tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Ich tue es deswegen nicht, um klarzustellen, dass die VWI diese Wahrscheinlichkeit auf fundamentaler, axiomatischer Ebene nicht enthält, sondern dass es sich dabei lediglich um unsere Wahrnehmung handelt.
Du tust es deswegen nicht, wenn ich dich recht verstehe:
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 18:14
Die wesentliche Frage, die die VWI heute m.E. noch nicht beantworten kann ist, wieso der Vorfaktor eines Zweiges überhaupt als statistisches Gewicht bzw. Wahrscheinlichkeit interpretiert werden sollte. Die philosophischen Anstrengungen, dies zu plausibilisieren, sind extrem kompliziert, teilweise undurchschaubar und keineswegs allgemein akzeptiert; dies der wesentliche offene Punkt der VWI.
.
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Es ist Aufgabe der VWI, zu erklären, warum wir eine statistische Häufigkeit wahrnehmen und wie dies aus der Theorie entsteht, ohne dass wir sie per Postulat hineinstecken.
Völlig d'accord. Ontologisch muss da aber noch mehr sein.
nvb hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 15:23
Aber nach welcher Realität willst du fragen?
...
Das wäre mMn erneut ein eigenes Thema wert: Subjektive Wahrnehmung/Realität/Wahrheit.
Allerdings! Das ist ein weitläufiges Thema, das sicher einen langen Thread ergäbe. Man muss das genau bennenen, sonst kommt es zu Missverständnissen.
Es ist jedenfalls etwas [die Stellung des Zeigers auf der Einheitskugel im unendlich-dimensionalen Raum], das mit unsererklassischen Realität nichts mehr zu tun hat und dessen Projektion eine Wahrscheinlichkeitsdichte ergibt.
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Was meinst du mit „Realität“; das, was wir wahrnehmen, also eine empirische Realität, oder evtl. eine tiefer ontologische Realität, von der wir nur die „Oberfläche“ wahrnehmen? Die VWI lässt explizit letzteres zu.
Das ist vielleicht nicht deutlich genug herausgekommen, ja, es geht hier zentral um den Realitätsbegriff.
Ja, ich meine eine ontologische Realität, wenn ich es von der QM in der VWI-Interpretation habe, so wie sie sich daraus ergibt, wenn man die QM sehr ernst nimmt.
Mit "klassischer Realität" meine ich den Realitätsbegriff, wie man ihn im 19. Jahrhundert hatte, auch ontologisch zu verstehen und klassisch im Grunde (mit kleineren Einschränkungen) identisch mit der empirischen Realität.
Unter einer nach heutigen Verständnis "empirischen Realität" verstehe ich keine zwangsweise ontologische Realität und umschreibe das immer mit "so wie es uns erscheint".
... schwierig das verständlich zu machen. Vieleicht kann man es in Minimalform so formulieren:
Die Stellung des Zeigers auf der Einheitskugel im unendlich-dimensionalen Raum, ontologisch verstanden, ist etwas, das mit unserem klassischen ontologischen Realitätsbegriff (des 19. Jahrh.) auf jeder Ebene unvereinbar ist.
Daher geht die Akzeptanz der VWI zwingend mit einer völligen Aufgabe dieses klassischen ontologischen Realitätsbegriffes einher.
Bei der KI kann immerhin prinzipiell noch versucht werden diesen auf der markoskopischen Ebene zu halten, auch wenn es zweifelhaft erscheinen mag, dass das gelingen kann.
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Der Teilsatz „dessen Projektion eine Wahrscheinlichkeitsdichte ergibt“ ist physikalisch nicht korrekt; was meinst du damit? In der Realität – sowohl empirisch als auch ontologisch – existiert keine Projektion; die Projektion ist lediglich ein mathematisches Konstrukt
D.h. sie ist sekundär? Ich glaubte beides wären im Grunde gleichwertige Beschreibungen. Inwiefern wäre dann der Zeiger kein math. Konstrukt, wohl aber die Wahrscheinlichkeitsdichte?
Ergibt sich der Zeiger nicht auch umgekehrt durch Rückprojektion der Wahrscheinlichkeitsdichte? Das weiß ich nicht.
Wie motiviert man, dass man
nur den Zeiger ontologisch sehen kann? Muss man das so sehen?
Aber das führt im Moment evtl. zu weit, wenn, dann kannst du es mir ja mal irgendwann genauer erklären, wenn du Lust hast.
Der von mir versuchte Ausdruck einer Minimalform (s.o.) ist davon unberührt.
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Die KI bzw. die orthodoxe Interpretation nach Heisenberg, von Neumann et al. führt eine künstliche Trennung zwischen gemessenem Objekt und messendem Subjekt ein. Die Dekohärenz zeigt uns jedoch, dass diese Trennung fundamental nicht existiert, bzw. dass sie gewissermaßen emergent ist. Klassische Gegenstände und Objekte sind genau das, was sich unter Dekohärenz stabil verhält. Wenn ich das verstehen möchte, darf ich gerade nicht Objekte und Subjekte postulieren, sondern ich muss lernen, wie sie aus der Theorie heraus entstehen.
D'accord.
Allerdings mit folgender Einschränkung: Dies gilt nur bezugnehmend zu unserem derzeitigen Verständnis.
Denn:
Wir können nicht ausschließen, dass nicht doch noch eine natürliche, tiefergehende Erklärung für die Bornsche Regel exitiert und irgendwann gefunden wird. Das wäre nat. sehr überraschend, ja.
Wir können noch nicht ausschließen, dass es nicht doch "weit hinten" physikalisch reale "Minikollapse" gibt. (Auch deshalb sind Experimente ja so interessant, die inzwischen immer größere Objekte, Moleküle, z.B. in Superposition bringen. Die Frage dabei ist: Existiert eine Grenze? Gibt es dort neue Physik zu entdecken?)
Und:
Wenn ich lernen möchte, wie klassische Objekte aus der Theorie heraus entstehen und gleichzeitig der Theorie ontologische Relevanz zugestehen möchte, dann muss ich (ontologisch zu verstehende) Objekte (Entitäten) in der Theorie haben. Wenn ich das habe, stellt sich die (ontologische) Frage: Was sind diese in der Natur, welche Entsprechung haben sie dort?
Gleichzeitig muss ich dabei einsehen, dass sie prinzipiell nicht direkt beobachtbar sind.
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Das sehe ich anders.
Natürlich existiert gemäß der VWI sowohl die mikroskopische als auch die makroskopische = wahrgenommene Welt (genauso wie nach einer atomistischen Theorie die Wasseroberfläche existiert, die sich eben aus Atomen und Molekülen zusammensetzt). Die Dekohärenz erklärt uns sogar, warum wir eine klassische Welt sozusagen als „Ausschnitt“ einer umfassenderen, mikroskopischen Welt wahrnehmen.
Was ich meinte war, dass die wahrgenommene Welt laut VWI
nur als Wahrnehmung existiert, objektiv, ontologisch existiert sie nicht
genau so, wie sie wahrgenommen wird.
Es existiert stattdessen
nur die Quantenwelt. Und das gilt jenseits von Vogelperspektive/Froschperspektive schon und auch jenseits von klassischen Messunsicherheiten.
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Die KI kann m.E. überhaupt keine Existenzaussage treffen, weil sie in ihrem Axiomensystem einen logischen Widerspruch enthält, so dass dieses keiner Ontologie (die ich als konsistent voraussetze) entsprechen kann.
Derzeit womöglich nicht (s.o.).
tomS hat geschrieben: ↑29. Mai 2017, 17:58
Ich will dich hier gar nicht von der VWI überzeugen, lediglich davon, dass sie in der Lage ist, tiefere Fragen zu stellen als die pragmatische Ensemble-Interpretation oder die Kollaps-Interpretation.
Musst du auch nicht, wie du vielleicht merkst, entwickle ich mich eh immer mehr zum Agnostiker.
Die VWI ist jedenfalls zweifellos eine interessante Möglichkeit.
Wie gesagt, interessiere ich mich im Moment eher für den "Preis", der zu zahlen ist.
Jede Theorie/Interpretation/Beschreibung hat ihren Preis, ausnahmslos.
Und so wirklich unakzeptabel ist der völlige Verlust der klassischen Realität bei der VWI ja auch nicht, wenn man sich erst einmal an den Gedanken gewöhnt hat.
Wichtig ist mir eher das festzuhalten, was man damit akzeptieren muss.
Das mit den tieferen Fragen ist natürlich interessant, denn das wäre dann der Benefit, die "Gegenleistung".