z.B. Elektronen oder was auch immer) messe, den Messwert protokolliere, dann wird da morgen immer noch eine "10" stehen, ich werde nie beobachten, dass daraus eine "11" oder eine "9" wird. Die reine QM behauptet aber genau das, wenngleich nur vielleicht alle 10^1000000000000000000000... Jahre - und wenn es geschieht, dann erfolgt die Änderung incl. der Änderung meine Erinnerung, es ist also kein Wunder, dass ich das nicht beobachte, es könnte also so sein, ja.
Das ist im Grunde verständlich. Der fahle Beigeschmack kommt bei mir wohl aus anderer Richtung, nämlich dann, wenn ich frage: Was bedeutet das denn nun?tomS hat geschrieben: ↑25. Mai 2017, 22:23Weil das eine von unendlichen vielen sich überlagernden „Wirs“ sich gerade mit dem einen von unendlich vielen sich überlagernden „Effekten“ im selben „Zweig“ befindet, und wir nicht aus „unserem Zweig“ herausschauen können.
Stell‘ dir eine Maschine vor, die unentwegt, jedoch für dich unsichtbar (z.B. in anderen Räumen) Klone deiner selbst erzeugt, während „du“ ständig Zufallsexperimente durchführst. „Du“, also der eine Klon, dessen du dir bewusst bist, siehst zu einem Zeitpunkt immer genau ein Ergebnis eines Zufallsexperimentes (bzw. auf deinem Zettel die notierten Ergebnisse aller vorherigen Zufallsexperimente) Du siehst nie alle gleichzeitig stattfindenden Zufallsexperimente.
Das Bild hat viele Unzulänglichkeiten, aber der Kerngedanke ist einfach: die Dekohärenz erklärt mathematisch, warum „du“ nur genau den einen „Zweig“ siehst, und warum dieser klassisch erscheint.
Ich komme zu dem Schluss, dass dann das, was wir immer unter "Realität" verstanden haben, nicht existiert. Es existiert keine Materie, keine Energie, keine Teilchchen, usw.
Statdessen existiert dann etwas, das wir früher immer als "nicht real" verstanden haben, nämlich Wahrscheinlichkeit, wahrscheinliche Energie, wahrscheinliche Materie, wahrscheinliche Menschen, wahrscheinliches Bewusstsein, usw., nie gibt es dabei p=1 in exakter Form. Wahrscheinlichkeit ist in dem Fall der Stoff, aus dem alles gemacht ist. Das ist hart... vielleicht ist es dennoch genau so, aber es erfordert einen sehr radikalen Bruch und wirklich ganz verständlich/begreiflich wird uns das wohl nie werden.
Das kann man so sehen. Dennoch kann es möglicherweise genau das bedeuten. Deshalb muss es durchdacht werden.tomS hat geschrieben: ↑25. Mai 2017, 22:23Wir können das derzeit und evtl. prinzipiell nicht wissen, d.h. weder bestätigen noch ausschließen, weil die Vorhersage der Dekohärenz ja gerade darin besteht, dass diese Konsequenzen unbeobachtbar sind.
Aber weil eine Frage nicht beantwortbar ist, bedeutet das nicht, dass die Frage nicht sinnvoll ist.
Man muss hier Stellung beziehen: Wie sollen wir mit prinzipiell unbeantwortbaren Fragen umgehen? Was nützt es uns sie dennoch zu stellen? Und worin liegt eigentlich der Nutzen sie weiter zu verfolgen?
Nutzt es z.B. nur der Befriedigung, dem Nachgeben eines inneren Drangs oder nutzt es z.B. auch der Wissenschaft?
Ein Ausweg kann Hoffnung sein: So lange noch die Hoffnung besteht, dass eine Frage vielleicht doch irgendwann entscheidbar sein wird, ist es sinnvoll sich weiter zu bemühen.
Dürfen wir begründet hoffen, das in Zukunft noch herauszufinden, besteht wenigstens ein Funken Hoffnung? Oder ist das Selbstbetrug, ab wann?
Und wenn wir sagen, die Dekohärenz löst nicht das Problem, ob die anderen Welten weiterhin existieren jedoch unsichtbar bleiben, oder ob sie tatsächlich verschwinden, dann stellt sich direkt die alte Frage: "Was ist Existenz bzw. real?" Wissen wir das? Mir erscheint das wie eine Neuauflage der alten Frage, ob ein fallender Baum im Wald ein Geräusch macht, wenn niemand da ist, der es hört. Das sind ganz grundlegende, sehr schwierige Fragen.
Richtig, so kann man das untersuchen und dann eine Entscheidung zumindest für sich suchen.tomS hat geschrieben: ↑25. Mai 2017, 22:23Was ist die größere Zumutung: eine perfekt passende Theorie, die unsichtbare Entitäten vorhersagt, oder das explizite Einführen eines logischen Bruchs, um diese unbeobachtbaren Entitäten wegzupostulieren? Wie müssten die unbeobachtbaren Entitäten geartet sein, dass sie noch akzeptabel erscheinen? Dürfen es hinter Sichtbarkeitshorizonten verborgene Bereiche des Universums sein? Wären sterile Neutrinos als Lösung für die DM recht? Dürfen es Zweige sich überlagernder größerer Objekte sein? Ist dann Schluss, wenn es sich um ganze Ich’s handelt? Oder um Universen? Was unterscheidet das eine prinzipiell vom anderen?
Nur: Auf dieser Ebene reden wir nicht mehr über prüfbares Wissen, sondern darüber, was wir der Vernunft und unserem Erkenntnisstand folgend am ehesten glauben bzw. vermuten sollten.
Es ist wichtig das festzuhalten.