Re: Quantenverschränkung
Verfasst: 29. Aug 2014, 22:01
Dazu benötigt man m.W.n. keine MWI. Es ist einfach so, dass eine zusätzliche WW eine bestimmte Zeitentwicklung unterdrückt.
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Wie gesagt: Das ist halt ein Glaube. Ich für mich sehe überhaupt keinen logischen Grund, warum denn alles kausal festgelegt sein muss.positronium hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Zufall in irgend einer Weise existiert, sondern dass es uns bei vielen Dingen nur nicht möglich ist, eine Ursache festzustellen, und wir deshalb von Zufall sprechen.
positronium hat geschrieben:Andernfalls sähe ich einfach keinen Grund, warum eine Messung überhaupt ein Ergebnis liefern sollte.
An dem Punkt muss ich dazulernen.tomS hat geschrieben:Das ist nicht richtig.
Ja. Die VWI enthält keinen Kollaps, die KI schon. D.h. die Zeitentwicklung in der VWI ist sicher unitär und zeitumkehrinvariant, die in der KI nicht. Der Kollaps ist aber nicht Bestandteil der Rechenvorschrift im engeren Sinne.seeker hat geschrieben:Sagst du gerade, dass es einen notwendigen Unterschied im Formalismus gibt, zwischen VWI und KI?
Ja. Die Dekohärenz führt zu wechselweise unsichtbaren Zweigen in der Wellenfunktion. Das, was gem. VWI aus der Sicht eines Beobachters (innerhalb eines Zweiges) unsichtbar wird, kollabiert gem. KI. Für den Beobachter ist das ununterscheidbar.seeker hat geschrieben:Wie kommst du dann in der VWI zur beobachteten Welt? (Wie das ungefähr vonstatten geht habe ich schon einmal gelesen, aber ich weiß es nicht mehr genau.)
Durch die Dekohärenz?
M.E. nein. Du kannst immer noch annehmen, dass unsichtbarere Zweige kollabieren. Die VWI sieht keinen Grund dafür, aber es führt nicht zu Inkonsistenzen.seeker hat geschrieben:Ist diese mit der KI unverträglich?
Ja. Theoretisch könntest du doch ein einfaches Experiment mit scheinbarem Kollaps durchführen und dieses vollständig inkl. aller Umgebungsfreiheitsgrade rückwärts ablaufen lassen (praktisch kannst das natürlich leider nicht). Dieses Experiment müsste zwischen scheinbarem Kollaps und realem Kollaps unterscheiden können.seeker hat geschrieben:Siehst du prinzipielle Möglichkeiten im Experiment zwischen VWI und KI zu unterscheiden?
Die VWI geht davon aus, dass die Bornsche Regel aus dem Formalismus als Theorem ableitbar ist. Zumindest ist strikt beweisbar, dass wenn man ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf einen Hilbertraum einführen möchte, dieses dann zwingend der Bornschen Regel entspricht (Gleason's Theorem). Aber ob und warum man überhaupt eine Wahrscheinlichkeit einführen soll, sagt uns das Theorem nicht.seeker hat geschrieben:Am Rande:
Born'sche Regel bestätigt
http://www.pro-physik.de/details/news/1 ... etigt.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Viele-Welt ... rpretationMetaphysikeinwand
Carl Friedrich von Weizsäcker weist darauf hin,[23] dass kein nennenswerter Unterschied zwischen der VWI und der Kopenhagener Interpretation im Rahmen einer Modallogik zeitlicher Aussagen bestehe, wenn rein semantisch „wirkliche Welten“ durch „mögliche Welten“ ersetzt werde: die vielen Welten beschreiben den sich durch die Schröderingergleichung entwickelnden Möglichkeitsraum; die von einem realen Beobachter gemachte Beobachtung ist die Realisierung einer der formal möglichen Welten. V. Weizsäcker erkennt an, dass der Everett'sche Ansatz der einzige unter den üblichen Alternativen sei, der „nicht hinter das schon von der Quantentheorie erreichte Verständnis zurück-, sondern vorwärts über sie hinausstrebt“.[24] Everett sei jedoch „konservativ“ bei der Gleichsetzung von Realität und Faktizität geblieben. Sein eigentlicher – philosophischer – Einwand gegen die VWI ist, dass die Existenz einer Menge von Ereignissen („Welten“) gefordert werde, die „nicht Phänomene werden können“. Die Quantenphysik sei aber gerade aus dem Versuch gefolgert, Phänomene konsistent zu beschreiben und vorherzusagen.[25]
Ich kann Deinen Standpunkt nachvollziehen, teile diesen aber nicht. Auch sehe ich keinen Grund, eine Hierarchie zwischen Kausalität und Veränderung anzunehmen - die beiden könnten gleichberechtigt nebeneinander stehen.seeker hat geschrieben:positronium hat geschrieben:Andernfalls sähe ich einfach keinen Grund, warum eine Messung überhaupt ein Ergebnis liefern sollte.
Ich glaube, genau an dem Punkt täuschst du dich nämlich, denn ich glaube, dass dir auch die Kausalität darauf keine Antwort gibt!
Die Kausalität ist nicht die Voraussetzung für die Existenz einer Dynamik/Veränderung, sondern die Dynamik/Veränderung ist die Voraussetzung für die Existenz einer Kausalität (es muss dann aber nicht unbedingt kausal-dynamisch sein)!
Womit wir beim spannenden Thema wären: Woher kommt die Zeit?tomS hat geschrieben:Ja. Theoretisch könntest du doch ein einfaches Experiment mit scheinbarem Kollaps durchführen und dieses vollständig inkl. aller Umgebungsfreiheitsgrade rückwärts ablaufen lassen (praktisch kannst das natürlich leider nicht). Dieses Experiment müsste zwischen scheinbarem Kollaps und realem Kollaps unterscheiden können.seeker hat geschrieben:Siehst du prinzipielle Möglichkeiten im Experiment zwischen VWI und KI zu unterscheiden?
Ich möchte hier nochmals ganz klar herausstellen, dass es hier um Glauben bzw. Spekulation geht, so lange keine experimentellen Belege vorliegen.tomS hat geschrieben:Frage: glaubst du, dass jenseits des Sichtbarkeitshorizontes in einem unendlichen Universum weitere ähnliche Sonnensysteme mit Planeten und Leben existieren? Wenn ja, warum glaubst du daran? Weil die Physik dies vorhersagt? Glaubst du an den Sichtbarkeitshorizont in dem Sinn, dass die Physik vorhersagt, warum er existiert und dass er zu prinzipiell unsichtbaren Bereichen im Universum führt?
Das ist genau mein Punkt: Die VWI nimmt die den Formalismus zu ernst und unsere Messungen -in ihrer Beschränktheit- zu wenig ernst.tomS hat geschrieben:"Die Quantenphysik sei aber gerade aus dem Versuch gefolgert, Phänomene konsistent zu beschreiben und vorherzusagen" trifft auf die VWI zu: sie sagt diese viele Welten voraus, und sie versucht mathematisch streng zu begründen, warum sie unsichtbar werden.
Letztlich nimmt die VWI den Formalismus ernst. Die o.g. Einwände gehen an der Sache vorbei, weil die VWI dies nicht etwa übersehen hätte, sondern dies bewusst tut.
Ich brauche diesen Standpunkt für meine Geschichte (im anderen Thread bereits angesprochen) mit der Strukturlosigkeit als Anfangspunkt von allem.positronium hat geschrieben:ch kann Deinen Standpunkt nachvollziehen, teile diesen aber nicht. Auch sehe ich keinen Grund, eine Hierarchie zwischen Kausalität und Veränderung anzunehmen - die beiden könnten gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Vielleicht gibt es eine Zwischenform zwischen Deinem und meinem Standpunkt. Möglich wäre doch, dass die Wahl des Messwerts weder zufällig noch kausal aus der Umgebung erfolgt. Die Wahl könnte z.B. nicht-lokal beeinflusst werden, oder gar durch eine völlig unabhängige Funktion geschehen. Diese beiden Fälle würden wie Zufall erscheinen, umgingen aber das Problem des aus Unbestimmtheit bestimmtes zu machen.
Das ist ja der Witz bei der ganzen Sache: Du brauchst die QM für alle praktischen Belang gar nicht interpretieren!Job hat geschrieben:Ich habe noch nicht wirklich verstanden, warum ich diese verschiedenen Interpretationen überhaupt brauche.
Da wirds schon schwierig: Woher weißt du denn, dass da ein Elektron ist, wenn du es noch nie gemessen hast?Job hat geschrieben:Nehmen wir an, im Universum befindet sich ein Elektron und ein Messgerät, sonst nichts. Das Messgerät ist in der Lage, das Elektron zu detektieren , ohne es zu zerstören und übt auch sonst nur sehr wenig Einfluss auf seine sonstigen potentiellen Eigenschaften aus. Wie wird das Elektron dann vor der Detektion quantenmechanisch abgebildet und wie danach.
Wesentlich ist eigentlich nur ein Wellenpaket. Indem dieses durch zwei Spalte läuft, erscheint es so, als würde es von zwei Orten ausgesandt. Der Laufzeitunterschied ergibt dann in der Überlagerung die Interferenz.Job hat geschrieben:Welche quantenmechanischen Gleichungen beschreiben ein Elektron in den jeweiligen Phasen...
Ja, weil nach dem zweiten Doppelspalt die Weginformation nicht ermittelt wird.Job hat geschrieben:...und haben wir dann ein Interferenzbild am 2. Detektor, wenn wir lange genug warten, oder nicht?
Bedeutet dies, dass die Wellenfunktion im 1. Detektor (kurzfristig) "kollabiert", um danach wieder zu "entkollabieren"?positronium hat geschrieben:Wesentlich ist eigentlich nur ein Wellenpaket. Indem dieses durch zwei Spalte läuft, erscheint es so, als würde es von zwei Orten ausgesandt. Der Laufzeitunterschied ergibt dann in der Überlagerung die Interferenz.Job hat geschrieben:Welche quantenmechanischen Gleichungen beschreiben ein Elektron in den jeweiligen Phasen...
Ja, weil nach dem zweiten Doppelspalt die Weginformation nicht ermittelt wird.Job hat geschrieben:...und haben wir dann ein Interferenzbild am 2. Detektor, wenn wir lange genug warten, oder nicht?
Ja. Kann man so sehen.Job hat geschrieben:Bedeutet dies, dass die Wellenfunktion im 1. Detektor (kurzfristig) "kollabiert", um danach wieder zu "entkollabieren"?
Unter den von Dir genannten Voraussetzungen könnte man das so sagen, besser wäre aber so: Der erste Detektor misst den Ort eines Teilchens, woduch über viele Ortsmessungen ein Interferenzmuster festgestellt wird. Dabei kollabiert bei jeder Messung das verteilte Wellenpaket auf einen Punkt. Von da an beginnt das Teilchen während des Weiterflugs wiederum als Wellenpaket zu zerfliessen. Im Prinzip läuft das beim zweiten Detektor genau wie beim ersten, abgesehen natürlich davon, dass der Impuls und der Ursprungsort verändert sind.Job hat geschrieben:Bedeutet dies, dass die Wellenfunktion im 1. Detektor (kurzfristig) "kollabiert", um danach wieder zu "entkollabieren"?
nun, es gibt genügend beispiele in der wissenschaftsgeschichte, wo Beschreibungen Realität. Bekanntes Besipiel: geozentrisches System, Heilozentrisches system. mathematisch sind beide beschreibungen gleichwertig, man kann sie mit genügend geschock durch transformationen ineindander umrechnen. dennoch zeigte soch, dass das helio-zerntische bild realität ist und nicht das geozentrische.seeker hat geschrieben: [Mein Hauptargument gegen die VWI ist aber immer noch dies:
So wie ich es sehe, wird hier ein mathematischer Formalismus einer Theorie -also eine Beschreibung der Welt- als mehr gesehen als nur eine Beschreibung: Er wird auf die Stufe von tatsächlicher, vollständiger Existenz, Wahrheit hinaufgehoben.
Wenn wir das tun, dann müssen wir Karl Popper über Bord werfen - und dazu bin ich nicht bereit: Eine Beschreibung ist eine Beschreibung und nicht mehr!
Die VWI übergeht hier für meinen Geschmack im Unmaß, dass die QM keine beweisbar richtige Realität der Welt darstellt (was man allerdings evtl. mehr oder weniger auch anderen Interpretationen vorwerfen könnte).
Das mit dem wieder zerfliessen leuchtet mir ein. Dies bedeutet, wir haben eine Wellenfunktion, die das Elektron bis zum 1. Detektor beschreibt und eine zweite, die es ab dann beschreibt ?positronium hat geschrieben:Unter den von Dir genannten Voraussetzungen könnte man das so sagen, besser wäre aber so: Der erste Detektor misst den Ort eines Teilchens, woduch über viele Ortsmessungen ein Interferenzmuster festgestellt wird. Dabei kollabiert bei jeder Messung das verteilte Wellenpaket auf einen Punkt. Von da an beginnt das Teilchen während des Weiterflugs wiederum als Wellenpaket zu zerfliessen. Im Prinzip läuft das beim zweiten Detektor genau wie beim ersten, abgesehen natürlich davon, dass der Impuls und der Ursprungsort verändert sind.Job hat geschrieben:Bedeutet dies, dass die Wellenfunktion im 1. Detektor (kurzfristig) "kollabiert", um danach wieder zu "entkollabieren"?
Aber es gibt natürlich viele Besonderheiten, wie die Art der Messapparatur, die Teilchenart, und was seeker oben geschrieben hat.
interessanterweise ist diese beispiel recht gut in "die verborgene wirklichkeit" von brian green dargestellt.Job hat geschrieben:Ich habe noch nicht wirklich verstanden, warum ich diese verschiedenen Interpretationen überhaupt brauche. Am besten würde ich es verstehen, wenn Ihr es mir an dem folgenden Gedankenexperiment erklären könntet. Nehmen wir an, im Universum befindet sich ein Elektron und ein Messgerät, sonst nichts. Das Messgerät ist in der Lage, das Elektron zu detektieren , ohne es zu zerstören und übt auch sonst nur sehr wenig Einfluss auf seine sonstigen potentiellen Eigenschaften aus. Wie wird das Elektron dann vor der Detektion quantenmechanisch abgebildet und wie danach.
Ja.Job hat geschrieben:Dies bedeutet, wir haben eine Wellenfunktion, die das Elektron bis zum 1. Detektor beschreibt und eine zweite, die es ab dann beschreibt ?
Wenn man gleich bei einem der Spalte des Doppelspalts misst, weiss man ja, dass das Teilchen durch diesen einen Spalt gegangen ist. Statt also zwei Quellen (2 Spalte) hat man nur noch eine Quelle. In ersterem Fall können sich die Teilwellen überlagern und deshalb interferieren, in zweiterem Fall natürlich nicht.Job hat geschrieben:Wenn Ihr mir jetzt noch erklären könnt, was der Unterschied ist zwischen der Messung im 1. Detektor, der ja zu einer zweiten Wellengleichung führt und einer Messung kurz hinter dem 1. Spalt und vor dem 1. Detektor, der ja das Interferenz Muster zunächst zerstört (wie wird das Elektron dann beschrieben?), und was in diesem Fall beim 2. Detektor passiert, hätte ich es erstmal verstanden.
Ja. Genau genommen verhält es sich aber nie wie ein klassisches Teilchen; durch die wiederholte "Messung" kann man das aber näherungsweise so sehen.Job hat geschrieben:Eine Aussage wie "nach der Messung verhält sich das Elektron wie ein klassisches Teilchen" wäre also falsch.
Ok, super. Deine Erklärung zum Doppelspalt und die anderen habe ich dann auch verstanden. Jetzt kann ich einige Eurer Anmerkungen auch wesentlich besser einordnen.positronium hat geschrieben:Ja. Genau genommen verhält es sich aber nie wie ein klassisches Teilchen; durch die wiederholte "Messung" kann man das aber näherungsweise so sehen.Job hat geschrieben:Eine Aussage wie "nach der Messung verhält sich das Elektron wie ein klassisches Teilchen" wäre also falsch.