Ein konkretes Beispiel für das Auswahlaxioms
Verfasst: 26. Dez 2016, 20:16
Ich versuche mal, ein konkretes Beispiel für die Anwendung des Auswahlaxioms in einem Beweis zu geben. Ein recht bekanntes Beispiel ist das Banach-Tarski-Paradoxon. Hier die Konstruktion einer Vektorraumbasis.
In einem endlich-dimensionalen Vektorraum V lässt sich jedes Elemenet (= jeder Vektor) als endliche Linearkombination von Basisvektoren darstellen. Z.B. kann ich einen Vektor v im 3-dim. Raum schreiben als
v = x ex + y ey + z ez
wobei ich die Basis {ex, ey, ez} sowie die Koordinaten x,y,z verwende.
Die Dimension eines Vektorraumes ist die Mächtigkeit dieser Basis, d.h. die "Anzahl" der Basisvektoren, hier also
dim V = |{ex, ey, ez}| = 3
Man beachte, dass auch eine abweichende Definition möglich wäre, nämlich die maximale Anzahl der Terme in der Linearkombination - im o.g. Beispiel natürlich ebenfalls drei.
Interessanterweise stimmen diese beiden Definitionen im Fall unendlich-dimensionaler Vektorräume nicht zwingend überein. Dazu benötigen wir zunächst mal ein Beispiel. Ich führe die Basis {einx} mit ganzen Zahlen n und der reellen Variablen x ein. Eine periodische Funktion f(x) auf dem Kreis kann ich darstellen als Linearkombination
f(x) = ... + a-1 e-ix + a0 + a1 eix + a2 e2ix + a3 e3ix...
Das ist letztlich eine Fourierreihe. Die Menge der so definierten Funktionen erfüllt alle formalen Anforderungen an einen unendlich-dimensionalen Vektorraum.
Die o.g. Basis ist eine sogenannte Schauder-Basis. Sie besteht aus abzählbar vielen Elementen (Basisvektoren), und sie erfordert abzählbar viele Terme in der Linearkombination. Man möchte nun jedoch auch wieder eine Basis haben, die mit einer endlichen Anzahl von Termen in der Linearkombination auskommt. Dafür muss man jedoch in Kauf nehmen, dass die Basis selbst überabzählbar viele Elemente enthält. Eine solche Basis heißt Hamel-Basis. D.h. man wählt überabzählbar viele Funktionen als Basisvektoren, um anschließend jede der o.g. Funktionen als endliche Linearkombination darzustellen (OK, das ist nicht unbedingt ein anschauliches Vorgehen, aber so ticken Mathematiker nun mal).
Wo ist der Witz?
Hier: man kann mittels des Auswahlaxioms bzw. mittels des gleichmächtigen Zornschen Lemmas beweisen (Details evtl. später), dass für eine bestimmte Klasse von unendlich-dimensionalen Vektorräumen immer eine derartige Hamel-Basis existiert. Aber man kann sie nicht explizit konstruieren, d.h. man kennt sie nicht bzw. kann sie i.A. prinzipiell nicht kennen.
Schade eigentlich ... und Wasser auf die Mühlen der Gegner und Zweifler an der modernen Mathematik
In einem endlich-dimensionalen Vektorraum V lässt sich jedes Elemenet (= jeder Vektor) als endliche Linearkombination von Basisvektoren darstellen. Z.B. kann ich einen Vektor v im 3-dim. Raum schreiben als
v = x ex + y ey + z ez
wobei ich die Basis {ex, ey, ez} sowie die Koordinaten x,y,z verwende.
Die Dimension eines Vektorraumes ist die Mächtigkeit dieser Basis, d.h. die "Anzahl" der Basisvektoren, hier also
dim V = |{ex, ey, ez}| = 3
Man beachte, dass auch eine abweichende Definition möglich wäre, nämlich die maximale Anzahl der Terme in der Linearkombination - im o.g. Beispiel natürlich ebenfalls drei.
Interessanterweise stimmen diese beiden Definitionen im Fall unendlich-dimensionaler Vektorräume nicht zwingend überein. Dazu benötigen wir zunächst mal ein Beispiel. Ich führe die Basis {einx} mit ganzen Zahlen n und der reellen Variablen x ein. Eine periodische Funktion f(x) auf dem Kreis kann ich darstellen als Linearkombination
f(x) = ... + a-1 e-ix + a0 + a1 eix + a2 e2ix + a3 e3ix...
Das ist letztlich eine Fourierreihe. Die Menge der so definierten Funktionen erfüllt alle formalen Anforderungen an einen unendlich-dimensionalen Vektorraum.
Die o.g. Basis ist eine sogenannte Schauder-Basis. Sie besteht aus abzählbar vielen Elementen (Basisvektoren), und sie erfordert abzählbar viele Terme in der Linearkombination. Man möchte nun jedoch auch wieder eine Basis haben, die mit einer endlichen Anzahl von Termen in der Linearkombination auskommt. Dafür muss man jedoch in Kauf nehmen, dass die Basis selbst überabzählbar viele Elemente enthält. Eine solche Basis heißt Hamel-Basis. D.h. man wählt überabzählbar viele Funktionen als Basisvektoren, um anschließend jede der o.g. Funktionen als endliche Linearkombination darzustellen (OK, das ist nicht unbedingt ein anschauliches Vorgehen, aber so ticken Mathematiker nun mal).
Wo ist der Witz?
Hier: man kann mittels des Auswahlaxioms bzw. mittels des gleichmächtigen Zornschen Lemmas beweisen (Details evtl. später), dass für eine bestimmte Klasse von unendlich-dimensionalen Vektorräumen immer eine derartige Hamel-Basis existiert. Aber man kann sie nicht explizit konstruieren, d.h. man kennt sie nicht bzw. kann sie i.A. prinzipiell nicht kennen.
Schade eigentlich ... und Wasser auf die Mühlen der Gegner und Zweifler an der modernen Mathematik